Anfragebeantwortung zu Armenien: Medizinische Versorgung [a-8562-1]

18. Dezember 2013
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Ausführliche überblicksartige Informationen zum armenischen Gesundheitssystem entnehmen Sie bitte folgendem aktuellen Bericht:
 
Das österreichische Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) schreibt in seinen Reiseinformationen mit Stand 9. Dezember 2013 Folgendes:
„Gesundheit
Aufgrund der hygienischen Verhältnisse und des Medikamentenmangels entspricht die Lage in den Krankenhäusern nicht dem europäischen Standard.“ (BMeiA, 9. Dezember 2013)
Das UK Foreign and Commonwealth Office (FCO) schreibt in seinen Informationen für in Armenien lebende britische Staatsangehörige mit Stand November 2013, dass der Zugang zu den meisten grundlegenden Gesundheitsdiensten zu einem ernsthaften Problem geworden sei, vor allem für sozial verletzliche Bevölkerungsgruppen. Die geringe Kaufkraft, das Fehlen einer staatlichen Krankenversicherung, die Einführung von privaten Zahlungen und die Zunahme von Zahlungen unter der Hand hätten dazu geführt, dass rechtzeitige Zuweisungen an Ärzte stark zurückgegangen seien. Zahlungen unter der Hand würde bedeuten, dass ArmenierInnen sogar für die wenigen Gesundheitsleistungen, die offiziell kostenlos seien, bezahlen müssten. Das sei auch bei prophylaktischen onkologischen, kardiologischen, infektiösen und psychiatrischen Krankheiten der Fall. Die Zahlungen unter der Hand würden sich üblicherweise auf 1.000 bis 50.000 Dram (100 US-Dollar) belaufen:
„Health
Accessibility of the most essential services has become a very serious problem mainly for socially vulnerable groups in the population. Low purchasing power, absence of state medical insurance, the introduction of out-of-pocket payments and the increase in informal payments have resulted in sharp a decrease in timely referrals to doctors. The practice of informal payments at health institution means that Armenians have to pay even for the few medical services that are officially free of charge. That includes prophylactic treatment of oncologic, cardiac, infectious and psychiatric diseases. The informal payments typically range from 1,000 to 50,000 drams ($100).“ (FCO, 25. November 2013)
Im Länderinformationsblatt Armenien vom August 2013, das im Auftrag der Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung (ZIRF) beim deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von der International Organization for Migration (IOM) verfasst wurde, finden sich folgende Informationen zum Gesundheitssystem in Armenien und zur Kostenübernahme bei Behandlungen und Medikamenten:
„Die primäre medizinische Versorgung ist größtenteils noch immer wie zu Sowjet-Zeiten organisiert. Diese Leistungen werden in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren/Feldscher-Stationen erbracht. […] Die sekundäre medizinische Versorgung wird von 37 regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Eriwan vorbehalten ist. […] Ein fundamentales Problem der primären medizinischen Versorgung betrifft die Zugänglichkeit, die für einen großen Teil der Bevölkerung extrem schwierig geworden ist. Dieser Teil der Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. […]
Angesichts der heutigen Situation des Landes sind die physischen Bedingungen der Polikliniken oftmals unzureichend. Die Ausstattung der Polikliniken und andere Sachanlagen sind beschädigt oder verschlissen. Es sind nicht genügend Finanzmittel vorhanden, um neue und moderne Technologien anzuschaffen oder die alten Geräte wieder instand zu setzen. Für das Personal besteht wenig Anreiz, die Patienten mit Respekt zu behandeln. Die Gehälter sind sehr niedrig und das Personal wird nur selten pünktlich bezahlt. Die Haupteinnahme der Gesundheitseinrichtungen stammt immer noch aus den Patientengebühren und inoffiziellen Zahlungen.
