Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Zimbabwe

Amtliche Bezeichnung: Republik Simbabwe
Staats- und Regierungschef: Robert Mugabe

Misstrauen und Uneinigkeit in der Regierung der nationalen Einheit verhinderten auch 2012 die Umsetzung wichtiger Teile des Umfassenden Politischen Abkommens (Global Political Agreement), das 2008 zwischen der Partei von Präsident Robert Mugabe (Zimbabwe African National Union-Patriotic Front -
ZANU-PF) und den beiden Parteien der Bewegung für den Demokratischen Wandel, dem Movement for Democratic Change - Tsvangirai (MDC-T) und Movement for Democratic Change - Ncube (MDC-N; vormals MDC-M) getroffen worden war. Meldungen über Wahlen in der zweiten Jahreshälfte lösten Panik in den ländlichen Gebieten aus, die von der von staatlichen Kräften geschürten Gewalt in Verbindung mit der Wahl 2008 betroffen gewesen waren. Die Polizei unterdrückte nach wie vor das ganze Jahr über die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, indem sie Menschen willkürlich festnahm, rechtswidrig in Haft hielt und aus politischen Gründen strafverfolgte.

Hintergrund

Die Regierung der nationalen Einheit schloss die Erarbeitung einer neuen Verfassung auch 2012 nicht ab. Dies ist jedoch eine grundlegende Voraussetzung für den gewaltfreien Verlauf der Wahlen 2013. Die zweite Konferenz aller Interessensgruppen (All Stakeholders Conference) fand im Oktober statt, um den Verfassungsentwurf zu prüfen. Dabei versuchte die ZANU-PF, neue Passagen wieder herauszunehmen, die die Befugnisse der Exekutive begrenzen und die Erklärung von Rechten stärken würden, auf die man sich im parteiübergreifenden Verhandlungsprozess geeinigt hatte.

Die Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (Southern African Development Community - SADC), vertreten durch den südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma, erreichte keine bedeutenden Reformen, um gewaltfreie Wahlen zu garantieren, obwohl das Vermittlungsteam Simbabwe mehrmals besuchte.

Bemerkungen hochrangiger Armee-, Polizei- und Geheimdienstmitarbeiter über einen gewünschten Wahlausgang schürten Ängste, dass die Sicherheitskräfte, die an der Gewalt bei den Wahlen 2008 beteiligt waren, erneut versuchen würden, die nächsten Wahlen in Richtung eines Wahlsiegs der ZANU-PF zu beeinflussen. Präsident Mugabe und Premierminister Morgan Tsvangirai sprachen sich öffentlich gegen politische Gewalt aus; doch es wurden keine konkreten Maßnahmen ergriffen, um die Parteilichkeit der Sicherheitskräfte zu beenden.

Wenn es auch nur wenige Vorfälle von politischer Gewalt gab - vor allem, weil 2012 keine größeren politischen Veranstaltungen stattfanden -, so wurden doch mindestens 300 Menschen durch politisch motivierte Fälle von Folter und anderer Gewalt verletzt.



Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit

Die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern und politische Aktivisten - abgesehen von Mitgliedern der ZANU-PF - unterlag weiter strengen Beschränkungen. In städtischen Gebieten waren Polizisten dafür die Hauptverantwortlichen. Sie nutzten das Gesetz über öffentliche Ordnung und Sicherheit (Public Order and Security Act), um die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit willkürlich einzuschränken, und verhinderten rechtmäßige Veranstaltungen und Aktivitäten von Menschenrechtsverteidigern und politischen Parteien. In semi-urbanen
und in ländlichen Gegenden störten lokale
ZANU-PF-Aktivisten weiterhin straffrei die legitimen Aktivitäten ihrer politischen Gegner. Auch einige traditionelle Führer wurden von der ZANU-PF dazu benutzt, den Zugang zu ländlichen Gebieten zu beschränken. Es gab Berichte über Vorfälle, bei denen Soldaten Menschen angriffen, die an Veranstaltungen der beiden MDC-Parteien teilnahmen.

