a-4048 (ACC-SCG-4048)

nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:

1 . Zwangsweise Rekrutierung von Kosovo-Albanern zu Hilfsdiensten mit grüner Uniform durch serbische Soldaten 1999? 2. zielgerichtete oder zufällige Auswahl der Zwangsrekrutierten?

Das Internationales Katholisches Komitee für die Zigeuner erwähnt in einem Appell zur Situation der Roma im Kosovo vom 1. September 1999, dass Während des Krieges Roma in gleicher Weise wie Albaner verjagt, mißhandelt und ermordet worden seien. Andere seien zum Dienst in der jugoslawischen Armee oder zu Hilfsdiensten gezwungen worden, wie z.B. zum Ausheben von Gräbern für die Opfer. (Internationales Katholisches Komitee für die Zigeuner, 1. September 1999)

Die United States Information Agency (USIA) berichtet in einem Fact Sheet vom 19. April 1999 über die zwangsweise Verwendung junger Albaner zum Ausheben von Verteidigungsstellungen durch serbische paramilitärische Einheiten:

„Urosevac -- Serb forces reportedly forcibly expelled ethnic Albanian civilians from their homes on 10 April, and are now using the homes as barracks. Serbian police (MUP) transferred the civilians to Blace by train. Former Albanian shops and homes were reportedly given to Serb villagers. Serb forces reportedly are targeting the homes of prominent politicians and intellectuals and raping young Albanian girls. As many as 40 ethnic Albanians have been killed. According to an ethnic Albanian refugee, Serb paramilitary units are forcibly using Albanian males to dig defensive positions on the southeast side of the city. Nearly 50 paramilitary forced 25 civilians from the nearby town of Starosello to dig trenches for three days, from 10 to 12 April.” (USIA, 19. April 1999)

Human Rights Watch (HRW) berichtet am 8. Mai 1999 von verschiedenen Zeugenaussagen, wonach Albaner Gräben für die jugoslawische Armee ausheben mussten. Manche hätten dabei graue Arbeitsbekleidung getragen, andere jedoch grüne Jacken der jugoslawischen Armee, was sie zum Ziel von NATO-Angriffen machen konnte:

„[...] In addition, some ethnic Albanian men have been reportedly forced to dig trenches for the Yugoslav Army along the border. [...] Refugees who have fled Kosovo during the past week also report that Serbian forces have detained ethnic Albanian men and forced them to dig trenches. Six refugees from the city of Prizren who were interviewed by Human Rights Watch in northern Albania reported that they had seen groups of ethnic Albanian men being forced to work along the road between Prizren and the border village of Vrbnica (Verbnicë in Albanian). Each of the refugees, interviewed separately, reported that they had seen small groups of ethnic Albanian men being forced to dig trenches while being guarded at gunpoint by Serbian police or Yugoslav Army soldiers. Each of the refugees stressed that trenches were being dug primarily in the area between Vrbnica and the nearby village of Zur (Zhur), near the Albanian border. Some of the Albanian detainees were wearing grey work suits, the witnesses said. But others were wearing green jackets of the Yugoslav Army, which could make them the object of NATO attack.“ (HRW, 8. Mai 1999)

Im Bericht der von der Organization for Security and Cooperation in Europe (OSCE) durchgeführten Kosovo Verification Mission vom Oktober 1998 bis Juni 1999 wird geschildert, wie serbische Militär- und Polizeieinheiten junge Männer enftührt hätten, diese seien laut Augenzeugenberichten zur Blutabnahme gezwungen, in Uniformen gesteckt und zum Ausheben von Gräben gezwungen worden:

„Orahovac/Rrahovec town [...] On 24 March Serbian military and police surrounded and entered the town and reportedly rounded up and abducted young men. One Kosovo Albanian was told by his brother-in-law that 70 men were taken to Prizren hospital, where allegedly blood was forcibly taken from them. They were all given uniforms and taken to the Albanian border where they were forced to dig trenches for the Serbian forces.“ (OSCE, Oktober 1998 bis Juni 1999)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker berichtet im August 1998, dass systematisch Männer im wehrfähigen Alter bei Straßenkontrollen festgehalten, mißhandelt, verhaftet und entführt worden seien:

