Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights

Amtliche Bezeichnung: Republik Portugal
Staatsoberhaupt: Aníbal António Cavaco Silva
Regierungschef: Pedro Manuel Mamede Passos Coelho (löste im Juni José Sócrates Carvalho Pinto de Sousa im Amt ab)
Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
Einwohner: 10,7 Mio.
Lebenserwartung: 79,5 Jahre
Kindersterblichkeit: 3,7 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 94,9%

Verantwortliche für Folter und andere Misshandlungen wurden nur selten strafrechtlich verfolgt. Roma waren beim Zugang zu Wohnraum Diskriminierungen ausgesetzt. Familiäre Gewalt gab unvermindert Anlass zu ernster Sorge.

Folter und andere Misshandlungen

Im Februar 2011 wurde im Internet ein Video veröffentlicht, auf dem Gefängnisaufseher im September 2010 eine Elektroschockpistole gegen einen Insassen des Gefängnisses Paços de Ferreira einsetzen, offenbar um ihn zum Säubern seiner Zelle zu zwingen. Der Mann schien keinen Widerstand zu leisten. Im April erließ der Justizminister eine Anordnung, die die Verwendung von Elektroschockpistolen in vergleichbaren Umständen verbietet. Von der Gefängnisaufsichtsbehörde (Serviço de Auditoria e Inspecção da Direcção Geral dos Serviços Prisionais) eingeleitete Ermittlungen waren bis Ende des Berichtsjahrs noch nicht abgeschlossen.

Im März bestätigte das Berufungsgericht in Évora ein früheres Urteil, wonach Leonor Cipriano im Jahr 2004 in Polizeigewahrsam gefoltert worden war, die dafür Verantwortlichen jedoch nicht identifiziert werden konnten. Leonor Cipriano hatte die ihr zugesprochene Entschädigungszahlung bis Ende 2011 noch nicht erhalten. Gonçalo de Sousa Amaral und António Fernandes Nuno Cardoso, zwei leitende Beamte der Justizpolizei, waren zu 18 bzw. 27 Monaten Haft verurteilt worden, weil sie fälschlich behauptet hatten, Leonor Cipriano sei die Treppe hinuntergefallen. Beide Urteile wurden auf Bewährung ausgesetzt, da die Beamten nicht vorbestraft waren.

Im Verfahren gegen drei Polizeibeamte, denen vorgeworfen wurde, Virgolino Borges gefoltert zu haben, während er sich im März 2000 in Polizeigewahrsam befand, fanden im November und Dezember 2011 Anhörungen statt. Virgolino Borges wurde aufgefordert, seine Zeugenaussage erneut abzugeben, da die Aufzeichnungen aufgrund technischer Probleme verloren gegangen sein sollen.

Recht auf Wohnen

Roma wurde nach wie vor der Zugang zu angemessenem Wohnraum verweigert. Im November 2011 fällte der Europäische Ausschuss für Soziale Rechte eine Entscheidung im Verfahren Europäisches Zentrum für Roma-Rechte gegen Portugal, wonach die Wohnsituation von Roma in Portugal einen Verstoß gegen das Recht auf angemessenes Wohnen und Nichtdiskriminierung in dieser Hinsicht darstellte. Der Ausschuss stellte fest, dass viele Roma unter prekären Bedingungen und isoliert vom Rest der Bevölkerung wohnten und die Regierung ihnen keine angemessenen Wohnmöglichkeiten zur Verfügung stellte.

  • Die Räumung einer Siedlung in Bairro da Torre in Loures in der Nähe von Lissabon sollte am 18. Oktober stattfinden, doch die Stadtverwaltung von Loures ließ den Termin verstreichen. Die Siedlung beherbergte 86 Familien, darunter Roma und Migranten aus afrikanischen Staaten südlich der Sahara. Ein Räumungsbefehl war im März ergangen, doch bot man den Betroffenen keine alternativen Unterkünfte an. Es wurde ein Verfahren eingeleitet, das manchen Haushalten, darunter Personen mit Behinderungen, neuen Wohnraum gewähren sollte. Der Räumungsbefehl war Ende 2011 immer noch anhängig.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Familiäre Gewalt gab nach wie vor Anlass zu ernster Sorge. Im Mai 2011 unterzeichnete die Regierung das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Laut einem Bericht über familiäre Gewalt der zuständigen Verwaltungsbehörde (Direção Geral da Administração Interna) waren bis August des Berichtsjahrs 14508 Anzeigen wegen familiärer Gewalt bei Polizei und Gendarmerie eingegangen. Bis zum 11. November 2011 hatte die Frauenrechtsorganisation União de Mulheres Alternativa e Resposta (UMAR) seit Beginn des Berichtsjahrs 23 Todesfälle und 39 Mordversuche infolge von familiärer Gewalt registriert.

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