Dokument #1225811
Amnesty International (Autor)
Präsident Barack Obama räumte ein, es habe im Zuge des von seinem Vorgänger George W. Bush genehmigten CIA-Programms für Geheimgefängnisse nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Folter gegeben. Die in diesem Zusammenhang begangenen völkerrechtlichen Verbrechen blieben jedoch ungesühnt. Die freigegebene Zusammenfassung eines Berichts des US-Senats über das Programm wurde im Dezember 2014 veröffentlicht. In Guantánamo Bay befanden sich weiterhin zahlreiche Gefangene in unbefristeter Militärhaft. In einigen wenigen Fällen wurden die Verfahren vor Militärkommissionen fortgesetzt. Die Anwendung von lang anhaltender Isolationshaft in Bundesgefängnissen und Haftanstalten der US-Bundesstaaten bot ebenso Anlass zur Sorge wie die Anwendung exzessiver Gewalt durch Polizeibeamte. Im Jahr 2014 wurden 33 Männer und zwei Frauen hingerichtet.
Die USA mussten 2014 vor drei UN-Vertragsorganen Bericht erstatten. Im April kritisierte der UN-Menschenrechtsausschuss u.a. die Straflosigkeit für Verstöße, die im Zuge von Antiterrormaßnahmen begangen wurden, und die Isolationshaft in Gefängnissen. Außerdem forderten die Ausschussmitglieder eine Gleichbehandlung aller Bürger durch die Strafjustiz - ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft. Auch gezielte Tötungen durch unbemannte Drohnen, die Anwendung exzessiver Gewalt durch Polizeibeamte, der Umgang mit Migranten sowie die Todesstrafe wurden kritisiert. Im August legte der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung den USA zahlreiche Empfehlungen vor. Im November griff der UN-Ausschuss gegen Folter in seinen abschließenden Beobachtungen ähnliche Probleme auf.
Im August 2014 räumte Präsident Barack Obama die Folter von Terrorverdächtigen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein. Im Rahmen des Programms seien neben Waterboarding (simuliertes Ertränken) auch andere "verschärfte Verhörtechniken" angewendet worden. Von einer Bestrafung der Verantwortlichen und einer Wiedergutmachung für die Opfer war hingegen nicht die Rede. Die Äußerungen des Präsidenten bewiesen, dass die USA nach wie vor nicht bereit waren, ihren internationalen Verpflichtungen diesbezüglich nachzukommen. Auch ging Barack Obama mit keinem Wort auf das Verschwindenlassen von Gefangenen ein. Dieses völkerrechtlich geächtete Verbrechen wurde an den meisten - wenn nicht an allen - der im Zuge des Geheimprogramms festgehaltenen Gefangenen verübt, an einigen von ihnen sogar mehrere Jahre lang.
Im April 2014 entschied der Geheimdienstausschuss des US-Senats (Senate Select Committee on Intelligence - SSCI), die Zusammenfassung seines Berichts über das geheime Inhaftierungs- und Verhörprogramm der CIA (2002-2008) freizugeben. Am 9. Dezember wurde die Zusammenfassung des Berichts veröffentlicht. Das 500 Seiten umfassende Dokument enthielt neue Einzelheiten über das Programm sowie über Folter und andere Menschenrechtsverletzungen, die in diesem Zusammenhang begangen wurden. Der vollständige 6700-seitige Bericht, der detaillierte Angaben zu allen Häftlingen in CIA-Gewahrsam, den Haftbedingungen und den Verhörmethoden enthält, unterlag weiterhin strengster Geheimhaltung.
Ende 2014 waren noch immer 127 Männer in Guantánamo Bay inhaftiert. Gegen die meisten Gefangenen war weder Anklage erhoben noch ein Strafverfahren eröffnet worden. In nahezu der Hälfte der Fälle war bereits im Januar 2010 oder noch früher eine Verlegung aus dem Gefangenenlager genehmigt worden. 2013 waren elf Häftlinge aus Guantánamo verlegt worden, 2014 waren es 28.
