Anfragebeantwortung zu Tadschikistan: 1) Informationen zur Partei Hezbe Nehzate Islami (Partei der Islamischen Wiedergeburt/Islamic Renaissance Party of Tajikistan): allgemeine Informationen, Ziele, politisches Programm, Vorsitzender, Legalität, Behandlung von Mitgliedern durch Sicherheitskräfte, Verurteilungen, Informationen zur Parteizeitung und der Druckerei der Partei; 2) Informationen zu Auswirkungen exilpolitischer Tätigkeiten [a-9939]

19. Dezember 2016

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1) Informationen zur Partei Hezbe Nehzate Islami (Partei der Islamischen Wiedergeburt/Islamic Renaissance Party of Tajikistan, IRPT): allgemeine Informationen, Ziele, politisches Programm, Vorsitzender, Legalität, Behandlung von Mitgliedern durch Sicherheitskräfte, Verurteilungen, Informationen zur Parteizeitung und der Druckerei der Partei

Allgemeine Informationen, Ziele, politisches Programm, Vorsitzender, Legalität

 

Die in Berlin ansässige Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), die sowohl den deutschen Bundestag als auch die Bundesregierung in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik berät, schreibt in einem Bericht vom März 2015 zum Islam in Tadschikistan Folgendes zur Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT):

„Unter den Akteuren auf dem Feld der Religion nimmt die Hizbi Nahzati Islomii Tojikiston (Nahzat) eine Sonderstellung ein. Ihr Status als legale politische Partei ist ein Ergebnis des Friedensabkommens von 1997, das der tadschikischen Opposition eine Beteiligung an der Macht garantierte (siehe oben, S. 15). Das Abkommen mündete 1999 in eine Verfassungsänderung, die den säkularen Charakter des Staates betonte, aber die Gründung religiöser Parteien gestattete und damit eine Integration der Nahzat ins politische System ermöglichte. Diese Integration, die sich vor allem in der Beteiligung an Parlamentswahlen (seit dem Jahr 2000) manifestierte, verlangte der Partei Kompromisse mit dem postkommunistischen Regime ab. Dass sich die Nahzat darauf einließ, bewirkte eine Entfremdung früherer Verbündeter und Anhänger, bereitete aber auch einer strategischen Neuausrichtung und Modernisierung der Partei den Weg.

Bereits Said Abdullo Nuri, der 1999 als Parteivorsitzender wiedergewählt wurde, hatte den neuen Kurs initiiert. Nach seinem Tod 2006 wurde – noch auf Nuris Empfehlung hin, aber gegen den Widerstand der Konservativen in der Partei – mit Muhiddin Kabiri ein junger Seiteneinsteiger zum Vorsitzenden gewählt, der die von Nuri vorgegebene Modernisierung konsequent weiterführte. Im Gegensatz zum Gros des Nahzat-Führungspersonals war Kabiri nicht in den Bürgerkrieg involviert; er besitzt eine säkulare Ausbildung und tritt für eine Entkoppelung von Religion und Politik ein. Unter seiner Führung hat sich die Nahzat zu einer parlamentarischen Partei entwickelt, deren Programm geradezu ‚postislamistisch‘ anmutet. Vom Selbstverständnis der frühen Jahre als Interessenvertretung jener Muslime, die eine Islamisierung der Gesellschaft anstrebten, lassen die aktuellen Parteistatuten jedenfalls nichts mehr erkennen. Der Islam erscheint hier lediglich als allgemeiner Referenzrahmen für Ziele und Aktivitäten, die so inklusiv sind, dass sich darin eine konservativ-religiöse Klientel ebenso wiedererkennen kann wie Vertreter der säkularen Intelligenz. Die Statuten vermitteln das Bild einer bürgerlichen Volkspartei, die sich zu freiheitlichen und demokratischen Prinzipien (Gewissens- und Meinungsfreiheit, Mehrparteiensystem, freie Wahlen) auf der Grundlage islamischer Wertvorstellungen bekennt, diese jedoch nicht gegenüber anderen Überzeugungen verabsolutiert, sondern dem nationalen Interesse unterordnet.

Die islamistische Prägung der Nahzat, die in der Außendarstellung beinahe unsichtbar wird, kommt im Parteialltag dennoch zum Tragen. Sie besteht darin, dass die Trennlinie ‚zwischen dem, was islamisch ist, und dem, was es nicht ist‘, sowohl bei der internen Selbstbeschreibung als auch bei der Beschreibung der Gegner eine zentrale Rolle spielt. Damit steht die Nahzat typologisch einer Protestbewegung nahe, die soziale und ökonomische Asymmetrien als Missstände wahrnimmt und von der Warte einer idealen, nämlich von islamischen Werten getragenen Gesellschaft aus anprangert. Diese ideale Gesellschaft ist demokratisch, partizipativ und egalitär – und steht damit für das Gegenteil dessen, was das herrschende Regime in den Augen seiner Kritiker, der islamistischen ebenso wie der säkularen, verkörpert. Mit der Regimekritik im Namen des Islams als Inbegriff von Demokratie und sozialer Gerechtigkeit korreliert die Bedeutung von da‘wa, dem Ruf zum Islam bei der Mitgliederrekrutierung der Nahzat. Religiöses Wissen ist dabei eine maßgebliche, wenn auch nicht die einzige Ressource. Die Beschreibung der Nahzat als postislamistische Partei trifft insofern nur bedingt zu. Allerdings ist unverkennbar, dass sich die Nahzat von ihrer Rolle als Protestpartei emanzipieren will. Die Bereitschaft zu Kompromissen mit der Regierung und zur konstruktiven Mitarbeit in bestehenden Institutionen, die das politische Verhalten der Nahzat seit ihrer Institutionalisierung als Partei bestimmt, ist auf allen Parteiebenen erkennbar. In ihrem Ringen um Anerkennung als legitimer politischer Spieler unterscheidet sich die Nahzat fundamental von anderen islamistischen Gruppen und Parteien wie etwa der Hizb ut-Tahrir und der (nicht offen politischen) Salafiya sowie von jihadistischen Gruppierungen wie der Islamischen Bewegung Uzbekistans und der Jamo‘ati Ansorulloh. Diese Akteure propagieren rigorose ethische und kulturelle Normen, deren islamistische Programmatik eindeutiger und geschlossener ist als jene der Nahzat und die eine Zusammenarbeit mit dem herrschenden Regime kategorisch ausschließen (siehe unten, S. 22ff).

Die Nahzat sucht Protestpotentiale einzubinden und einer Radikalisierung vorzubeugen. Dazu dienen eine verstärkte Mitgliederwerbung unter Jugendlichen in allen Landesteilen und die Arbeit mit den Migrantengemeinschaften im Ausland (vor allem in Russland), die mit rund anderthalb Millionen Menschen – etwa der Hälfte der männlichen Bevölkerung Tadschikistans im arbeitsfähigen Alter – eine bedeutende politische Kraft darstellen. Die Partei nutzt dabei moderne Medien, vor allem soziale Netzwerke, ebenso wie Mund-zu-Mund-Propaganda. So konnte sie Anhänger auch unter der Minderheit der (schiitischen) Ismailiten in der Pamir-Region Berg-Badakhshan gewinnen, die anfänglich nicht zum Einzugsbereich der Nahzat zählte. Dass ihre Mitgliederzahl zwischen den Jahren 2000 und 2014 von 20 000 auf 41 000 stieg, verdankte sich aber wesentlich der Rekrutierung von Frauen, die 53 Prozent der Parteimitglieder stellen. Dies bestätigt den allgemeinen Trend eines gerade unter Frauen wachsenden Interesses am Islam (siehe oben, S. 19).

Die Nahzat ist mit Abstand die mitgliederstärkste der tadschikischen Oppositionsparteien. Bei den Parlamentswahlen, an denen sie sich seit dem Jahr 2000 beteiligte, konnte sie bislang stets zwischen 7 und 9 Prozent der Stimmen erringen. Als im März 2015 erneut Parlamentswahlen stattfanden, verfehlte sie jedoch die Fünfprozenthürde und zog nicht mehr ins Abgeordnetenhaus ein. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass das Regime im Vorfeld der Wahlen große Anstrengungen unternahm, die Partei moralisch und politisch zu diskreditieren. Zum anderen muss davon ausgegangen werden, dass es beim Ablauf der Wahlen und bei der Stimmenauszählung zu Unregelmäßigkeiten kam. Die anhaltenden Repressalien gegen die Partei deuten darauf hin, dass die Machtbasis der Nahzat vom Regime selbst als erheblich größer eingeschätzt wird, als die offizielle Zahlen der Wählerstimmen vermuten lassen.

Dabei versucht das Regime nicht nur, den politischen Spielraum der Partei immer weiter zu verringern; auch ihre Kooperationsangebote werden systematisch obstruiert. Dies hat zur Folge, dass sich die Nahzat von ihrer Rolle als Protestpartei nicht emanzipieren kann – und damit eine Projektionsfläche bietet, die es dem Regime von Präsident Rahmon erlaubt, sich gegenüber den islamistischen ‚Unruhestiftern‘ als Garant von Frieden, Einheit und Stabilität zu inszenieren. Dabei hat das Regime auch die religiöse Elite auf seiner Seite, die die Inanspruchnahme des Islams durch politische Parteien mit dem Argument zurückweist, religiöse Institutionen seien von politischer Agitation freizuhalten. Diese Position entspricht den Vorgaben des Religionsgesetzes, das eine politische Betätigung von Vertretern religiöser Vereinigungen untersagt, weil dies der Trennung von Religion und Politik widerspreche. Das Verbot rührt daher, dass in der Vergangenheit Medressen und Moscheen immer wieder genutzt wurden, um nicht regimekonforme religiöse Deutungen und Forderungen zu verbreiten – von der Nahzat, die seit den Gründungsjahren Anhänger in Teilen des Klerus hatte, aber auch von unabhängigen religiösen Autoritäten, die ähnliche Positionen vertreten.“ (SWP, März 2015, S. 20-22)