Es wird geschätzt, dass 25 % der gesamten jährlichen Kosten des Gesundheitswesens vom Staat, 15 % von humanitären Hilfsorganisationen und 60 % von den Patienten getragen werden. Anstatt für ein Mitversicherungs- oder Selbstbeteiligungssystem hat sich das Gesundheitsministerium für die Einführung eines Systems entschieden, bei dem die Patienten die vollständigen Behandlungskosten selber direkt an die medizinischen Einrichtung zahlen. Dieses System war zudem aufgrund der Einschnitte im staatlichen Haushalt für das Gesundheitssystem erforderlich.
Die Krankenhäuser haben Preise für alle Interventionen festgelegt und eine Kostenliste veröffentlicht, die vom Gesundheitsministerium überwacht wird. Patienten haben jetzt die Möglichkeit, die medizinische Einrichtung nach eigenem Ermessen und finanziellen Möglichkeiten auszuwählen. Es wird erwartet, dass Krankenhäuser Tagessätze für die Unterbringung und Verpflegung berechnen (Bett, Bettenpflege, Wasser, Dusche, Toilette etc. einschließlich Verpflegung, die die Patienten normalerweise selber mitbringen müssen) und Pauschalbeträge erheben, die ein Mindestpaket an Untersuchungen, Röntgenaufnahmen und Medikamenten enthalten. Zusätzliche Leistungen werden je nach Aufwand berechnet und Patienten zahlen für die meisten Leistungen mit Ausnahme der Standardleistungen selber.
Ambulante Dienste werden pro Arztbesuch berechnet. Zusätzliche Untersuchungen oder Prozeduren werden zusätzlich in Rechnung gestellt. Alle Medikamente werden von den Patienten selber bezahlt. Medizinische Hilfen und Prothesen werden von den Patienten bezahlt, sofern diese nicht in eine der bezuschussten Kategorien (Behinderte, Senioren etc) fallen.“ (IOM,  August 2013, S. 21-25)
[Passage aus dem Asylbericht des Auswärtigen Amtes entfernt]
 
In einem Fachartikel von Tamara Tonojan und Luise Muradjan von der staatlichen medizinischen Universität Jerewan zu Ungleichheiten im armenischen Gesundheitssystem vom Juni 2012 wird erwähnt, dass medizinische Leistungen insbesondere in ländlichen Gebieten nur wenig genutzt würden. Die geringe Nutzung würde mit dem niedrigen Einkommen der Bevölkerung in Zusammenhang stehen. Die vom Staat finanzierten Gesundheitsleistungen seien nicht einmal ausreichend, um kostenlose Dienste für wirtschaftlich benachteiligte Gruppen sicherzustellen. Um die Schwarzzahlungen im Gesundheitsbereich einzudämmen, sei im März 2011 ein System der Zuzahlung eingeführt worden, das jedoch zwischen Regionen unterscheide, weshalb die Kosten in den Regionen bedeutend niedriger seien als in Jerewan. Die Höhe der Zuzahlungen sei jedoch beträchtlich und der Großteil der Bevölkerung sei nicht in der Lage, diese zu zahlen. Üblicherweise seien die Beträge, die von der staatlichen Gesundheitsagentur an die Krankenhäuser bezahlt würden, geringer als die tatsächlichen Kosten, weshalb die Einrichtungen weiterhin beträchtliche Summen unter der Hand von den PatientInnen verlangen würden. In der primären Gesundheitsversorgung würden die Kosten für Medikamente zur Behandlung chronischer Krankheiten eigentlich übernommen, aber die Finanzmittel seien nicht ausreichend, um diese Kosten zu decken, weshalb die PatientInnen weiterhin große Summen unter der Hand bezahlen würden. Außer für die Ärmsten gebe es keine staatlichen Zahlungen für stationäre Behandlungen der meisten chronischen und degenerativen Krankheiten. Für diese Kategorie seien die Zahlungen der staatlichen Gesundheitsagentur geringer als die Kosten (50 Prozent der Gesamtkosten), weshalb diejenigen, die ins Krankenhaus eingeliefert würden, beträchtliche Geldsummen zahlen würden. Die staatliche Finanzierung reiche nicht einmal aus, um kostenlose Gesundheitsleistungen für sozial schwache Gruppen sicherzustellen:
„The utilization of health care services was low, particularly in rural areas. This under-utilization of services correlated with low income of the population surveyed. The state funded health care services are inadequate to ensure availability of free-of-charge services even to economically disadvantaged groups. […] In order to reduce the shadow turnover in health sphere in Armenia a co-payment mechanism was introduced into health care services in March 2011. It has been implemented with differentiated approach in the regions compared to Yerevan, which means that the cost for healthcare services is significantly lower in the regions. […] However, the amount of the co-payments is substantial and most part of the population cannot afford to pay it. […] In general, the amounts paid to hospitals through the SHA [State Health Agency] are less than their costs, and these institutions continue to collect sizeable out-of-pocket payments from patients. In primary care, chronic disease drugs are nominally a guaranteed benefit, but primary care budgets are inadequate to cover these costs and patients continue to pay large sums out of pocket. Except for the poorest, there is no government payment for hospital care for many chronic and degenerative diseases. For this category the levels of SHA payment are below cost (50% of overall real spending), so those who must be admitted to hospital pay substantial amounts. Hence, state funding is not even sufficient to assure guaranteed free services for socially vulnerable groups.“ (Tonojan/Muradjan, Juni 2012)
In einem im April 2013 erschienenen Kurzbericht, der im Rahmen eines vom Institut für Höhere Studien koordinierten Projektes zur Untersuchung von Gesundheitssystemen in postsowjetischen Ländern entstand (Health in Times of Transition in Commonwealth of Independent States Countries, HITT CIS) und Daten einer Umfrage aus dem Jahr 2010 anführt, wird in Bezug auf den Zugang zum armenischen Gesundheitssystem erläutert, dass gemäß der armenischen Verfassung alle StaatsbürgerInnen Anspruch auf ein Leistungsgrundpaket hätten. Neue Untersuchungen hätten aber ergeben, dass viele keinen Zugang zu Gesundheitsdiensten hätten und mit hohen Kosten konfrontiert seien, wenn sie diese nutzen würden. Nur die Hälfte der befragten Personen hätten bei einem Problem, das hätte medizinisch behandelt werden müssen, Gesundheitsdienste in Anspruch genommen. Der Zugang zu Behandlungen sei vor allem in ländlichen Gebieten schlecht. Ein häufig angegebener Grund dafür, dass Dienste nicht in Anspruch genommen würden, sei die Leistbarkeit von Medikamenten und Behandlungen gewesen. Personen, die Zugang zu medizinischen Diensten hätten, seien mit hohen Kosten konfrontiert. 97 Prozent der Befragten hätten Zahlungen für Medikamente und Behandlungen geleistet. In Anbetracht der Tatsache, dass sich das monatliche Durchschnittseinkommen in Armenien auf 36.600 Dram belaufe, seien die Zahlungen für Gesundheitsleistungen extrem hoch und würden die Finanzen der Haushalte wahrscheinlich stark belasten:
„Armenia’s constitution gives all citizens the right to a basic package of services free-of-charge, but new research highlights that many citizens cannot access health services and face very high payments at the point of use. […] This policy brief provides results from a nationally-representative household survey of 1,800 randomly selected people in 2010 from the Health in Times of Transition (HITT) study (http://www.hitt-cis.net).
People do not access care when needed
Just half of respondents had accessed health care when they experienced a problem serious enough to require medical attention in the past four weeks. Access to care is particularly poor in rural areas. A common reason for not seeking care was affordability of drugs and services. 1 in 4 respondents self treated instead of seeking care, which may be because home-based treatment is cheaper and therefore a substitute for health services.
People who access care face high payments 97% of respondents who had used health care in the past 4 weeks had made a payment for drugs or services. Considering that the average monthly in-come in Armenia is 36,600 dram, these payments for health care are extremely high and likely to place significant burden on household resources.
