Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte

Amtliche Bezeichnung: Äquatorialguinea
Staatsoberhaupt: Teodoro Obiang Nguema Mbasogo
Regierungschef: Ignacio Milám Tang
Todesstrafe: nicht abgeschafft
Einwohner: 0,7 Mio.
Lebenserwartung: 51 Jahre
Kindersterblichkeit (m/w): 177/160 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 93%

Im August 2010 verurteilte ein Militärgericht vier Männer zum Tode, die von Angehörigen der Sicherheitsdienste Äquatorialguineas aus Benin entführt worden waren. Die Männer wurden sofort hingerichtet. Dasselbe Gericht verurteilte zwei gewaltlose politische Gefangene zu langen Freiheitsstrafen, obwohl diese bereits von einem Zivilgericht freigesprochen worden waren. Gewaltlose politische Gefangene wurden in Prozessen verurteilt, die nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren entsprachen. Einige kamen nach der Begnadigung durch den Präsidenten jedoch wieder frei. Es gingen mehrere Berichte über politisch motivierte Festnahmen und Schikanen gegen politische Gegner ein. Häftlinge und andere Menschen wurden von Soldaten und Angehörigen anderer Sicherheitskräfte gefoltert, misshandelt und außergerichtlich hingerichtet, ohne dass diese sich hierfür strafrechtlich verantworten mussten. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit waren auch 2010 eingeschränkt.

Hintergrund

Im März 2010 nahm der UN-Menschenrechtsrat im Rahmen der Universellen Regelmäßigen Überprüfung (UPR) den Bericht Äquatorialguineas an. Die Regierung lehnte jedoch sämtliche Empfehlungen des Menschenrechtsrats zur Abschaffung der Todesstrafe und der Ratifizierung des Römischen Statuts über den Internationalen Strafgerichtshof ab.

Ebenfalls im März verwarf die Initiative zur Verbesserung der Transparenz in der Rohstoffindustrie (Extractive Industries Transparency Initiative - EITI) die Kandidatur von Äquatorialguinea. Die EITI ist eine freiwillige internationale Initiative für mehr Transparenz in der Erdöl-, Erdgas- und Bergbauindustrie. Das Land hatte bestimmte Anforderungen nicht erfüllt, zu denen u.a. die Beteiligung unabhängiger zivilgesellschaftlicher Gruppen an der Arbeit der EITI und die Vorlage eines Berichts über die Erdöleinnahmen gehörten.

Im Juni sicherte Präsident Teodoro Obiang öffentlich zu, die Menschenrechtslage zu verbessern, die Pressefreiheit auszuweiten, die Glaubwürdigkeit der Justiz zu gewährleisten sowie Transparenz und Rechenschaftspflicht in der Erdölindustrie einzuführen. Bis zum Jahresende hatte er nicht ein einziges Versprechen eingelöst.

Im Juli erklärte der Präsident Portugiesisch zur dritten Amtssprache des Landes, um die Kandidatur Äquatorialguineas für eine Vollmitgliedschaft in der Gemeinschaft der lusophonen Staaten (Comunidade dos Países de Língua Portuguesa - CPLP) zu untermauern. Die Gemeinschaft vertagte jedoch die Entscheidung über die Kandidatur.

Im August besuchte auf Einladung der Regierung die UN-Arbeitsgruppe über den Einsatz von Söldnern das Land. Der Besuch von Gefängnissen wurde der Arbeitsgruppe allerdings nicht gestattet.

Im Oktober vertagte die UNESCO die Verleihung des von Präsident Obiang gestifteten UNESCO-Preises für Biowissenschaften auf unbestimmte Zeit. Nach weltweiten Protesten von NGOs und Einzelpersonen war die Preisverleihung bereits im März und im Juni verschoben worden.

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

Trotz wiederholter Versprechungen, die Bemühungen für die Achtung der Menschenrechte zu verstärken, nahmen die Behörden 2010 zahlreiche politische Gegner willkürlich fest und inhaftierten sie. Die meisten wurden ohne Anklageerhebung wieder freigelassen, einige jedoch befanden sich Ende des Jahres nach wie vor in Haft.