„Das gesamte Kosovo-Gebiet ist unter der Kontrolle der serbischen Truppen, die flächendeckend ein Netz von Checkpoints an allen Fernstraßen, wichtigen Kreuzungen, Bahnhöfen, Bushaltestellen, Ausfallstraßen von Städten und Dörfern errichtet haben. Fortwährend werden - vor allem von den serbischen Truppen, aber auch von der kosovo-albanische Guerillaarmee ("Kosova-Befreiungsfront") UCK - insbesondere Männer im wehrfähigen Alter bei Straßenkontrollen willkürlich aus Bussen und Zügen geholt und bei der Eroberung von Städten und Dörfern festgehalten und mißhandelt, aber auch verhaftet und entführt.“ (Gesellschaft für bedrohte Völker, August 1998)

3. Vorwurf der Kollaboration mit dem serbischen Regime

In der „Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo“ vom Jänner 2003 (aktualisiert 30. März 2004) zählt UNHCR Kosovo/a-Albaner, die mit dem serbischen Regime nach 1990 in Verbindung gebracht werden, zu den gefährdeten Gruppen:

„Kosovo-Albaner und besonders hilfsbedürftige Personen
5. Während die meisten Kosovo-Albaner kaum mit Sicherheitsbedenken zu rechnen haben, gibt es bestimmte Gruppen, die mit ernsten Problemen, einschließlich der Bedrohung ihrer körperlichen Unversehrtheit, konfrontiert werden könnten, sollten sie zum jetzigen Zeitpunkt nach Hause zurückkehren. Dazu gehören […]
3.) Kosovo-Albaner, die mit dem serbischen Regime nach 1990 in Verbindung gebracht werden.“ (UNHCR, 22. Jänner 2003, S.2; neuerlich bekräftigt UNHCR 30. März 2004, S. 4)

Zum Thema Kollaboration mit dem serbischen Regime berichtet das UK Home Office im Country Report vom April 2004, dass bereits Personen, die von serbischen Angriffen im Krieg verschont blieben, diesem Vorwurf ausgesetzt sein könnten:

“There have been reports of ethnic Albanians being the targets of harassment and violence in retribution for alleged association or collaboration with the Serbian regime, particularly in the months following the war in 1999 and 2000. In some cases such accusations may have been based on little more than the fact that a person had done business with Serbs in the past or that his house was not targeted by Serb forces. This phenomenon has been exacerbated by the local press by publishing inflammatory articles on the subject.” (UK Home Office, April 2004, para. K.6.104)

Zur hier angesprochenen Rolle der Medien führte das UK Home Office in seinen Berichten vom Oktober 2003 und vom April 2004 an:

“The print media has often acted irresponsibly, publishing articles which could incite violence against political personalities and listing names and addresses of individuals who allegedly collaborated with the Serb regime. Such incidents have declined since UNMIK have made regulations to allow legal action to be taken against media outlets that tolerate irresponsible journalism. […] During 2002, Bota Sot and 24 Ore were fined for making unsubstantiated allegations.” (UK Home Office, Oktober 2003, para. K.6.5.)
„UNMIK regulations govern the print media, primarily designed to prevent inflammatory ethnic-based rhetoric, according to the US State Department report for 2003: `UNMIK regulations prohibit hate speech and speech that incites ethnic violence, as well as newspaper articles that might encourage criminal activity or violence.” (UK Home Office, April 2004, para. K.6.5.)

Der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) zufolge kann auch eine frühere Mobilisierung für die jugoslawische Armee eine Gefährdung bedeuten:

„Gefährdet sind ausserdem alle Personen (Minderheitenangehörige oder AlbanerInnen), die verdächtigt werden, mit dem serbischen Regime kollaboriert zu haben. Auch eine frühere Mobilisierung für die jugoslawische Armee kann ein Risiko bedeuten.“ (SFH, 3. April 2003, S.3)

In einem Gutachten für den Unabhängigen Bundesasylsenat vom Dezember 1999 bezieht sich das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte (BIM) auf einen Kosovo-Bericht der OSZE (OSZE, 6. Dezember 1999).