Im Mai 2014 wurden fünf afghanische Guantánamo-Gefangene nach mehr als zehn Jahren Haft nach Katar ausgeflogen. Im Gegenzug kam ein US-Soldat frei, der sich fünf Jahre lang in der Hand der Taliban befunden hatte. Die Opposition im Kongress übte scharfe Kritik an dem Gefangenenaustausch, da sie Präsident Obamas erklärtes Ziel, das Gefangenenlager Guantánamo zu schließen, ablehnt.
Auch 2014 traten einige Gefangene in Hungerstreik, allerdings deutlich weniger als im Vorjahr. Kritiker warfen den Behörden mangelnde Transparenz vor, nachdem Ende 2013 die politische Grundsatzentscheidung getroffen worden war, die Zahl der Hungerstreikenden nicht mehr zu veröffentlichen. Im Mai räumte die US-Regierung in einem Verfahren ein, sie besitze als geheim klassifizierte Videoaufnahmen von der Zwangsernährung des syrischen Staatsbürgers Abu Wa'el Dhiab, der sich noch immer in Guantánamo befand, obwohl seine Verlegung bereits 2009 genehmigt worden war. Im Oktober ordnete ein Bundesbezirksgericht an, das Video in Teilen zu veröffentlichen. Die US-Regierung legte Rechtsmittel dagegen ein, eine Entscheidung des US-Berufungsgerichts stand Ende 2014 noch aus.
Im November 2014 erklärten US-Vertreter vor dem UN-Ausschuss gegen Folter, entgegen ihrer bislang vertretenen Position habe die US-Regierung beschlossen, dass das UN-Übereinkommen gegen Folter künftig auch in Guantánamo Bay gelten solle sowie auf Schiffen und in Flugzeugen, die in den USA registriert sind.
Der saudi-arabische Staatsbürger Ahmed Mohammed al Darbi, der im Juni 2002 von Zivilbehörden in Aserbaidschan festgenommen und zwei Monate später an die US-Behörden überstellt worden war, bekannte sich im Februar 2014 bei einer Anhörung vor einer Militärkommission in Guantánamo schuldig. Außerdem willigte er ein, kein Verfahren gegen die USA wegen seiner Behandlung während der Inhaftierung anzustrengen. Er war damit der achte Gefangene, der seit Eröffnung des Lagers Guantánamo im Jahr 2002 von einer Militärkommission für schuldig befunden wurde. In sechs der Verfahren erging das Urteil nach Prozessabsprachen.
Im Fall der fünf Guantánamo-Häftlinge Khalid Sheikh Mohammed, Walid bin Attash, Ramzi bin al-Shibh, 'Ali 'Abd al-'Aziz und Mustafa al-Hawsawi, die als mutmaßliche Haupttäter der Anschläge vom 11. September 2001 angeklagt sind, ging das Ermittlungsverfahren vor einer Militärkommission weiter. Auch im Fall von 'Abd al-Rahim al-Nashiri, dem ein Anschlag auf das Kriegsschiff USS Cole im Oktober 2000 im Jemen zur Last gelegt wird und der im November 2011 wegen Mordes angeklagt worden war, hatte das Hauptverfahren Ende 2014 noch nicht begonnen. Alle sechs Angeklagten waren vor ihrer Verlegung nach Guantánamo im Jahr 2006 bis zu vier Jahre ohne Kontakt zur Außenwelt in geheimen CIA-Gefängnissen festgehalten worden.
Im Juni 2014 wurde Anklage gegen den irakischen Staatsbürger 'Abd al Hadi al-Iraqi erhoben. Berichten zufolge wurde er im Oktober 2006 in der Türkei festgenommen, an die US-Behörden überstellt, in geheimer CIA-Gefangenschaft gehalten und im April 2007 nach Guantánamo verlegt. Sein Verfahren gemäß dem Gesetz über Militärkommissionen (Military Commissions Act - MCA) war Ende 2014 noch nicht abgeschlossen.
