Amtliche Bezeichnung: Republik der Philippinen
Staats- und Regierungschef: Benigno S. Aquino III.
Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
Einwohner: 94,9 Mio.
Lebenserwartung: 68,7 Jahre
Kindersterblichkeit: 33,1 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 95,4%
 Für Benigno "Noynoy" Aquino III. begann im Juni 2011 das zweite Jahr  als Präsident. Es gingen weiterhin Berichte über Folter,  außergerichtliche Hinrichtungen und das Verschwindenlassen von Personen  ein. Hunderte von derartigen Fällen aus den vergangenen Jahren blieben  unaufgeklärt. Im September wurde zum ersten Mal ein Strafverfahren wegen  Folter eingeleitet.
 Das Recht von Frauen und Männern auf reproduktive Gesundheit unterlag  weiterhin schwerwiegenden Einschränkungen, dies betraf auch den Zugang  zu Empfängnisverhütung. Im August ratifizierten die Philippinen das  Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs.
 Interner bewaffneter Konflikt
 Im Februar 2011 nahm die Regierung Friedensgespräche mit den beiden  wichtigsten bewaffneten Oppositionsgruppen auf: der Islamischen  Befreiungsfront der Moro (Moro Islamic Liberation Front - MILF) und dem  bewaffneten Arm der Kommunistischen Partei der Philippinen, der Neuen  Volksarmee (New People's Army - NPA). Nachdem die Feindseligkeiten  zunächst zurückgingen, flammten sie später im Jahr wieder auf.
 - Im Oktober kam es auf der südphilippinischen Insel Basilan zu  bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und der MILF. Es  waren die schwersten Kämpfe seit dem gewaltsamen Konflikt auf der Insel  Mindanao 2008/09. Das gemeinsame Waffenstillstandskomitee wurde damit  beauftragt, die Behauptung des Militärs zu untersuchen, sechs der  insgesamt 19 bei den Kämpfen getöteten Regierungssoldaten seien gefangen  genommen und im Schnellverfahren hingerichtet worden. Bei einem  militärischen Vorstoß auf der Insel Basilan mit dem Ziel, Mitglieder der  bewaffneten Gruppe Abu Sayyaf zu ergreifen, führten Luftangriffe und  Bodenoperationen dazu, dass 30000 Zivilpersonen vertrieben wurden.  Berichten zufolge starb mindestens eine Zivilperson.
 - In der Provinz Surigao del Norte im Norden von Mindanao griffen  Angehörige der Neuen Volksarmee im Oktober private Bergbaubetriebe an  und töteten drei Wachmänner. Als Reaktion darauf führte Präsident  Benigno Aquino die von der Vorgängerregierung begonnene Politik fort,  die Sicherheit privater Bergbaubetriebe durch den Einsatz ziviler  Milizen zu erhöhen. Diese Milizen, deren Operationen ohne militärische  Disziplin und ohne Rechenschaftspflicht erfolgen, waren in Fälle von  Folter sowie in willkürliche Festnahmen und die Ermordung lokaler  indigener Sprecher verwickelt.
 
