Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights

Amtliche Bezeichnung: Republik Korea
Staatsoberhaupt: Lee Myung-bak
Regierungschef: Kim Hwang-sik
Todesstrafe: in der Praxis abgeschafft
Einwohner: 48,4 Mio.
Lebenserwartung: 80,6 Jahre
Kindersterblichkeit: 4,9 pro 1000 Lebendgeburten

Die Regierung zog zunehmend das Gesetz über Nationale Sicherheit heran, um die Meinungsfreiheit, insbesondere im Zusammenhang mit Diskussionen über Nordkorea, einzuschränken.

Das Internet und die Seiten sozialer Netzwerke wie Twitter und Facebook wurden von den Behörden engmaschig überwacht. Es fanden 2011 keine Exekutionen statt. Das Urteil des südkoreanischen Verfassungsgerichts zur Beschränkung der Arbeitsplatzwechsel und das harte Vorgehen der Regierung gegen Migranten ohne regulären Aufenthaltsstatus beließ Arbeitsmigranten auch 2011 in einer prekären Lage.

Hintergrund

Lokale Menschenrechtsorganisationen boykottierten die Feier zum zehnjährigen Jubiläum der Nationalen Menschenrechtskommission Koreas, nachdem diese es versäumt hatte, die Zivilgesellschaft angemessen zu konsultieren, bevor sie dem Justizministerium die Empfehlungen zur Entwicklung eines neuen Nationalen Aktionsplans vorlegte.

Im August 2011 fällte das Verfassungsgericht ein Urteil in Bezug auf die koreanischen Frauen, die Opfer der systematischen sexuellen Versklavung durch das japanische Militär geworden waren. Das Gericht entschied, es sei verfassungswidrig, dass die südkoreanische Regierung keine konkreten Schritte unternehme, um die strittige Frage der Entschädigungszahlungen für die Überlebenden mit Japan zu klären (siehe auch Länderbericht Japan).

Meinungsfreiheit

Die Behörden beriefen sich zunehmend auf das Gesetz über Nationale Sicherheit (National Security Law - NSL), um gegen Einzelpersonen und Organisationen vorzugehen, die als Gegner der Regierungspolitik gegenüber Nordkorea angesehen wurden. Im März stellte der UN-Sonderberichterstatter über Meinungsfreiheit und das Recht der freien Meinungsäußerung, Frank La Rue, fest, dass in der Republik Korea (Südkorea) ein "schrumpfender Raum für Meinungsfreiheit" existiere. Er machte dies an der steigenden Anzahl von Strafverfolgungen und Schikanierungen von Regierungskritikern fest. Bis Jahresende waren gegen 135 Menschen wegen Verletzung des NSL Ermittlungen eingeleitet worden.

  • Im Mai 2011 wurde der Internetbuchhändler Kim Myeong-soo von der Anklage, gegen Artikel 7(5) des NSL verstoßen zu haben, freigesprochen. Er war beschuldigt worden, "mit der Absicht, die Existenz und Sicherheit des Staates zu gefährden", 140 Bücher verkauft und weitere 170 Bücher besessen zu haben. Die Staatsanwaltschaft legte gegen seinen Freispruch Rechtsmittel ein.
    Es wurden Anklagen gegen Personen erhoben, die friedlich ihre Meinung geäußert oder Informationen im Internet verbreitet hatten. Bis zum 31. Oktober hatte die Polizei 67300 Internetbeiträge gelöscht, die ihrer Ansicht nach die nationale Sicherheit gefährdeten, indem sie "Nordkorea preisen und die USA und die eigene Regierung verurteilen". Dies war ein starker Anstieg gegenüber den 14430 gelöschten Beiträgen im Jahr 2009.
  • Im Juli erhob die Staatsanwaltschaft auf Grundlage des Gesetzes für Staatsbedienstete, des Gesetzes über politische Parteien und des Gesetzes über Parteienfinanzierung Anklage gegen 244 Beamte und Lehrer, weil sie der Demokratischen Arbeiterpartei beigetreten waren und Mitgliedsbeiträge gezahlt hatten.
  • Im September ermittelten Polizeibehörden gegen Park Jeonggeun wegen Verstoßes gegen Artikel 7 des NSL. Park Jeonggeun, der Mitglied der Sozialistischen Partei und ein Kritiker Nordkoreas ist, hatte in ironischer Weise Zeilen einer nordkoreanischen Internetseite als ReTweet über Twitter wiedergegeben und den Spruch "Lang lebe Kim Jong-il" gepostet.

Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen

Im März 2011 befasste sich der UN-Menschenrechtsausschuss mit den Fällen von 100 südkoreanischen Militärdienstverweigerern aus Gewissensgründen und stellte fest, dass Südkorea gegen das in Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verbriefte Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit verstoßen habe. Die Entscheidung des Ausschusses verpflichtete den Staat, den 100 Personen einen wirksamen Rechtsbehelf, darunter Entschädigungszahlungen, zu gewähren und derartige Verstöße in Zukunft zu unterlassen. Im September entschied das Verfassungsgericht jedoch, dass die Weigerung, Militärdienst zu leisten, nicht unter das durch die Verfassung geschützte "Recht auf Gewissensfreiheit" falle. Mindestens 810 Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen befanden sich im Dezember noch im Gefängnis.

  • Im Juni wurde der Rechtsanwalt Baek Jong-keon zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Bis November waren die von ihm eingelegten Rechtsmittel vor dem Zentralen Bezirksgericht in Seoul noch anhängig.

Versammlungsfreiheit

Die Proteste gegen den Bau eines Marinestützpunkts in dem auf der Insel Jeju gelegenen Dorf Gangjeong hielten 2011 an, und gegen viele Bewohner und Aktivisten wurden Zivil- und Strafrechtsklagen erhoben.

  • Im August bezeichnete die Oberste Staatsanwaltschaft die Proteste in Gangjeong als Bedrohung der Staatsgewalt. Viele Demonstrierende hatten Fahrzeuge daran gehindert, Baumaterial zu dem Marinestützpunkt zu transportieren. Die Polizei nahm während der Proteste 133 Personen fest.
  • Im November beendete die Gewerkschafterin Kim Jin-sook ihren auf einem Kran durchgeführten elfmonatigen Protest in der Hanjin-Schiffswerft in der Stadt Busan. Der Protest gegen Arbeitsplatzverluste in der Schiffswerft zog Hunderte von Unterstützern an, die mit "Bussen der Hoffnung" anreisten und sich in ihrer Nähe versammelten. Der Dichter Song Kyong-dong und Jeong Jin-woo, Mitglied der Neuen Fortschrittspartei, wurden im November verhaftet und später u.a. wegen "Störung der Geschäftstätigkeit" angeklagt, weil sie an der Kampagne "Busse der Hoffnung" teilgenommen hatten.

Rechte von Migranten

Hunderte von Arbeitsmigranten wurden nach einer im September 2011 begonnenen Razzia gegen Migranten ohne gültige Papiere festgenommen und abgeschoben.

  • Im Februar erklärte die Einwanderungsbehörde Koreas (Korea Immigration Service - KIS) das Arbeitsvisum von Michel Catuira für ungültig und wies ihn an, das Land bis März zu verlassen. Michel Catuira, Präsident der Migrantengewerkschaft (Migrants' Trade Union - MTU), legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel ein. Im September gab ihm das Verwaltungsgericht in Seoul Recht und entschied, dass die Bestrebungen, ihn abzuschieben, gegen das südkoreanische Recht und das humanitäre Völkerrecht verstießen. Die Einwanderungsbehörde KIS legte in der Folge Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein. Seit Gründung der MTU im Jahr 2005 hatte die Regierung mindestens fünf ihrer Vorsitzenden abgeschoben, was auf die Absicht der Behörden schließen lässt, die Gewerkschaft daran zu hindern, ihre legitimen gewerkschaftlichen Aktivitäten wahrzunehmen.
  • Im September entschied das Verfassungsgericht, dass es das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes von Arbeitsmigranten nicht verletze, wenn diese im Rahmen einer Arbeitserlaubnis des koreanischen Systems Employment Permit System höchstens dreimal den Arbeitsplatz wechseln dürften. Diese Entscheidung schwächte das im Jahr 2007 vom Verfassungsgericht erlassene Urteil, das Arbeitsmigranten unter Artikel 32 der Verfassung dieselben Rechte einräumt wie südkoreanischen Staatsangehörigen.
  • Im November starb ein chinesischer Arbeitsmigrant in einem Polizeifahrzeug unmittelbar nach seiner Festnahme durch die Einwanderungsbehörde. Trotz verzweifelter Rufe anderer Mitgefangener reagierten die Beamten zu langsam, und die medizinische Hilfe kam zu spät.

Todesstrafe

Ein Gesetzentwurf, der die Abschaffung der Todesstrafe zum Ziel hat, lag der Nationalversammlung zur Beratung vor. Im September blickte Südkorea auf 5000 Tage ohne Hinrichtung zurück. Im Dezember befanden sich noch 60 Personen im Todestrakt.

Amnesty International: Missionen

Delegierte von Amnesty International besuchten das Land in den Monaten April und November.

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