Dokument #1233423
AI – Amnesty International (Autor)
Nach wie vor herrschten unzulängliche Aufnahmebedingungen für Asylsuchende. Die Praxis, abgewiesene Asylsuchende in den Irak abzuschieben, wurde fortgesetzt. Es gab auch weiterhin Vorwürfe über exzessive Gewaltanwendung durch die Polizei. Es wurden Bedenken geäußert, dass ein Gesetzentwurf für ein Schleierverbot in der Öffentlichkeit gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Religionsfreiheit verstoßen könnte.
Die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende waren unzulänglich. Lokalen NGOs zufolge versäumte es die für den Empfang von Asylsuchenden zuständige staatliche Behörde Fedasil zwischen Oktober 2009 und Dezember 2010, den insgesamt 7723 Asylsuchenden eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Zum Jahresende waren 1203 Asylsuchende weiterhin vorübergehend in Hotels untergebracht, wo sie weder medizinische Versorgung noch Sozial- oder Rechtshilfe erhielten. Die Regierung unternahm im Jahresverlauf einige Maßnahmen wie die Schaffung mehrerer Notunterkünfte, doch waren diese sowohl quantitativ als auch qualitativ unzureichend.
Am 19. Januar entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Muskhadzhiyeva und andere gegen Belgien, dass Belgien mit der Inhaftierung von vier kleinen Kindern und ihrer Mutter im Hinblick auf die vier Kinder gegen das Verbot von Folter und Misshandlung sowie gegen das Recht auf Freiheit verstoßen habe. Sie waren über einen Monat lang in einem geschlossenen Haftzentrum inhaftiert gewesen, bevor sie im Januar 2007 nach Polen zurückgeschickt wurden. Seit Oktober 2009 werden Familien mit Kindern in sogenannten Wohneinheiten untergebracht und nicht länger in Hafteinrichtungen festgehalten.
Belgien hielt 2010 an seiner Abschiebepolitik für den Irak fest, trotz der Richtlinien des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR), nach denen die Staaten aufgefordert sind, niemanden in die Provinzen Ninewa (Mosul), Kirkuk, Diyala, Salah al-Din und Bagdad oder andere als besonders gefährlich geltende Gebiete wie beispielsweise die Provinz Al Anbar abzuschieben.
Es gab Berichte über exzessive Gewaltanwendung der Polizei bei mehreren Demonstrationen.
Aussagen von Protestierenden zufolge hat die Polizei im September und Oktober in Brüssel nach zwei Demonstrationen exzessive Gewalt angewandt. Im Oktober begann der staatliche Polizeikontrolldienst mit einer Untersuchung der Vorwürfe.
Am 8. Dezember fällte das Brüsseler Zivilgericht ein erstes Urteil im Prozess von neun Überlebenden des Völkermords in Ruanda gegen den belgischen Staat und drei belgische Soldaten. Das Gericht befand, dass der belgische Staat für den Befehl zur sofortigen Rückkehr belgischer Blauhelme 1994 aus Kigali verantwortlich sei. Die Blauhelme hatten etwa 2000 Menschen in einem Schulgebäude zurückgelassen, das sich zum Zeitpunkt ihres Rückzugs unter belgischer Kontrolle befand. Viele der Menschen wurden kurz nach dem Abzug der Blauhelme ermordet. Das Gericht kam weiterhin zu dem Urteil, dass die drei Soldaten eigenverantwortlich gehandelt hätten, als sie dem Befehl Folge leisteten.
Am 29. April 2010 stimmte das Abgeordnetenhaus für ein Gesetz, das die teilweise oder vollständige Bedeckung des Gesichts in der Öffentlichkeit durch Kleidung verbietet, die es unmöglich macht, den Tragenden zu erkennen. Es gab Bedenken, dass ein generelles Verbot des Schleiers die Rechte der Frauen verletze, die den Schleier als Ausdruck ihrer religiösen, kulturellen, politischen oder persönlichen Identität oder Überzeugung tragen. Zum Jahresende lag der Gesetzentwurf noch dem Senat zur Prüfung vor.
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Amnesty International Report 2011 - The State of the World's Human Rights (Periodischer Bericht, Englisch)
Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte (Periodischer Bericht, Deutsch)