a-5332 (ACC-SRB-5332)

Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:
Rückkehr einer von ihrem Ehemann verlassenen Frau mit Kleinkind
Bezüglich einer Rückkehr alleinstehender weiblicher Personen ohne Unterstützung in den Kosovo warnt die UN-Flüchtlingsorganisation (UNHCR) in ihrer Stellungnahme vom 9. August 2005 vor sozialer und wirtschaftlicher Isolation:
„Im Kosovo stellt weiterhin die Großfamilie die wichtigste soziale Institution dar. Sie gewährt Schutz und Unterstützung in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht. Generell wird von Frauen erwartet, dass sie entweder in die Familie ihres Mannes oder die Herkunftsfamilie zurückkehren. Sollte dies nicht möglich sein, etwa weil die Frau nicht verheiratet ist oder weil ihre Herkunftsfamilie sie verstoßen hat, dann besteht für se kaum ein anderer Zufluchtsort. Daher droht alleinstehenden Frauen im Falle der Rückkehr in das Kosovo ohne den Rückhalt durch den Familienverbund soziale und wirtschaftliche Isolation. Staatliche oder gesellschaftliche Institutionen, die dies auffangen könnten, gibt es im Kosovo praktisch nicht.
Weiterhin ist zu bedenken, dass Frauen im Kosovo traditionell nicht erwerbstätig waren. Auch heute noch sind die wenigen regulären Arbeitsplätze, einschließlich beispielsweise in der Gastronomie, fast ausschließlich von Männern besetzt. Im Übrigen hängt der Erfolg bei der Suche nach einem Arbeitsplatz in aller Regel von Beziehungen ab. Auf dem informellen Arbeitsmarkt (der gegenüber dem regulären Arbeitsmarkt praktisch von wesentlich größerer Bedeutung ist) herrscht das Gesetz des Stärkeren. Hierdurch sind Frauen, aber auch Rückkehrer ohne ein ausgeprägtes Beziehungsgeflecht ohnehin spürbar benachteiligt. Alleinstehende Frauen können sich auf dem informellen Arbeitsmarkt faktisch überhaupt nicht durchsetzen.“ (UNHCR, 9. August 2005)
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) geht in ihrem Bericht zur Bedeutung der Tradition im heutigen Kosovo vom November 2004 auch auf den Themenkomplex Frauen in der koso­varischen Gesellschaft ein, wobei explizit darauf verwiesen wird, dass alleinstehen­de/allein­erziehende Frauen keine Lebensbasis hätten:
„Aktuelle Situation alleinstehender Frauen
Nach Einschätzung der beiden befragten Frauenorganisationen sind die grössten Probleme der Frauen ökonomische Fragen und soziale Fragen. Die Wirtschaft hat noch nicht zu funktionieren begonnen. In Gjakove zum Beispiel liegt die Arbeitslosenquote bei 85 Prozent. Von den 15 Prozent, die Arbeit haben, sind fünf Prozent Frauen. 40 Prozent aller Arbeitsstellen konzentrieren sich in Prishtina.
Die psychosoziale Situation ist das zweite grosse Problem. Es gibt ein grosses Mass an Traumatisierung, von dem vor allem Frauen und Kinder betroffen sind. Sie haben die Ermordungen ihrer Männer oder Eltern miterlebt oder selbst Misshandlungen und Vergewaltigungen erfahren. Allein in Gjakove gibt es 1750 alleinstehende Frauen, Kriegswitwen, andere Witwen und sonst alleinstehende Frauen. Die Position dieser Frauen ist selbst dann schwierig, wenn sie mit ihrer Herkunftsfamilie oder der Schwiegerfamilie leben können, besonders im ruralen Bereich. Die Frauen können viele Entscheidungen nicht selbst treffen, sondern müssen andere Familienmitglieder um Zustimmung fragen, selbst wenn es sich bei diesen um männliche Kinder handelt.
Alleinstehende/alleinerziehende Frauen haben keine ausreichende Lebensbasis. Sie erhalten wenig Sozialhilfe (30 bis 60 Euro pro Monat pro Haushalt, je nach Zahl der Familienmitglieder). Die Arbeitslosigkeit ist im Zunehmen begriffen und ist für Frauen ohnehin höher als für Männer. Arbeitslosenunterstützung gibt es in Kosovo keine. Die Frauen sind oft nicht ausgebildet. Es fehlt an Wohnraum, die Eigentumsrechte liegen ohnehin bei den männlichen Angehörigen. Alimente der Väter sind wegen deren Arbeitslosigkeit nicht realisierbar, die Gerichte überlastet.
