Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Guinea

Amtliche Bezeichnung: Republik Guinea
Staatsoberhaupt: Alpha Condé
Regierungschef: Mohamed Sad Fofana

Die für 2012 anberaumten Parlamentswahlen wurden auf 2013 verschoben. Die Sicherheitskräfte waren für Menschenrechtsverletzungen wie exzessive Gewaltanwendung, außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und andere Misshandlungen verantwortlich. Die Rechte auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung waren auch im Berichtsjahr stark eingeschränkt. Eine unabhängige Journalistin war Einschüchterungsversuchen und Schlägen ausgesetzt.

Hintergrund

Bei Jahresende hatte der Nationale Übergangsrat, der im Rahmen der im Januar 2010 getroffenen Vereinbarungen von Ouagadougou geschaffen worden war, die Macht nach wie vor nicht an eine gewählte Nationalversammlung abgegeben. Im April verschob Staatspräsident Alpha Condé die für Juli angesetzten Parlamentswahlen. Als Grund gab er an, es müsse sichergestellt sein, dass die Wahlen transparent und demokratisch verliefen. Die Opposition zweifelte die Neutralität und Transparenz der Unabhängigen Wahlkommission an. Die Kommission wurde im Oktober umgebildet. Die Wahlen sollen nun im Juli 2013 stattfinden.

Gerichtsverfahren - Angriff auf den Präsidentenpalast

Im Februar 2012 begann der Prozess gegen 48 Angeklagte, denen man den Angriff auf den Amtssitz von Präsident Condé im Juli 2011 zur Last legte. 17 Angeklagte wurden im März von allen Vorwürfen freigesprochen und auf freien Fuß gesetzt. Im Juli legte der Staatsanwalt gegen die Entscheidung des zuständigen Gerichts in Conakry beim Obersten Gerichtshof Berufung ein. Im November revidierte das Berufungsgericht von Conakry die Entscheidung, die Vorwürfe gegen 15 Angeklagte fallen zu lassen, und verwies die Verfahren an ein Militärgericht sowie an ein Schwurgericht. Einige Häftlinge wurden bei ihrer Festnahme gefoltert oder auf andere Weise misshandelt.

Exzessive Gewaltanwendung und außergerichtliche Hinrichtungen

Im gesamten Berichtsjahr unterdrückten Sicherheitsorgane Demonstrationen, die von der Opposition, einschließlich der Union der demokratischen Kräfte in Guinea (Union des Forces Démocratiques de Guinée - UFDG) organisiert wurden. Dabei kamen mindestens acht Menschen zu Tode.

Im Mai 2012 fanden in der Hauptstadt Conakry weitere von der UFDG organisierte Proteste statt, bei denen freie und transparente Parlamentswahlen gefordert wurden. Mehrere Personen wurden verletzt, darunter ein Mann, dem Berichten zufolge von den Sicherheitskräften in den Rücken geschossen wurde.

Anfang August wurde die Baustelle eines brasilianischen Bergbauunternehmens verwüstet. Zu den Ausschreitungen kam es nach einem Streik von Arbeitern, die in der Umgebung - u.a. in der Ortschaft Zogota - wohnten. Noch am gleichen Tag marschierten Sicherheitskräfte in Zogota ein und erschossen dort mindestens fünf Menschen. Weitere Personen wurden festgenommen, geschlagen und gefoltert. Der Ort liegt 900 km von Conakry entfernt.

Im September eröffneten die Sicherheitskräfte das Feuer, nachdem es in Koloma, einem Stadtteil von Conakry, zu Unruhen gekommen war. Bei diesem Vorgehen handelte es sich um einen unverhältnismäßigen Akt der Vergeltung. Mamadou Alpha Barry wurde erschossen, und mehr als 40 Menschen wurden verletzt.

Folter und andere Misshandlungen

Auch 2012 wurden den Sicherheitskräften Folter und andere Misshandlungen zur Last gelegt.

