Dokument #1013564
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor)
25. April 2014
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Iwona Kaliszewska, eine auf den Nordkaukasus spezialisierte Mitarbeiterin am Institut für Ethnologie und Kulturanthropologie in Warschau, schreibt in einem im Jahr 2010 verfassten Bericht über den Nordkaukasus, dass Wahhabiten in Tschetschenien verfolgt und mit den Aufständischen gleichgesetzt würden. Sie würden oft ihre Überzeugungen nicht enthüllen und es komme vor, dass sie Angst davor hätten, die äußerlichen Merkmale, die „Wahhabiten“ zugerechnet würden, zu zeigen. Solche äußerlichen Merkmale, beispielsweise das Tragen eines Bartes ohne Schnurrbart oder hochgekrempelte Hosen, seien ein Grund für die Festnahme oder Kontrolle einer Person gewesen. Es sei interessant, dass die Behörden SalafistInnen zwar als „Satane oder Teufel“ beschreiben würden, es innerhalb der Kader von Kadyrow jedoch viele Anhänger dieser Strömung gebe. Sie würden üblicherweise zugeben, Salafisten zu sein, und Bärte ohne Schnurrbärte tragen. Ihre Zugehörigkeit zu den Regierungskräften mache sie unantastbar:
„The Salafi Islam does not exist in the public debate. The reformers named wahhabis are persecuted and equalled with militants. They often do not reveal their beliefs and it happens that they are afraid to show off the external features attributed to ‘wahhabis’ such as wearing a beard but not moustache or rolled up trousers. Because such external ‘features’ were a cause to arrest or control of a person. An interesting thing is that although the authorities describe salafis as satans or devils, among the Ramzan's cadre many followers of this movement may be found who may normally admit to being salafis, wear beards and shave their moustache. Their belonging to government forces makes them untouchable.“ (Kaliszewska, 2010, S. 68-69)
Im Jänner 2014 berichtet Caucasian Knot, ein von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial im Jahr 2001 gegründetes Massenmedium im Internet, das über menschenrechtliche Themen im Kaukasus informiert, dass in Tschetschenien örtliche EinwohnerInnen berichtet hätten, dass in den Tagen zuvor regelmäßig junge Leute von den Strafverfolgungsbehörden auf den Straßen inhaftiert und als mutmaßliche AnhängerInnen eines radikalen Islam verhört worden seien. Nach Angaben der örtlichen EinwohnerInnen hätten die Strafverfolgungsbehörden auf Männer mit Bärten und Frauen mit Hidschab [islamisches Kopftuch, Anm. ACCORD] abgezielt. Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden hätten die Situation mit präventiven Maßnahmen erklärt. Örtliche EinwohnerInnen hätten angegeben, dass die Strafverfolgungsbehörden in Grosny und anderen großen Städten Tschetscheniens „Anti-wahhabitische Razzien“ durchführen, die Handys junger Männer und Frauen kontrollieren und regelmäßig Verhaftungen vornehmen würden.
Ein Einwohner von Grosny habe einem Korrespondenten von Caucasian Knot erzählt, dass im Hof seines Hauses ein junger Mann mit kleinem Bart, aber ohne Schnurrbart, von der Polizei festgenommen worden sei. Der Mann sei auf die Polizeiwache gebracht und fünf Stunden lang dort festgehalten worden. Man habe ihn dort nach Angaben des Einwohners ständig beleidigt und ihm mit Vergeltung als Wahhabiten gedroht. Man habe den jungen Mann dazu gezwungen, sich den Bart abzurasieren, und habe ihn gewarnt, dass er beim nächsten Mal nicht so einfach davonkommen werde. Der Einwohner von Grosny habe angegeben, dass seines Wissens in den vorangegangenen Tagen Dutzende, wenn nicht Hunderte derartiger Festnahmen erfolgt seien:
„Жители Чечни сообщают о том, что в течение нескольких дней силовики регулярно задерживают на улицах и допрашивают молодых людей по подозрению в причастности к радикальным исламистам. По их словам, преследованию подвергаются мужчины с бородой и женщины в хиджабе. В правоохранительных органах ситуацию поясняют профилактической работой. В Грозном и других крупных населенных пунктах Чечни проводятся ‚антиваххабитские рейды‘ и проверки мобильных телефонов у молодых людей и девушек, рассказывают местные жители. По их словам, силовики регулярно задерживают молодых людей.
‚У нас начался очередной виток как бы антиваххабитской истерии. Накануне во дворе нашего дома полицейские задержали молодого парня, сына моего близкого знакомого, у которого была небольшая бородка, но сбритые усы‘, – рассказывает корреспонденту ‚Кавказского узла‘ житель Ленинского района Грозного Алхазур М.
