Dokument #1201474
Amnesty International (Autor)
Amtliche Bezeichnung: Republik Armenien
Staatsoberhaupt: Serge Sarkisjan
Regierungschef: Tigran Sarkisjan
Die Öffentlichkeit reagierte feindselig auf Themen, die als unpatriotisch galten. Laut einem Bericht kamen die Haftbedingungen unmenschlicher Behandlung gleich.
Bei den Parlamentswahlen am 6. Mai 2012 wurde die Republikanische Partei von Präsident Serge Sarkisjan stärkste Kraft. Zwar blieben die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und Freizügigkeit rund um die Wahlen weitgehend uneingeschränkt, doch berichteten Wahlbeobachter, es habe massive Stimmenkäufe gegeben und auf Wähler sei Druck ausgeübt worden.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung war 2012 weitgehend uneingeschränkt. Doch mussten Personen, deren Äußerungen als unpatriotisch oder anti-nationalistisch wahrgenommen wurden, mit feindseligen und teilweise gewalttätigen Reaktionen der Öffentlichkeit rechnen. In einigen Fällen schien es, als würden Polizei und lokale Behörden diese Angriffe insgeheim unterstützen. Zudem versäumten sie es, die Vorfälle gründlich zu untersuchen und die Taten öffentlich und entschieden zu verurteilen.
Der Organisator des Festivals und Vorsitzende der armenischen NGO Caucasus Center of Peace-Making Initiatives, Giorgi Vanyan, wurde tätlich angegriffen und gezwungen, das Festival öffentlich abzusagen. Festivalmitarbeiter berichteten, lokale Behörden hätten sie schikaniert und psychologischen Druck ausgeübt, um sie von der Durchführung der Veranstaltung abzubringen.
Am 16. April sorgte der erneute Versuch, das Filmfestival in den Räumen der armenischen NGO Helsinki Citizens Assembly (HCA) in der Stadt Vanadzor zu veranstalten, ebenfalls für öffentliche Proteste und Gewalt. Etwa 200 Personen, darunter Studierende, Mitglieder politischer Parteien und Veteranen des Bergkarabach-Kriegs, versammelten sich vor dem HCA-Büro. Sie drangen gewaltsam in das Gebäude ein, zerstörten mutwillig die Büroeinrichtung, warfen mit Eiern und Steinen und verletzten einen Mitarbeiter. Polizeibeamte, die vor Ort waren, unternahmen nichts, um die Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten oder die Gewalt zu stoppen. Obwohl die Menschenrechtsorganisation mehrfach um weitere Polizeikräfte bat, trafen diese erst nach dem Überfall ein. Nach einer Untersuchung des Vorfalls wurde gegen eine Frau eine Geldstrafe verhängt, weil sie einen Stein gegen das Gebäude geworfen hatte. Es wurden jedoch keine gründlichen und unparteiischen Ermittlungen eingeleitet. Vonseiten der Behörden wurde die Gewalt außerdem nicht klar verurteilt.
Am 3. Oktober 2012 veröffentlichte der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe einen Bericht über seinen Besuch in Armenien im Dezember 2011. Darin hieß es, das Land habe "praktisch keine der Empfehlungen, die nach früheren Besuchen in Bezug auf Gefangene mit lebenslangen Haftstrafen gegeben wurden, umgesetzt". Der Bericht befand außerdem, dass das Kentron-Gefängnis in Eriwan aufgrund seiner unzumutbaren Bedingungen für längere Gefängnisstrafen ungeeignet sei. Nach Auffassung des Ausschusses kamen die Haftbedingungen für Gefangene mit lebenslangen Haftstrafen in Kentron unmenschlicher Behandlung gleich.
Ende 2012 verbüßten mehr als 30 Männer Haftstrafen, weil sie sich aus Gewissensgründen geweigert hatten, Militärdienst zu leisten. Der alternativ angebotene Zivildienst stand nach wie vor unter der Kontrolle des Militärs. Am 27. November entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Khachatryan und andere gegen Armenien, das Land habe die Rechte von 17 Zeugen Jehovas auf Freiheit, Sicherheit sowie auf Entschädigung aufgrund rechtswidriger Inhaftierung verletzt. Es war das vierte Urteil des Gerichtshofs gegen Armenien zur Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Die Zeugen Jehovas waren angeklagt und inhaftiert worden, weil sie den Zivildienst beendet hatten, nachdem ihnen klar wurde, dass sie unter der Kontrolle des Militärs standen.
Eine Delegation von Amnesty International besuchte Armenien im Juni.
© Amnesty International
Amnesty International Report 2013 - The State of the World's Human Rights - Armenia (Periodischer Bericht, Englisch)