  • Cephas Magura, Mitglied der MDC-T, starb im Mai 2012 im Bezirk Mudzi nach Zusammenstößen zwischen Unterstützern der MDC-T und der ZANU-PF im Geschäftszentrum Chimukoko. ZANU-PF-Unterstützer sollen dabei Menschen angegriffen haben, die eine von der Polizei zugelassene Veranstaltung der MDC-T besuchten. Nach dem Vorfall wurden sieben Mitglieder der ZANU-PF, darunter auch ein Gemeinderatsmitglied von Mudzi, David Chimukoko, festgenommen und des Mordes und der öffentlichen Gewalt angeklagt.
  • Am 21. September 2012 störte eine Gruppe von Soldaten im Bezirk Mutoko in der Provinz Mashonaland Ost eine von Professor Welshman Ncube (MDC-N) geleitete Veranstaltung und schlug die Unterstützer.
  • Im November 2012 griff eine andere Gruppe von Soldaten im Bezirk Zhombe in der Provinz Midlands MDC-T-Unterstützer an, die an einer Veranstaltung im Geschäftszentrum Samambwa teilnahmen. Zahlreiche Unterstützer wurden verletzt, darunter zwei über 70 Jahre alte Männer, die mit Arm- und Beinbrüchen und inneren Verletzungen in ein Krankenhaus in Harare kamen.
  • Einige der 29 im Mai 2011 in Verbindung mit dem Tod des Polizisten Petros Mutedza in Glen View festgenommene MDC-T-Mitglieder verbrachten mehr als ein Jahr in Gewahrsam. Cynthia Manjoro wurde jedoch im Oktober 2012 gegen Kaution freigelassen, nachdem ein Zeuge der Anklage ausgesagt hatte, dass sie festgenommen und inhaftiert worden sei, um einem anderen Verdächtigen, mit dem sie befreundet war, eine Falle zu stellen. Solomon Madzore, der Präsident des MDC-T-Jugendverbands, kam ebenfalls am 13. November zusammen mit einem weiteren Gefangenen, Taruvinga Magaya, gegen Kaution frei. Es wird gemeinhin davon ausgegangen, dass einige der Verdächtigen nur deshalb festgenommen wurden, weil sie als in Glen View lebende MDC-T-Aktivisten bekannt waren. Ende des Jahres befanden sich noch Last Maengahama, Tungamirai Madzokere, Rebecca Mafikeni, Yvonne Musarurwa und Simon Mapanzure in Gewahrsam.
  • Am 5. November 2012 durchsuchte die Polizei in Harare die Büros des Beratungsdienstes Counselling Services Unit (CSU), eine eingetragene Klinik, die Opfern organisierter Gewalt und Folter Hilfe leistet. Die Polizei kam anfangs ohne Durchsuchungsbefehl und drohte, sich mit Gewalt Einlass zu verschaffen. Nach mehreren Stunden zeigten die Sicherheitskräfte einen Durchsuchungsbefehl vor, mit dem "anstößiges und subversives Material" sichergestellt werden sollte, das "Häuser, Gebäude, Wände, Zäune, Laternenpfähle, Tore oder Aufzüge verunstaltet", und beschlagnahmten vertrauliche Patientenakten, einen Computer und Dokumente, die in dem Durchsuchungsbefehl nicht genannt waren. Fünf Mitarbeiter wurden willkürlich festgenommen. Zwei ließ man noch am selben Tag frei, doch drei weitere, Fidelis Mudimu, Zachariah Godi und Tafadzwa Geza, wurden rechtswidrig vier Tage lang in Polizeigewahrsam gehalten, am dritten Tag brachte man sie rechtswidrig in die über 400 km entfernte Stadt Bulawayo. Die drei Männer wurden am 8. November gegen Kaution freigelassen und unter Verstoß gegen Absatz 140 des Gesetzes zur Reform des Strafgesetzbuchs (Criminal Law [Codification and Reform] Act) der "böswilligen Beschädigung von Eigentum" angeklagt. Die Anklagen gegen Fidelis Mudimu wurden später fallen gelassen, als herauskam, dass er sich zur Zeit des vermeintlichen Verbrechens außer Landes befunden hatte.

Willkürliche Festnahmen
und Inhaftierungen

Bereitschaftspolizei störte regelmäßig die Veranstaltungen der Aktivisten der Organisation Women of Zimbabwe Arise (WOZA). Viele wurden geschlagen, und einige trugen Verletzungen davon. 2012 wurden mindestens 200 Festnahmen von WOZA-Mitgliedern verzeichnet.

  • Am 19. Januar 2012 wurden 17 Aktivisten in Bulawayo festgenommen und auf die Polizeiwache Donnington gebracht, wo man einige von ihnen schlug und misshandelte. Später brachte man sie auf die zentrale Wache in Bulawayo, wo die Menschenrechtsverletzungen fortgesetzt wurden, bis man die Aktivisten ohne Anklage freiließ.
  • Am 12. März hatten die WOZA-Sprecherinnen Jennifer Williams und Magodonga Mahlangu ihre Kautionsverhandlung zu konstruierten Anklagen wegen Entführung und Diebstahl. Das Gericht in Bulawayo verweigerte ihnen ungerechtfertigt die Stellung einer Kaution und überstellte sie in Untersuchungshaft. Die Verteidiger hatten eine Verschiebung des Verfahrens beantragt, da Jennifer Williams bei schlechter Gesundheit war und ein Arztschreiben beibrachte, das ihren Gesundheitszustand darlegte. Der Staatsanwalt beschuldigte sie jedoch, die Krankheit vorzutäuschen.
  • Am 27. Juni wurden 101 WOZA-Mitglieder am Morgen nach einer friedlichen Demonstration in Bulawayo festgenommen und fünf Stunden lang festgehalten, ehe man sie ohne Anklage wieder freiließ.

Absatz 33 des Gesetzes zur Reform des Strafgesetzbuchs wurde weiterhin angewandt, indem man politischen Aktivisten und anderen vorwarf, "die Autorität des Präsidenten zu untergraben oder ihn zu beleidigen". Mindestens zwölf Menschen wurden aufgrund dieser Anklagen festgenommen.

  • Im Oktober 2012 wurde Elton Mangoma, der MDC-T-Minister für Energie- und Stromentwicklung in der Koalition Government of National Unity (GNU), festgenommen und in Verbindung mit einer Äußerung, die er im März im Geschäftszentrum Manhenga in Bindura, Mashonland Central, gemacht hatte, der "Untergrabung der Autorität des Präsidenten oder Beleidigung seiner Person" angeklagt.

Folter und außergerichtliche Hinrichtungen in Polizeigewahrsam

Mindestens acht Menschen starben in Polizeigewahrsam unter Umständen, die nahelegen, dass sie gefoltert oder im Schnellverfahren hingerichtet worden waren.

  • Am 19. März 2012 starben drei junge Männer, die sich auf der Polizeiwache in Southerton in Harare im Gewahrsam befanden, unter mysteriösen Umständen. Tendai Dzigarwi und Rufaro Mahohoma waren am 18. März im Hararer Vorort Kambuzuma von der Polizeieinheit für Fahrzeugdiebstahl unter dem Verdacht festgenommen worden, ein Auto gestohlen zu haben. Ein dritter Mann, Emmson Ngundu, wurde am 19. März im Bezirk Zvimba festgenommen. Die Polizei behauptete, die drei Männer seien bei einem Fluchtversuch ums Leben gekommen, doch bei einer unabhängigen Autopsie von Tendai Dzigarwi kam man zu dem Schluss, dass er einem Kopfschuss erlag, der aus 2-3 cm Entfernung abgegeben worden war. Augenzeugenberichte über die Wunden der beiden anderen Männer wiesen auf dieselbe Todesursache hin.
  • Am 13. September 2012 starb Harrison Manyati zwei Tage nach seiner Freilassung im Zentralkrankenhaus von Harare an den Verletzungen, die er durch die Folter in Haft in der Polizeiwache Makoni in Chitungwiza davongetragen hatte. Harrison Manyati war am 7. September willkürlich festgenommen und rechtswidrig inhaftiert worden, nachdem er zu einer Polizeiwache gegangen war, um sich nach einem Freund zu erkundigen, der wegen Einbruchs, Diebstahls und Hausfriedensbruchs festgenommen worden war. Die Polizei beschuldigte Harrison Manyati, ein Komplize zu sein, und hielt ihn vier Tage fest, ohne Anklage zu erheben oder ihn einem Richter vorzuführen. Familienmitgliedern teilte die Polizei indes mit, dass Harrison Manyati kein Verbrechen begangen habe. Bei seiner Freilassung erstattete er Anzeige gegen die Polizisten wegen tätlichen Angriffs. Nach Berichten eines Augenzeugen wurde Harrison Manyati während der ersten beiden Tage seiner Haft gefoltert und dann zwei weitere Tage inhaftiert, um die Verletzungen abklingen zu lassen. Ein unabhängiger Autopsiebericht kam zu dem Schluss, dass Harrison Manyatis Tod die direkte Folge der Folter war.

Blessing Matanda wurde am 4. Oktober 2012, dem Tag als er unter nicht geklärten Umständen in Gewahrsam genommen wurde, tot in der Zelle der Polizeiwache Munyati in Kwekwe aufgefunden. Blessing Matanda hatte einem Angehörigen bei einem Besuch erzählt, die Polizisten, die ihn festgenommen hatten, hätten ihm gedroht, ihm "etwas anzutun". Die Polizei behauptete, dass sich Blessing Matanda erschossen habe, gab aber keine Erklärung dazu ab, wie er an die Waffe gekommen sein sollte. Ein unabhängiger Pathologe bezweifelte den Selbstmord.

Zwangsräumungen

Sieben Jahre nach der Massenzwangsräumung (Operation Murambatsvina) in Harare und anderen Städten im Jahr 2005 lebten weiter rund 10000 Betroffene in Siedlungen ohne Schulen, Gesundheitsdienste, Wasser, sanitäre Anlagen und Straßen. Obwohl die Behörden anerkannten, dass insbesondere Schulen fehlten, wurden keine Maßnahmen ergriffen, um den Tausenden von betroffenen Kindern den Zugang zum kostenlosen Besuch der Grundschule zu ermöglichen.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen

Feindseligkeit gegenüber Personen, die sich nicht konform der Geschlechterrollen verhielten, und Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen (LGBTI) war in Simbabwe nach wie vor weit verbreitet. Die Medien trugen in der Öffentlichkeit zu Vorurteilen gegen LGBTI bei, indem sie feindselige Kommentare über LGBTI von politischen Führungspersönlichkeiten, insbesondere im Kontext der Debatte um die neue Verfassung, veröffentlichten. Die ZANU-
PF und die MDC-T beschuldigten sich gegenseitig, LGBTI in ihren Reihen aufzunehmen. Die Politisierung der Diskussion über die Verurteilung von Diskriminierung auf Grundlage der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität verstärkte die Schikane und Einschüchterung von LGBTI durch die Polizei.

  • 44 Mitglieder der LGBTI-Organisation Gays and Lesbians of Zimbabwe (GALZ) wurden am 11. August 2012 über Nacht in der zentralen Polizeiwache Harare inhaftiert, nachdem die Polizei ihre Büroräume in Harare durchsucht hatte. Die Durchsuchung fand nach einer Veranstaltung statt, die von der GALZ angesetzt worden war, um den Verfassungsentwurf zu diskutieren und einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen gegen GALZ-Mitglieder zu veröffentlichen. Nach der Freilassung der Gefangenen suchte die Polizei einige ihrer Wohnungen und Arbeitsplätze auf und nahm so das Bekanntwerden ihrer sexuellen Orientierung und damit ein erhöhtes Risiko der Diskriminierung in Kauf.
  • Am 20. August 2012 durchsuchte die Polizei die Büroräume der GALZ ein zweites Mal und beschlagnahmte Computer und Flugblätter. Am 23. August wurde aufgrund der Betreibung einer "nicht eingetragenen" Organisation unter Verstoß gegen Abschnitt 6 (iii) des Gesetzes über Private Ehrenamtliche Organisationen (Private Voluntary Organisation Act) Anklage gegen die GALZ erhoben. Die GALZ war daraufhin zum ersten Mal seit 20 Jahren gezwungen, ihre Büroräume auf unbestimmte Zeit zu schließen, da sie weitere Durchsuchungen durch die Polizei befürchtete.


Amnesty International: Missionen und Berichte

Delegierte von Amnesty International besuchten Simbabwe im April, August und September/Oktober



 

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