In der Nachkriegsperiode haben — mit der Präsenz internationaler Truppen und Organisationen — in Kosovo Frauenhandel und Prostitution zugenommen. Während anfangs vor allem junge Frauen aus Osteuropa der Prostitution zugeführt wurden, sind es inzwischen viele Mädchen und Frauen aus Kosovo, die vom Frauenhandel betroffen sind. Sie stammen zumeist aus ländlichen Regionen, sind oft zwischen elf und 18 Jahren alt, nicht oder schlecht ausgebildet. In einer kleinen und überschaubaren Region wie Kosovo bleibt das nicht verborgen. Frauen ohne familiäre Unterstützung sind besonders gefährdet, Opfer von Zwangsprostitution zu werden. Die Gewährung physischer und psychischer Sicherheit für diese Frauen, gesellschaftliche Rehabilitation, die Rückkehr in die Schule oder zu den Familien sind Aufgaben, für die es derzeit noch keine geeigneten Institutionen gibt.“ (SFH, 24. November 2004, S. 13-14)
Im Menschenrechtsbericht des US Department of State (USDOS) vom März 2006 finden sich folgende allgemeine Informationen zur Situation von Frauen im Kosovo:
„Women have the same legal rights as men, but traditionally not the same social status, which affected their treatment within the legal system. Despite a lack of legal impediments, relatively few women obtained upper-level management positions in commerce, the KPS, or government. While the number of women with jobs continued to increase, female unemployment remained high at around 70 percent, compared with 40 to 70 percent unemployment in the general population. Traditional social attitudes toward women resulted in discrimination. In some rural areas, women often had little ability to make decisions involving their children or to exercise control over property. While women and men have an equal legal right to inherit property, family property customarily passes only to men. Albanian widows, particularly in rural areas, risked losing custody of their children due to a custom calling for children and property to pass to the deceased father's family, while the widow returns to her birth family.  
In August the prime minister's office created an office for gender equality, which began coordinating gender outreach efforts with the UNMIK office of gender affairs. During the year the office for gender equality assumed responsibility over 26 ethnic Albanian and 4 ethnic Serb municipal gender officers previously under the office of good governance. In October the Assembly established a functional subcommittee on Human Rights, Gender Equality, Petitions and Public Claims.” (USDOS, 8. März 2006, Kosovo - Section 5)
Zur Situation albanischer Frauen und der Rückkehrperspektive für alleinstehende Frauen und Mütter beachten Sie bitte auch folgenden Bericht der SFH vom März 2001, der – obwohl nicht mehr auf dem neuesten Stand – einen guten Überblick über die Situation im Kosovo bietet:
SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe: Situation der albanischen Frauen – Rückkehrperspektive für alleinstehende Frauen und Mütter (Autor: Rahel Bösch), März 2001
http://www.asyl.net/Magazin/Docs/docs-19/M-1/0265kos.pdf
Hilfseinrichtungen und staatliche Unterstützung
Bezüglich staatlicher Unterstützungen für alleinstehende Frauen sowie vorhandener Hilfseinrichtungen finden sich folgende Informationen im Bericht von UNHCR vom August 2005:
„Das chronisch unterfinanzierte Sozialhilfesystem im Kosovo kann nur Grundleistungen erbringen, die für sich alleine zur Existenzsicherung nicht ausreichen. Der derzeitige Sozialhilfesatz beträgt für eine Person 32,5 Euro/Monat, für 2 Personen 45 Euro/Monat. Dies reicht nicht einmal für den Erwerb von Grundnahrungsmitteln.
Weitergehende finanzielle Hilfen werden auch alleinstehenden Frauen nicht gewährt.
