Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Aktuelle Sicherheitslage in der Provinz Daikundi (auch: Daykundi, Dai Kundi) [a-8864-3 (8866)]

23. September 2014

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche nur wenige aktuelle Informationen zur Sicherheitslage in der Provinz Daikundi gefunden werden. Es wurden deshalb auch etwas ältere Informationen berücksichtigt.

 

Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) zählt Daikundi in einem monatlichen Update zu freiwilliger Rückkehr vom Juni 2014 zu den relativ sicheren Provinzen in Afghanistan:

„Of those who cited the improvement of security situation in some parts of Afghanistan as the primary pull factor of their return, 86% returned to relatively secure provinces such as Kabul, Herat, Takhar, Balkh, Bamyan, Daykundi, Samangan, Kunduz, Baghlan and Parwan. While 13% returned to insecure provinces; Farah, Ghazni, Kandahar, Helmand and Logar.” (UNHCR, Juni 2014, S. 4)

In der Online-Ausgabe der deutschen Wochenzeitung Die Zeit findet sich eine im Jänner 2014 veröffentlichte Bilderstrecke zu den Hazara in Daikundi. Unter einem der Bilder findet sich folgende Information:

„Die gebirgige Landschaft der afghanischen Provinz Daikundi ist schwer zugänglich. Deswegen ist es hier auch relativ sicher – doch gleichzeitig kommt nur wenig internationale Hilfe an.“ (Zeit Online, 5. Jänner 2014)

In einem Artikel vom Jänner 2014 zitiert die deutsche Berliner Zeitung eine Frau namens Sumaja Mohammed, die bei den Provinzratswahlen in Daikundi für das Parlament im Distrikt Nili kandidiert habe, sowie Mitarbeiter der afghanischen Relief Organisation for Rehabilitation of Afghanistan (Rora), die sich wie folgt zur Sicherheitslage in den drei Hazarajat-Provinzen (beim Hazarajat handelt es sich um das Hauptsiedlungsgebiet der Hazara in Zentralafghanistan, Anm. ACCORD), darunter Daikundi, geäußert hätten:

„Auch Sumaja Mohammed und die Mitarbeiter von Rora in Daikundi sehen mit wachsender Unruhe in die Zukunft. In den Hazarajat-Provinzen würden bereits wieder Taliban-Gruppen agieren, erzählen sie, die Zahl politischer Entführungen nehme zu, und auch Anschläge würden sich mehren. Und sie fürchten, dass die ausländische Unterstützung für Afghanistan geringer werden oder sogar ganz ausbleiben wird.“ (Berliner Zeitung, 8. Jänner 2014)

Die englischsprachige afghanische Tageszeitung Daily Outlook Afghanistan berichtet im Oktober 2013, dass die BewohnerInnen des Distrikts Kajran, Provinz Daikundi, davor gewarnt hätten, dass der Distrikt in die Hände der Taliban fallen könnte, wenn keine geeigneten Maßnahmen ergriffen würden.

Einer Mitteilung des Vorsitzenden des Rates der Ulema (Religionsgelehrte des Islam, Anm. ACCORD) in der Stadt Kajran (Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, Anm. ACCORD) zufolge seien die Straßen, die die Stadt mit anderen Landesteilen verbinden würden, in den vergangenen Monaten von Aufständischen gesperrt worden. Dies habe zu einem deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise geführt. Die BewohnerInnen würden glauben, dass die Aufständischen aus dem in der Provinz Helmand gelegenen Distrikt Baghran, eine ihrer Hochburgen, in den Distrikt Kajran eingedrungen seien.

Einem General der afghanischen Armee zufolge würden Militäroperationen in allen Teilen des Landes durchgeführt, bei denen davon ausgegangen werde, dass dort die Taliban Kontrolle ausüben würden:

„As the election and the withdrawal of security forces near, the security challenges seem to be mounting in different parts of the country and Taliban insurgents are make their positions strong. In a recent concern in this regard the residents of Kajran district of Daikundi province have warned that the district may fall into Taliban’s hands unless proper attention is paid and suitable measures are carried out. The residents of the district transferred their concern to the provincial governor, who paid visit to the area along with the Kandahar police chief, the 205th Atal Military Corps Commander and the ISAF Commander in the south.