Rechtswidrige Tötungen
 Politisch aktive Bürger und Journalisten fielen nach wie vor  politischen Morden zum Opfer. Im November kündigten die USA an, sie  würden einen Teil der Militärhilfe einbehalten, bis die Philippinen  Fortschritte bei der Lösung des Problems der außergerichtlichen  Hinrichtungen erzielt hätten.
 - Rodel Estrellado, ein Mitglied der linksgerichteten Partei Bayan  Muna, wurde im Februar 2011 in der Provinz Albay in der Nähe seines  Hauses von Männern entführt, die behaupteten, Mitarbeiter der  philippinischen Drogenbehörde (Philippine Drug Enforcement Agency) zu  sein. Zwei Tage später fand seine Familie seine Leiche in einer  Leichenhalle. Sie war unter einem fiktiven Namen registriert. Einige  Stunden vor der Entführung hatte das Militär eine Mitteilung  herausgegeben, in der es hieß, eine Person namens Rodel Estrellado sei  bei bewaffneten Auseinandersetzungen getötet worden. Laut dieser  Nachricht hatte sich der Vorfall in einer anderen Provinz ereignet. Im  Mai bestätigte das Militär, dass neun Armeeangehörige, darunter zwei  Offiziere, wegen des Mordes angeklagt worden waren.
 - Im Januar 2011 wurden mindestens drei Journalisten getötet. Einer  von ihnen war der Radiomoderator Gerardo Ortega von der Insel Palawan,  der gegen Bergbauaktivitäten auf der Insel Stellung bezogen hatte. Die  Polizei nahm einen Verdächtigen fest und verfolgte die Spur der  Mordwaffe bis zu einem früheren Angestellten des Provinzgouverneurs Joel  Reyes zurück, den Ortega wegen Korruption kritisiert hatte. Im Juni  ließ das Justizministerium die Mordanklage gegen den Gouverneur fallen.
 - Die Gerichtsverfahren gegen die mutmaßlichen Verantwortlichen des  Massakers von Maguindanao im Jahr 2009 wurden 2011 fortgesetzt. Bei dem  Vorfall hatte eine bewaffnete Gruppe 57 Menschen getötet, die auf der  Insel Mindanao eine Wahlkampfveranstaltung besuchten. Die Polizei hatte  mindestens 93 Verdächtige festgenommen, darunter ehemalige lokale  Beamte, doch wurde bisher noch niemand verurteilt.
 
Verschwindenlassen
 Hunderte Fälle des Verschwindenlassens blieben unaufgeklärt. Im  August veröffentlichte die NGO Families of Victims of Involuntary  Disappearance, in der sich Angehörige von "Verschwundenen"  zusammengeschlossen haben, eine Statistik, der zufolge sich die Zahl der  Opfer seit dem Sturz von Ferdinand Marcos 1986 im Jahresdurchschnitt  kaum verändert hat. Während seiner 21-jährigen Herrschaft wurden 875  Fälle von Verschwindenlassen dokumentiert, in den 25 Jahren seit seinem  Sturz belief sich die Zahl auf 945.
 - Im Juli 2011 wies der Oberste Gerichtshof die Streitkräfte an, Jonas  Burgos, der sich für die Rechte von Kleinbauern eingesetzt hatte,  vorzuführen. Er war im Jahr 2007 aus einem Einkaufszentrum in Manila  entführt worden. Dabei wurde ein Auto benutzt, das kurz zuvor vom  Militär beschlagnahmt worden war. In ihrem Bericht an das Gericht  empfahl die Menschenrechtskommission, Strafanzeige gegen einen Major zu  stellen, der nach Angaben eines Augenzeugen in den Vorfall verwickelt  war. Im Juni erstattete die Mutter von Jonas Burgos Strafanzeige,  nachdem von offizieller Seite keine Anklage gegen den Major erhoben  worden war.
 - Im Juli verabschiedete der Senat ein bahnbrechendes Gesetz, mit dem  das Verschwindenlassen zur Straftat erklärt wurde. Ende des Jahres stand  noch die Zustimmung des Abgeordnetenhauses zu dem Gesetz aus, das  erstmals 1995 eingebracht worden war.
 
Folter und andere Misshandlungen
 Im Berichtsjahr wurden zum ersten Mal Angehörige der  Sicherheitskräfte auf der Grundlage des Antifoltergesetzes  strafrechtlich verfolgt. Es gab jedoch nach wie vor Berichte über Folter  und andere Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte. Die  strafrechtliche Verfolgung von Tatverdächtigen hing in hohem Maße von  persönlichen Zeugenaussagen ab, dazu zählten auch erzwungene  "Geständnisse".
 - Im September 2011 erhob die Staatsanwaltschaft erstmals Anklage  wegen einer Straftat auf der Grundlage des Antifoltergesetzes von 2009.  Das Justizministerium empfahl, einen höheren Polizeiinspektor und sechs  weitere Polizisten anzuklagen. Im August 2010 hatte eine  Nachrichtensendung im Fernsehen ein Video ausgestrahlt, das im selben  Jahr mit einem Handy aufgenommen worden war. Darauf war der wegen  Diebstahls verdächtigte Darius Evangelista zu sehen, der sich vor  Schmerzen wand, als der Polizeiinspektor ruckartig an einer Schnur zog,  die am Penis des Verdächtigen befestigt war.
 - Im August 2011 erfolgte die Festnahme von vier Angehörigen der  Rangertruppe der Armee im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Folterung  von Abdul Khan Ajid. Die vier wurden beschuldigt, ihn im Juli mit Benzin  übergossen und angezündet zu haben, um ihn zu dem Geständnis zu  bringen, er sei Mitglied der Gruppe Abu Sayyaf. Die vier Soldaten, unter  ihnen ein Offizier, wurden bis zur Anklageerhebung von ihrem Dienst in  der Provinz Basilan suspendiert.
 
Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen
 Friedliche Aktivisten sahen sich weiterhin mit dem Risiko  konfrontiert, vom Militär schikaniert, festgenommen und inhaftiert zu  werden, wenn sie sich in der Nähe militärischer Einsatzgebiete  aufhielten.
 - Im Februar 2011 nahmen Angehörige des Militärs den Journalisten  Ericson Acosta in der Provinz Samar fest. Während seines Verhörs in  einem Militärlager wurde ihm der Tod angedroht für den Fall, dass er  nicht zugeben würde, ein Funktionär der (nicht mehr verbotenen)  Kommunistischen Partei der Philippinen zu sein. Die Militärs erstatteten  danach Strafanzeige gegen Acosta wegen illegalen Besitzes von  Sprengstoff - ein Delikt, bei dem eine Entlassung gegen Kaution nicht  möglich ist. Obwohl das Gesetz zur Beschleunigung von Gerichtsverfahren  einen maximalen Zeitraum von 180 Tagen zwischen Anklageerhebung und  Verfahrensbeginn vorschreibt, war Acosta Ende des Jahres bereits zehn  Monate im Gefängnis, ohne dass der Prozess begonnen hatte.
 
Sexuelle und reproduktive Rechte
 Die Regierungspolitik zur Geburtenkontrolle diskriminierte Frauen und  verletzte ihr Recht darauf, den höchstmöglichen Gesundheitsstandard zu  genießen, da der Zugang zu Verhütungsmitteln und zu Informationen über  Familienplanung Einschränkungen unterlag. Ein Schwangerschaftsabbruch  war weiterhin in jedem Fall strafbar, es sei denn, ein Ärztegremium  bescheinigte, dass das Leben der Frau durch die Schwangerschaft bedroht  war. Im Kongress wurde die Debatte über das Gesetz zur reproduktiven  Gesundheit (Reproductive Health Bill) fortgesetzt, das die derzeit  gültigen Verbote und Hindernisse beseitigen soll, die den Zugang zu  Dienstleistungen und Informationen rund um die reproduktive Gesundheit  erschweren.
 - Im Januar 2011 erließ eine lokale Behörde in Manila eine Verordnung,  die Sexualerziehung, Kondome, die Pille und andere Mittel zur  Empfängnisverhütung verbot. Für den Kauf von Kondomen war ein ärztliches  Rezept erforderlich. Werbemaßnahmen für Methoden zur Geburtenkontrolle  wurden mit Strafen geahndet.
 - Im März räumte Präsident Aquino in einer Rede die hohe Zahl  unsicherer illegaler Abtreibungen auf den Philippinen ein, indem er  sagte, es gebe jedes Jahr 300000 "eingeleitete Fehlgeburten".
 - Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender waren weiterhin Gewalt  und Diskriminierung ausgesetzt. Nach Angaben der Menschenrechtsgruppe  Philippine LGBT Hate Crime Watch wurden 2011 in der ersten Jahreshälfte  28 Hassverbrechen mit Todesfolge verübt. Ein im Jahr 1999 eingebrachter  Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes wurde weiterhin im Kongress  blockiert.
 
Amnesty International: Missionen und Berichte
 Delegationen von Amnesty International besuchten die Philippinen in den Monaten April, November und Dezember.