Es muss davon ausgegangen werden, dass alleinstehende Frauen auch bei der Wohnungssuche benachteiligt sind. Vorübergehende Unterbringungsmöglichkeiten stehen allenfalls für Gewaltopfer, nicht jedoch generell für alleinstehende Frauen zur Verfügung. Diese Einrichtungen, wie beispielsweise das „Center for Protection of Women and Children“ (in Pristina und Prizren), die psychosozialen und rechtlichen Beistand für Opfer häuslicher Gewalt organisieren, sind jedoch hoffnungslos überlastet.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Organisationen und Initiativen, u.a. die von UNHCR unterstützte „Kosovo Women‘s Initiative“, die sich zum Ziel gesetzt haben, Frauen im Kosovo in praktischer Hinsicht und auf institutioneller Ebene zu unterstützen. Hierbei ist allerdings zu bedenken, dass zwar eine flächendeckende Unterstützung von Frauen angestrebt wird, das alleinige Vorhandensein dieser Initiativen und Projekte allerdings nicht zwangsläufig bedeutet, dass effektive Hilfe und Unterstützung überall und jederzeit verfügbar sind.“ (UNHCR, 9. August 2005)
In einem Gutachten zu Sorgerechtsregelung und Rückkehrperspektive für eine alleinerziehende Frau aus dem Kosovo vom August 2004 geht die SFH detailliert auf die wirtschaftlichen Probleme ein, die sich alleinstehenden Frauen im Kosovo stellen. Auch erwähnt das Gutachten die maximalen Sozialhilfesätze und nichtstaatliche Einrichtungen für Frauen:
„In der Frage wirtschaftlicher Unterstützung einer alleinstehenden Frau ohne verwandtschaftliches Beziehungsnetz hätten die staatlichen Institutionen einzuspringen, jedoch gibt es kein soziales staatliches Auffangnetz in Kosovo, das diesen Namen verdienen würde. Hilfe bei der Wohnungssuche kann sie nicht erwarten. Die UN Übergangsverwaltung betrachtet es nicht als ihre Aufgabe, Rückkehrerlnnen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Internationale Organisationen, die in diesem Punkt helfen könnten, gibt es nicht mehr. Wie wir bei mehreren Recherchen festgestellt haben, fühlen sich die örtlichen Behörden in aller Regel ausserstande, Unterbringungs­möglichkeiten für Personen zu finden, die nicht in ein intaktes Haus zurückkehren können. Nur über Private, d.h. über ein verwandtschaftliches Beziehungsnetz, wäre eine Unterbringung aussichtsreich.
Die Gewährung von Sozialhilfe wird äusserst restriktiv gehandhabt, ein grosser Teil der Bedürftigen erhält keine Sozialhilfe. Der Höhe nach liegen die maximalen Sätze zwischen 32, 50 Euro und 60 Euro pro Monat. Diese Sozialhilfesätze sind bei den heutigen Lebenshaltungskosten in Kosovo in keiner Weise existenzsichernd und werden nur einem Teil der tatsächlich bedürftigen Personen ausgezahlt. Die Bedingungen für die Gewährung von Sozialhilfe sind die folgenden: Keine Person im Haushalt, welche eine Arbeitsstelle hat oder arbeitsfähig ist. Ein Kind muss unter 5 Jahre alt sein. Weniger als 5000qm (0.5 Hektar) Arbeitsland stehen zur Verfügung. Kein Auto vorhanden.
Die allgemeine Arbeitslosigkeit wird auf 70 Prozent geschätzt. Erwerbslosigkeit in Kosovo nimmt nicht ab, sondern steigt. Sie hat innerhalb der letzten zwei Jahre zugenommen. 8 Zu den wenigen offenen Stellen haben eher Männer Zugang, sicher nicht alleinstehende weibliche Rückkehrerinnen, die sich um die kleine Kinder kümmern müssen. Frauen sind — ungeachtet aktueller Gleichstellungsbemühungen - aus kulturellen und sozialen Gründen bei der Arbeitssuche benachteiligt. […] Alleinstehende Frauen zählen auch aus diesem Grund zu den verletzlichsten Gruppen in Kosovo.