По словам собеседника, молодого человека увезли в отделение полиции, где ‚продержали пять часов, постоянно оскорбляли и угрожали расправой как ваххабиту‘. ‚Парня заставили сбрить бороду и предупредили, что в следующий раз он ‚так легко не отделается‘. И подобных задержаний, как я знаю, за последние несколько дней у нас произошло десятки, а то и сотни‘, - сообщил Алхазур.“ (Caucasian Knot, 16. Jänner 2014)
In dem Artikel von Caucasian Knot vom Jänner 2014 wird weiters berichtet, eine Einwohnerin Tschetscheniens habe erzählt, dass die Leute direkt auf der Straße verhaftet würden. Am Tag zuvor hätten sie und ihre Freundin gesehen, wie zwei junge Männer mit kleinen Bärten im Stadtzentrum von der Polizei angehalten worden seien. Die Polizisten hätten die beiden umzingelt, ihnen die Telefone abgenommen und die Audio- und Videoaufzeichnungen überprüft. Nach einer Weile habe man die beiden gehen lassen. Sie selbst habe ihrer Tochter bereits geraten, kein allzu großes Kopftuch zu tragen, um keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. Zudem habe sie ihr verboten, das neue Handy, das sie zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, bei sich zu tragen.
Die Razzien der Strafverfolgungsbehörden hätten laut Caucasian Knot nach einem Statement von Ramsan Kadyrow vom 10. Jänner 2014 begonnen. Kadyrow habe von der Intensivierung des Kampfes gegen die Ideologie des Wahhabismus und ihre AnhängerInnen gesprochen. Am 15. Jänner 2014 habe Kadyrow in Grosny eine Versammlung mit den Leitern der Unterabteilungen der Strafverfolgungsbehörden abgehalten. Dort habe er zum wiederholten Male gesagt, dass auf dem Gebiet der Republik Tschetschenien nicht einmal ein Hauch von Wahhabismus vorhanden sein dürfe. Kadyrow habe nach Angaben der staatlichen tschetschenischen Nachrichtenagentur Grosny Inform angemerkt, dass jungen Leuten, die die Wahhabiten nachahmen könnten, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden müsse. Wenn ein junger Mensch sie selbst im äußeren Erscheinungsbild nachahme, müsse man Alarm schlagen und den Verwandten erklären, wohin das führen könne, so Kadyrow nach Angaben der Nachrichtenagentur.
Die Strafverfolgungsbehörden würden die Aktionen als Vorbeugung bezeichnen. Örtliche EinwohnerInnen hätten angemerkt, dass die Strafverfolgungsbehörden bestimmte Kriterien hätten, nach denen sie potentielle AnhängerInnen des Wahhabismus bestimmen würden. Ein Mitarbeiter einer gesellschaftlichen Organisation in Tschetschenien sei der Ansicht, dass man junge Männer, die mit den Wahhabiten sympathisieren würden, in Tschetschenien anhand eines Bartes mit abrasiertem Schnurrbart und anhand kurzer oder hochgekrempelter Hosenbeine bestimmen würde. Aber genau dieses Aussehen würde der Koran gläubigen Muslimen vorschreiben. Es verhalte sich also so, dass die Führung der Republik einerseits irgendwie eine Islamisierung der Gesellschaft betreibe, auf der anderen Seite aber aktiv dagegen ankämpfe, so der Mitarbeiter der gesellschaftlichen Organisation:
„Задержания происходят прямо на улицах, говорит жительница республики Аминат Р. ‚Вчера мы с подругой видели, как в центре города полицейские остановили двух молодых парней с небольшими бородами. Они их окружили плотным кольцом, никого не подпускали, отобрали телефоны и проверяли аудиозаписи и видеоролики. Ребят через какое-то время отпустили, но у меня, как, вероятно, и всех других очевидцев, осталось очень гнетущее впечатление от увиденного‘, - поделилась женщина. Она уже посоветовала своей дочери-студентке не надевать слишком большой платок, чтобы не привлекать к себе ненужного внимания, и запретила носить новый мобильный телефон, который был подарен на день рождения. […]
Рейды силовиков начались после сделанного 10 января главой Чечни Рамзаном Кадыровым заявления о необходимости усиления борьбы с идеологией ваххабизма и ее последователями. ‚С развитием мобильных технологий представители различных радикальных течений, окопавшихся за рубежом, активизировали пропаганду в социальных сервисах. Наша задача – любыми силами противостоять их деятельности‘, - сказал, в частности, Кадыров. 15 января Рамзан Кадыров провел в Грозном очередное совещание с участием руководителей подразделений правоохранительных органов, где вновь заявил о том, что на территории республики ‚не должно быть даже духа ваххабизма‘.
