Dokument #1038950
Amnesty International (Autor)
Amtliche Bezeichnung: Königreich Bahrain
Staatsoberhaupt:
König Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Regierungschef:
Scheich Khalifa bin Salman Al Khalifa
Die Behörden gingen weiterhin mit großer Härte gegen Protestaktionen und Kritik an der Regierung vor. Auf der Grundlage von Empfehlungen, die eine Kommission im Rahmen einer 2011 durchgeführten größeren Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen abgegeben hatte, leitete die Regierung 2012 einige Reformen ein. Sie unterließ es jedoch, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, und kam damit der wichtigsten Empfehlung der Kommission nicht nach. Zahlreiche Personen saßen noch immer im Gefängnis oder wurden inhaftiert, weil sie Kritik an der Regierung geübt hatten. Darunter befanden sich viele gewaltlose politische Gefangene sowie Menschen, die nach unfairen Gerichtsverfahren verurteilt worden waren. Menschenrechtsverteidiger und andere Aktivisten wurden schikaniert und inhaftiert. Die Sicherheitskräfte gingen nach wie vor mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Protestierende vor - zum Teil mit Todesfolge.
Häftlinge wurden Berichten zufolge von der Polizei gefoltert und anderweitig misshandelt. Nur gegen einige wenige Angehörige der Sicherheitskräfte erging aufgrund der im Jahr 2011 begangenen Menschenrechtsverletzungen Anklage. Nach wie vor herrschte ein Klima der Straflosigkeit. Ein Todesurteil wurde verhängt, es gab jedoch keine Hinrichtungen.
2012 kam es zu weiteren Protesten gegen die Regierung. Die Demonstrierenden waren überwiegend Schiiten. Sie stellen die Mehrheit der Bevölkerung und fühlen sich von der herrschenden sunnitischen Minderheit politisch diskriminiert. Es gab Berichte über Protestierende, die Molotow-Cocktails warfen und Straßen blockierten. Die Sicherheitskräfte gingen bei der Auflösung einiger Protestaktionen mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen die Demonstrierenden vor. Der politische Dialog zwischen der Regierung und der Opposition machte kaum Fortschritte.
Im November berichtete die Regierung, dass "zwei Asiaten" bei Bombenexplosionen in der Hauptstadt Manama ums Leben gekommen seien. Ein dritter sei verletzt worden. Einige Tage später entzogen die Behörden 31 Personen die bahrainische Staatsbürgerschaft, weil sie angeblich die Staatssicherheit gefährdet hatten.
Die Regierung setzte eine Reihe von Reformen in Kraft, die von der Unabhängigen Untersuchungskommission Bahrains (Bahrain Independent Commission of Inquiry - BICI) 2011 empfohlen worden waren. Entlassungen von Beschäftigten wurden zurückgenommen und ein Prozess zur Reformierung der Polizei in Gang gebracht. Im Oktober 2012 änderte die Regierung einige Artikel des Strafgesetzbuchs und nahm eine neue Definition von Folter darin auf. Viele der wichtigsten Empfehlungen der Kommission blieben jedoch unberücksichtigt. Der König von Bahrain hatte die BICI im Jahr 2011 eingesetzt. Die Kommission sollte Menschenrechtsverletzungen untersuchen, die von Regierungskräften bei der Niederschlagung der Massenproteste in den ersten Monaten des Jahres 2011 begangen worden waren. Vor allem versäumte es die Regierung, alle gewaltlosen politischen Gefangenen aus der Haft zu entlassen, Foltervorwürfen von Gefangenen mittels unabhängiger Untersuchungen nachzugehen sowie all jene zur Verantwortung zu ziehen, die sich Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht hatten. Trotzdem akzeptierte die Regierung über 140 der im Rahmen der Universellen Regelmäßigen Überprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat unterbreiteten Empfehlungen, darunter auch die Verpflichtung, die Empfehlungen der BICI umzusetzen. Andere Empfehlungen, wie beispielsweise die Abschaffung der Todesstrafe, wurden allerdings zurückgewiesen.
Im März 2012 verschärfte die Regierung die Visa-Bestimmungen für ausländische NGOs und verbot im Oktober alle öffentlichen Kundgebungen und Zusammenkünfte. Dieses Verbot wurde im Dezember wieder aufgehoben. Im November hob das Ministerium für soziale Entwicklung das Ergebnis der Vorstandswahl der Anwaltskammer von Bahrain auf und setzte erneut den vorherigen Vorstand ein.
Die geringe Zahl von Anklagen gegen Angehörige der Polizei und der Sicherheitskräfte verglichen mit dem Ausmaß und der Schwere der im Jahr 2011 begangenen Menschenrechtsverletzungen unterstrich das anhaltende Klima der Straflosigkeit. Die Behörden ordneten keine unabhängigen Untersuchungen von Foltervorwürfen an. Nur einigen wenigen Sicherheitskräften niedrigerer Dienstgrade und zwei hochrangigen Beamten wurde der Prozess gemacht. Ihnen wurde zur Last gelegt, 2011 Protestierende getötet oder gefoltert sowie Gefangene während ihrer Haft auf andere Weise misshandelt zu haben. Drei Angeklagte wurden schuldig gesprochen und zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, mindestens einer von ihnen blieb aber für die Dauer seines Berufungsverfahrens auf freiem Fuß. Drei weitere Angeklagte wurden freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft legte Rechtsmittel gegen das Urteil ein.