Im Mai 2014 erklärte der Justiziar des US-Verteidigungsministeriums, die 2001 erlassene Ermächtigung zum Einsatz militärischer Gewalt (Authorization for Use of Military Force - AUMF) diene der US-Regierung weiterhin als rechtliche Grundlage für den Betrieb des Gefangenenlagers Guantánamo Bay, für US-Haftlager in Afghanistan sowie für Operationen zur Ergreifung von Personen anderenorts, gegebenenfalls auch unter Anwendung tödlicher Gewalt. Als Beispiel nannte er den Fall des libyschen Staatsangehörigen Nazih Abdul-Hamed al-Ruqai alias Abu Anas al-Libi. Er war am 5. Oktober 2013 in der libyschen Hauptstadt Tripolis von US-Militärs entführt und an Bord des Kriegsschiffes USS San Antonio verhört worden. Anschließend brachte man ihn in die USA und klagte ihn an, an Anschlägen auf US-Botschaften in Kenia und Tansania im Jahr 1998 beteiligt gewesen zu sein.
Der Verteidiger von Nazih Abdul-Hamed al-Ruqai erklärte 2014 vor Gericht, die Entführung sei "unter extrem brutaler Gewaltanwendung" erfolgt: Die Spezialkräfte hätten seinen Mandanten aus seinem Auto gezerrt, ihn "mit taserartigen Waffen" außer Gefecht gesetzt, ihm die Augen verbunden und ihn geknebelt und gefesselt. Auf dem Kriegsschiff sei er eine Woche lang ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und täglich von CIA-Angehörigen und anderen Personen verhört worden. Die aufeinanderfolgenden Verhöre hätten faktisch Schlafentzug bedeutet. Die Inhaftierung auf dem Schiff und die Verhöre wurden schließlich wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung abgebrochen. Ende 2014 war das Verfahren noch nicht abgeschlossen. Nazih Abdul-Hamed al-Ruqai wurde am 31. Dezember 2014 in ein Krankenhaus eingeliefert, wo er am 2. Januar 2015 starb.
Am 15. Juni 2014 nahm ein US-Spezialkommando in der Nähe der ostlibyschen Stadt Bengasi Ahmed Abu Khatallah fest. Zwei Tage später teilte die US-Regierung dem UN-Sicherheitsrat mit, man habe Khatallah aufgrund des "inhärenten Rechts auf Selbstverteidigung" ergriffen, da dieser weitere bewaffnete Angriffe auf US-Bürger geplant habe. Da das Schreiben keine Informationen über die mutmaßlichen Pläne enthielt, war es nicht möglich, den Anspruch der USA auf Selbstverteidigung zu beurteilen. Im Oktober wurde gegen Ahmed Khatallah Anklage erhoben im Zusammenhang mit einem Anschlag auf das US-Generalkonsulat in Bengasi im Jahr 2012, bei dem vier US-Bürger getötet worden waren. Im Falle eines Schuldspruchs droht ihm die Todesstrafe. Ende 2014 saß er in einem Gefängnis in Virginia in Untersuchungshaft.
Im Laufe des Jahres 2014 wurden die nicht-afghanischen Staatsbürger, die auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram in Afghanistan festgehalten worden waren, in den Gewahrsam anderer Regierungen überstellt. Im August wurden zwei jemenitische Staatsangehörige, die mehr als zehn Jahre im US-Militärgewahrsam in Afghanistan verbracht hatten, in den Jemen überstellt.