Es gibt nichtstaatliche Institutionen in Kosovo, die sich für die Interessen von Frauen wie der Gesuchstellerin einsetzen könnten, etwa das Zentrum für die Verteidigung von Frauen und Kindern, CPWC (Albanisch: Quendra pr Mbrojtjen e gruas dhe fmijs QMGF), das Büros in verschiedenen Städten Kosovos unterhält. Es gibt auch weitere Projekte mit ähnlicher Zielrichtung. Diese Organisationen engagieren sich in Gesundheitsfragen, humanitären Anliegen, und bieten psychologische, soziale und auch rechtliche Beratung an. Wir haben aufgrund von mehreren Recherchen Kenntnis von den Limiten der Arbeit dieser Nichtregierungsorganisationen. Die Grenzen liegen einerseits in spezifischen Schwerpunkt­setzungen der Programme (z.B. primärer Einsatz für Frauen, die Opfer bei Vergewaltigung oder anderer Kriminalität wurden), vor allem aber darin, dass solche Frauenorganisationen alleine zu schwach sind, traditionelle Strukturen oder Verhaltensweisen zu ändern oder zu bekämpfen.“ (SFH, 24. November 2004 , S. 5-7)
Sorgerecht
Zum Themenkomplex Sorgerecht beachten Sie bitte vor allem bereits erwähntes Gutachten der Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) „Sorgerechtsregelung und Rückkehrperspektive für eine alleinerziehende Frau aus Kosovo“ vom 15. August 2004, das unter anderem auf die Rolle des Kanun im Zusammenhang mit dem Sorgerecht für Kinder eingeht. Zum Sorgerecht nach jugoslawischem Recht und nach den Verordnungen der UN Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK) finden sich folgende Informationen:
„2 Sorgerechtsregelung nach dem jugoslawischen Recht und nach den UNMIK-Verordnungen
Nach dem ehemaligen jugoslawischen Recht, das im familienrechtlichen Bereich immer noch die Grundlage für die Praxis der staatlichen/quasistaatlichen Behörden bildet, entscheiden die Gerichte ähnlich wie in anderen europäischen Gesetzen über die Scheidung, das Sorgerecht für die Kinder (zugunsten eines der Elternteile oder einer dritten Person) und den Unterhalt. Entscheidend sollen die Interessen der Kinder sein. Der Elternteil, der das Sorgerecht nicht erhalten hat, darf den Kontakt zu den Kindern aufrechterhalten. Einverständliche Sorgerechts- und Unterhaltsregelungen sind von Vorteil, können sich die Eltern nicht einigen, entscheidet das Gericht.
Zum Sorgerecht gibt es keine abweichenden Bestimmungen in den Verordnungen der UN-Interimsverwaltung (UNMIK-Regulations), die teilweise das jugoslawische Recht in Kosovo ersetzen, soweit es internationalen Standards widerspricht. In einem Gesetz der Kosovarischen Nationalversammlung vom 19. Februar 2004 wird die Gleichstellung von Frau und Mann postuliert. Danach sind zum Beispiel Zwangsverbindungen und Verbindungen gegen den Willen von Personen ungültig und strafbar. Es muss nicht betont werden, dass die Verabschiedung eines derartigen Gesetzes eine wichtige symbolische Bedeutung hat, aber an den traditionellen Vorstellungen und Praktiken per se noch nichts ändert.
In erster Linie ist es aus der Rolle der Tradition und der schwachen Position der Frauen zu erklären, wenn sie ihre gesetzlichen Ansprüche nicht durchsetzen können. Hinzukommt, dass sich das kosovarische Justizsystem nach dem Krieg im Aufbau befindet und bisher ineffizient geblieben ist. Es gab nach den Jahren der serbischen Repression keine albanische JuristInnengeneration, auf der Gerichte und Staatsanwaltschaften hätten aufbauen können. Die heutige Gerichtsbarkeit in Kosovo besteht aus einem Obersten Gericht, fünf Bezirksgerichten und 24 Gemeindegerichten. Besonders die Gemeindegerichte sind nach einer Untersuchung der OSCE unter der Geschäftsbelastung praktisch zusammengebrochen, weil es zu wenige der zudem schlecht bezahlten RichterInnen gibt, weil Prozessparteien und Zeugen vor Gericht nicht erscheinen und weil die Urteilssprüche unter mangelhafter Qualität leiden. Am schlimmsten ist die Situation in urbanen Zentren wie Prishtina und Gjilan. Auch der desolate Zustand der Gerichtsbarkeit würde den Erfolg von Sorgerechtsansprüchen in Frage stellen, sollte eine Frau tatsächlich riskieren, solche einzuklagen.“ (SFH, 15. August 2004, S. 4-5)