Der ehemalige gewaltlose politische Gefangene und Spitzenpolitiker der oppositionellen Sozialdemokraten, Marcos Manuel Ndong, wurde im Oktober 2010 willkürlich festgenommen. Er war telefonisch auf das Polizeipräsidium von Malabo geladen und wegen des Besitzes einer vertraulichen Aktennotiz festgenommen worden. Man hatte ihm dieses Dokument überlassen, und er hatte es seinen Unterlagen für einen Antrag auf Gründung einer Sparkasse beigefügt, um diesen zu fundieren. Offenbar verstößt der Besitz eines vertraulichen Dokuments, das man von Dritten erhalten hat, nicht gegen äquatorialguineisches Recht. Marcos Manuel Ndong wurde zunächst zwei Wochen lang im Polizeipräsidium von Malabo festgehalten und dann in das Gefängnis Black Beach in Malabo überstellt. Am 7. Dezember wurde er ohne Anklageerhebung und ohne Verfahren entlassen. Ein zuvor von Ndongs Ehefrau am 14. Oktober gestellter Antrag auf Haftprüfung war vom Gericht für Untersuchungen und erstinstanzliche Verfahren in Malabo ignoriert worden.

Unfaire Gerichtsverfahren

Im März 2010 fand vor dem Berufungsgericht Malabo, einem erstinstanzlichen Gericht, ein unfairer Prozess gegen die gewaltlosen politischen Gefangenen Marcelino Nguema und Santiago Asumu, beide Mitglieder der oppositionellen Volksunion (Unión Popular - UP), sowie gegen sieben Nigerianer statt. Im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Angriff auf den Präsidentenpalast im Februar 2009 wurde den Angeklagten - acht Männer und eine Frau - ein Mordversuch an Präsident Obiang zur Last gelegt. Die Anklagen gegen acht weitere UP-Mitglieder wurden bei Prozessbeginn fallengelassen. Marcelino Nguema und Santiago Asumu wurden im April freigesprochen. Die sieben Nigerianer wurden jedoch zu jeweils zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Die Nigerianer, bei denen es sich um Händler und Fischer handelte, waren auf See festgenommen worden. Man warf ihnen vor, sich an dem Angriff auf den Präsidentenpalast beteiligt zu haben.

Marcelino Nguema und Santiago Asumu blieben trotz des Freispruchs im Gefängnis. Sie wurden in derselben Sache vor ein Militärgericht gestellt und zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Im selben Prozess wurden vier weitere Personen zum Tode verurteilt. Die sechs Angeklagten erfuhren erst von dem Prozess, als sie im Gerichtssaal eintrafen. Sie wurden weder von einem Richter befragt noch formell angeklagt, stattdessen von hochrangigen Angehörigen der Sicherheitsdienste verhört, die sich auch an der Folterung der sechs Männer beteiligten.

Todesstrafe

Die beiden ehemaligen Armeeoffiziere José Abeso Nsue und Manuel Ndong Anseme, der Grenzbeamte Jacinto Michá Obiang sowie der Zivilist Alipio Ndong Asumu wurden am 21. August 2010 in Malabo hingerichtet, kaum eine Stunde, nachdem sie ein Militärgericht in einem Schnellverfahren zum Tode verurteilt hatte. Die Militärrichter hatten sie des versuchten Mordes an Präsident Obiang, des Verrats und des Terrorismus für schuldig befunden. Der Prozess war unfair und außer Geständnissen, die unter Folter erpresst worden waren, gab es keine stichhaltigen Beweise zur Untermauerung der Anklage. Die vier Angeklagten waren nicht von einem Verteidiger betreut worden. Man hatte ihnen lediglich wenige Minuten vor Prozessbeginn zwei Offiziere beigeordnet, die über keinerlei juristische Ausbildung verfügten. Durch die eilige Hinrichtung wurden sie des Rechts auf ein Rechtsmittelverfahren gegen die Verurteilung und der Möglichkeit eines Gnadengesuchs beraubt. Sie durften sich nicht einmal von ihren Familien verabschieden. Präsident Obiang rechtfertigte eine Woche später die schnellen Hinrichtungen mit dem Argument, die Männer hätten eine unmittelbare Bedrohung für sein Leben dargestellt.

Die vier Männer waren im Januar von Angehörigen der Sicherheitsdienste aus Benin entführt worden. Sie hatten dort einige Jahre lang als Flüchtlinge gelebt. Man hatte sie ins Gefängnis Black Beach gebracht, wo sie bis zum Beginn des Prozesses im August in geheimer Haft gehalten wurden. Die Behörden Äquatorialguineas hatten sich geweigert, die Inhaftierung der Männer offiziell einzuräumen.