Im November 2014 wurde der russische Staatsbürger Ireq Ilgiz Hamidullin nach fünfjähriger Inhaftierung auf dem Militärstützpunkt Bagram in die USA gebracht, wo er sich vor einem Bundesgericht wegen terroristischer Straftaten verantworten muss. Seit der Eröffnung des Inhaftierungslagers in Bagram vor 13 Jahren, war er der erste Gefangene, der von dort aus direkt in die USA überstellt wurde.
Der tunesische Staatsbürger Redha al Najar wurde am 10. Dezember in afghanischen Gewahrsam überstellt. Einen Tag zuvor war die Zusammenfassung des US-Senatsberichts erschienen, in der sein Fall als einer der Folterfälle in geheimer CIA-Haft in Afghanistan in 2002 geschildert wurde. Am 11. Dezember 2014 erklärte das US-Verteidigungsministerium, die Hafteinrichtung Bagram sei nun geschlossen.
Präsident Barack Obama erklärte im November, der Kongress und die Regierung würden ihre Gespräche über eine Anpassung und Aktualisierung der AUMF fortsetzen und dabei ihr Augenmerk "weniger auf vergangene als vielmehr auf aktuelle Kämpfe" richten.
Nach wie vor mussten Zehntausende Menschen in Bundesgefängnissen und in Haftanstalten der einzelnen Bundesstaaten 22 bis 24 Stunden pro Tag völlig isoliert in Einzelhaft verbringen.
Im Februar 2014 fand vor dem Justizausschuss des Senats eine zweite Anhörung zur Frage der Einzelhaft statt. Der Vorsitzende, Senator Dick Durbin, drängte auf eine Reform dieser Praxis. In den folgenden Monaten setzte er sich jedoch für ein weiteres Bundesgefängnis ein, das die Zahl der Einzelzellen weiter erhöhen würde. Ein Bericht von Amnesty International über Einzelhaft in den Bundesgefängnissen stellte fest, dass die Haftbedingungen im - bislang einzigen -Hochsicherheitsgefängnis, das dem US-Standard Super-maximum Security entspricht, in Florence im Bundesstaat Colorado gegen die Standards einer humanen Behandlung von Gefangenen verstoßen.
Im Oktober endete eine Sammelklage von mehr als 33000 Häftlingen im Bundesstaat Arizona mit einem Vergleich. Er sieht vor, dass die Gefängnisbehörde von Arizona Gefangenen in Einzelhaft, die unter gravierenden psychischen Erkrankungen leiden, mehr Therapiemöglichkeiten und mehr Zeit außerhalb der Zellen gewährt.
Im Jahr 2014 wurden 33 Männer und zwei Frauen hingerichtet. 2013 waren Todesurteile gegen 38 Männer und eine Frau vollstreckt worden. Damit stieg die Gesamtzahl der seit Aufhebung des Moratoriums durch den Obersten Gerichtshof der USA im Jahr 1976 hingerichteten Menschen auf 1394.
Die Zahl der Hinrichtungen war 2014 so niedrig wie seit 1994 nicht mehr. Dafür gab es verschiedene Gründe: Zum einen hatten die Bundesstaaten Probleme, die für die tödliche Injektion notwendigen Medikamente zu bekommen, zum anderen stieg der Unmut angesichts einer Reihe "verpfuschter" Hinrichtungen (botched executions). Die Zahl der Todesurteile ging deutlich zurück: 2013 wurden 79 Todesurteile verhängt und 2014 etwa die gleiche Zahl - während Mitte der 1990er Jahre mehr als drei Mal so viele Todesurteile ausgesprochen wurden. Ende 2014 saßen rund 3000 Männer und etwa 55 Frauen in den Todestrakten.
Die Bewegung gegen die Todesstrafe bekam weiteren Auftrieb, als der Gouverneur des Bundesstaates Washington im Februar 2014 ein Moratorium bis zum Ende seiner Amtszeit verhängte. Nachdem der Bundesstaat Maryland die Todesstrafe 2013 abgeschafft hatte, ist die Zahl der Bundesstaaten ohne Todesstrafe inzwischen auf 18 gestiegen. Es gab außerdem deutliche Anzeichen dafür, dass im Bundesstaat Colorado während der Amtszeit des derzeitigen Gouverneurs ebenfalls keine Hinrichtungen vollstreckt werden.