According to the statement of Mullah Syed Hassan, Kajran Ulema Council Chief, the roads connecting the town with other parts of the country had been closed by insurgents over the past few months that have resulted in considerable rise in the food prices. The residents believed that the insurgents had gotten into the district from Baghran district of southern Helmand province, where insurgents have a stronghold.

The claim was confirmed by Governor Amir Mohammad Akhundzada and he believes that rising insecurity would result in disturbing the security situation in Uruzgan province and he suggested that a military operation should be conducted to curb the situation and stop the insurgency to spill uncontrollably. At the same time Gen. Abdul Hamid, the 205th Atal Military Corps Commander added that military operations would be conducted in all those parts of the country where Taliban are thought to have control.” (Daily Outlook Afghanistan, 24. Oktober 2013)

In einem im Oktober 2013 veröffentlichten Artikel zitiert die afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News (PAN) ein Mitglied des Provinzrates in Daikundi, dem zufolge sich Unsicherheit und Gesetzlosigkeit in der unbeständigen Provinz ausgebreitet habe und die Regierung nicht in der Lage scheine, den Frieden in der Region wiederherzustellen.

Wie der Artikel weiters anführt, sei Daikundi Sicherheitsbedrohungen ausgesetzt, die von den häufig von Angriffen betroffenen Provinzen Helmand, Uruzgan, Ghor und Ghazni ausgehen würden. Kajran (Kijran), Kiti und Sangtakht Bander seien als die am meisten gefährdeten Distrikte der Provinz Daikundi bekannt:

„Insecurity and lawlessness have been spreading in the volatile Daikundi province and the government was totally seemed paralyzed to restore peace in the region, said Hadi Rahimi Zada, member of provincial council. […]

It merits mention here that the province of Daikundi is exposed to security threats from Helmand, Uruzgan, Ghor and Ghazni provinces which witness frequent attacks from several directions. The province comes under attack from Charchino district of Uruzgan province, Pasaband district of Ghor and Baghran district of Helmand province in the recent years. Kijran, Kiti and Sangtakht Bander are known as the most vulnerable districts of the Daikundi province.” (PAN, 24. Oktober 2013)

Pajhwok Afghan News (PAN) zitiert in einem Artikel vom Juli 2013 den damals neu ernannten Gouverneur der Provinz Daikundi, Abdul Haq Shafaq, dem zufolge die afghanischen Sicherheitskräfte mehr Infrastruktur und bessere Waffen benötigen würden, um die Taliban effektiv in Schach halten zu können. Die Sicherheitslage in Daikundi sei durch das Angrenzen an die vom Aufstand heimgesuchten Provinzen Helmand, Ghor und Uruzgan gefährdet. Straßen in den Distrikten Kiti und Kajran, die nach Kandahar führen würden, seien wegen Landminen, die von den Taliban platziert worden seien, geschlossen worden:

„The newly-appointed governor for central Daikundi province, Abdul Haq Shafaq, on Wednesday said Afghan security forces needed access to more facilities and advanced weapons to effectively keep the Taliban at bay. […] He said the security situation in Daikundi was threatened due its borders with insurgency-plagued Helmand, Ghor and Uruzgan provinces. He said roads in Daikundi districts of Kiti and Kajran linking it to Kandahar had been closed because of landmines planted by the Taliban.” (PAN, 25. Juli 2013)

Daily Outlook Afghanistan berichtet im Juli 2014, dass die Leichen von 17 Personen in der Provinz Daikundi gefunden worden seien. Einem Parlamentsmitglied in Kabul zufolge hätten mit den Taliban in Verbindung stehende Aufständische die Personen enthauptet und ihre Leichen auf der Straße zurückgelassen. Alle Getöteten würden der ethnischen Gruppe der Hazara angehören, allerdings sei der Grund für die Tat weiterhin unbekannt („bleak“). Wie das Parlamentsmitglied angegeben habe, sei die Bevölkerung Daikundis seit vielen Jahren mit von den Taliban ausgeführten Tötungen konfrontiert:

„Last week, bodies of 17 tortured-killed people were found in central province of Daikundi. ‘Militants affiliated to Taliban regime beheaded these people and left their bodies on the road,’ Member of Parliament, Saddiqi Nilizada said on Monday, 30 June in Kabul. This all people belong to Hazara ethnic group of Afghanistan, albeit the reason for their killing is still bleak. Nonetheless, according to Nilizada the people of Daikundi are subject to such brutal killings by Taliban since the last many years.” (Daily Outlook Afghanistan, 7. Juli 2014)

Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) erwähnt in ihrem im Juli 2014 veröffentlichten Halbjahresbericht zu zivilen Opfern, Angriffen auf und Schutz von ZivilistInnen einen Vorfall, der sich am 31. Mai 2014 im Distrikt Shahrestan, Provinz Daikundi, ereignet habe und bei dem eine unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung unter dem Fahrzeug eines Richters in der Nähe eines Gerichtsgebäudes explodiert sei. Bei der Explosion seien der Richter und sein Mitarbeiter verletzt und das Gerichtsgebäude beschädigt worden:

On 31 May, an IED exploded under the vehicle belonging to a judge parked beside the Primary Court of Shahristan district, Dai Kundi province. The explosion injured the judge and his clerk, and damaged the courthouse.” (UNAMA, Juli 2014, S. 20)

Die afghanische Online-Zeitung Khaama Press (KP) berichtet im April 2014, dass die Polizei 26 unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen sowie neun Raketen während Operationen in den Provinzen Daikundi, Tachar, Kundus, Faryab, Jawzjan, Kandahar, Chost und Ghor beschlagnahmt habe:

„Afghan national police forces also confiscated 26 improvised explosive device (IED) along with 9 rockets during military operations in Daikundi, Takhar, Kunduz, Faryab, Jawzjan, Kandahar, Khost and Ghor provinces.” (KP, 6. April 2014)

Dieselbe Quelle schreibt im Jänner 2014, dass die Polizei laut offiziellen Angaben bei Operationen in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Daikundi, Balch, Uruzgan, Chost und Helmand 13 unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen entdeckt und beschlagnahmt habe:

„In the meantime, Afghan police forces discovered and seized 13 improvised explosive device (IED) during operations in Kabul, Nangarahr, Daikundi, Balkh, Uruzgan, Khost and Helmand provinces, the officials said.” (KP, 30. Jänner 2014)

Das Free and Fair Election Forum of Afghanistan (FEFA), eine zivilgesellschaftliche Organisation zur Wahlbeobachtung in Afghanistan, geht in einem undatierten Bericht auf die Herausforderungen für Kandidatinnen zur Provinzratswahl während der Nominierungsphase ein und präsentiert die Ergebnisse von Verifizierungsaktivitäten, die im Zeitraum vom 6. Oktober bis 21. Dezember 2013 in 34 Provinzen unternommen worden seien. Dem Bericht zufolge sei eine Reihe von Kandidatinnen zur Provinzratswahl nur wegen ihres Kandidatenstatus unter anderem von Parlamentsmitgliedern, Mitgliedern des Provinzrates und aufständischen Gruppen bedroht worden. Außerdem habe es Hassreden und negative Predigten von Mullahs, Stammesältesten, Distriktgouverneuren und einigen illegalen bewaffneten Gruppen gegeben. Die meisten Fälle von Einschüchterung seien in den Provinzen Paktika, Farah, Tachar, Nimrus, Paktia, Daikundi, Kunar, Nangarhar, Baglan und Kandahar verifiziert worden:

„The findings of women political rights verification demonstrated that a number of provincial councils’ female candidates have been threatened by local powerbrokers, their male counterparts and insurgent groups only due to their candidacy in the process. Of total 272 candidates interviewed, 67 candidates in Badakhshan, Badghis, Baghlan, Bamyan, Logar, Daikundi, Farah, Faryab, Ghazni, Ghor, Herat, Kabul, Kandahar, khost, Laghman, Nangarhar, Nimroz, Kunar, Samangan, Paktika, Paktia, Parwan, Sar e Pul and Takhar complained on being intimated and submitted complaint forms to FEFA. The main challenges included the threats below:

- Threatening phone calls and night letters from a number of incumbent MPs, members of Provincial Councils and insurgent groups;

- Hate speeches and negative preaches by Mullahs, tribal elders, district governors and some illegal armed groups like Hezb-e-Tahrir against female candidates (abduction of a son of a female candidate in Herat Province is one of the examples of threats female candidates faced during the nomination period).

The most cases of intimidations have been verified in Paktika, Farah and Takhar, Nimroz, Paktia, Daikundi, Kunar, Nangarhar and Baghlan and Kandahar while the least number of incidents of intimidations occurred in Kabul, Parwan and Samangan.” (FEFA, ohne Datum, S. 8)

Die in Pakistan ansässige afghanische Nachrichtenagentur Afghan Islamic Press (AIP) führt im August 2013 an, dass ein Taliban-Sprecher in einer an die Medien gesendeten Mitteilung angegeben habe, dass die Taliban in den vergangenen 24 Stunden Dutzende Angriffe in verschiedenen Provinzen, darunter Daikundi, verübt und dabei den afghanischen und ausländischen Truppen schwere Verluste zugefügt hätten. Wie der Artikel anführt, veröffentliche das Innenministerium täglich ähnliche Mitteilungen, die von den Taliban allerdings zurückgewiesen würden. Unabhängige Quellen seien noch nie in der Lage gewesen, die in diesen Mitteilungen enthaltenen Angaben zu bestätigen oder zu widerlegen:

The Taleban spokesman, Zabiollah Mojahed, said in a statement sent to media outlets through email that the Taleban have launched dozens of attacks and inflicted heavy casualties on Afghan and foreign forces in Nangarhar, Logar, Parwan, Kapisa, Ghazni, Zabol, Kandahar, Helmand, Urozgan, Herat, Ghowr, Konar, Laghman, Khost, Farah, Fariab, Paktika, Paktia, Nimroz, Daikundi, and Sar-e Pol provinces over the past 24 hours. The interior ministry releases similar statements on a daily basis and the Taleban reject them. But independent sources have never been able to confirm or reject these reports.” (AIP, 24. August 2013)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 23. September 2014)

·      AIP - Afghan Islamic Press: Afghan interior ministry claims 20 Taleban killed in various operations, 24. August 2013 (zitiert nach BBC Monitoring)

·      Berliner Zeitung: Kürbis und Courage, 8. Jänner 2014

http://www.berliner-zeitung.de/politik/afghanistan-kuerbis-und-courage,10808018,25830500.html

·      Daily Outlook Afghanistan: Rising Insecurity in Kajran District of Daikundi, 24. Oktober 2013

http://outlookafghanistan.net/editorialdetail.php?post_id=8536

·      Daily Outlook Afghanistan: Beheading in Daikundi, No Reaction from Government, 7. Juli 2014

http://outlookafghanistan.net/editorialdetail.php?post_id=10598

·      FEFA - Free and Fair Election Forum of Afghanistan: Verification of Political Rights: Focusing on Women Participants (Provincial Councils Candidates Nomination Process 2014), ohne Datum

http://www.fefa.org.af/images/Women-Outreach/PRV-Report-English.zip

·      KP - Khaama Press: 37 Taliban militants killed, 5 others injured in Afghan operations, 30. Jänner 2014

http://www.khaama.com/37-taliban-militants-killed-5-others-injured-in-afghan-opertions-3374

·      KP - Khaama Press: 94 Taliban militants killed in Afghan counter-terrorism operations, 6. April 2014

http://www.khaama.com/94-taliban-militants-killed-in-afghan-counter-terrorism-operations-2969

·      PAN - Pajhwok Afghan News: Interview with Candidates – Shafaq promises security, good governance, 25. Juli 2013

http://www.elections.pajhwok.com/en/interview/shafaq-promises-security-good-governance-0

·      PAN - Pajhwok Afghan News: Daikundi in control of armed groups backed by local MPs: Officials, residents, 24. Oktober 2013

http://www.elections.pajhwok.com/en/content/daikundi-control-armed-groups-backed-local-mps-officials-residents

·      UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan; Mid-Year Report 2014; Protection of Civilians in Armed Conflict, Juli 2014 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1404997194_unama-mid-year.pdf

·      UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Volrep and Border Monitoring; Monthly Update; June 2014, Juni 2014 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1406624820_53d5fc214.pdf

·      Zeit Online: Bei den Hazara von Daikundi, 5. Jänner 2014

http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-12/fs-daikundi-hazara-hochland-berge-afghanistan--2