  • Im Februar wurden drei Männer wegen
des Verdachts auf einen bewaffneten Raubüberfall festgenommen und auf der Polizeiwache von Bambeto, einem Vorort von Conakry, gefoltert. Einer der Männer wurde mit Stromstößen gequält, ein anderer vier Stunden lang geschlagen, wobei seine Hände auf
dem Rücken gefesselt waren. Diese Methode wird als "chinoise" ("chinesisch") bezeichnet.

Als er sich weigerte ein Geständnis abzulegen, rissen seine Peiniger ihm vor den Augen seiner Familie die Kleidung vom Leib, traten ihn und schlugen mit Gewehrkolben auf ihn ein. Beide Männer wurden an die mobile Einheit Escadron Mobile No. 2 in Hamdallaye überstellt. Dort fügte man ihnen mit Zigaretten Verbrennungen zu und hielt sie in einer Stellung, die als "brochette" ("Fleischspieß") bezeichnet wird. Bei dieser Foltermethode werden die Opfer mit einem Stück Holz zwischen Knien und Ellbogen in einer Hockposition
aufgehängt. Der dritte Festgenommene galt eine Woche lang als vermisst, bevor sein
Leichnam im Leichenschauhaus des Donka-Krankenhauses in Conakry gefunden wurde.
Er soll an den Folgen der Folter gestorben sein.

Recht auf freie Meinungsäußerung - Journalisten

Die Einschränkung der Rechte auf freie Meinungsäußerung und auf Pressefreiheit sowie die Übergriffe gegen bestimmte Journalisten gaben auch 2012 Anlass zur Sorge.

  • Im Februar wurde die Journalistin Kounkou Mara, die für das private guineische Presseunternehmen Le Lynx - La Lance arbeitet, von Gendarmen geschlagen. Der Vorfall ereignete sich, als sie auf dem Weg zu einer von der guineischen Zentralbank organisierten Veranstaltung war. Sie befand sich für kurze Zeit in einem Krankenhaus. Aus Angst vor Repressalien reichte die Leitung des Unternehmens keine Klage ein. Bis Jahresende wurde keiner der verantwortlichen Gendarmen zur Rechenschaft gezogen.

Im August schlossen die Behörden in der Region N'Zerekore (Südwest-Guinea) den privaten Radiosender Liberté FM. Dem Vernehmen nach sollte damit unterbunden werden, dass der Sender über Proteste, die am nächsten Tag stattfinden sollten, berichten konnte.

Straflosigkeit

Bei den im Februar 2010 aufgenommenen Ermittlungen wegen des Massakers, das am 28. September 2009 im Stadion von Conakry verübt worden war, gab es gewisse Fortschritte.

Im Februar und im September wurden in Conakry mehrere Personen, unter ihnen auch Regierungsbeamte, wegen Menschenrechtsverletzungen und wegen ihrer mutmaßlichen Rolle bei dem Massaker angeklagt. Unter den Angeklagten befanden sich auch Oberst Moussa Tiegboro Camara, der noch immer ein Regierungsamt bekleidete, sowie Oberst Abdoulaye Chérif Diaby, der 2009 Gesundheitsminister gewesen war.

In den Monaten April und Mai 2012 reichten vier Menschen vor einem Gericht in Conakry zwei Klagen wegen Folter ein. Die Vorwürfe bezogen sich auf zwei Vorfälle aus den Jahren 2011 und 2012. Beide Male hatten Gendarmen während der Untersuchung von Raubüberfällen Folter eingesetzt, um "Geständnisse" zu erpressen. Die sieben in die Sache verwickelten Gendarmen waren Ende 2012 noch nicht vor Gericht gestellt worden. Ein Folteropfer erlag den erlittenen Verletzungen, ein weiteres Opfer wurde schwer verletzt.

Todesstrafe

Mindestens zwei Personen wurden 2012 in
 Guinea zum Tode verurteilt.

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