2014 fanden in sieben Bundesstaaten Hinrichtungen statt, das waren zwei weniger als im Vorjahr. 89% aller Hinrichtungen entfielen 2014 auf nur vier Staaten - Florida, Missouri, Oklahoma und Texas. Von allen Hinrichtungen, die seit 1976 in den USA vollstreckt wurden, entfielen auf Texas 37%. Die Zahl der in Texas hingerichteten Personen, die zur Tatzeit 17 bis 19 Jahre alt waren, lag höher als die Gesamtzahl aller Hingerichteten in jedem anderen Bundesstaat.
Am 27. Mai 2014 präzisierte der Oberste Gerichtshof sein Urteil zur Hinrichtung von Menschen mit geistiger Behinderung. Er erklärte die Regelung des Bundesstaates Florida für verfassungswidrig, wonach eine Person als geistig behindert gilt, wenn sie einen Intelligenzquotienten von maximal 70 aufweist. Nach Ansicht des Gerichts kann die geistige Behinderung eines Angeklagten nicht nur anhand des Intelligenzquotienten, sondern auch auf der Basis anderer Kriterien festgestellt werden.
Die Rechtsanwälte des Mexikaners Ramiro Hernández Llanas, der in Texas im Todestrakt saß, bemühten sich um den Aufschub seiner Hinrichtung bis zur Urteilsverkündung des Obersten Gerichtshofs, da die Entscheidung möglicherweise für seinen Fall relevant war. Das Ersuchen wurde abgelehnt, und Ramiro Hernández Llanas wurde 9. April 2014 hingerichtet, obwohl stichhaltige Gründe dafür sprachen, dass er unter einer geistigen Behinderung litt und seine Hinrichtung damit gegen die US-Verfassung verstieß. Bereits im Januar war in Texas der mexikanische Staatsbürger Edgar Arias Tamayo hingerichtet worden, entgegen einer Anweisung des Internationalen Gerichtshofs und obwohl die Interamerikanische Menschenrechtskommission festgestellt hatte, dass er keinen fairen Prozess erhalten hatte. Auch das Recht, konsularischen Beistand in Anspruch zu nehmen, war Edgar Arias Tamayo nach seiner Festnahme verweigert worden.
Im Januar 2014 wurde in Florida Askari Abdullah Muhammad (vormals Thomas Knight) hingerichtet, der seit 40 Jahren in der Todeszelle saß und seit vielen Jahren an einer schweren psychischen Krankheit litt. Im September wurde im Bundesstaat Missouri die Todesstrafe an dem Afroamerikaner Earl Ringo vollstreckt, obwohl der Verdacht bestand, dass bei der Verhängung des Todesurteils die Hautfarbe des Angeklagten eine Rolle gespielt hatte; alle Verfahrensbeteiligten - der Strafverteidiger, der Richter, der Staatsanwalt und die Geschworenen - waren Weiße.
2014 wurden sieben zum Tode verurteilte Gefangene wegen erwiesener Unschuld freigelassen. Damit stieg die Zahl dieser Fälle seit 1973 auf 150.
