Dokument #1260971
Amnesty International (Autor)
Im Rahmen von Demonstrationen und großangelegten Zwangsräumungen kam es zu exzessiver Gewaltanwendung durch die Polizei. Nach wie vor gab es Berichte über Folter und andere Misshandlungen, und auch die Haftbedingungen boten weiterhin Anlass zur Sorge. Gewalt gegen Frauen blieb weit verbreitet. Besonders besorgniserregend waren Fälle von Verbannung wegen Hexerei. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgeschlechtliche und Intersexuelle waren Diskriminierung und Angriffen ausgesetzt. Es wurden weiterhin Todesurteile verhängt.
Ein Verfahren zur Prüfung der Verfassung wurde aufgrund eines Gerichtsprozesses verzögert, mit dem die Rechtmäßigkeit des zuständigen Verfassungsausschusses in Frage gestellt wurde. Im Oktober 2015 wies der Oberste Gerichtshof diese Klage ab.
Im September 2015 setzte die Polizei Tränengas und Schlagstöcke ein, um eine friedliche Demonstration aufzulösen, nachdem sie sich zuvor mit den Organisatoren nicht auf eine Route für den Demonstrationszug einigen konnte. Die Teilnehmenden der von der Interessengruppe Let My Vote Count Alliance organisierten Demonstration forderten ein neues Wählerverzeichnis.
Im Oktober 2015 besuchte der UN-Sonderberichterstatter über Folter das Land, um sich über den Stand der Umsetzung der nach seinem Besuch 2013 ausgesprochenen Empfehlungen zu informieren. Er begrüßte, dass einige Fortschritte erzielt wurden, kritisierte jedoch, dass Polizei und Geheimdienste nach wie vor Gebrauch von Folter und anderweitigen Formen der Misshandlung machten. Außerdem bemängelte er, dass die zuständigen Kontrollmechanismen bei der Untersuchung von Folter- und Misshandlungsvorwürfen die nötige Sorgfalt und Dringlichkeit vermissen ließen, und wies auf die Notwendigkeit einer Ausweitung und wirkungsvollen Umsetzung des Programms zur Prozesskostenhilfe hin. Des Weiteren stellte er weder eine nennenswerte Verringerung der Überbelegung in den Hafteinrichtungen noch eine Verbesserung der Haftbedingungen fest, z. B. hinsichtlich der unzureichenden Hygiene und unausgewogenen Ernährung in den Gefängnissen.
Im März 2015 wurde eine staatliche Wohnungspolitik verabschiedet, deren allgemeine Zielsetzung darin bestand, angemessenen, bezahlbaren, zugänglichen und nachhaltigen Wohnraum zu schaffen.
Am 20. und 21. Juni wurden mehrere Tausend Personen aus Old Fadama, dem größten Slum von Accra, vertrieben. In dem allgemein als Sodom und Gomorrha bekannten Slum lebten etwa 50 000 Menschen. Die Polizei setzte Tränengas gegen Personen ein, die gegen den Abriss von Old Fadama demonstrierten. Dabei wurden mehrere Demonstrierende verletzt. Nach Auffassung von Amnesty International entsprachen diese Zwangsräumungen nicht den internationalen Menschenrechtsstandards, und die Richtlinien und Schutzmaßnahmen waren unzureichend.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen war nach wie vor weit verbreitet. In den letzten Jahren waren mehrere Hundert Frauen von Angehörigen ihrer Gemeinschaften der Hexerei bezichtigt und in isolierte "Hexendörfer" verbannt worden, wo sie kaum Zugang zu Gesundheitsdiensten, Bildungseinrichtungen, Sanitärversorgung und anderen Dienstleistungen hatten. Obwohl die Regierung im Dezember 2014 in Absprache mit traditionellen Gemeinschaften und der Zivilgesellschaft das "Hexendorf" Bonyasi schließen ließ und die Schließung weiterer solcher Dörfer ankündigte, existierten einige von ihnen Ende 2015 noch immer.
Nach wie vor wurden einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Männern strafrechtlich verfolgt, und viele Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgeschlechtliche und Intersexuelle (LGBTI) waren Diskriminierung, Gewalt und Schikane durch die Polizei ausgesetzt.
Im Februar 2015 verurteilten einige ghanaische Prominente einen Vorfall, bei dem ein Musikveranstalter verprügelt worden war, weil er für schwul gehalten wurde.
Im September nahm die Polizei Sulley Fuiseni fest, den Anführer der Gruppe Safety Empire, die im Verdacht stand, LGBTI im Stadtteil Nima in Accra angegriffen zu haben. Sein Verfahren dauerte Ende 2015 noch an.
Seit 1993 hat es keine Hinrichtungen mehr gegeben. Ghana behält die Todesstrafe jedoch bei, und die Gerichte verhängten auch 2015 weiterhin Todesurteile. Die Regierung ergriff keine Maßnahmen, um den Empfehlungen des UN-Menschenrechtsausschusses aus dem Jahr 2014 nachzukommen, der die Verhängung automatischer und obligatorischer Todesurteile in Ghana verurteilt hatte.
Vorschläge seitens des Verfassungsausschusses, die Todesstrafe abzuschaffen, wurden aufgrund von Verzögerungen im Verfassungsprüfungsverfahren blockiert.
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Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Ghana (Periodischer Bericht, Englisch)