Respondents that accessed care
Made a payment       Average cost of payment
Outpatient Care               44%                                     5,000 AMD
Inpatient Care                   28%                                     39,900 AMD
Drugs                                    86%                                     8,000 AMD “ (HITT CIS, April 2013, S. 1)
Die armenische Nachrichtenagentur News.am erwähnt in einem Artikel vom November 2013, dass es laut Angaben des armenischen Gesundheitsministers Fälle gebe, in denen BürgerInnen, die Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung hätten, medizinische Behandlungen verweigert würde mit dem Hinweis, dass keine finanziellen Mittel mehr übrig seien. Nach Aussage des Ministers würden die Schuldigen hart bestraft und er versichere, dass Mittel für das gesamte Jahr veranschlagt worden seien:
„Министр здравоохранения Армении Дереник Думанян провел рабочее совещание, на котором обсуждались вопросы, связанные с целевым расходованием финансовых средств в системе, а также с упущениями и нездоровыми явлениями в сфере. […]
По словам министра, в системе наблюдаются весьма нежелательные явления. Гражданам, имеющим право на бесплатное лечение за счет государства, отказывают в медицинской помощи, мотивируя это тем, что средства закончились. ‚Я заверяю, что каждый подобный случай станет предметом особого обсуждения и виновные будут строго наказаны, поскольку средства предусмотрены на весь год‘,– сказал Дереник Думанян, в то же время потребовав уважительно относиться ко всем больным, в противном случае будут наказаны директоры больниц.“ (News.am, 6. November 2013)
In einer Anfragebeantwortung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) vom 11. August 2011 findet sich ein Auszug eines Gutachtens der Armenien-Expertin Dr. Tessa Savvidis an das Verwaltungsgericht Gießen vom 27. Juli 2011. Der Auszug enthält folgende Informationen:
„Der wirtschaftliche Einbruch im postsozialistischen Armenien traf das Gesundheitswesen sowie andere sozialpolitisch relevante Bereiche. Um die staatlichen Ausgaben im Gesundheitswesen zu senken, führte die armenische Regierung 1997 ein ‚Grundleistungspaket‘ (Basic Benefit Package, BBP) ein. Es enthält kostenlose medizinische Leistungen für die gesamte Bevölkerung sowie kostenlose Leistungen für spezifizierte Bevölkerungsgruppen. Das BBP wird jährlich der aktuellen Wirtschaftslage angepasst.
Empfänger sozialer Transferleistungen sind in Armenien offiziell zu kostenloser medizinischer Grundversorgung berechtigt, allerdings nur in Einrichtungen des nationalen Gesundheitswesens, nicht in den – qualitativ besseren – Privatkrankenhäusern.
Die medizinische Grundversorgung deckt jedoch nicht die Kosten für An- und Abfahrten zu einem Krankenhaus, einer Ambulanz oder einem Facharzt ab, ebenso wenig wie Arzneimittelkosten, Diätnahrung etc. Falls ein Krankenhaus nicht über die benötigten Arznei- und sonstigen Heilmittel verfügt und diese zur Verfügung stellen kann, muss sie der Patient im Bedarfsfall aus eigener Tasche bezahlen. […]
Mir ist nicht bekannt, woraus das Auswärtige Amt (AA) und die deutsche Botschaft in Jerewan ihre seit Jahren wiederholte Behauptung ableiten, wonach in Armenien immer mehr Patienten erfolgreich auf ihrem Recht zu kostenloser medizinischer Behandlung bestehen. Grundsätzlich befindet sich damit das AA im direkten Widerspruch zu kritischen fachwissenschaftlichen Erkenntnissen bzw. Veröffentlichungen, namentlich der Weltgesundheitsorganisation (WHO). So heisst es beispielsweise in einem im Juni 2010 publizierten Artikel von Matthew Jowett (World Health Organization, Regional Office for Europe, Barcelona) und Elizabeth