Angeklagte, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt gewesen waren, mussten weiterhin mit lebenslangen Haftstrafen ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung auf Bewährung rechnen. Nachdem der Oberste Gerichtshof 2012 im Fall Miller gegen Alabama entschieden hatte, es sei verfassungswidrig, diese Strafe gegen Jugendliche zu verhängen, zogen die Bundesstaaten unterschiedliche Konsequenzen. Während bis Oktober 2014 die höchsten Gerichte in acht Bundesstaaten entschieden hatten, das Urteil im Fall Miller gelte auch rückwirkend, vertraten die Gerichte in vier Bundesstaaten eine gegenteilige Auffassung. Im Dezember 2014 entschied der Oberste Gerichtshof, das Rechtsmittel eines Gefangenen zu prüfen, der im Alter von 17 Jahren im Bundesstaat Louisiana zu lebenslanger Haft ohne vorzeitige Entlassung auf Bewährung verurteilt worden war. Der Gefangene hatte in dem Rechtsmittel geltend gemacht, das Urteil im Fall Miller müsse bei ihm rückwirkend angewendet werden. Die Entscheidung des Gerichts stand Ende 2014 noch aus.
Im August verabschiedete der Verband der Beschäftigten im Strafvollzug (American Correctional Association) eine Resolution, die sich gegen eine lebenslange Haftstrafe ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung auf Bewährung für zum Tatzeitpunkt unter 18-Jährige ausspricht. Außerdem forderte der Verband, bei der Strafzumessung das Alter der Angeklagten stärker zu berücksichtigen und einen Schwerpunkt auf Rehabilitation und Reintegration in die Gesellschaft zu legen.
2014 starben in 18 US-Bundesstaaten mindestens 35 Menschen nach Polizeieinsätzen mit Taser-Waffen. Damit stieg die Zahl der seit 2001 durch Elektroschockwaffen getöteten Personen auf 602. In mehr als 60 Fällen wurde der Einsatz eines Tasers als ausschlaggebender oder wesentlicher Faktor für den Tod angegeben. Die meisten der Getöteten waren unbewaffnet und schienen zum Zeitpunkt des Taser-Angriffs keine ernste Gefahr darzustellen.
Am 9. August wurde in Ferguson im Bundesstaat Missouri, der unbewaffnete 18-jährige afroamerikanische Schüler Michael Brown von dem Polizisten Darren Wilson erschossen. Der Vorfall löste eine mehrmonatige Protestwelle in und um die Stadt aus. Die Polizei ging in schwerer Schutzmontur und mit militärspezifischen Waffen gegen die Protestierenden vor, die ihr Recht auf friedliche Versammlung wahrnahmen. Durch den nicht gerechtfertigten Einsatz von Gummigeschossen, Tränengas und anderen aggressiven Methoden zur Auflösung der Demonstrationen erlitten Protestierende und Journalisten Verletzungen.
Auch eine Reihe weiterer Vorfälle machte deutlich, dass die Standards für die Anwendung von Gewalt in den USA überprüft werden müssen. Am 19. August wurde der 25-jährige Afroamerikaner Kajieme Powell von einem Polizisten in St. Louis erschossen.
Videoaufnahmen legen nahe, dass sich der Vorfall anders abspielte als offiziell angegeben. Am 11. August wurde in Los Angeles der psychisch kranke, unbewaffnete 25-jährige Ezell Ford von Polizisten erschossen. Der 43-jährige Afroamerikaner Eric Garner starb am 17. Juli in New York, nachdem Polizisten ihn in den Würgegriff genommen hatten. Er sollte festgenommen werden, weil er illegal Zigaretten verkauft hatte. Nachdem am 3. Dezember 2014 eine Geschworenenjury entschieden hatte, dass keine Anklage wegen der Tötung von Eric Garner erhoben werde, kündigte US-Justizminister Eric Holder Ermittlungen auf Bundesebene an.
2014 wurden mehr als 50000 unbegleitete Minderjährige an der Grenze zu Mexiko aufgegriffen, einige von ihnen waren erst fünf Jahre alt. Sie wurden von US-Grenzschutzbeamten tage- und wochenlang in Gebäuden ohne ausreichende Sanitäreinrichtungen festgehalten und hatten keinen Zugang zu Rechtsbeiständen, Übersetzern und angemessener medizinischer Versorgung.
© Amnesty International
Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - United States of America (Periodischer Bericht, Englisch)