Die Jamestown Foundation, eine unabhängige, unparteiische und gemeinnützige Organisation, die Informationen zu Terrorismus, den ehemaligen Sowjetrepubliken, Tschetschenien, China und Nordkorea zur Verfügung stellt, schreibt in einem Artikel vom März 2015, dass am 1. März 2015 Parlamentswahlen in Tadschikistan stattgefunden hätten, die Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) habe offiziell weniger als zwei Prozent der Stimmen erreicht und damit ihre zwei Sitze im Parlament verloren. Es habe nie Wahlen in Tadschikistan gegeben, die als frei beurteilt worden seien, aber der Ausgang dieser Wahlen habe selbst politische Analysten in Tadschikistan überrascht. Bis zu dieser Wahl sei die IRPT die einzige wirkliche Oppositionspartei in Tadschikistan gewesen, die ein Amt auf nationaler Ebene gehabt habe. Ihr Nichteinzug in das Parlament sei der Höhepunkt eines Trends, der im Jahr 2000 begonnen habe, als die Partei noch acht Sitze gehabt habe. Dann habe sich die Anzahl der Sitze bei jeder Wahl halbiert und nun seien es null Sitze. Die Schikanen gegen Mitglieder der IRPT hätten über die Jahre zugenommen. Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 habe die IRPT gemeinsam mit der Sozialdemokratischen Partei Tadschikistans eine gemeinsame Kandidatin aufgestellt, die Zentrale Wahlkommission habe jedoch aus fragwürdigen Gründen ihre Teilnahme an der Wahl nicht gestattet. Die IRPT habe immer eine beträchtliche Anzahl an Unterstützern gehabt, sei im Parlament aber immer nur eine Minderheit gewesen. Der komplette Ausschluss der Partei von der gesetzgebenden Gewalt sei vermutlich kontraproduktiv, weil es Menschen mit anderen Ansichten zwinge, sich außerhalb des rechtlichen politischen Rahmens zu bewegen:

„On March 1, Tajikistan held parliamentary elections. The Islamic Renaissance Party of Tajikistan (IRPT) officially received less than 2 percent of the votes cast and lost its only two seats in the 63-member parliament (BBC Tajik, March 17). While Tajikistan has never had an election judged to be free and fair by credible international bodies, the results of this election surprised even domestic political analysts. Until this election, the IRPT had been the only real opposition party in Tajikistan to hold national office. Their exclusion from even a nominal presence in Tajikistan’s rubber stamp parliament is the culmination of a trend that began in 2000 when they held eight seats. This number has been cut in half in each successive election to four in 2005, two in 2010, and now zero (Ozodi, March 17).

On March 3, in a consolation speech addressing party delegates, IRPT leader Muhiddin Kabiri stressed that the party is committed to implementing its moderate Islamist agenda within the legal framework of politics and his main priority is that of preserving Tajikistan’s peace. In his remarks, he urged all party representatives to encourage members in their districts to ‘observe the rule of law and [seek] calm and stability in all circumstances’ (Nahzat, March 3).

The IRPT has struggled to cling to relevance over the years as harassment of its members has increased (see EDM, April 29, 2014). During presidential elections in 2013, it joined forces with an unlikely ally - the Socialist Democratic Party of Tajikistan (SDPT) - to put forth an even more unlikely coalition candidate Oinihol Bobonazarova, a female human rights lawyer of a secular bent (see EDM, November 8, 2013). Kabiri, the head of the IRPT, sold the coalition to his base as a pragmatic strategy, but soon thereafter, Tajikistan’s Central Commission for Elections and Referenda (CCER) did not allow Bobonazarova on the ballot for dubious reasons.

In recent years, the IRPT has struggled to convince voters that political participation in Tajikistan is not futile. In a February campaign speech to party members in the religiously conservative district of Isfara, Kabiri devoted significant time to making the case for the legitimacy of Islamic parties. The argument was not directed at secular-leaning voters who think that Islam does not have a place in politics, but rather at fundamentalists who believe that Islamic parties are bid’ah (a heretical innovation) (YouTube, February 20). In separate remarks, Kabiri reiterated the need for patience with the political process remarking, ‘If, God forbid, we are not patient, then the consequences will be bad for all of us’ (Nahzat, March 3).

Two days later, his point was highlighted by the murder of opposition activist Umarali Quvatov, who was gunned down in the streets of Istanbul while leaving a party (Ozodagon, March 18). Quvatov was the head of the exiled opposition organization ‘Group 24,’ which was banned in Tajikistan in October of 2014 after calling for EuroMaidan-style street protests in Dushanbe that never materialized (see EDM, October 17, 2014). […]

Whether or not the government is ultimately implicated in Quvatov’s murder, the past few weeks demonstrate the Emomali Rahmon government’s clumsiness in handling the opposition. Quvatov’s exiled group has never garnered widespread support in Tajikistan, and his calls for protests last October went unheeded. As such, it is hard to imagine that such heavy-handed techniques are necessary to neutralize the threat to President Rahmon. By contrast, the IRPT has traditionally had significant numbers of supporters, but has only ever held a small minority of seats in parliament. The IRPT’s complete ouster from the legislature will likely be counterproductive as it will force dissent to move outside of the legal framework of politics.“ (Jamestown Foundation, 24. März 2015)

Die Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung, die von der Kultusministerkonferenz und dem Land Bremen finanziert wird, schreibt in den Zentralasien-Analysen Nr. 107 vom 25. November 2016 Folgendes:

„Die Opposition gegen das Regime, die einst relativ stark war, ist von der Regierung in den letzten Jahren massiv unterdrückt worden. […] Nachdem sie diese lokalen Bedrohungen größtenteils neutralisiert hatte, nahm die Regierung zwei Oppositionsgruppen ins Visier. Sie begann, die Mitglieder der Gruppe 24 zu verfolgen, einer Oppositionsbewegung, die der Geschäftsmann Umarali Kuwwatow 2012 gegründet hatte. Und die Regierung setzte repressive Maßnahmen gegen die PIWT [Partei der Islamischen Wiedergeburt] ein, die 1990 entstanden war und im Bürgerkrieg (1992–1997) gegen die Regierung gekämpft hatte. […]

Die PIWT war die führende Oppositionspartei des Landes. In dem Abkommen, das 1997 den Bürgerkrieg beendete, wurden der Vereinigten Tadschikischen Opposition, der die PIWT angehörte, ein Drittel der Regierungsposten zugesprochen. Zu ihren besten Zeiten hatte die Partei bis zu 50.000 Mitglieder und war mit zwei Abgeordneten im Parlament vertreten. Unter der Führung von Muhiddin Kabiri, dem Nachfolger ihres 2006 verstorbenen Gründers und ersten Vorsitzenden Said Abdullo Nurir, konzentrierte sich die PIWT auf Themen wie soziale Gerechtigkeit und die allmähliche Islamisierung des Landes. Die Partei kritisierte zwar die Politik der Regierung, doch mit Vorsicht. Im Gegensatz zur abgeschotteten Existenz vieler Regierungsmitglieder suchte Kabiri Kontakt zu interessierten Bürgern und lud sie in sein Büro ein.

Trotz der moderaten Haltung der Partei wurde sie von der Regierung Schritt für Schritt marginalisiert. Im Oktober 2010 führten die Sicherheitsdienste Razzien in Parteibüros durch. Einige Tage später zerstörte ein Feuer das Kulturzentrum der Partei, den einzigen Ort im ganzen Land, wo Frauen neben Männern beten konnten. Die Polizei verhaftete lokale Abgeordnete und beschuldigte Parteimitglieder des sexuellen Fehlverhaltens und der Verbindung zum islamischen Extremismus. Ein Regierungsvertreter behauptete, dass die Hälfte der ca. 1.000 tadschikischen Staatsbürger, die sich dem IS angeschlossen haben sollen, Mitglieder der PIWT seien. Diese Maßnahmen waren Teil des Versuchs, die Partei zu diskreditieren, indem sie mit Gewaltbereitschaft assoziiert und in einen Gegensatz zur ‚friedlichen‘ Nationalkultur gestellt wurde.

Im Jahre 2015 verschlechterte sich die Situation für die PIWT dann rasant. Bei den Parlamentswahlen im März verlor die Partei ihre zwei Sitze im Unterhaus. Im Juni beschuldigte die Regierungszeitung Dschumhurijat (Republik) Kabiri, illegale Grundstücksgeschäfte getätigt zu haben. Kabiri, der sich in diesem Moment im Ausland befand, wurde so faktisch zum Exilanten. Gleichzeitig begannen massenhaft Parteifunktionäre, öffentlich ihren Austritt aus der Partei bekannt zu geben. Der Parteichef des Gebietes Sogd, Ilchomdschon Jakubow, hat allerdings erklärt, dass er die PIWT nur verlassen habe, weil er zuvor von Sicherheitskräften gefoltert worden sei. Am 28. August nahm das Justizministerium einen angeblichen Mangel an öffentlicher Unterstützung zum Vorwand, die Partei zu verbieten. Schließlich beschuldigte die Regierung die PIWT, Drahtzieher eines Putschversuchs am 4. September 2015 unter Führung des damaligen stellvertretenden Verteidigungsministers Abulchalim Nasarsoda gewesen zu sein. Nasarsoda hatte im Bürgerkrieg auf Seiten der Opposition gekämpft und war nach dem Friedensabkommen von 1997 in den Regierungsapparat eingegliedert worden. Nun bezichtigte man ihn, Anführer bewaffneter Überfälle in Duschanbe und Wachdat zu sein. Rasch verhafteten die Sicherheitsdienste bis zu 200 Parteimitglieder, einschließlich des Sprechers und stellvertretenden Vorsitzenden. Am 29. September erklärte der Oberste Gerichtshof Tadschikistans die PIWT zu einer ‚terroristischen‘ Organisation. Damit hatte die Regierung eine Handhabe, weitere Parteimitglieder und Rechtsanwälte, die mutig genug waren, sie zu verteidigen, zu verhaften.“ (Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen, 25. November 2016, S. 2-3)

EurasiaNet, eine vom Central Eurasia Project des Open Society Institute betriebene Website, die Informationen und Analysen zu politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen zur Verfügung stellt, berichtet im Oktober 2016, dass Journalisten, von denen man annehme, dass sie mit der Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) sympathisieren würden, als besonders verdächtig erachtet würden. Die Behörden hätten Medien („publications“) öffentlich gewarnt, die IRPT nicht zu erwähnen und keine Parteimitglieder zu interviewen. Laut Angaben eines Journalisten eines führenden tadschikischen Mediums habe man ihm gesagt, er sympathisiere mit Terroristen. Wenn man sich zugunsten der IRPT äußere oder ein Mitglied der Partei interviewe, käme man sofort ins Gefängnis:

Journalists seen as sympathetic to the banned opposition Islamic Renaissance Party (IRPT) have come under particular suspicion. Authorities have openly warned publications not to allude to the party or interview any of its members. ‘They said that I was a terrorist sympathizer. … At that time, and even now, if anybody so much as said a word in favor of the IRPT, or did an interview with one of their people, they [the writer] would immediately be put in jail,’ Sobirdjon said. ‘We thought we were just covering events … but security services used this as their hook and they would issue threats that I could face charges.’“ (EurasiaNet, 28. Oktober 2016)

Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) schreibt in einem Bericht vom September 2016, dass die tadschikischen Behörden behauptet hätten, Abduchalim Nasarsoda, der Anführer der gewaltsamen Unruhen vom September 2015 habe auf Anweisung von Muchiddin Kabiri gehandelt, dem im Exil befindlichen Leiter der Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT). Kabiri habe dementiert, Verbindungen zu den gewaltsamen Ereignissen gehabt zu haben und habe den Behörden vorgeworfen, Beweise gegen ihn und andere Mitglieder der IRPT zu konstruieren. Mitglieder der IRPT und anderer politischer Oppositionsgruppen in Tadschikistan und im Ausland seien in den letzten Jahren zunehmend Schikanen durch die tadschikischen Behörden ausgesetzt gewesen. Vor den gewaltsamen Ereignissen vom September 2015 sei die IRPT eine legal registrierte Partei gewesen. Von Ende der 1990er Jahre bis 2015 habe die IRPT an Wahlen teilgenommen und Parlamentssitze gewonnen. Nach den umstrittenen Parlamentswahlen vom März 2015 habe die Partei jedoch ihre verbleibenden zwei Parlamentssitze verloren. Am 28. August 2015 habe die IRPT eine Anweisung vom Justizministerium erhalten, ihre Aktivitäten bis 7. September 2015 einzustellen, da sie „nicht genügend Unterstützung in der Bevölkerung“ habe, um sich als registrierte Partei zu qualifizieren. Am 29. September 2015, nach den gewaltsamen Unruhen im Land und der Verhaftung der Anführer der IRPT, sei die Partei vom Obersten Gerichtshof Tadschikistans als „Terrororganisation“ eingestuft worden, weil mehrere Parteimitglieder lange an Gruppen beteiligt gewesen seien, die „Extremismus“ fördern würden, und weil die Partei Medien, auch ihre eigene Zeitung „Rettung“, dazu verwendet habe, um „extremistische Ideen“ zu verbreiten und religiösen Hass zu fördern. Als die IRPT verboten worden sei, seien bereits alle Spuren weiterer politisch abweichender Meinungen in Tadschikistan zerstört gewesen, die meisten der bekannten politischen Aktivisten seien strafrechtlich verfolgt oder ins Exil getrieben worden:

History of harassment and persecution of IRPT members and other political opposition groups in Tajikistan

The Tajikistani authorities have alleged that during the violent unrest of September 2015, its leader Abdukhalim Nazarzoda had acted on the orders of Mukhiddin Kabiri, the exiled IRPT leader. Mukhiddin Kabiri denied any links to the violent events, and accused the authorities of fabricating evidence against himself and other IRPT members.

Members of the IRPT and other political opposition groups in Tajikistan and in exile have been subjected to increasing harassment by the Tajikistani authorities in recent years. Up until these violent events, the IRPT was a legally registered political party, and the only Islamist political party in the whole of Central Asia. From the late 1990s and until 2015, it had participated in elections, winning seats in the country’s parliament. However, following the widely disputed 1 March 2015 parliamentary elections in Tajikistan, the party lost its two remaining parliamentary seats. On 28 August 2015, the IRPT received an order from the Ministry of Justice to cease its activities by 7 September on the basis that it ‘lacked sufficient popular support’ to qualify as a registered party. On 29 September, following the violent unrest and the arrest of the party’s leadership, the IRPT was designated a ‘terrorist organization’ by the Supreme Court of Tajikistan, on the grounds that several of its members had long been involved in groups promoting ‘extremism’, and that it had used the media, including its newspaper Salvation, to spread ‘extremist ideas’ and promote religious hatred.

By the time the IRPT was banned, virtually all other vestiges of political dissent had been destroyed in Tajikistan, and most high-profile political activists prosecuted or exiled. On 5 March 2015, prominent Tajikistani opposition activist in exile, Umarali Kuvvatov, was assassinated in Istanbul. He and his family had previously told Amnesty International that he had received threats that there were ‘orders’ to harm him, allegedly coming from the highest levels of Tajikistan’s authorities. In February 2016, a Tajikistani man was convicted of Umarali Kuvvatov’s killing by a court in Istanbul and sentenced to life imprisonment, while five other citizens of Tajikistan had been indicted and prosecuted in absentia in connection with this crime.“ (AI, 19. September 2016, S. 4-5)

AI schreibt in dem im Februar 2016 veröffentlichten Jahresbericht (Berichtszeitraum 2015) Folgendes:

„Mitglieder oppositioneller Gruppen waren mit zunehmenden Schikanen und gewaltsamen Übergriffen konfrontiert. Betroffen waren u. a. die Gruppe 24, die der Oberste Gerichtshof im Oktober 2014 als ‚extremistisch‘ verboten hatte, und die Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans (IRPT). […]

Nach monatelangen Schikanen gegen ihre Mitglieder verlor die IRPT bei den Parlamentswahlen im März 2015 ihre beiden letzten Sitze im Parlament. Am 28. August 2015 wies das Justizministerium die Partei an, ihre Tätigkeit binnen zehn Tagen einzustellen. Zur Begründung hieß es, für eine Zulassung mangele es der Partei an ausreichender Unterstützung seitens der Bevölkerung. Im September 2015 wurden 13 hochrangige IRPT-Mitglieder inhaftiert. Man warf ihnen vor, ‚kriminellen Gruppen‘ anzugehören und in die Angriffe vom 4. September verwickelt zu sein, was der im Exil lebende Parteivorsitzende Mukhiddin Kabiri zurückwies. Am 29. September 2015 stufte der Generalstaatsanwalt die IRPT als ‚terroristische Organisation‘ ein, da seiner Ansicht nach einige ihrer Mitglieder sich in Gruppen engagierten, die ‚Extremismus‘ unterstützten. Außerdem habe die Partei ihre Zeitschrift ‚Rettung‘ und andere Medien dazu benutzt, ‚extremistisches Gedankengut‘ zu verbreiten und religiösen Hass zu schüren. Die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft wurde später vom Obersten Gerichtshof bestätigt. […]

Am 28. September 2015 nahm die Polizei den Rechtsanwalt Buzurgmekhr Yorov fest, der inhaftierte IRPT-Mitglieder vertrat, und erhob Betrugs- und Fälschungsvorwürfe gegen ihn. Dabei wurden, unter Verstoß gegen das tadschikische Recht, Unterlagen zu den IRPT-Verfahren beschlagnahmt. […]

Rechtsanwälten wurde wiederholt der Zugang zu ihren inhaftierten Mandanten verwehrt, oft an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen. Personen, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen wurden, liefen Gefahr, willkürlich festgenommen, ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert und gefoltert und in anderer Weise misshandelt zu werden. Dies betraf vor allem Mitglieder religiöser Bewegungen und islamistischer Gruppen oder Parteien. Kurz vor seiner eigenen Festnahme teilte der Anwalt Buzurgmekhr Yorov den Medien mit, dass sich sein IRPT-Mandant Umarali Khisainov (auch bekannt unter dem Namen Saidumar Khusaini), der am 13. September 2015 festgenommen worden war, über Prügel und andere Misshandlungen in Polizeigewahrsam beschwert habe.“ (AI, 24. Februar 2016)

Die international tätige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schreibt in einem Beitrag vom Februar 2016, dass die Regierung nach langem und hartem Vorgehen gegen die Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) versucht habe, die Aktivitäten der IRPT, der führenden Oppositionspartei des Landes, in der Zeit vor den Parlamentswahlen vom März 2015 zu unterdrücken. Die IRPT sei die zweitgrößte Partei in Tadschikistan mit geschätzten 43.000 Unterstützern und sei die einzige islamische Partei gewesen, die jemals in Zentralasien offiziell registriert gewesen sei. Durch den Friedensvertrag von 1997, der dem Bürgerkrieg in Tadschikistan ein Ende gesetzt habe, seien der IRPT 30 Prozent der Regierungsposten garantiert worden. Im Verlauf der beiden letzten Jahrzehnte habe Präsident Rachmon die Partei und die weitere politische Opposition durch eine Reihe von Gesetzen, die politische und religiöse Freiheiten beschnitten hätten, und durch offenkundiges Schikanieren von Parteimitgliedern effektiv marginalisiert. In einem Fall sei ein Mitglied der IRPT laut Angaben verschiedener Menschenrechtsorganisationen und Medien aus dem Fenster einer Polizeistation im dritten Stock gesprungen, nachdem er mit dem Ziel gefoltert worden sei, sich selbst wegen extremistischer Verbrechen zu belasten. Bei den Parlamentswahlen vom März 2015 hätten die Behörden seit dem Friedensvertrag von 1997 zum ersten Mal den Gewinn von Parlamentssitzen durch die IRPT verhindert. Beobachter der OSZE hätten angegeben, dass die Wahlen vom Auffüllen der Wahlurnen mit Stimmzetteln und Einschüchterungen seitens der Regierung überschattet gewesen seien. Im August 2015 habe das Justizministerium der IRPT den Status einer nationalen Partei entzogen, wodurch ihre Aktivitäten praktisch illegal geworden seien. Nach Zusammenstößen am 4. September 2015 zwischen Regierungstruppen und Militanten des tadschikischen stellvertretenden Verteidigungsministers Nasarsoda , die zu mindestens 17 toten Kämpfern und neun toten Polizisten geführt hätten, habe die Polizei Dutzende Anführer der IRPT verhaftet und sie beschuldigt, an der Gewalt beteiligt gewesen zu sein, obwohl es einen klaren Mangel an Beweisen gegeben habe. Nasarsoda sei bei einem Sondereinsatz am 16. September 2015 getötet worden. Beginnend mit dem 16. September 2015 hätten die Behörden Dutzende Mitglieder der IRPT verhaftet, mutmaßlich um „weitere Terrorakte und Verbrechen extremistischer Natur zu verhindern“. Sie hätten die Partei auch beschuldigt, an einem gewaltsamen Übergriff auf eine Polizeistation und ein Waffenlager am 4. September 2015 beteiligt gewesen zu sein. Ende September 2015 habe der Oberste Gerichtshof Tadschikistans die IRPT zu einer Terrororganisation erklärt. Ein Verfahren gegen 17 Anführer der IRPT wegen Extremismus habe im Februar 2016 unter Ausschluss der Öffentlichkeit begonnen:

Campaign Against the Islamic Renaissance Party of Tajikistan (IRPT)

Following a long and harsh government-orchestrated campaign over many years, the government sought decisively to suppress the activities of the Islamic Renaissance Party of Tajikistan (IRPT), the country’s leading opposition party, in the period leading up to Tajikistan’s parliamentary elections in March 2015. The party is the second largest in Tajikistan, with an estimated 43,000 supporters, and had been the only Islamic political party ever legally registered in Central Asia. Under the 1997 peace deal that ended Tajikistan’s civil war, the IRPT, the political heir to the United Tajik Opposition, was guaranteed 30 percent of government posts. But over the past two decades, President Rahmon has effectively marginalized the party and the wider political opposition through a series of laws curtailing political and religious freedoms and a campaign of outright harassment of party members.