Folter und andere Misshandlungen

Obwohl Folter gesetzlich verboten ist, wurden Häftlinge und andere Menschen vor allem in Bata von Soldaten und Polizisten gefoltert und misshandelt, ohne dass diese sich hierfür strafrechtlich verantworten mussten. Mindestens zwei Menschen sollen an den Folgen von Folter gestorben sein. Die vier aus Benin verschleppten und später hingerichteten Männer wurden während ihrer Haft mehrfach gefoltert.

  • Im Juli 2010 starb Manuel Napo Pelico in Basakato de la Sagrada Familia auf der Insel Bioko. Soldaten hatten ihn in seinem Haus aufgesucht und wollten ihn festnehmen, weil er bei der gemeinschaftlichen Aufräumaktion im Ort nicht mitmachen wollte. Berichten zufolge sollen sie ihn mit Gewehrkolben auf den Kopf geschlagen haben. Dann schleppten sie ihn zur Kaserne, wo sie ihn bewusstlos und blutend liegen ließen. Als die Soldaten feststellten, dass er im Sterben lag, brachten sie ihn in sein Haus zurück, wo er kurz darauf starb. Bei Jahresende hatten weder Ermittlungen zur Todesursache begonnen noch waren die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen worden.

Gewaltlose politische Gefangene - Freilassungen

Marcelino Nguema, Santiago Asumu und sieben nigerianische Staatsangehörige wurden im Oktober 2010 im Zuge einer Begnadigung durch den Staatspräsidenten aus Anlass des Unabhängigkeitstags aus der Haft entlassen. Fünf weitere gewaltlose politische Gefangene, die wegen eines angeblichen Überfalls auf der Insel Corisco im Jahr 2004 langjährige Haftstrafen absaßen, wurden im August freigelassen. Amnesty International hatte keine genauen Informationen über die Umstände ihrer Freilassung.

Ungesetzliche Tötungen

Meldungen zufolge sollen Soldaten und Angehörige der Polizei im Berichtsjahr für ungesetzliche Tötungen verantwortlich gewesen sein.

  • Luís Ondo Mozuy wurde gemeinsam mit einem Freund am 13. März 2010 in Ncolombong, einem Stadtteil von Bata, festgenommen. Vorausgegangen war ein Streit mit einer Gruppe von Jugendlichen, die beim Eintreffen einer Militärpatrouille davonlief. Die beiden wurden auf das Polizeipräsidium von Bata gebracht. Während der Freund in eine Zelle gesperrt wurde, brachten die Soldaten Luís Ondo aus dem Präsidium. Wenige Stunden später lieferten Soldaten die Leiche von Luís Ondo in der Leichenhalle des Krankenhauses von Bata ab und zwangen den diensthabenden Angestellten, den Toten ohne die üblichen Formalitäten anzunehmen. Dieser Vorfall wurde 2010 nicht untersucht.

Recht auf freie Meinungsäußerung - Journalisten

Nach wie vor war die Pressefreiheit stark eingeschränkt. Die meisten Medien wurden vom Staat kontrolliert. Unabhängige Journalisten sahen sich weiterhin Repressalien ausgesetzt, wurden entlassen oder festgenommen.

  • Der für Radio Bata tätige Journalist Pedro Luis Esono Edu wurde im Februar 2010 ohne Haftbefehl festgenommen, unmittelbar nachdem er berichtet hatte, dass in einer Abfallgrube am Rande von Bata sieben Tote gefunden worden seien, wahrscheinlich Opfer von Menschenhandel. Er wurde drei Tage auf dem Polizeipräsidium von Bata in Gewahrsam gehalten und dann ohne Anklageerhebung freigelassen.
  • Im April 2010 wurde Samuel Obiang Mbani, Korrespondent für die Nachrichtenagenturen African Press Agency und Agence France Presse in Äquatorialguinea, auf dem Flughafen von Malabo festgenommen. Er hatte von dort über die Ankunft der Staatsoberhäupter der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft CEMAC berichten wollen. Der Journalist wurde fünf Stunden lang auf dem Polizeipräsidium von Malabo festgehalten und dann auf freien Fuß gesetzt.

Zwangsräumungen

Die Regierung kümmerte sich nach wie vor nicht um Entschädigungen oder die Bereitstellung von Ersatzunterkünften für hunderte Familien, die in den vergangenen Jahren mit Gewalt aus ihren Wohnungen vertrieben worden waren. Für die Einwohner von Bata bestand weiterhin die Gefahr der rechtswidrigen Zwangsräumung, um Platz für städtebauliche Projekte zu schaffen

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