Dokument #1019886
AI – Amnesty International (Autor)
Amtliche Bezeichnung: Argentinische Republik
Staats- und Regierungschefin: Cristina Fernández de Kirchner
Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft
Einwohner: 40,7 Mio.
Lebenserwartung: 75,7 Jahre
Kindersterblichkeit (m/w): 17/14 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 97,7%
Frauen und Mädchen, die infolge einer Vergewaltigung schwanger wurden, hatten weiterhin große Schwierigkeiten, legale Schwangerschaftsabbrüche vornehmen zu lassen. Die exzessive Gewaltanwendung durch die Polizei und inhumane Haftbedingungen in den Gefängnissen boten nach wie vor Anlass zu ernsthafter Besorgnis. Die Prozesse gegen diejenigen, die für Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur verantwortlich waren, wurden fortgesetzt.
Im Juni 2010 führte Argentinien als erstes lateinamerikanisches Land die gleichgeschlechtliche Ehe ein. Im Juli erließ Staatspräsidentin Cristina Fernández eine Verfügung zur Umsetzung des Gesetzes zur Vorbeugung und Bestrafung von Gewalt gegen Frauen, das im Jahr 2009 verabschiedet worden war. Im Dezember wurde nach einem Prozess nationaler Konsultation ein Nationaler Menschenrechtsplan veröffentlicht.
Der UN-Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) und der UN-Menschenrechtsausschuss riefen Argentinien zu einer Reform des Gesetzes auf, das Schwangerschaftsabbrüche in einigen Fällen kriminalisiert. So führten Fehlinterpretationen des Strafgesetzbuchs dazu, dass Opfer von Vergewaltigungen, die schwanger geworden waren, große Schwierigkeiten hatten, einen legalen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. Der Status des lange erwarteten Leitfadens zum Umgang mit nicht strafbaren Fällen von Schwangerschaftsabbruch blieb unklar. Es gab Befürchtungen, dass es auch weiterhin keine klaren institutionellen Richtlinien für Schwangerschaftsabbrüche geben könnte.
Der UN-Menschenrechtsausschuss, der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes und die Interamerikanische Menschenrechtskommission zeigten sich zutiefst besorgt angesichts von Berichten über Folter und andere Misshandlungern in Gefängnissen und auf Polizeirevieren, insbesondere in den Provinzen Buenos Aires und Mendoza. Im Januar richtete das Parlament der Provinz Chaco ein Organ zur Verhinderung von Folter auf Provinzebene ein. Ein vergleichbarer Mechanismus auf nationaler Ebene, wie ihn das Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen gegen Folter fordert, war bis Ende des Jahres 2010 noch nicht auf den Weg gebracht worden.
Es gab 2010 Berichte über exzessiven Gewalteinsatz durch die Sicherheitskräfte, der zu Toten und Verletzten führte. Bei zwei Vorfällen im Juni und im Oktober erschossen Polizeibeamte in der Provinz Río Negro zwei männliche Jugendliche.
Nach offiziellen Angaben waren bis zum Jahresende 110 Personen wegen ihrer Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur (1976-83) verurteilt worden. 820 weitere waren strafrechtlich angeklagt, 13 Strafprozesse dauerten an. Zwar wurden die Verantwortlichen für in der Vergangenheit begangene Menschenrechtsverletzungen verstärkt zur Rechenschaft gezogen, ein Bericht des Obersten Gerichtshofs räumte allerdings ein, dass es insbesondere bei Provinzgerichten zu Verzögerungen komme.
Es gab weiterhin Grund zur Besorgnis, weil ein im Jahr 2006 erlassenes nationales Notstandsgesetz nicht umgesetzt wurde. Es sieht vor, Räumungsbefehle und die Vertreibung indigener Gemeinschaften von ihrem angestammten Land so lange auszusetzen, bis eine entsprechende landesweite Registrierung der Gebiete vorgenommen wurde.
Ein Anfang 2010 veröffentlichter Bericht einer NGO stellte fest, dass es in der Region Chaco im Norden Argentiniens 120 Konflikte gab, die im Zusammenhang mit Landbesitz und Umweltproblemen standen. Von diesen Konflikten waren mehr als 500000 Menschen betroffen, insbesondere Kleinbauern und Angehörige indigener Gruppen.
Es mehrten sich die Anzeichen dafür, dass sich Chemikalien, die auf Soja- und Reisplantagen in mehreren nördlichen Provinzen eingesetzt wurden, negativ auf die Gesundheit auswirkten. Bis Jahresende war jedoch noch keine systematische epidemiologische Studie veranlasst worden, um die Schäden und das Ausmaß des Problems zu untersuchen.
Im September 2010 fasste der Oberste Gerichtshof den einstimmigen Beschluss, Sergio Galvarino Apablaza Guerra nach Chile auszuliefern, wo er im Zusammenhang mit der Ermordung des Senators Jaime Guzmán und der Entführung von Cristián Edwards im Jahr 1991 angeklagt war. Im Oktober stellte ein Bundesrichter das Auslieferungsverfahren jedoch ein, nachdem die Nationale Flüchtlingskommission dem Beschuldigten den Flüchtlingsstatus zuerkannt hatte.
© Amnesty International
Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte (Periodischer Bericht, Deutsch)
Amnesty International Report 2011 - The State of the World's Human Rights (Periodischer Bericht, Englisch)