In one case, Umedjon Tojiev, an IRPT member, threw himself out a third-floor window of a police station in the northern city of Isfara on November 2, 2013, after being tortured to incriminate himself in crimes of extremism, various human rights organizations and media reported. He died from his injuries on January 20, 2014.

In the March 2015 elections, for the first time since the 1997 peace deal, authorities prevented the IRPT from winning any seats in parliament. Monitors from the Organization for Security and Co-operation in Europe (OSCE) said the vote was marred by ballot-stuffing and government intimidation.

In August, the Justice Ministry revoked the IRPT’s status as a national party, effectively making its activities illegal. Following clashes on September 4 between government forces and militants loyal to Tajikistan’s deputy defense minister Abduhalim Nazarzoda that left at least 17 fighters and nine police officers dead, authorities arrested dozens of senior IRPT leaders, accusing them of involvement in the violence, despite a clear lack of evidence. Nazarzoda was killed in a special operation on September 16.

Beginning on September 16, Tajik authorities detained dozens of IRPT members, allegedly to ‘prevent new terrorist acts and…crimes of an extremist nature.’ They also accused the party of involvement in a violent attack on a police station and weapons depot that began on September 4. In late September, Tajikistan’s Supreme Court declared the IRPT a terrorist organization – as it had done nearly a year earlier to the exiled opposition parties Group 24 and Youth for the Revival of Tajikistan. A closed trial of 17 senior IRPT leaders on extremism charges, including Umarali Husaynov, Zarafo Rahmoni, Mahmadali Hayit, and Rahmatullo Rajab, began on February 9, 2016.“ (HRW, 17. Februar 2016)

Der Beitrag von HRW vom Februar 2016 führt in weiterer Folge konkrete Beispiele von Verhaftungen und Folter von Mitgliedern der Partei oder ihrer Verwandten an.

 

Verurteilungen

 

Die Jamestown Foundation berichtet im April 2014, dass in den Monaten vor der Veröffentlichung des Artikels die Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) zunehmend Druck seitens der Regierung ausgesetzt gewesen sei. Am 14. April 2014 sei der Leiter der IRPT in Berg-Badachschan, Saodatschoh Adolatow, verhaftet worden wegen des Vorwurfs „religiöse Feindschaft zu schüren“. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts seien die Anschuldigungen gegen ihn nicht bekannt gewesen. Am 5. April 2014 seien auf einer Regierungsseite jedoch Anschuldigungen gegen ihn veröffentlicht worden, darunter der Vorwurf, mit der Islamischen Bewegung Usbekistan von 1995 bis 1996 in Kabul gekämpft zu haben. Die IRPT habe diese Anschuldigungen auf ihrer offiziellen Website als politisch motiviert zurückgewiesen. Adolatows Verhaftung sei Teil eines Vorgehens gegen die IRPT in der letzten Zeit. In dem Dorf Surch sei ein Aktivist der IRPT verhaftet worden, weil er einen lokalen Beamten bestochen haben soll, und in der Stadt Spitamen sei ein Parteibüro vorübergehend geschlossen worden. Die Regierung habe sich jedoch nicht darauf beschränkt, Mitglieder der Opposition zu verhaften. Es habe Versuche gegeben, Muhiddin Kabiri, den Leiter der IRPT, zu enteignen und ihm den Sachovat-Markt wegzunehmen, was veranschauliche, dass auch wirtschaftlicher Druck ausgeübt werde. Zudem seien eine Reihe Videos auf Youtube veröffentlicht worden, von denen behauptet werde, sie zeigten prominente Mitglieder der IRPT bei sexuellem Fehlverhalten, was Gerüchte entfacht habe, dass die Sicherheitskräfte eine koordinierte Schmierkampagne gegen die Partei führe. Im Februar 2014 sei ein Mitglied der IRPT verhaftet worden, weil es mit der Jabhat al-Nusra in Syrien gekämpft haben solle. Die IRPT habe diese Anschuldigungen zurückgewiesen und behauptet, das Mitglied habe in Syrien eine Universität besucht:

In the past few months, the Islamic Renaissance Party of Tajikistan (IRPT) has faced increasing pressure from the government in Dushanbe. On April 14, the head of the IRPT in the Gorno-Badakhshan Autonomous Oblast (GBAO), Saodatshoh Adolatov, was arrested by security forces in Vanj district for ‘inciting religious hostility’ (Khovar, April 15). Currently, the details of the charges against him are unknown. However, on April 5, a letter of complaint against Adolatov was published on the government site Jumhuriat outlining the authorities’ case as to why he is unfit to serve as the IRPT’s provincial head (http://www.jumhuriyat.tj/index.php?art_id=13623OperaStable\Shell\Open\Command). Among the wide ranging complaints were allegations that Adolatov was a former compatriot of Jumma Kasimov (a.k.a. Juma Namangani) and fought with the Islamic Movement of Uzbekistan in Kabul from 1995 to 1996. On its official website, the IRPT rejected the charges, claiming they were politically motivated (Nahzat, April 16).

Adolatov’s arrest is one in series of recent moves against the IRPT. In the northern village of Surkh, an IRPT activist was recently arrested for allegedly bribing a local official, and a party office was temporarily closed in the town of Spitamen (Ozodagon, April 16; BBC Tajik, April 9). The government has not limited itself to the tactic of arresting opposition members. Recent attempts by the government to expropriate the Sakhovat bazaar owned by Muhiddin Kabiri, the head of the IRPT, illustrate that economic pressure is also being applied (BBC Tajik, April 21). Additionally, a spate of videos recently released on YouTube purporting to show prominent members of the IRPT engaged in sexual misconduct have generated rumors that the security forces are engaged in a coordinated smear campaign against the party (Ozodagon, April 8). […]

In February 2014, a member of the IRPT, Bahriddin Muminov, was imprisoned for allegedly fighting with Jabhat al-Nusra in Syria (Asia-Plus, February 16). He became the sixth Tajikistani convicted of fighting on behalf of anti–Bashar al-Assad forces in Syria; however, the IRPT deny the allegations, claiming that he was in Syria to attend a university.“ (Jamestown Foundation, 29. April 2014)

Human Rights Watch berichtet im Februar 2016, dass seit einer Verhaftungswelle, die am 16. September 2015 begonnen habe, nach Schätzungen tadschikischer und anderer Beobachter Hunderte Mitglieder der Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) unter politisch motivierten Anschuldigungen verhaftet worden seien. Ein großes Gerichtsverfahren gegen 16 hochrangige Parteiführer habe am 9. Februar 2016 begonnen. Die tadschikische Regierung gehe aggressiv gegen zahlreiche friedliche Aktivisten im Ausland vor und strebe deren Auslieferung an, wobei die Behörden an Fällen von Verschwindenlassen, Folter und mindestens einer außergerichtlichen Tötung beteiligt gewesen seien. Zurück in Tadschikistan hätten die Aktivisten lange Haftstrafen aufgrund politisch motivierter Anklagen erhalten. Ins Visier geraten seien vor allem Mitglieder der jetzt verbotenen Oppositionsparteien, es seien aber auch einfache Bürger darunter, die Präsident Rachmon oder die Regierung in sozialen Medien kritisiert hätten. Tadschikische Behörden seien gegen Aktivisten und Personen, die als Kritiker wahrgenommen worden seien, in Russland, der Türkei, Belarus, Moldau, der Ukraine, Kirgisistan und Kasachstan vorgegangen:

„Since a wave of arrests that began on September 16, Tajik and other observers, including the United States Commission on International Religious Freedom, estimate that Tajik police and security services have arrested hundreds of members of the Islamic Renaissance Party on politically motivated charges. A major trial of 16 senior party leaders began on February 9, 2016.

Authorities have also targeted lawyers, journalists, and ordinary citizens who have posted statements critical of the government of President Emomali Rahmon on social media. Hundreds of perceived critics and their family members have fled the country, according to observers’ estimates. Some have been tortured in detention. […]

Activists Targeted Abroad

The Tajik government has aggressively targeted numerous peaceful political activists living abroad, seeking their extradition, with Tajik authorities implicated in enforced disappearances, torture, and at least one extrajudicial killing. When returned, activists received lengthy prison sentences on politically motivated charges. Those targeted are largely members of now outlawed peaceful opposition parties but also include ordinary citizens who have criticized the government or President Rahmon on social media. Tajik security services, operating alongside local authorities abroad and sometimes using private citizens, have targeted activists and perceived critics in Russia, Turkey, Belarus, Moldova, Ukraine, Kyrgyzstan, and Kazakhstan.“ (HRW, 17. Februar 2016)

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Jahresbericht zum Investitionsklima (Stand: März 2016), dass der Oberste Gerichtshof Tadschikistans die Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) im September 2015 zur Terrorgruppe erklärt habe. Das Gericht habe der Partei jegliche Aktivitäten untersagt, die Schließung der offiziellen Parteizeitung, Nadschot, erzwungen und die Verbreitung jeglicher Audio-, Video und Printmaterialen über Parteiaktivitäten verboten. Im September und Oktober 2015 seien 23 hochrangige Parteimitglieder der IRPT und 55 ihrer Familienmitglieder verhaftet worden. In einer offiziellen Stellungnahme habe die Staatsanwaltschaft sie beschuldigt an „kriminellen Gruppen“ beteiligt und für die Organisation der Anschläge am 4. September 2015 verantwortlich zu sein, die zu neun Toten Mitgliedern der Sicherheitskräfte geführt hätten:

The country’s Supreme Court declared the IRPT a terrorist group September 29, 2015 based on charges brought against them by the Prosecutor General’s office. The Supreme Court’s ruling officially banned the party from any activities in the country, forced the closure of the IRPT’s official newspaper, Najot, and prohibited the distribution of any video, audio, or printed materials related to the party’s activities. In September and October, law enforcement officers arrested 23 high-ranking members of the IRPT and as many as 55 of their family members. In an official statement, the Office of the Prosecutor General accused them of involvement in ‘criminal groups’ responsible for organizing attacks on September 4 that killed nine law enforcement officers.“ (USDOS, 5. Juli 2016)

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ), eine Schweizer Tageszeitung, berichtet im August 2016 Folgendes:

„Tadschikistan geht immer rigoroser gegen Andersdenkende, oppositionelle Aktivisten, Anwälte und Journalisten vor. Alleine seit Monatsanfang wurden in der zentralasiatischen Republik mindestens 18 Personen zu zwischen dreieinhalb und zehn Jahren Haft verurteilt. Erst am Dienstag wurde bekannt, dass in einem Gefängnis in Duschanbe der 73-jährige Aktivist Kurbon Mannonow verstorben ist, und zuvor, dass sich der Gesundheitszustand des inhaftierten 66-jährigen Publizisten Chikmatullo Sajfullosoda alarmierend verschlechtert hat. Auffallend ist, dass alle Inhaftierten der verbotenen Partei der Islamischen Wiedergeburt angehören oder ihnen extremistische Umtriebe vorgeworfen werden. Solcher Vorwürfe bedienen sich die Behörden seit vergangenem September besonders gerne, als nach offizieller Darstellung der stellvertretende Verteidigungsminister Abduchalim Nasarsoda mithilfe der islamischen Partei einen Putsch gegen die Regierung angezettelt haben soll. Bei anschliessenden Gefechten mit Sicherheitskräften wurde der General getötet.

Viele Beobachter gehen jedoch davon aus, dass es sich um Machtkämpfe innerhalb der Elite gehandelt hat und ein Vorwand gesucht wurde, um die Partei weiter zu dämonisieren. Nach dem tadschikischen Bürgerkrieg von 1992 bis 1997 wurde sie legalisiert und stieg zur grössten Oppositionspartei auf. Intern ging sie gegen radikale Elemente vor, öffnete sich säkularen Kreisen und suchte sich als demokratische und konstruktive Partei zu positionieren. Zu einer Beteiligung der Opposition an der Regierung, wie es das Friedensabkommen vorsah, kam es aber nicht. Stattdessen festigte Rachmon seine Macht, der nun als ‚Führer der Nation‘ ohne Amtszeitbeschränkung das bettelarme Land autokratisch regiert. Parallel dazu wurde die islamische Partei immer stärker angefeindet und marginalisiert, bevor sie 2015 wieder kriminalisiert wurde.

Seit den Vorgängen um General Nasarsoda sind laut offiziellen Angaben 170 Personen, unter ihnen zahlreiche Oppositionelle, zu teilweise drakonischen Gefängnisstrafen von bis zu 30 Jahren verurteilt worden. Noch vor Gericht stehen mehrere Anwälte, die etwa Mitglieder der islamischen Partei vertraten. Anfang August sorgte zudem die zweieinhalbjährige Gefängnisstrafe von Abubakr Asischodschajew für Aufsehen. Der bekannte Unternehmer wagte es, die Familie von Präsident Rachmon offen der Korruption zu beschuldigen, worauf er prompt wegen «Anstachelung nationalen Hasses» abgeurteilt wurde. Mit dem Hinweis auf die Verhinderung aufwieglerischer Machenschaften inszeniert sich Rachmon seit je als Sicherheitsgarant. Natürlich ist Tadschikistan nicht frei von extremistischen Kräften. Auch stellt die Nachbarschaft zu Afghanistan spezielle Anforderungen an Duschanbe. Doch die Bedrohung durch innere wie äussere Feinde wird zwecks Machterhalt oft schlicht überzeichnet, wobei eine immer striktere Überwachung von Moscheen und Reglementierung des Islams wohl mehr zur Radikalisierung als zur Integration Unzufriedener beiträgt. Doch der Staat sieht dies anders. Yusuf Rachmon, Tadschikistans Generalstaatsanwalt, sprach sich jüngst gar für die Wiedereinführung der Todesstrafe aus, etwa für Terroristen, Verräter oder Putschisten.“ (NZZ, 18. August 2016)

AI berichtet im September 2016, dass sich die Menschenrechtslage in Tadschikistan ein Jahr nach der Verhaftung von 14 hochrangigen Mitgliedern der Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) dramatisch verschlechtert habe. Die 14 Parteimitglieder seien alle nach unfairen Verfahren zu langen Haftstrafen verurteilt worden, Dutzende weitere Personen seien wegen der gleichen Vorfälle strafrechtlich verfolgt worden. Informationen über die strafrechtlichen Verfolgungen dieser Personen seien extrem spärlich und lückenhaft und würden auf zahlreiche Menschenrechtsverletzungen hindeuten.

Die strafrechtliche Verfolgung der 14 hochrangigen Parteimitglieder stehe mit den gewaltsamen Unruhen vom September 2015 in Zusammenhang, von denen die Behörden angegeben hätten, es habe sich um einen bewaffneten Umsturzversuch des früheren stellvertretenden tadschikischen Verteidigungsministers Abduchalim Nasarsoda und seiner Anhänger gehandelt. Wegen der fast vollständigen Kontrolle, die die Behörden über die Nachrichtenberichterstattung hätten, sei die offizielle Darstellung dieser Ereignisse nur sehr wenig in der Öffentlichkeit untersucht worden. Praktisch alle Überreste der friedlichen Äußerung abweichender Meinungen seien in Tadschikistan unterdrückt und die Angst vor Repressionen wegen jeglicher Art von Kritik an den Behörden habe die Gesellschaft durchdrungen. Daher sei die Diskussion dieser Ereignisse und insbesondere ihrer Auswirkungen auf die Menschenrechte zu einem Tabuthema in Tadschikistan geworden.

Seit den Unruhen vom September 2015 seien insgesamt ungefähr 170 Personen wegen mutmaßlicher Beteiligung an den Ereignissen strafrechtlich verfolgt und zu Haftstrafen verurteilt worden, darunter Unterstützer und Verwandte von Abduchalim Nasarsoda, von denen nicht alle Mitglieder der IRPT seien. Zu den gegen diese Personen vorgebrachten Anklagen würden unter anderem Mord, illegaler Waffenbesitz und Beteiligung an einer kriminellen Gruppe gehören. Ihre Haftstrafen würden zwischen einem und 30 Jahren liegen:

„A year on from the arrest of 14 high-ranking members of the opposition Islamic Renaissance Party of Tajikistan (IRPT), in September 2015, Tajikistan’s human rights landscape has worsened dramatically. They were all convicted following an unfair trial and sentenced to long-term imprisonment; scores of other individuals have since been criminally prosecuted in connection with the same events. Information relating to their prosecution is extremely sparse and patchy, and points to numerous human rights violations.

The prosecution of the 14 high-ranking IRPT members is linked to the violent unrest of September 2015 which the authorities reported as an armed attempt by the former Tajikistani Deputy Defence Minister Abdukhalim Nazarzoda and his supporters to seize power. Due to the authorities’ near-total grip on news reporting in the country, there has been very little independent public scrutiny of the official account of these events. Virtually all vestiges of peaceful dissent have been suppressed in Tajikistan, and fear of reprisals for any form of criticism of the authorities has permeated Tajikistani society. In this context, discussing these events, and particularly their fallout in human rights terms, has become a taboo subject within the country.“ (AI, 19. September 2016, S. 1)

Since the reported violent unrest of September 2015, a total of 170 or so individuals, including supporters and relatives of Abdukhalim Nazarzoda and not all of them members of the IRPT, have been prosecuted, convicted and sentenced to prison for alleged involvement in these events (See Reuters, ‘Таджикистан осудил 170 человек за причастность к попытке военного переворота [Tajikistan convicted 170 people for involvement in the military coup attempt], 4 August 2016, available at http://ru.reuters.com/article/topNews/idRUKCN10F1DE). The range of charges brought against the others included murder, illegal possession of weapons, and participation in a criminal group, and their prison terms ranged from one year to 30 years.“ (AI, 19. September 2016, Fußnote 2)

Der vom US-amerikanischen Kongress finanzierte Rundfunkveranstalter Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) berichtet im August 2016, dass laut Generalstaatsanwalt 170 Personen wegen Beteiligung an einem bewaffneten Umsturz im Jahr 2015 im Gefängnis seien. Die Personen seien zu Haftstrafen zwischen einem und 30 Jahren verurteilt worden wegen einer Reihe von Anklagepunkten, darunter Mord und Mitgliedschaft in einer kriminellen Gruppe:

„Tajikistan has jailed 170 people for complicity in an armed attempt by a deputy defense minister to topple President Emomali Rahmon last year, the country's prosecutor-general says.

Yusuf Rahmon said on August 4 that the 170 had been sentenced to prison terms of between one and 30 years on a number of charges, including murder and membership of a criminal group.“ (RFE/RL, 4. August 2016)

In den Zentralasien-Analysen Nr. 105 vom 30. September 2016 führt die Forschungsstelle Osteuropa in der Chronik zu Tadschikistan für den Zeitraum 23. Juli bis 23. September 2016 folgende Informationen an:

„16.8.2016 - Die Nachrichtenagentur Ozadogon meldet, dass in der Nacht der ehemalige Parteichef der PIWT [Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans] in der Stadt Nurek, Kurbon Mannonow, im Alter von 73 Jahren in Untersuchungshaft in Duschanbe gestorben ist. […]

25.8.2016 - Mit Dschamsched Jorow wird in Duschanbe ein weiterer Anwalt eines Führungsmitgliedes des verbotenen PIWT verhaftet. Ihm wird der Verrat von Staatsgeheimnissen vorgeworfen. […]

1.9.2016 - Bei einem öffentlichen Auftritt in seinem Heimatort Dangara (Gebiet Chatlon) macht Präsident Rachmon muslimische Geistliche und die PIWT für den Bürgerkrieg verantwortlich, betont aber zugleich, dass der Islam hanafitischer Rechtsschule eine Religion des Friedens sei. […]

4.9.2016 - Fergananews.com meldet, dass neuerdings der Name des im russischen Exil lebenden Führers der verbotenen PIWT, Muhiddin Kabiri, auf der Liste der von Interpol gesuchten Personen aufgeführt ist.

5.9.2016 - Nach Angaben von Asia-Plus ist im Rahmen der Amnestie anlässlich des 25. Jahrestages der Unabhängigkeit auch der bekannte Anwalt Schuchrat Kudratow freigekommen. Der Anwalt des Unternehmers und Oppositionellen Said Saidow war im Januar 2015 mit einem vielfach als politisch motiviert bezeichneten Richterspruch zu einer neunjährigen, später auf fünf Jahre herabgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die frühere Rechtsberaterin der PIWT, Sarafo Rachmoni, die als einzige Frau unter den verurteilten PIWT-Angeklagten zu einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, wurde dagegen unabhängig von der Amnestie vom Präsidenten begnadigt. […]

15.9.2016 - In einer im Vorfeld der Beratung über des Berichts über den Universal Periodic Review für Tadschiksitan durch den Menschenrechtsrat der UN in Genf publizierten Erklärung weist Tadschikistan die Empfehlungen des UN-Menschenrechtsrates vom Mai 2016 bezüglich der Freilassung politischer Gefangener, insbesondere PIWT-Mitglieder und Rechtsanwälte, als unbegründet zurück.“ (Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen, 30. September 2016, S. 28-30)

AI schreibt in einer Urgent Action vom Oktober 2016 im Fall zweier tadschikischer Anwälte Folgendes:

„Die beiden Anwälte Buzurgmekhr Yorov und Nuriddin Makhkamov sind am 6. Oktober zu 23 bzw. 21 Jahren Haft verurteilt worden. Die gegen sie erhobenen Anklagen sind politisch motiviert und ein Versuch, sie für die rechtliche Vertretung von Mitgliedern der verbotenen oppositionellen Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans zu bestrafen.

Der Anwalt Buzurgmekhr Yorov wurde am 6. Oktober von einem Gericht in Duschanbe zu 23 Jahren Haft in einer ‚strengen‘ Strafkolonie verurteilt. Nuriddin Makhkamov, der im selben Fall vor Gericht stand, wurde ebenfalls am 6. Oktober wegen derselben Anklagen zu 21 Jahren Gefängnis verurteilt. Die gegen sie erhobenen Anklagen sind politisch motiviert und zielen darauf ab, sie für ihre Arbeit als Verteidiger von Mitgliedern der verbotenen oppositionellen Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans (Islamic Renaissance Party of Tajikistan - IRPT) zu bestrafen.

Buzurgmekhr Yorov wurde am 28. September 2015 von Angehörigen der Polizeieinheit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens festgenommen. Seitdem befand er sich in Untersuchungshaft. Am 16. und 17. September 2015 waren 14 hochrangige Mitglieder der IRPT festgenommen worden, von denen Buzurgmekhr Yorov einige als Anwalt vertreten hat. Zunächst wurde Buzurgmekhr Yorov des Betruges und der Fälschung beschuldigt. Obwohl diese Vorwürfe nicht mit der IRPT oder ihren Aktivitäten zusammenzuhängen schienen, beschlagnahmten die Polizist_innen bei seiner Festnahme Dokumente, die mit den von ihm übernommenen IRPT-Fällen zu tun haben. Damit wurde das Anwaltsgeheimnis verletzt. Im Dezember 2015 wurden zusätzliche Vorwürfe wegen ‚Extremismus‘ gegen Buzurgmekhr Yorov erhoben. Er streitet jegliches Fehlverhalten ab und erklärte, dass er ‚kein Extremist, sondern ein Anwalt‘ sei. Als man ihm vor der Urteilsverkündung das letzte Wort erteilte, beteuerte er seine Unschuld. Laut Angehörigen wird er Rechtsmittel gegen seine Verurteilung einlegen.

Nuriddin Makhkamov hatte im selben Fall wie Buzurgmekhr Yorov ein IRPT-Mitglied verteidigt. Er wurde im Oktober 2015 festgenommen.“ (AI, 12. Oktober 2016)

In den Zentralasien-Analysen Nr. 106 vom 2. November 2016 führt die Forschungsstelle Osteuropa in der Chronik zu Tadschikistan für den Zeitraum 24. September bis 21. Oktober 2016 folgende Informationen an:

„27.9.2016 - Jugendliche Pro-Regierungsdemonstranten werfen Steine und Eier auf das Haus des verurteilten Mitgliedes der Partei der Islamischen Wiedergeburt (PIWT) Rachmatullo Radschaba und verbrennen Bilder von Parteichef Muhiddin Kabiri. […]

28.9.2016 - Der Führer der verbotenen PIWT, Kabiri, erklärt in einem per Skype dem Human Dimension Implementation Meeting in Warschau zugeschalteten Redebeitrag, dass die tadschikische Führung selbst durch physischen und psychischen Druck auf Kritiker Terror ausübe und beklagt die stark gestiegene Zahl politischer Gefangener. […]

30.9.2016 - Der Rechtsanwalt Dschamsched Jorow, der in der Vergangenheit ein PIWT-Führungsmitglied verteidigt hatte und im August wegen Verrats von Staatsgeheimnissen festgenommen worden war, wurde im Rahmen der Amnestie zur Unabhängigkeitstag freigelassen, meldet Asia-Plus. […]

14.10.2016 - Die Familie des im Exil lebenden Führungsmitgliedes der PIWT Ilchomdschon Jakubsoda sah sich nach Jakubsodas Auftreten auf dem Human Dimension Implementation Meeting der OSZE in Warschau aufgrund des Drucks der Sicherheitsbehörden gezwungen, Tadschikistan ebenfalls zu verlassen, meldet Fergananews.com unter Berufung aus Jakubsoda.“ (Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen, 2. November 2016, S. 19-20)

Die Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen schreibt in den Zentralasien-Analysen Nr. 107 vom 25. November 2016 Folgendes:

„Dieser Beitrag beschäftigt sich mit mehreren Entwicklungen der jüngsten Zeit, die dazu beigetragen haben, dass das Regime Rachmon scheinbar in seiner Herrschaft weiter gefestigt wirkt. Politische Gegner wurden verhaftet, ins Exil getrieben und ermordet, insbesondere jene, die mit der Partei der Islamischen Wiedergeburt (PIWT) und der Gruppe 24 verbunden waren.

Schließlich beschuldigte die Regierung die PIWT, Drahtzieher eines Putschversuchs am 4. September 2015 unter Führung des damaligen stellvertretenden Verteidigungsministers Abulchalim Nasarsoda gewesen zu sein. Nasarsoda hatte im Bürgerkrieg auf Seiten der Opposition gekämpft und war nach dem Friedensabkommen von 1997 in den Regierungsapparat eingegliedert worden. Nun bezichtigte man ihn, Anführer bewaffneter Überfälle in Duschanbe und Wachdat zu sein. Rasch verhafteten die Sicherheitsdienste bis zu 200 Parteimitglieder, einschließlich des Sprechers und stellvertretenden Vorsitzenden. Am 29. September erklärte der Oberste Gerichtshof Tadschikistans die PIWT zu einer ‚terroristischen‘ Organisation. Damit hatte die Regierung eine Handhabe, weitere Parteimitglieder und Rechtsanwälte, die mutig genug waren, sie zu verteidigen, zu verhaften. […]

Obwohl führende Mitglieder sowohl der Gruppe 24 als auch der PIWT jetzt für mehr als 20 Jahre im Gefängnis sitzen, fürchtet sich die Regierung offenbar immer noch vor politischen Aktionen der im Exil lebenden Oppositionellen. Zwar konnten viele Aktivisten aus dem Land fliehen, doch die Regierung ist weiterhin in der Lage, Druck auf sie auszuüben, indem sie gegen ihre Familienangehörigen in Tadschikistan vorgeht.“ (Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen, 25. November 2016, S. 2-4)

In der Chronik zu Tadschikistan für den Zeitraum 22. Oktober bis 18. November 2016 führt die Forschungsstelle Osteuropa in den Zentralasien-Analysen Nr. 107 zudem Folgendes an:

„10.11.2016 - Der tadschikische Dienst von RFE/RL meldet die Freilassung dreier Verwandter des im Exil lebenden Führers der verbotenen PIWT, Muhiddin Kabiri, die im September 2015 nach dem ‚Umsturzversuch‘ General Nasarsodas verhaftet und verurteilt worden waren. […]

17.11.2016 - Gegen den am 6.10. zu einer 23jährigen Freiheitsstrafe wegen Betruges und Unterschlagung von Dokumenten verurteilten ehemaligen Rechtsanwalt von mehreren PIWT-Mitgliedern, Bursurgmechr Jorow, wird nach einem Verfahren wegen Missachtung des Gerichtes und Beleidigung der Staatsgewalt Mitte Oktober ein weiteres Verfahren, wieder wegen Unterschlagung, eingeleitet.“ (Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen, 25. November 2016, S.  20-21)

Parteizeitung/-Druckerei

Die in Russland ansässige Nachrichtenagentur Ferghana News schreibt im Februar 2011, dass der Chefredakteur der Zeitung Nadschot, Chikmatullo Sayfullosoda, der auch Mitglied des politischen Rats der Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) sei, in Duschanbe laut der Nachrichtenagentur Asia-Plus angegriffen worden sei:

„In the morning of February 7 Khikmatullo Sayfullozoda, the Chief Editor of Nazhot newspaper, the member of political council of Islamic Revival party of Tajikistan (IRPT) was cruelly assaulted in Dushanbe not far away from his house, said Dushanbe-based news agency Asia-plus.

According to deputy head of IRPT Umarali Khisainov, in the last few days two unknown people were following the editor. ‘The neighbors say that this morning, walking out of his apartment building, he was approached by unknown person. After greeting each other they followed to the bushes where there were three other persons. Later on Mr. Sayfullozoda was found bleeding and delivered to National medical center’, Mr. Khisainov informed.“ (Ferghana News, 7. Februar 2011)

The Diplomat, ein Nachrichtenmagazin zu internationaler Politik mit Sitz in Tokio, meldet im August 2015, dass in diesem Monat sowohl das Hauptbüro der Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) in Duschanbe geschlossen als auch ihre Veröffentlichungstätigkeiten eingestellt worden seien. Die IRPT habe auf ihrer Webseite einen Brief veröffentlicht, dass das Verlagshaus der Partei wegen Verletzung von Gesetzen zur öffentlichen Gesundheit geschlossen worden sei. Die IRPT habe eine Wochenzeitung, Nadschot, veröffentlicht:

„In August, the Islamic Renaissance Party of Tajikistan (IRPT) had both its publishing operation and its main office in Dushanbe closed by the government. […]

On August 14, the IRPT’s publishing operation was temporarily closed. A letter shared on the party’s website said the publishing house had been closed for violating public health laws. According to Asia-Plus, the letter bore stamps from the Ministry of Culture, the Tax Committee, Tajikistandard (a standardization, metrology, and certification agency), and the sanitary and epidemiological center. The IRPT published a weekly newspaper, Najot, and a magazine, Safina and Umed. The IRPT said the closure was part of an “anti-IRPT” program that has been going on for years.“ (The Diplomat, 25. August 2015)

RFE/RL meldet im September 2015, dass der Oberste Gerichtshof in Tadschikistan entschieden habe, dass die verbotene Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) auf eine Liste extremistischer und terroristischer Organisationen gesetzt werden solle. Die Entscheidung des Gerichts führe dazu, dass die Zeitung der Partei Nadschot („Rettung“) geschlossen werden müsse:

„A high court in Tajikistan has ruled that an Islamic political party banned and shut down earlier this month should be included on a blacklist of extremist and terrorist organizations.

The September 29 verdict clears the way for authorities to crack down further on the Islamic Renaissance Party of Tajikistan's (IRPT) leadership and rank-and-file, seemingly cementing the fate of a party that was until recently a major player on the country's political scene.

The court's decision forces the closure of the IRPT's Najot (Salvation) newspaper and bans the distribution of any video, audio, or printed materials related to the party's activities.” (RFE/RL, 29 September 2015)

Freedom House, eine in den USA ansässige NGO, die zu den Themen Demokratie, politische Freiheit und Menschenrechte forscht und sich für diese einsetzt, erwähnt in dem im Jänner 2016 veröffentlichten Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten im Jahr 2015, dass die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur geschlossene Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) auch zur Schließung des Wochenzeitung der Partei und zur Stilllegung der Webseite, zwei der populärsten Oppositionsmedien im Land, geführt habe:

„The September 2015 Supreme Court ruling on the IRPT also shuttered the party’s weekly newspaper and its website, two of the most popular opposition outlets in the country.“ (Freedom House, 27. Jänner 2016)

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem Jahresbericht zum Investitionsklima (Stand März 2016) ebenfalls, dass das Urteil des Obersten Gerichtshofes die Schließung der offiziellen Zeitung der IRPT, Nadschot, nach sich gezogen habe:

„The country’s Supreme Court declared the IRPT a terrorist group September 29, 2015 based on charges brought against them by the Prosecutor General’s office. The Supreme Court’s ruling officially banned the party from any activities in the country, forced the closure of the IRPT’s official newspaper, Najot, and prohibited the distribution of any video, audio, or printed materials related to the party’s activities.“ (USDOS, 5. Juli 2016)

In den Zentralasien-Analysen Nr. 105 vom 30. September 2016 führt die Forschungsstelle Osteuropa in der Chronik zu Tadschikistan für den Zeitraum 23. Juli bis 23. September 2016 folgende Informationen an:

„11.8.2016 - Reporter ohne Grenzen weist daraufhin, dass Chikmatullo Sajfullosoda, der ehemalige Chefredakteur der Parteizeitung der Partei der Islamischen Wiedergeburt (PIWT), Naschot, der im Juni 2016 zu einer 16jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, sich in lebensgefährlicher Verfassung befindet und dringender medizinischer Hilfe bedarf.“ (Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen, 30. September 2016, S. 28)

2) Informationen, zu Auswirkungen exilpolitischer Tätigkeiten

Die Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen schreibt in ihren Zentralasien-Analysen Nr. 107 vom 25. November 2016 Folgendes:

„Obwohl führende Mitglieder sowohl der Gruppe 24 als auch der PIWT [Partei der Islamischen Wiedergeburt] jetzt für mehr als 20 Jahre im Gefängnis sitzen, fürchtet sich die Regierung offenbar immer noch vor politischen Aktionen der im Exil lebenden Oppositionellen. Zwar konnten viele Aktivisten aus dem Land fliehen, doch die Regierung ist weiterhin in der Lage, Druck auf sie auszuüben, indem sie gegen ihre Familienangehörigen in Tadschikistan vorgeht.

Nachdem Mitglieder beider Gruppen auf dem OSZE-Treffen zum Thema ‚Implementierung der menschlichen Dimension‘ in Warschau im September 2016 eine Schweigekundgebung veranstaltet hatten, verließ die tadschikische Delegation unter Protest die Veranstaltung. Die Jugendbewegung ‚Avantgarde‘, die tadschikische Studenten 2015 zur Bekämpfung des ‚Extremismus‘ gegründet hatten, demonstrierte vor dem OSZE-Büro in Duschanbe mit Transparenten und dem Slogan ‚Den Feinden des tadschikischen Volkes ein Nein‘ und verbrannte eine Flagge, auf der Muchiddin Kabiri abgebildet war. Mitglieder dieser Gruppierung veranstalteten Versammlungen in Universitäten, auf denen die ‚Verräter‘ und ihre ‚ausländischen Sympathisanten‘ scharf verurteilt wurden. Beunruhigender waren die Vergeltungsmaßnahmen gegen Familienangehörige der Tadschiken, die in Warschau demonstriert hatten. Die Polizei verhaftete mehr als 50 Verwandte von Teilnehmern aus der PIWT und der Gruppe 24. Bruder, Schwester und Mutter des früheren PIWT-Vorsitzenden des Gebiets Sogd, Ilchomdschon Jakubow, wurden am 20. September in Untersuchungshaft genommen und mit weiteren Schikanen bedroht, falls Jakubow weiter politisch aktiv sein sollte. In den folgenden Tagen wurden ihre Häuser von Demonstranten, von denen einige Steine warfen, mit Plakaten beklebt. Sogar die neunjährige Tochter und die ein Jahr ältere Nichte einer Teilnehmerin der Kundgebung in Warschau, Schabnam Chudodojewa, wurden von den Demonstranten angegriffen und beschimpft. Die Polizei weigerte sich, den betroffenen Familien zu helfen.“ (Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen, 25. November 2016, S. 4)

HRW meldet im September 2016, dass die Verwandten von friedlichen politischen Aktivisten der verbotenen Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) und der Gruppe 24, die an Protesten während des Human Dimension Implementation Meeting der OSZE in Warschau teilgenommen hätten, angegriffen worden seien und die Umstände darauf hindeuten würden, dass die Angriffe von den tadschikischen Behörden organisiert und koordiniert worden seien. Mobs hätten die Häuser der Verwandten über mehrere Tage angegriffen und die Regierung habe Demonstrationen von High-School und College-Studenten organisiert und die Aktivisten als „Volksfeinde“ betitelt. Am 19. September hätten mehrere Dutzend Aktivisten der IRPT friedlich in Warschau demonstriert und Schilder hochgehalten sowie T-Shirts getragen mit den Gesichtern von zahlreichen Mitgliedern der Partei und anderer Gruppen, die wegen politisch motivierter Anklagen in Haft seien. Am nächsten Morgen seien laut Angaben der Demonstranten und einigen ihrer Verwandten in Duschanbe bis zu 30 Verwandte der Demonstranten von Sicherheitskräften verhaftet worden, nachdem sie zu Befragungen vorgeladen worden seien. Ilhomdschon Jakubow, ein Anführer der Partei im Exil, habe am 20. September mitgeteilt, dass die Behörden seine Mutter, seinen Bruder und seine Schwestern verhaftet und ins Gebäude der lokalen Sicherheitskräfte gebracht hätten. Die Sicherheitsbeamten hätten sie schikaniert, verhört und gedroht, sie zu zerstören, sollte Jakubow weiterhin die Regierung öffentlich kritisieren. Die Verwandten seien am nächsten Tag freigelassen worden:

Relatives of peaceful Tajik opposition activists from the banned Islamic Renaissance Party of Tajikistan (IRPT) and the Group 24 opposition movement who participated in silent protests and made public presentations during the conference have been attacked in circumstances that suggest that the attacks were orchestrated and coordinated by Tajik authorities. Mobs have attacked the relatives’ homes over several days, and the government has organized rallies among high school and college students, labeling the activists ‘enemies of the people.’ […]

On September 19, several dozen Islamic Renaissance Party activists peacefully protested outside the conference, followed by a silent protest inside the plenary sessions. The activists held up signs and wore T-shirts depicting the faces of numerous individuals from the party and other groups who have been imprisoned on politically motivated charges. The following morning in Dushanbe, Tajik security services detained up to 30 relatives of the protesters after summoning them for questioning in cities including Dangara, Dushanbe, Khujand, and Rudaki, the protesters and several of their relatives told Human Rights Watch.