Die Sicherheitskräfte gingen weiterhin mit exzessiver Gewalt gegen Protestierende vor. Sie setzten Gummigeschosse und Tränengas ein, manchmal sogar in geschlossenen Räumen. Berichten zufolge starben vier Menschen - darunter zwei Kinder -, nachdem sie mit scharfer Munition beschossen oder von Tränengasgranaten getroffen worden waren. Mindestens 20 weitere Menschen verloren dem Vernehmen nach durch Tränengas ihr Leben. Im September teilten die Behörden mit, dass insgesamt 1500 Angehörige der Sicherheitskräfte seit Jahresanfang bei den Protesten verletzt worden seien. Zwei Polizeibeamte kamen in der zweiten Jahreshälfte ums Leben.
Die Regierung leitete Schritte zur Verbesserung des Verhaltens von Polizeibeamten ein. So traten neue Bestimmungen in Kraft, die u.a. einen Verhaltenskodex und Schulungen zum Thema Menschenrechte beinhalteten. Trotzdem nahm die Polizei auch weiterhin Personen ohne Haftbefehle fest und inhaftierte sie tage- oder wochenlang ohne Kontakt zur Außenwelt oder Zugang zu einem Rechtsbeistand. Gefangene sollen zudem gefoltert und auf andere Weise misshandelt worden sein, u.a. mit Schlägen, Tritten, Beschimpfungen und der Androhung von Vergewaltigung.
Zahlreiche Kinder im Alter von 15 bis 18 Jahren, die während oder nach Protestaktionen festgenommen worden waren, wurden in Gefängnissen oder Haftanstalten für Erwachsene festgehalten. Gegen viele von ihnen erging Anklage wegen "illegaler Versammlung" oder Randalierens. In den ersten Stunden nach ihrer Festnahme wurden einige der Kinder geschlagen und dem Vernehmen nach gezwungen, "Geständnisse" zu unterschreiben. Der Zugang zu ihren Familien oder Rechtsbeiständen blieb ihnen versagt. Einige der Kinder erhielten Freiheitsstrafen.
Menschenrechtsverteidiger und andere Aktivisten wurden schikaniert, festgenommen, von den Behörden verurteilt und in den staatlichen Medien verunglimpft.
Im August 2012 forderten mehrere UN-Sonderberichterstatter gemeinsam die Regierung Bahrains auf, die Schikanen gegen Menschenrechtsverteidiger zu beenden.
Gewaltlose politische Gefangene, darunter auch diejenigen, die im Zusammenhang mit den Massenkundgebungen im Jahr 2011 verurteilt worden waren, saßen 2012 noch immer in Haft. Sie waren offenbar wegen ihrer regierungskritischen Ansichten ins Visier der Behörden geraten.
Außerdem wurden ihnen weitere Vergehen zur Last gelegt. Die Angeklagten hatten alle Anschuldigungen zurückgewiesen. Die Anwendung oder Befürwortung von Gewalt konnte ihnen nicht nachgewiesen werden.
Am 30. Oktober 2012 verhängte der Innenminister ein Verbot für alle Kundgebungen und Zusammenkünfte mit der Begründung, derartige Veranstaltungen würden den Menschen Gelegenheit zu Kritik an der Regierung geben und zu Ausschreitungen, Gewalt und Zerstörung von Eigentum führen. Der Minister sagte weiter, das Verbot bleibe so lange in Kraft, bis die "Sicherheit wiederhergestellt" sei. Er kündigte an, dass jeder Verstoß gegen das Verbot strafrechtlich verfolgt würde. Im Dezember wurde das Verbot wieder aufgehoben. Der Innenminister kündigte eine Vorlage zur Änderung des Gesetzes zu öffentlichen Versammlungen, Prozessionen und Zusammenkünften an. Dieses Gesetz schränkt das Recht auf Versammlungsfreiheit ein.
Im März 2012 erging Berichten zufolge ein Todesurteil, das vom Appellationsgericht im November bestätigt wurde. Es gab keine Hinrichtungen. Zwei Todesurteile, die 2011 von einem Militärgericht verhängt worden waren, wurden vom Kassationsgericht aufgehoben. Ein Zivilgericht rollte das Verfahren gegen die beiden Angeklagten neu auf.
Amnesty International sagte einen für März geplanten Besuch in Bahrain ab, da die Regierung neue verschärfte Visa-Bedingungen für internationale NGOs erlassen hatte. Im August und September reisten Prozessbeobachter im Auftrag von Amnesty International nach Bahrain.
© Amnesty International
Amnesty International Report 2013 - The State of the World's Human Rights - Bahrain (Periodischer Bericht, Englisch)