„Kosovo-Albaner werden seit dem Abzug der serbischen Truppen aus dem Kosovo vor allem im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Kollaboration zur Zielscheibe von Verfolgungshandlungen. Dabei kann bereits der Verdacht zu schweren Übergriffen wie Vertreibung, Zerstörung des Eigentums, Mißhandlungen, Folter sowie Mord führen. […] So wurden am 15. Juni 99 in Jablanica/Jabllanice fünf Kosovo-Albaner von Männern in UCK-Uniformen festgenommen, für sieben Stunden verhört und mißhandelt. Drei von der Gruppe wurden später entlassen, die zwei übrigen sind seither „verschwunden“. Nach Informationen welche der OSZE zukamen, wurden die beiden beschuldigt, einen Polizisten in Doblibare beherbergt zu haben. Auch andere Kosovo-Albaner wurden von angeblichen UCK-Mitgliedern festgenommen, verhört, mißhandelt und ein Teil der Betroffenen sind seit ihrer Festnahme „verschwunden“. In Gjakove wurden Kosovo-Albaner, die der Kollaboration verdächtigt wurden, bedroht und aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Ähnliches wird auch von Prizren berichet. Am 14.9.99 wurde ein Kosovo-Albaner in Kline von der UCK verhört und beschuldigt, serbische Freunde zu haben und Informationen an die Serben weitergegeben zu haben. Am 15.9.99 „verschwand“ er und wurde kurze Zeit später ermordet aufgefunden. Das Opfer war vor seiner Ermordung auch mißhandelt worden. Am 26.9.99 wurde ein Kosovo-Albaner vor seinem Geschäft in Gjakove erschossen. Er war zuvor der Kollaboration mit den Kosovo-Serben beschuldigt worden. Am 5.10.99 wurde ein 38jähriger Kosovo-Albaner in Dragobil entführt und später ermordet aufgefunden. Die Leiche war mit Handschellen gefesselt und wies Spuren von Verbrennungen auf.“ (BIM, 30. Dezember 1999, S.18)

Die OSZE berichtet von einem Prozess gegen Kosovo-Albaner, die wegen Kriegsverbrechen vor allem gegen Kosovo-Albaner angeklagt waren (und zu Haftstrafen von 5 bis 17 Jahren verurteilt wurden):

“The case was the first major trial in Kosovo to charge Kosovo Albanians accused for war crimes and hence gained considerable public attention. The accused were indicted for war crimes under domestic applicable law for acts perpetrated against predominantly Kosovo Albanian victims; out of twenty-six victims listed in the indictment, one victim was a Kosovo Serb. […] The four accused […] were charged for their alleged participation in the unlawful detention, torture and murder of civilians from August 1998 to June 1999. During that time, the accused were members of the Kosovo Liberation Army (KLA) assigned to the Llap Zone of operation;[…] The accused were charged for acting with other unidentified guards and members of the KLA in illegally detaining civilians either via unlawful arrest or after inviting prospective detainees for “informative talks”. According to the indictment, those detained were accused of having collaborated with the Serb forces, which the KLA were fighting at the time. It further alleged that the detainees were housed in inhumane conditions; denied adequate sanitation, food, water and medical care; were subject to routine beatings and tortures, forced to beat each other, forced to make false confessions and threatened with death.” (OSZE, 17. Dezember 2003, S.2-3)

In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten innerhalb der zur Verfügung stehenden Recherchezeit leider weder Informationen zur Ausstellung von Dokumenten von in Belgrad geborenen Kosovo-Albanern gefunden werden, noch zu der Frage, ob der Geburtsort Belgrad zu einem Vorwurf der Kollaboration mit den Serben führen kann. Wir werden diese Fragen jedoch an die österreichische Botschaft in Belgrad weiterleiten und Sie über dazu eintreffende Informationen unterrichten.

Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Die Antwort stellt keine abschließende Meinung zur Glaubwürdigkeit eines bestimmten Asylansuchens dar.

Quellen:

1 . Zwangsweise Rekrutierung von Kosovo-Albanern zu Hilfsdiensten mit grüner Uniform durch serbische Soldaten 1999? 2. zielgerichtete oder zufällige Auswahl der Zwangsrekrutierten?

3. Vorwurf der Kollaboration mit dem serbischen Regime