Ilhomjon Yakubov, a party leader in exile, said that on September 20, authorities detained his mother, brother, and sisters, taking them to the local security services building in Khujand. Security officers harassed and interrogated them, and threatened to ‘destroy them’ if Yakubov continued to publicly criticize the government, he said. The family members were released the next day.“ (HRW, 28. September 2016)

EurasiaNet meldet im September 2016, dass die Unterdrückung von abweichenden Meinungen in Tadschikistan besorgniserregende Züge annehme. Familienmitglieder seien wegen der Handlungen von verwandten Aktivisten im Ausland mit Vergeltungsmaßnahmen konfrontiert. Die Vorgänge rund um das jährliche Human Dimension Implementation Meeting der OSZE in Warschau hätten dieses Problem verdeutlicht. Am 19. September hätten Unterstützer politischer Gruppen, die in Tadschikistan verfolgt würden, eine Protestaktion durchgeführt. Einige der etwa Dutzend Aktivisten hätten auch T-Shirts mit Bildern der führenden Persönlichkeiten der Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) getragen, die im Gefängnis seien, weil sie eine Verschwörung geplant haben sollen. Rechtsaktivisten würden die Anschuldigungen für politisch motiviert erachten. Die Protestteilnehmer hätten die IRPT und andere politische Bewegungen wie beispielsweise die Gruppe 24 repräsentiert. Menschenrechtsorganisationen würden berichten, dass die improvisierten und kleinen Aktionen in Warschau zu Vergeltungsmaßnahmen in Tadschikistan geführt hätten. Es werde behauptet, dass Beamte Aktivisten und Politiker im Ausland unter Druck setzen würden, indem sie deren Familienmitglieder, die noch im Land seien, schikanieren würden:

Repression of dissenters in Tajikistan is taking a worrisome turn, with family members inside the Central Asian country facing retribution for the actions of activist relatives abroad. Events surrounding the annual human dimension implementation meeting, convened in Warsaw by the OSCE’s Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR), have highlighted the issue of payback by proxy. On September 19, during the forum, supporters of political groups persecuted in Tajikistan staged a protest, holding up posters that highlighted reported abuses by the Tajik government. Some of the dozen or so young activists also wore white T-shirts bearing images of leading figures of the Islamic Renaissance Party of Tajikistan (IRPT) who have been languishing in jail for allegedly plotting a coup. Rights activists believe the charges to be politically motivated. Protest participants represented IRPT and other opposition movements, such as Group-24 and Vatandor. The self-exiled leader of Vatandor, Dodojon Atovulloyev, also took part in the protest. Tajikistan’s official delegation reacted to the barrage of criticism by demonstratively walking out of the ODIHR conference. ‘The representatives of organizations banned in Tajikistan started harassing and putting pressure on our delegation from the very first days [of the conference]. Because of this intimidation, three journalists left the event and civil society representatives generally avoided contact with them and did not even participate in side events,’ the Tajik delegation said in a statement. By all accounts, however, the real intimidation was unfolding back in Tajikistan. Rights watchdogs now report that the impromptu and small-scale actions at the ODIHR event have sparked a cycle of retribution inside Tajikistan. Officials are said to be directing pressure on exiled activists and politicians by harassing family members still living in the country. A shadowy voluntary youth group appears to be leading the exercise in intimidation.“ (EurasiaNet, 27. September 2016)

AI schreibt im Jahresbericht vom Februar 2016 (Berichtszeitraum 2015) Folgendes:

„Mitglieder oppositioneller Gruppen wurden schikaniert, gewaltsam angegriffen oder sogar getötet, und zwar sowohl in Tadschikistan als auch im Exil. Einige oppositionelle Aktivisten und Personen, denen man religiösen Extremismus vorwarf, wurden in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken verschleppt und gegen ihren Willen nach Tadschikistan gebracht. Rechtsanwälte, die oppositionelle Aktivisten oder Personen vertraten, denen staatsfeindliche Straftaten zur Last gelegt wurden, liefen ihrerseits Gefahr, schikaniert, eingeschüchtert oder inhaftiert zu werden. Folter und andere Misshandlungen waren nach wie vor an der Tagesordnung, und Anwälten wurde wiederholt der Zugang zu ihren Mandanten verweigert.“ (AI, 24. Februar 2016)

Human Rights Watch berichtet im Februar 2016, dass man zusammen mit dem Norwegischen Helsinki-Komitee herausgefunden habe, dass die tadschikische Regierung Mitglieder der friedlichen politischen Opposition des Landes festnehme, ins Gefängnis bringe und foltere. Die Regierung gehe auch gegen Personen im Ausland vor, die sie als Kritiker wahrnehme, und strebe deren Verhaftung und Auslieferung nach Tadschikistan an. Die Regierung habe auch Personen im Ausland verschwinden lassen, die dann in Tadschikistan in Haft wieder aufgetaucht seien. Die Menschenrechtssituation im Land habe sich im vorangegangenen Jahr mit der Schließung der Partei der Islamischen Wiedergeburt (IRPT) im September 2015 dramatisch verschlechtert. Im März 2015 sei der Oppositionelle Umarali Kuwwatov in Istanbul erschossen worden und die Umstände würden darauf hindeuten, dass die Behörden involviert gewesen seien oder das Vorgehen geduldet hätten. Steve Swerdlow, der bei HRW für Zentralasien zuständig sei, habe angegeben, dass es sich derzeit um das stärkste Vorgehen im Land im politischen und religiösen Bereich seit Ende des Bürgerkrieges handle und Hunderte Personen nur wegen ihrer friedlichen politischen Arbeit im Gefängnis seien. Nachforschungen von HRW und dem Norwegischen Helsinki-Komitee hätten gezeigt, dass die tadschikischen Behörden in großem Maßstab gegen friedliche politische Aktivisten und Personen, die im Land und im Ausland als Kritiker wahrgenommen würden, vorgehen würden und diese festnehmen, ins Gefängnis bringen und mundtot machen würden. Man habe versucht, friedliche politische Aktivisten in Belarus, Kirgisistan, Kasachstan, Moldau, Russland, in der Türkei und anderen Orten verhaften und ausliefern zu lassen:

„The Tajik government is arresting, imprisoning, and torturing members of the country’s peaceful political opposition, Human Rights Watch and the Norwegian Helsinki Committee said today. The government is also targeting perceived critics abroad, seeking their detention and extradition back to Tajikistan, and has forcibly disappeared critics abroad only to have them reappear in Tajik custody.

Tajikistan’s deteriorating human rights situation worsened dramatically in the last year with the forced closure of Tajikistan’s leading opposition party, the Islamic Renaissance Party of Tajikistan (IRPT) in September 2015. In March, an opposition figure, Umarali Kuvvatov, was shot dead in Istanbul in circumstances that point to involvement or acquiescence by the Tajik government.

‘Tajikistan is in the midst of the worst political and religious crackdown since the end of the country’s civil war, with hundreds of people landing behind bars for no other reason than their peaceful political work,‘ said Steve Swerdlow, Central Asia researcher at Human Rights Watch. ‘Tajikistan’s human rights crisis is expanding by the day, but the response of Washington, Brussels, and other international partners has fallen seriously short.’

Recent research by Human Rights Watch and the Norwegian Helsinki Committee uncovered a wide-ranging campaign by Tajik authorities to detain, imprison, and silence peaceful opposition activists and perceived critics at home and abroad. Dushanbe has sought the detention and forcible return to Tajikistan of peaceful political activists in Belarus, Kyrgyzstan, Kazakhstan, Moldova, Russia, Turkey, and elsewhere.“ (HRW, 17. Februar 2016)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 19. Dezember 2016)

·      AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Tajikistan, 24. Februar 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/local_link/319709/466563_de.html

·      AI - Amnesty International: Tajikistan: A year of secrecy, growing fears and deepening injustice [EUR 60/4855/2016], 19. September 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1474350127_eur6048552016english.pdf

·      AI - Amnesty International: Further Information on Urgent Action: 209/15 [EUR 60/4973/2016], 12. Oktober 2016
http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-209-2015-3/lange-haftstrafen?destination=node%2F5309%3Fsupport_type%3D%26node_type%3D%26country%3D%26topic%3D%26from_month%3D0%26from_year%3D%26to_month%3D0%26to_year%3D%26submit_x%3D50%26submit_y%3D13%26result_limit

·      EurasiaNet: Tajikistan: Youth Group Intimidating Opposition, 27. September 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/local_link/330656/471813_de.html

·      EurasiaNet: Tajikistan: Embattled Journalists Join Rush to the Door, 28. Oktober 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/local_link/331762/473026_de.html

·      Ferghana News: Tajikistan: The Chief Editor of Nazhot newspaper is cruelly assaulted in Dushanbe, 7. Februar 2011
http://enews.fergananews.com/news.php?id=2010

·      Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen: Zentralasien-Analysen Nr. 105, 30. September 2016
http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen105.pdf

·      Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen: Zentralasien-Analysen Nr. 106, 2. November 2016
http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen106.pdf

·      Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen: Zentralasien-Analysen Nr. 107, 25. November 2016
http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen107.pdf

·      Freedom House: Freedom in the World 2016 - Tajikistan, 27. Jänner 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/local_link/325350/465177_de.html

·      HRW - Human Rights Watch: Severe Crackdown on Political Opposition, 17. Februar 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/local_link/319951/459152_de.html

·      HRW - Human Rights Watch: Tajikistan: Violent Retaliation Against Activists OSCE, Governments Should Protest Collective Punishment, Worsening Crackdown, 28. September 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/local_link/330172/471267_de.html

·      Jamestown Foundation: What Is Motivating Dushanbe’s Campaign Against the IRPT? Eurasia Daily Monitor Volume: 11 Issue: 79, 29. April 2014 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/274873/424453_de.html

·      Jamestown Foundation: Marginalization of Tajikistan’s Political Opposition Could Threaten Security; Eurasia Daily Monitor Volume: 12 Issue: 54, 24. März 2015 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/299322/435895_de.html

·      NZZ – Neue Zürcher Zeitung: Rachmon setzt auf Härte, 18. August 2016
http://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/tadschikistan-rachmon-setzt-auf-haerte-ld.111570

·      RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty: Tajikistan Jails 170 Over Failed Coup In 2015, 4. August 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/local_link/329045/469936_de.html

·      RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty: Shuttered Tajik Islamic Party Branded As Terrorist Group, 29 September 2015
http://www.rferl.org/a/tajikistan-islamic-party-terrorist-organization/27277385.html

·      SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik: Islam in Tajikistan, März 2015
http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S06_smz.pdf

·      The Diplomat: Tajik Authorities Close Opposition Political Office, 25. August 2015
http://thediplomat.com/2015/08/tajik-authorities-close-opposition-political-office/

·      USDOS - US Department of State: Investment Climate Statements for 2016 - Tajikistan, 5. Juli 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/332542/473968_de.html