Laut Gutachten der SFH vom September 2003 kann der Vater nach albanischer Tradition das Kind nach der Trennung beanspruchen:
„Anders als die gesetzlichen Bestimmungen sieht die albanische Tradition vor, dass der Kindsvater das Kind nach der Trennung herausverlangen kann. Scheidungen und die damit verbundenen Unterhaltspflichten und Sorgerechte für Kinder werden in Kosovo zwar auch vor den staatlichen Gerichten verhandelt […]. Wie weit sich die Betroffenen tatsächlich an die Gerichtsurteile halten, hängt jedoch davon ab, wie sehr sie mit der traditionellen Lebensweise verbunden sind. Entsprechend der Tradition übernimmt bei einer Trennung oder Scheidung der Kindsvater oder die Familie des Kindvaters (meistens der älteste Bruder) die Kinder, während die Frau zu ihren Blutsverwandten zurückkehrt. Sie hat durch die Trennung und das "Verlassen des ehelichen Haushalts" gezeigt, dass sie auf das Kind verzichtet (die Tradition geht davon aus, dass die Frau beim Mann lebt). Bestünde die Mutter auf ihrem gesetzlichen Anspruch auf das Sorgerecht, würde sie gegen gesellschaftliche Normen verstossen und ihre Familie entehren […].“ (SFH, 16. September 2003, S. 2)
Bitte beachten Sie auch folgende Passagen aus einem Artikel der SFH vom Jänner 2005:
„Mehr als fünf Jahre nach dem Krieg in Kosovo und der dadurch ausgelösten Flucht ist die Situation für alleinstehende Kosovo-Albanerinnen nach wie vor schwierig. Für die Beurteilung der Situation in Kosovo, mittlerweile müssen auch alleinstehende Kosovo-Albanerinnen aus der Schweiz in ihre «Heimat» zurückkehren, spielen die drei Faktoren Tradition, wirtschaftliche Situation und soziales Umfeld eine besonders wichtige Rolle.
Feste Rollenzuteilung
In der Tradition der albanischen Bevölkerung ist der Status der Frau niedriger als der des Mannes. So definiert sich die Verwandtschaft und damit zusammenhängende Rechte (Eigentum, Erbrecht) über die männliche Familienlinie. Auch die Kinder gehören zur Linie des Mannes. Die Frau gehört selbst nach der Eheschliessung verwandtschaftlich immer noch zu ihrer Herkunftsfamilie, wohin sie nach einer Trennung zurückkehrt. Die Männer entscheiden in Haushaltsangelegenheiten und sind für das Familienbudget verantwortlich. Vor allem in ländlichen Regionen sind Frauen oft Analphabeten und ohne Berufsausbildung. Insgesamt besteht also eine grosse Abhängigkeit der Frauen von ihren Männern.
Gesellschaftlich geächtet
Zwar erhalten Frauen in diesem patriarchalen System auch Solidarität und Unterstützung durch die eigene Familie, doch nur solange sie sich innerhalb der vorgesehenen Rolle bewegen und solange sie nicht getrennt und geschieden werden. Sind die Frauen auf sich gestellt, droht ein Leben im gesellschaftlichen Niemandsland. So erhalten sie nach einer Trennung in der Regel nicht das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder, weil diese traditionell zum Haushalt des Mannes gehören und weil der Vater der Frau keine «fremden» Kinder in seinem Haushalt duldet. Gerichte könnten der Frau das Sorgerecht zwar zusprechen, doch, so ein Interviewpartner: «…selbst dann wird die Familie mit allen Mitteln versuchen, dass die Kinder beim Vater bleiben. Es werden Vertreter der Familie des Mannes zur Familie der Frau gehen. Deren Vater denkt ja gleich und sie werden versuchen, das Kind mitzunehmen. Sie werden innerlich nie akzeptieren, dass das Kind bei der Mutter bleibt.» Würden Gerichte eingeschaltet, hätten diese auf das «Kindeswohl» abzustellen, das wegen der ökonomisch und sozial schwachen Stellung einer alleinerziehenden Frau gegen sie spricht. Auch Gerichte werden also der traditionellen Lösung den Vorzug geben. Grundeigentum und Erbschaft sind nach der Tradition Männerangelegenheiten, die Frau ist nicht erbberechtigt. Tatsächlich kommt es auch kaum vor, dass die Frauen ihren Erbteil verlangen oder dass sie gar versuchen, ihr Erbrecht gerichtlich durchzusetzen. Obschon sie in dieser Beziehung gesetzlich gleichgestellt wären.“ (SFH, Jänner 2005, S. 13)
Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines bestimmten Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Wir empfehlen, die verwendeten Materialien zur Gänze durchzusehen.
Quellen: