Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.
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Amnesty International (AI) erwähnt in einem Artikel vom Oktober 2010, dass das Strafrecht einige vage formulierte Bestimmungen enthalte, die sich auf die „nationale Sicherheit“ beziehen und eine Reihe von Aktivitäten verbieten würden und die keinen erkennbaren strafbaren Handlungen gleichkommen würden. Die Artikel 498 und 499 würden ausführen, dass jeder, der im In- oder Ausland eine Gruppe oder eine Interessensgemeinschaft bilde oder einer solchen beitreten würde, die danach strebe, „die Sicherheit des Landes zu stören“, werde mit zwischen zwei und zehn Jahren Gefängnis bestraft. Die Artikel 500 und 610 seien ähnlich vage formuliert. Artikel 500 führe aus, dass „jeder, der sich an irgendeiner Form von Propaganda gegen den Staat beteiligt […] mit zwischen drei Monaten und einem Jahr Gefängnis bestraft wird“. Artikel 610 führe aus, dass zwei oder mehrere Personen, die zusammenwirken würden, um ein gewaltloses Verbrechen gegen die innere oder äußere Sicherheit des Staates zu begehen oder zu ermöglichen, mit zwischen zwei und fünf Jahren Gefängnis zu bestrafen sei. In der Praxis seien diese Bestimmungen dazu verwendet worden, JournalistInnen, Intellektuelle und gesellschaftliche BerichterstatterInnen, die nicht mehr getan hätten, als ihre tiefen Überzeugungen („conscientiously held beliefs“) in Schriftform oder öffentlichen Erklärungen zum Ausdruck zu bringen, zu inhaftieren, vor Gericht zu stellen und zu verurteilen:
“The Penal Code contains a number of vaguely worded articles relating ’national security’ which prohibit a range of activities, which do not amount to recognizably criminal offences. Articles 498 and 499 state that whoever forms or joins a group or association either inside or outside the country, which seeks to 'disturb the security of the country' will be sentenced to between two and 10 years' imprisonment. Articles 500 and 610 are similarly vaguely worded. Article 500 states that '...anyone who undertakes any form of propaganda against the state...will be sentenced to between three months and one year in prison.' Under Article 610, two or more persons who conspire to commit or facilitate a non-violent offence against internal or external security of the nation will be imprisoned for between two and five years. In practice these articles have been used to detain, try and convict journalists, intellectuals and social commentators who have done no more than express their conscientiously held beliefs in writing or in public statements.” (AI, 7. Oktober 2010, S. 2)
Freedom House (FH) berichtet im Mai 2009, dass die verfassungsrechtlichen Bestimmungen zur Meinungs- und Pressefreiheit im Iran weitgehende Ausnahmen zur Unvereinbarkeit mit den Lehren des Islam oder „öffentlichen Rechten“ enthielten und in der Praxis nicht eingehalten würden. Darüber hinaus würden zahlreiche Gesetze die Pressefreiheit beschränken, darunter das Pressegesetz aus dem Jahr 2000, das insbesondere die Veröffentlichung von Ideen, die im Gegensatz zu islamischen Prinzipien stünden oder Nachteile für öffentliche Rechte hätten, verboten seien. Die Regierung würde regelmäßig vage formulierte Gesetzesakte, die kritische Äußerungen kriminalisieren würden, erlassen. Artikel 500 des Strafgesetzes führe aus, dass „jeder, der sich an irgendeiner Form von Propaganda gegen den Staat beteilige, mit zwischen drei Monaten und einem Jahr Gefängnis bestraft“ würde, ohne den Begriff „Propaganda“ näher zu definieren. Artikel 513 sehe für Verbrechen, die als „Beleidigung gegen die Religion“ erachtet würden, die Todesstrafe bzw. Gefängnisstrafen zwischen einem und fünf Jahren für geringere Vergehen dieser Art vor, ohne den Begriff „Beleidigung“ zu definieren. Andere Bestimmungen würden Gefängnisstrafen bis zu zwei Jahren, bis zu 74 Hiebe oder eine Geldstrafe für jene Personen vorsehen, die vorsätzlich „Beunruhigung und Unbehagen des öffentlichen Gemüts“ auslösen, „unwahre Gerüchte“ verbreiten, über „Handlungen, die nicht der Wahrheit entsprechen“ schreiben oder staatliche Organe kritisieren würden. Die iranische Gerichtsbarkeit würde den angeklagten JournalistInnen häufig ein faires Verfahren verweigern, indem sie deren Fälle an das islamische Revolutionsgericht verweisen würde. Bei diesem handle es sich um einen behelfsmäßigen Gerichtsstand, der für Personen, die des Umsturzes der Regierung verdächtigte sind, zuständig sei. Das Präventivbeschränkungsgesetz („Preventive Restraint Act”) würde regelmäßig dazu verwendet, Veröffentlichungen vorübergehend und ohne gesetzliches Verfahren zu verbieten. Im Vorfeld zu den Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009 habe der Generalstaatsanwalt in Teheran im Dezember verkündet, dass eine Sonderbehörde, die mit der Überprüfung von Internet- und SMS-Verbrechen betraut sei, errichtet worden sei:
“Constitutional provisions for freedom of expression and the press, which include broad exceptions regarding infringements on the tenets of Islam or ‘public rights,’ are not upheld in practice. In addition, numerous laws restrict press freedom, including the 2000 Press Law, which specifically forbids the publication of ideas that are contrary to Islamic principles or detrimental to public rights. The government regularly invokes vaguely worded legislation to criminalize critical opinions. Article 500 of the penal code states that ‘anyone who undertakes any form of propaganda against the state…will be sentenced to between three months and one year in prison’; the code leaves ‘propaganda’ undefined. Under Article 513, offenses deemed to be an ‘insult to religion’ can be punished by death, or prison terms of one to five years for lesser offenses, with ‘insult’ similarly undefined. Other articles provide sentences of up to two years in prison, up to 74 lashes, or a fine for those convicted of intentionally creating ‘anxiety and unease in the public’s mind,’ spreading ‘false rumors,’ writing about ‘acts that are not true,’ and criticizing state officials. Iran’s judiciary frequently denies accused journalists due process by referring their cases to the Islamic Revolutionary Court, an emergency venue intended for those suspected of seeking to overthrow the regime. The Preventive Restraint Act is used regularly without legal proceedings to temporarily ban publications. In the run-up to the June 2009 presidential election, the Tehran prosecutor general announced in December that a special office would be created to review internet and SMS-related crimes.” (FH, 1. Mai 2009)
Auf der Webseite des World Policy Institutes wird in einem Artikel zur iranischen Verfassung vom Oktober 2010 erwähnt, dass zahlreiche verfassungsrechtliche Bestimmungen, darunter die „Meinungsfreiheit und Verbreitung der Gedanken“ im iranischen Radio und Fernsehen, in „Übereinstimmung mit den islamischen Kriterien“ oder nicht „zum Nachteil der Prinzipien des Islam“ sein dürften. Die Verfassung gewähre der Presse Meinungsfreiheit, „außer wenn sie zum Nachteil der grundlegenden Prinzipien des Islam“ sei und grenze weiter ab, dass „die Details dieser Ausnahme vom Gesetz konkreter ausgeführt würden“ (Art. 24):
“Moreover, numerous constitutional provisions are required to be ‘in conformity with Islamic criteria’ or not ‘detrimental to the principles of Islam’—human rights and equal protection of the law (Article 20); the formation of political and professional associations (Article 26); public gatherings, (Article 27); the right to choose an occupation (Article 28); the confiscation of property (Article 49); the definition of political offenses (Article 168); and ‘the freedom of expression and dissemination thoughts’ on Iranian radio and television (Article 175).
The constitution allows the press to have freedom of expression ‘except when it is detrimental to the fundamental principles of Islam’ and further delineates that ‘the details of this exception will be specified by law’ (Article 24).” (World Policy Institute, 12. Oktober 2010)
AI erwähnt in einem Bericht vom Juni 2010 zur Lage des Iran nach den Präsidentschaftswahlen im Juni 2009, dass neue Gesetze erlassen worden seien, die neue Gebiete der Gesellschaft durch repressive Maßnahmen beschränken würden. Darunter sei zum Beispiel das neue Gesetz zur „Cyber-Sicherheit“, das im Juli 2009 verabschiedet worden sei. Im Dezember 2009 habe das Ministerium für Kultur und islamische Führung verlautbart, dass es neue Richtlinien zur Überwachung von Webseiten vorbereiten würde, nachdem eine Novellierung des Pressegesetzes erlassen worden sei:
“In addition, new laws have been introduced bringing new areas of society under the thumb of these repressive measures, such as a new law on ‘cyber security’ passed in July 2009. In December 2009, the Ministry of Culture and Islamic Guidance said it was preparing guidelines to supervise websites, after an amendment to the Press Law had been passed.” (AI, 8. Juni 2010, S. 43)
Im Jahresbericht von Amnesty International (AI) 2010 zur weltweiten Lage der Menschenrechte vom Mai 2010 wird erwähnt, dass die Behörden Webseiten – insbesondere von iranischen Bloggern und zeitweise von ausländischen Medien, die über den Iran berichten würden und die Kritik geäußert hätten, gesperrt hätten. Im April hätten sie Personen, die SMS schrieben, gewarnt, dass die Nachrichten von einem neuen, im Jänner erlassenen „Internetverbrechensgesetz“ kontrolliert würden:
“The authorities blocked websites voicing criticism, notably those of Iranian bloggers, and periodically blocked those of foreign news media reporting on Iran. In April, they warned SMS users that messages were ‘controlled’ by a new ‘internet crimes’ law introduced in January.” (AI, 28. Mai 2010)