Danielyan (World Health Organization, Country Office, Yerevan), wonach in Armenien informelle (‚schwarze‘) Zahlungen (‚Handgelder‘, ‚out of pocket payments‘) an Ärzte und Krankenhauspersonal 40 Prozent sämtlicher Gesundheitsausgaben umfassen; nur zehn Prozent davon werden offiziell in Rechnung gestellt. Die übrigen 90 % erfolgen als Bargeldzahlungen an Mitarbeiter des Gesundheitswesens sowie für diagnostische Tests, zur medizinischen Versorgung und für Arzneien. Diese informellen Zahlungen erfolgen fast ausschliesslich in den Krankenhäusern des Landes. 2006 stand Armenien laut WHO im europäischen Vergleich an sechster Stelle der zehn Staaten mit den höchsten informellen Direktzahlungen im Gesundheitswesen (gemessen an den Gesamtausgaben der Länder für Gesundheit) […]
Armenien produziert kaum eigene Arzneimittel. Fast sämtliche Pharmazeutika werden importiert, ein Grossteil als generische Medikamente, wie es für Entwicklungs- und Drittweltstaaten charakteristisch ist. Nicht immer sind Medikamente durchgehend und in der in EU-Staaten üblichen Qualität vorhanden: Zuckerkranke müssen in Armenien auf Arzneien zurückgreifen, die aus tierischem (Schwein) und nicht aus menschlichem Insulin gewonnen werden und deshalb für den menschlichen Körper weniger geeignet sind.“ (SFH, 11. August 2011, S. 5-8)
In einem Country Sheet Armenien von Caritas International vom Jänner 2010 wird angeführt, dass zu den staatlich zur Verfügung gestellten kostenlosen Leistungen die primäre medizinische Versorgung für alle ArmenierInnen gehöre, darunter die Notfallversorgung, die ambulante medizinische Versorgung bzw. die Versorgung in Polikliniken, Geburtshilfe, Situationen, in denen Reanimationsmaßnahmen vonnöten seien, psychiatrische Versorgung, bösartige Neoplasmen, Hämophilie, aplastische Anämie und Infektionskrankheiten (Hepatitis, Tuberkulose, HIV/AIDS. Zudem könnten bestimme sozial gefährdete Gruppen ein umfangreiches Paket an kostenloser ambulanter und stationärer Versorgung erhalten, außer in Fällen, in denen besonders teure Technologien benötigt würden. Die „staatlich angeordnete“ Bereitstellung kostenloser medizinischer Behandlungen sei jedoch faktisch eher weniger vorhanden. Vor allem diejenigen, die die Hilfe am meisten benötigen würden, und/oder diejenigen mit den geringsten zur Verfügung stehenden Mitteln hätten nur einen beschränkten Zugang zu grundlegenden und spezialisierten Gesundheitsdienstleistungen. 2004 sei zudem eine einmalige Zuzahlung für diejenigen eingeführt worden, die nicht als sozial gefährdet gelten würden. Diese Zuzahlung sei bei bestimmten medizinischen Leistungen, die im Leistungsgrundpaket (Basic Benefit Package) enthalten seien, zu entrichten. Dies beschränke sich jedoch auf die Krankenhäuser in Jerewan und es gebe Ausnahmen unter bestimmten Bedingungen und für bestimmte Bevölkerungsgruppen. Alle anderen EinwohnerInnen Armeniens müssten für die medizinische Versorgung, die nicht vom Staat abgedeckt werde, zur Gänze selbst aufkommen:
„Free medical assistance and service insured by the State
  • Primary medical care for all residents of Armenia:
                      emergency care,
                      the whole volume of ambulatory/policlinics medical care,
                      obstetric services,
                      situations requiring reanimation medical intervention,
                      diseases and situations requiring emergency medical intervention,
                      psychiatric care,
                      malignant Neoplasm,
                      hemophilia,
                      aplastic anemia,
                      infectious diseases (hepatitis, tuberculosis, HIV/AIDS etc.)
  • Defined socially vulnerable groups, eligible to receive a comprehensive package of free outpatient and inpatient services (except those cases requiring hard and expensive technologies):
Beneficiaries of the poverty family benefits programme (having 36.00 and more score),
                      People with disabilities (according to three degrees of disability), disabled                                                children,
Military servicemen and their family members; war veterans and persons equalized to them; families of military servicemen who died in service,
People undergoing additional medical examination by the Medico-Social Expertise Commission (upon referral by MSEC authority),
                      Children(under age 18) without parental care,
                      Children under the age of seven,
                      Etc. […]
  • Medical assistance on co-payment basis: (…) ’In 2004, the Government introduced copayments for those populations not considered socially vulnerable, in the form of a one-off flat-rate fee for specifically defined medical care and services that are included in the BBP. However, this is restricted to Yerevan hospitals only and there are several exceptions for both; certain conditions (i.e. diseases and diagnoses that require hospital care and services as adopted by order of the Ministry of Health) and certain population groups, namely pensioners, vulnerable and special population groups as well as patients referred by the Ministry of Health, by the Ministry of Labour and Social Affairs or by the Marz governors. (…)’
  • All other residents in Armenia must pay in full, at the point of use, for all care that are not included in free medical assistance and service insured by the State.
The existing ‘state order’ provision of free-of-charge health care thus remains more declarative than factual. The population, especially those in need and/or with the least means, meet with limited access to basic and specialized health care services.“ (Caritas International, Jänner 2010, S. 123-124)
Der Bericht enthält auch Preisangaben (Stand Jänner 2010) für einige Behandlungen, Eingriffe und Untersuchungen im „Armenia“ Republican Medical Center (Caritas International, Jänner 2010, S. 125-128).
 
In einem Bericht aus dem Jahr 2006 veröffentlicht das European Observatory on Health Systems and Policies folgende Liste von Leistungen, die durch das Grundleistungspaket (Basic Benefit Package) im Jahr 2004 abgedeckt worden seien:
„10.2 Health care services covered under the Basic Benefits Package (2004)
1 State governance of the health sector
2 Hospital care
          2.1 Treatment of tuberculosis
          2.2 Treatment of intestinal and other infectious diseases
          2.3 Treatment of sexually transmitted infections
          2.4 Psychiatric care
          2.5 Emergency medical care
          2.6 Treatment of narcological diseases
          2.7 Provision of hemodialysis
          2.8 Obstetrician and gynaecological services
          2.9 Intensive health care
          2.10 Health care services for vulnerable and special population groups
          2.11 Health care services for children under the age of seven
          2.12 Clinical and social rehabilitation and examination of ability to work
          2.13 Medical care for reproduction
          2.14 Capital reconstruction of health facilities
2.15 Examination and treatment of individuals of pre-conscription and conscription age
3 Primary health care (ambulatory-polyclinic)
          3.1 Primary care of patients aged 18 years and over
          3.2 Primary care of patients under the age of 18 years
          3.3 Procurement of medicine on a centralized basis
          3.4 Health care provided in dispensaries
          3.5 Obstetrician and gynaecological services
          3.6 Capital reconstruction of health facilities
3.7 Examination and treatment of individuals of pre-conscription and conscription age
4 Hygienic and epidemiological services
5 Other health services and programmes
          5.1 Subsidy of other state non-commercial organizations
          5.2 Transportation costs of patients referred for treatment abroad
          5.3 Central procurement of modern medical equipment and supplies
          5.4 Provision of difficult and expensive diagnoses
          5.5 Other health services
5.6 Services provided within the ‘Preparation of health system optimization project’ supported by the United States Agency for International Development
5.7 Services provided within the ‘Health system optimization project’ (implemented by the World Bank)
5.8 Programme on ‘Recovery of small social and economic infrastructures in the health sphere’ within the framework of second health project of the Armenia Social Investment Fund, implemented with support from the World Bank“ (European Observatory on Health Systems and Policies, 2006, S. 158-159)
Der Bericht des European Observatory on Health Systems and Policies aus dem Jahr 2013 erwähnt, dass die Liste der durch das Grundleistungspaket (Basic Benefit Package) abgedeckten Leistungen periodisch überarbeitet worden sei. Der Bericht enthält jedoch keine aktuelle Liste dieser Leistungen. (European Observatory on Health Systems and Policies, 2013, S. 15)
 
 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 18. Dezember 2013)