Dokument #1326663
AI – Amnesty International (Autor)
Amtliche Bezeichnung: Sozialistische Republik Vietnam
Staatsoberhaupt: Truong Tan Sang (löste im Juli Nguyen Minh Triet im Amt ab)
Regierungschef: Nguyen Tan Dung
Todesstrafe: nicht abgeschafft
Einwohner: 88,8 Mio.
Lebenserwartung: 75,2 Jahre
Kindersterblichkeit: 23,6 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 92,8%
Dissidenten waren 2011 weiterhin Repressionen ausgesetzt. Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung unterlagen strengen Beschränkungen. Die Behörden gingen gezielt gegen Kritiker der Regierungspolitik - darunter auch sozial und politisch engagierte Personen - vor. Im Berichtszeitraum fanden mindestens neun Gerichtsverfahren gegen insgesamt 20 Dissidenten statt. Vage formulierte Bestimmungen des Strafgesetzbuchs von 1999 wurden herangezogen, um gewaltfrei für soziale und politische Veränderungen eintretende Menschen strafrechtlich zu belangen. Die Regierung zensierte weiterhin das Internet. Die Nutzung sozialer Netzwerke soll aber dennoch gestiegen sein, da Umgehungstools genutzt wurden, um die Restriktionen auszuhebeln. Zahlreiche gewaltlose politische Gefangene blieben in Haft. Angehörige religiöser und ethnischer Gruppen, die als regierungskritisch galten, waren weiterhin Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Laut Medienberichten wurden 23 Männer zum Tode verurteilt und fünf hingerichtet; die tatsächlichen Zahlen dürften jedoch höher liegen. Offizielle Statistiken über die Todesstrafe wurden nach wie vor unter Verschluss gehalten.
Im Juli 2011 wurde eine neue Regierung gebildet und der Ministerpräsident für eine zweite fünfjährige Amtszeit in seiner Funktion bestätigt.
Zwischen Juni und August genehmigten die Behörden in der Hauptstadt Hanoi mehrere gegen China gerichtete Protestveranstaltungen, da die Spannungen zwischen den beiden Staaten wegen der umstrittenen Hoheitsrechte über die Paracel- und Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer zunahmen.
Der UN-Sonderberichterstatter über das Recht eines jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit besuchte Vietnam im Dezember. Er forderte die unverzügliche Schließung der Rehabilitationszentren für Drogenkonsumenten und Sexarbeiter und begründete dies mit Befürchtungen über Zwangseinweisungen und Behandlungen ohne das Einverständnis der Betroffenen.
Im Dezember forderten Repräsentanten der Geberländer, die in Hanoi zu einem Treffen einer Beratungsgruppe zusammengekommen waren, die Regierung auf, die Menschenrechtssituation im Land zu verbessern. Sie sprachen die Warnung aus, dass das fortgesetzte brutale Vorgehen gegen Dissidenten der internationalen Glaubwürdigkeit Vietnams schade.
Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit blieben erheblich eingeschränkt; und die Behörden gingen mit aller Härte gegen regierungskritische Dissidenten vor. Am meisten gefährdet waren Personen, die sich für Demokratie einsetzten, Reformen forderten oder Protestaktionen im Zusammenhang mit Umweltproblemen, Land- und Arbeitnehmerrechten und den Rechten ethnischer und religiöser Minderheiten durchführten. Die Behörden zogen vage formulierte Bestimmungen des Abschnitts über nationale Sicherheit im Strafgesetzbuch von 1999 heran, insbesondere Paragraph 79 (beabsichtigter Regierungsumsturz) und Paragraph 88 (staatsfeindliche Propaganda), um gewaltfrei engagierte Dissidenten strafrechtlich zu belangen.
2011 fanden mindestens neun Gerichtsverfahren gegen 20 angeklagte Dissidenten statt. Mehr als 18 Personen, darunter mindestens 13 katholische Aktivisten, die den Dissidenten Cu Huy Ha Vu unterstützten, wurden festgenommen und befanden sich zum Jahresende noch in Untersuchungshaft.
Zahlreiche gewaltlose politische Gefangene, die in den vergangenen Jahren festgenommen worden waren, blieben in staatlichem Gewahrsam, nachdem sie in unfairen Prozessen zu langen Haftstrafen verurteilt worden waren. Viele von ihnen hatten Verbindungen zur im Internet aktiven Demokratiebewegung Bloc 8406.
Eine geringe Zahl gewaltloser politischer Gefangener wurde 2011 freigelassen. Die Dissidentin und Schriftstellerin Tran Khai Thanh Thuy kam im Juli vor Ablauf ihrer Haftstrafe frei, nachdem sie zugestimmt hatte, ins ausländische Exil zu gehen. Der Mobilfunktechniker Truong Quoc Huy wurde im Dezember auf freien Fuß gesetzt, acht Monate vor Ablauf seiner sechsjährigen Gefängnisstrafe. Der Menschenrechtsanwalt Nguyen Van Dai kam nach Verbüßen seiner vierjährigen Haftstrafe im März frei. Beide Männer wurden jedoch für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren unter Hausarrest gestellt.
Mitarbeiter der Sicherheitsdienste fuhren fort, Angehörige religiöser und ethnischer Gruppen, die als regierungskritisch galten, zu schikanieren und streng zu überwachen. Nach wie vor kam es zu Auseinandersetzungen über Landrechte zwischen lokalen Behörden und der katholischen Kirche; in einigen Fällen setzten Sicherheitskräfte unnötige oder exzessive Gewalt gegen friedlich Demonstrierende ein. Der Oberste Patriarch der verbotenen Vereinigten Buddhistischen Kirche Vietnams blieb de facto unter Hausarrest. Eine unbekannte Zahl ethnischer Montagnards, die nach Protesten im Zentralen Hochland in den Jahren 2001 und 2004 festgenommen worden waren, befanden sich weiterhin im Gefängnis.
© Amnesty International
Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights (Periodischer Bericht, Englisch)