Dokument #1150978
Amnesty International (Autor)
Menschenrechtsverteidiger und politisch engagierte Bürger wurden Opfer von willkürlichen Festnahmen, Misshandlungen und Schikanen. Vage formulierte Bestimmungen in den Antiterrorgesetzen wurden benutzt, um politische Gegner zu inhaftieren und unter Anklage zu stellen. Es gab Berichte über Folter und den ungerechtfertigten Einsatz von tödlicher Gewalt. Der Ministerpräsident schien die Anwendung von Folter öffentlich zu rechtfertigen. Diskriminierende Gesetze in Bezug auf Frauenrechte blieben in Kraft. Über 41% der Frauen, die pränatale Kliniken aufsuchten, waren HIV-positiv. In ländlichen Gebieten war der Zugang zu Therapien gegen AIDS durch Armut sowie einen Mangel an Medikamenten und Ärzten erschwert.
Die Regierung klammerte 2010 nach wie vor Fragen der Regierungsführung von ihrem Dialog mit der Gewerkschaftsbewegung und der Zivilgesellschaft aus. Eine Delegation der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) besuchte im Oktober das Land, um Beschwerden über Einschränkungen des Rechts auf Vereinigungsfreiheit nachzugehen.
Die Wirtschaft Swasilands befand sich im Berichtszeitraum weiterhin in einer Phase der Rezession. Die Einkünfte aus der Zollunion des südlichen Afrika sanken um 62%, während zugleich Arbeitslosigkeit und Armut anstiegen. Die durchschnittliche Lebenserwartung nahm aufgrund der Doppelepidemie von HIV und Tuberkulose weiter ab.
Zivilgesellschaftlich engagierte Bürger und politisch aktive Personen berichteten von Misshandlungen, Hausdurchsuchungen sowie der Überwachung von Kommunikationskanälen und Zusammenkünften. Mehrere geplante Protestaktionen und Gewerkschaftsdemonstrationen wurden im Lauf des Jahres verhindert, jedoch konnte im November eine große, gewerkschaftlich angeführte Protestveranstaltung ohne Zwischenfälle stattfinden.
Am 8. September 2010 erklärte der Ministerpräsident auf einer Pressekonferenz, dass Folter als eine Form der Strafe gegen "sich einmischende Ausländer" und Oppositionelle zu betrachten sei. Aus seinem Büro kam später keine klare Zurücknahme seiner weithin bekanntgewordenen Äußerungen.
Die Behörden benutzten nach wie vor die weit gefassten Bestimmungen des Gesetzes zur Terrorbekämpfung (Suppression of Terrorism Act - STA), um politisch aktive Personen zu inhaftieren und unter Anklage zu stellen. Das STA wurde auch als Grundlage für Durchsuchungsbefehle und andere Maßnahmen zur Einschüchterung von Menschenrechtsverteidigern, Gewerkschaftern und Medienschaffenden herangezogen.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung war nach wie vor durch die geltenden Mediengesetze und die weit gefassten Bestimmungen des STA eingeschränkt. Darüber hinaus wurden Journalisten und Herausgeber von Regierungsbeamten bedroht und dadurch in ihrer Arbeit behindert.
Nach wie vor trafen Berichte über den Einsatz tödlicher Gewalt durch Polizeikräfte und andere mit der Durchsetzung des Rechts betraute Personen ein. Vorliegende Indizien deuteten in den bekanntgewordenen Fällen darauf hin, dass die Opfer keine anderen Leben gefährdet hatten, als sie erschossen wurden. Im Januar äußerte sich Reverend David Matse, der damalige Vorsitzende der Kommission für Menschenrechte und öffentliche Verwaltung, besorgt darüber, dass Polizei und Militär anscheinend eine "Strategie des gezielten Todesschusses" verfolgten und damit gegen das Recht auf Leben verstießen.
Die Fertigstellung von Gesetzentwürfen zur rechtlichen Gleichstellung von Frauen verzögerte sich weiterhin, obwohl Swasiland in seinem Bericht des Jahres 2010 über die Millenniums-Entwicklungsziele eingeräumt hatte, dass weitere Verzögerungen zur Verschärfung der Armut von Frauen führen würden. Im selben Bericht wurde bestätigt, dass die Fortdauer und das Ausmaß geschlechtsbedingter Gewalt ein "erhebliches Problem" darstellten. Im August verabschiedete die Regierung eine Vorlage zur staatlichen Gleichstellungspolitik.
Im Mai hob der Oberste Gerichtshof aus formalen Gründen eine Entscheidung der Vorinstanz auf, die einigen verheirateten Frauen das Recht auf Immobilienbesitz zugestanden hatte. Indes waren sich die Richter darin einig, dass die fragliche Klausel des Grundbuchgesetzes (Deeds Registry Act) von 1968, die den Frauen dieses Recht absprach, verfassungswidrig sei. Der Oberste Gerichtshof gab dem Parlament ein Jahr Zeit, um die Klausel abzuändern.
Im Oktober wurde eine Gesetzesvorlage über Sexualstraftaten und Gewalt in der Familie zu einer ausführlichen Debatte ins Parlament eingebracht, mehr als fünf Jahre, nachdem sie verfasst worden war. Das Gesetz war bis Ende 2010 noch nicht verabschiedet worden.
Nach wie vor wies Swasiland unter Erwachsenen zwischen 15 und 49 Jahren eine der höchsten HIV-Raten der Welt auf. Frauen blieben weiterhin in unverhältnismäßig hohem Maße von der Epidemie betroffen, die Mehrzahl der Neuinfektionen entfiel nach wie vor auf Frauen. Im November gab der Gesundheitsminister bekannt, dass es bei schwangeren Frauen, die pränatale Kliniken aufgesucht hatten, einen leichten Rückgang der HIV-Infektionen auf 41,1% gegeben habe. Regierungsvertreter erklärten im Oktober gegenüber den UN, dass Frauen 90% der gesamten Fürsorge für Menschen mit AIDS-bedingten Erkrankungen leisteten.
Etwas über 50% der Menschen, die einer antiretroviralen Therapie bedurften, erhielten 2010 eine Behandlung. Zugang zu und Einhaltung der Therapie waren nach wie vor durch einen Mangel an medizinischem Personal und Medikamenten behindert. Eine sozioökonomische Barriere stellten dabei öffentliche Verkehrsmittel dar, die für Patienten in ländlichen Gegenden unbezahlbar waren. Verbesserte Behandlungsergebnisse lieferte indes Berichten zufolge ein Projekt zur Kapazitätserweiterung von Kliniken in Shishelweni, der ärmsten Region des Landes. Das Projekt wird von der Organisation Ärzte ohne Grenzen und dem Gesundheitsministerium gemeinsam betrieben.
Im März 2010 entschied der Oberste Gerichtshof, dass das Recht auf kostenlose Grundschulbildung kein Grundrecht sei. Trotz einer Entscheidung der Vorinstanz, die eine solche Verpflichtung als Teil der Verfassung bekräftigt hatte, erklärte der Oberste Gerichtshof, dass das Problem eine Frage der Verfügbarkeit von Ressourcen sei, "nicht des pedantischen Bestehens auf der genau zutreffenden Auslegung von Absatz 29(6) der Verfassung von Swasiland". Der Einspruch war vom Staatlichen Verband ehemaliger Bergarbeiter Swasilands erhoben worden, nachdem ihr Antrag, den Gerichtsentscheid aus dem Jahr 2009 umzusetzen, im Januar 2010 abgelehnt worden war.
Obwohl die Verfassung von 2006 die Anwendung der Todesstrafe erlaubt, haben seit 1983 keine Hinrichtungen mehr stattgefunden. Im Jahr 2010 wurden auch keine neuen Todesurteile verhängt. Zwei Personen blieben allerdings vom Vollzug der Todesstrafe bedroht. Als Reaktion auf mehrere Gewaltverbrechen wurde in der Öffentlichkeit der Ruf nach Wiederaufnahme von Hinrichtungen laut.
Delegierte von Amnesty International besuchten Swasiland im März und im August.
Swaziland: Amnesty International urges the government to ensure an effective and impartial inquiry into the death in custody of Sipho Jele (AFR 55/001/2010)
Swaziland: Activists at risk in Swazi police crackdown (AFR 55/002/2010)
Swaziland: Security forces commit human rights violations against human rights defenders and demonstrators (AFR 55/004/2010)
Swaziland: Too late, too little: The failure of law reform for women in Swaziland (AFR 55/007/2010)
Swaziland: Arrests of human rights activists in Swaziland condemned, 6 September 2010
© Amnesty International
Amnesty International Report 2011 - The State of the World's Human Rights (Periodischer Bericht, Englisch)