AI berichtet in einem weiteren Artikel vom April 2010, über das In-Kraft-treten des Cyber-Verbrechensgesetz im Juli 2009, von dem Menschenrechtsgruppen behaupten würden, dass es den Behörden helfen würde, Regierungskritiker ausfindig zu machen:
“The latest salvo in the battle came when the Cyber-Crimes Law came into effect in July 2009; human rights groups say it could help the authorities track down government critics.” (AI, 29. April 2010)
Das britische Foreign Commonwealth Office (FCO) erwähnt in seinem Jahresbericht vom März 2010, dass Beschränkungen der Printmedien, des Rundfunks und der Berichterstattung sowie willkürliche Verhaftungen sowie Schikanierungen von JournalistInnen und BloggerInnen im Jahr 2009 weiterhin angehalten hätten, und nach den Wahlen im Juni habe sich die Situation verschlechtert. Es habe Gesetzesvorschläge gegeben , die für die Errichtung von Blogs, die „Korruption, Prostitution und Apostasie“ fördern würden, die Todesstrafe vorsehen würden. Das Strafgesetz enthalte bereits einige vage formulierte Bestimmungen zur „nationalen Sicherheit“, die eine Reihe von Aktivitäten verbieten würden, darunter zahlreiche Bestimmungen, die mit Journalismus und öffentlichem Diskurs in Verbindung stehen würden:
“Restrictions on print media, broadcasting and reporting, and arbitrary arrests and harassment of journalists and bloggers continued apace in 2009, worsening significantly after the June elections. Legislation was proposed that would make the creation of blogs promoting ‘corruption, prostitution and apostasy’ punishable by death. The Penal Code already contains a number of vaguely worded articles relating to ‘national security’ which prohibit a range of activities, many connected with journalism or public discourse.” (FCO, März 2010, S. 117)
Im Folgenden finden sich einige umfangreiche Abhandlungen zu den Rechtsgrundlagen der Meinungsfreiheit:
In einer Vorlage des Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) zur Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung durch die Vereinten Nationen (VN) vom August 2009, wird die Lage der Umsetzung des Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Meinungsfreiheit) im Iran ausführlich in rechtlicher und praktischer Hinsicht dargelegt:
· OHCHR – Office of the High Commissioner for Human Rights: ARTICLE 19’s submission to the UN Universal Periodic Review of - Islamic Republic of Iran, 28. August 2009
Folgender ausführlicher Bericht des Iran Human Rights Documentation Center (IHRDC) vom Mai 2009 legt umfassend die iranische Rechtslage von Meinungs-, Presse und Redefreiheit mit Bezug auf das Internet dar:
· IHRDC - Iran Human Rights Documentation Center: Ctrl+Alt+Delete – Iran’s Response to the Internet, Mai 2009
Folgender Artikel auf der Webseite der Internet Business Law Services (IBLS) vom Dezember 2009 widmet sich ausführlich dem iranischen Internetrecht, der Möglichkeit der Veröffentlichung von Internet-Blogs sowie den Rechten von Bloggern, der Gesetzeslage bei Cyberverbrechen sowie den zuständigen Behörden und den Strafen, die bei Cyberverbrechen verhängt werden:
· IBLS – Internet Business Law Services: Internet Law – Iranian Internet Law, 16. Dezember 2009
Auch der folgende Bericht von Human Rights Watch (HRW) vom Jänner 2009 beschäftigt sich ausführlich auf den Seiten 29-32 mit den Rechtsgrundlagen der Meinungs-, Presse und Redefreiheit im Iran:
· HRW - Human Rights Watch: Iran: Freedom of Expression and Association in the Kurdish Regions, Jänner 2009, S. 29-32
Quellen:(Zugriff auf alle Quellen am 12. November 2010)
· AI – Amnesty International: Blogger unfairly tried, sentenced to 19 years, 7. Oktober 2010
· AI – Amnesty International: From protest to prison Iran one year after the election, 8. Juni 2010
· AI – Amnesty International: Iran: Journalists under siege, 29. April 2010
· AI – Amnesty International: Amnesty International Report 2010 - The State of the World's Human Rights, 28. Mai 2010 (veröffentlicht auf ecoi.net)
· FH - Freedom House: Map of Press Freedom 2009 – Iran, 1. Mai 2009
· FCO - Foreign Commonwealth Office: Annual Report on Human Rights, März 2010
IBLS – Internet Business Law Services: Internet Law – Iranian Internet Law, 16. Dezember 2009 (veröffentlicht auf i-policy)
· IHRDC - Iran Human Rights Documentation Center: Ctrl+Alt+Delete – Iran’s Response to the Internet, Mai 2009
· HRW - Human Rights Watch: Iran: Freedom of Expression and Association in the Kurdish Regions, Jänner 2009
· OHCHR – Office of the High Commissioner for Human Rights: ARTICLE 19’s submission to the UN Universal Periodic Review of - Islamic Republic of Iran, 28. August 2009
· World Policy Institute: A detailed analysis of Iran’s constitution, 12. Oktober 2010