‚Мы не должны дать возможность различным лжеидеологам ваххабитов, у которых нет ни светского, ни религиозного образования, завладеть умами нашей молодежи. Вероятность этого всегда есть, поэтому мы с вами должны быть начеку. Нужно днем и ночью совместно с местными органами власти и духовенством работать, чтобы даже духа ваххабитов не было на чеченской земле‘, - заявил глава Чечни. Кроме того, Кадыров отметил, что особое внимание нужно уделять молодым людям, которые могут подражать ваххабитам. ‚Если молодой человек даже внешне подражает им, нужно забить тревогу и разъяснить родным, к чему может это привести!‘, – приводит слова главы Чечни ‚Грозный-Информ‘.
Правоохранители называют задержания профилактическими мерами. Местные жители отмечают, что у силовиков существуют определенные критерии, по которым они определяют потенциального последователя ваххабизма.
‚Сочувствующих ваххабитам молодых людей у нас определяют по подбритым усам и наличию бороды, а также по коротким или закатанным штанинам брюк. Девушек вычисляют по широким длинным платьям и большим платкам. Но ведь именно это как бы и предписано исламом верующим мусульманам. Получается, что, с одной стороны, наше руководство как бы проводит исламизацию общества, а с другой, активно с этим борется‘, - считает сотрудник одной из общественных организаций Чечни Абу.“ (Caucasian Knot, 16. Jänner 2014)
Der staatlich kontrollierte russische Fernsehsender NTW berichtet im Jänner 2014, dass Ramsan Kadyrow empört sei über die Gerüchte, dass in Tschetschenien das Tragen eines Bartes verboten sei. Nach Ansicht des Oberhauptes der Region sei dies eine „unverschämte Lüge“, die von „offenen Feinden des Islam“ verbreitet werde. Kadyrow habe betont, dass in Tschetschenien jeder Muslim einen Bart tragen und entscheiden könne, wie lang dieser sein solle. Gleichzeitig habe er auf seinem Account bei Instagram angemerkt, dass er nicht zulassen werde, dass die „Wahhabiten und übrigen verfluchten Feinde des Islam“ den Kopf heben könnten. NTW merkt an, dass Ramsan Kadyrow sich nicht zum ersten Mal im Internet zu Bärten geäußert habe. Früher habe Kadyrow mitgeteilt, dass der Bart selbst keine Rolle spiele. Schauspieler, Gläubige und nicht Gläubige würden Bärte tragen. Wichtig sei, in welcher Absicht und weswegen man sich einen Bart wachsen lasse:
„Рамзан Кадыров возмущен появлением слухов о том, что в Чечне запрещают носить бороды. По мнению главы региона, эту ‚наглую ложь‘ распространяют ‚открытые враги ислама‘. Кадыров подчеркнул, что в Чечне каждый, кто исповедует ислам, может носить бороду и решать, какой длины она должна быть.
При этом глава Чечни в своем Instagram отметил, что не позволит ‚поднять голову ваххабистам и прочим проклятым врагам ислама‘.
Надо сказать, что Рамзан Кадыров уже не в первый раз рассуждает в Сети о бороде. Ранее глава Чечни отмечал, что сама по себе борода не играет никакой роли, ее носят артисты, верующие и неверующие. Важно, с каким намерением и ради чего бороду отращивают.“ (NTW, 31. Jänner 2014)
Die Jamestown Foundation, eine unabhängige, unparteiische und gemeinnützige Organisation, die Informationen zu Terrorismus, den ehemaligen Sowjetrepubliken, Tschetschenien, China und Nordkorea zur Verfügung stellt, berichtet Ende Jänner 2014, dass Mitte Jänner 2014 in Tschetschenien eine große Kampagne gegen den Salafismus, den Habaschismus und andere bekannte islamische Lehren gestartet worden sei. Ramsan Kadyrow habe das Thema des Kampfes gegen ungewollte islamische Lehren bei allen seinen öffentlichen Auftritten seitdem zur Sprache gebracht und gefordert, dass alle Bevölkerungsgruppen aktiv gegen ungewollte islamische Lehren vorgehen. Nach seinem Treffen mit der Geistigen Verwaltung der Muslime habe sich Kadyrow mit tschetschenischen Ministern und Leitern von Bezirksverwaltungen getroffen und sie aufgefordert, sich den Bemühungen im Kampf gegen die Radikalen anzuschließen. Kadyrow habe beschlossen, dass der Kampf gegen Radikale bei der äußeren Erscheinung beginne. Habe ein junger Mann etwa einen Bart, der eine gewisse akzeptierte Länge überschreite, könne er für einen Salafisten gehalten und auf der Straße von Regierungsvertretern aufgehalten werden. Sollte darüber hinaus auf dem Handy von jemandem ein Video mit salafistischen Predigten gespeichert sein, könnte die Person festgenommen und auf die Liste gefährlicher Personen gesetzt werden:
„A powerful propaganda campaign against Salafism, Habashism and other prominent Islamic teachings was launched in Chechnya in mid-January. Chechen head Ramzan Kadyrov has brought up the issue of fighting unwanted Islamic teachings at every public appearance he has made since them, demanding that all population groups actively fight unwanted Islamic teachings. […]
After meeting with the members of the Spiritual Board of Muslims, Kadyrov met with Chechen ministers and heads of district administrations, asking them to join in their efforts to combat the radicals. Kadyrov decided that the struggle against the radicals would begin first with physical appearance: for example, if a young man has a beard longer than a certain acceptable length, he may be considered a Salafi (http://www.youtube.com/watch?v=emJv0vjLxa8) and can be stopped in the street by government agents. Moreover, if someone’s telephone contains a video with Salafi sermons, that person can be arrested and put on the list of dangerous individuals (http://www.mirislama.com/8807-v-chechne-nachalis-massovye-zaderzhaniya-muzhchin-nosyaschih-borodu-i-zhenschin-v-hidzhabah-video.html).“ (Jamestown Foundation, 31. Jänner 2014)
Sakir Magomedow, ein dagestanischer Journalist, der unter anderem für die Zeitung Nowoje Djelo und Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) tätig ist, postet im Februar 2014 auf seinem Twitter-Account ein Foto eines von ihm so bezeichneten „Merkblatts für Tschetschenen“. Magomedow habe das „Merkblatt“ nach eigenen Angaben von einem Kollegen aus Grosny erhalten.
Das Merkblatt trägt den Titel „Informationen zur Übermittlung an die breite Öffentlichkeit der Republik Tschetschenien“ und enthält folgenden Text: „Zur Vorbeugung des Wahhabismus und anderer radikaler Strömungen auf dem Gebiet der Republik Tschetschenien wird der Verkauf und die Verbreitung von Print-, Audio- und Videomaterialien folgender Autoren verboten: [Aufzählung von zehn Namen]. Es werden äußerliche Merkmale und ein Kleidungsstil folgenden Charakters verboten: In Bezug auf Männer – das Tragen eines Bartes ohne Schnurrbart, […]“:
(Magomedow, 25. Februar 2014)
Am 26. Februar 2014 veröffentlicht das Ministerium für Transport und Kommunikation der Republik Tschetschenien auf seiner Website einen Artikel, in dem erläutert wird, dass bekanntermaßen auf Anweisung und unter der direkten Kontrolle von Ramsan Kadyrow, dem Oberhaupt der Republik Tschetschenien, in der Region viel Arbeit für die geistige und moralische Erziehung der Bevölkerung geleistet werde. Besondere Aufmerksamkeit werde den radikalen religiösen Strömungen gewidmet, denen sich einige junge Leute aus Tschetschenien anschließen würden. Im Zusammenhang damit habe die bei der Administration des Oberhauptes und der Regierung Tschetscheniens angesiedelte Abteilung für die Kommunikation mit religiösen und gesellschaftlichen Organisationen, mit dem Ziel der Vorbeugung des Wahhabismus und radikaler Strömungen auf dem Gebiet der Republik Tschetschenien einen Beschluss gefasst, der folgendermaßen laute:
„1. Auf dem Gebiet der der Republik Tschetschenien wird der Verkauf und die Verbreitung von Print-, Audio- und Videomaterialien folgender Autoren verboten: [Aufzählung von zehn Namen];
2. Es werden äußerliche Merkmale und ein Kleidungsstil folgenden Charakters verboten: In Bezug auf Männer – das Tragen eines Bartes ohne Schnurrbart, […]“:
„Как известно, по поручению, и непосредственным контролем Главы Чеченской Республики Рамзана Ахматовича Кадырова, в регионе проводится большая работа по духовно-нравственному воспитанию населения.
Особое внимание уделяется религиозным радикальным течениям, на путь которых становятся некоторые молодые люди Чечни.
В связи с чем, Департамент по связям с религиозными и общественными организациями Администрации Главы и Правительства Чеченской Республики, в целях профилактики ваххабизма и радикальных течений на территории Чеченской Республики, принял решение, в котором сказано:
1.На территории Чеченской Республики запрещается реализация и распространение печатных, аудио и видеоматериалов следующих авторов:
Ибн Таймийя, Ибн Каййим аль-Джаузийя, Абдуллах ибн Баз, Мухаммад ибн Салих аль- Усаймин, Мухаммад ибн Абд аль Ваххаб, Мухаммад Насыруддин аль-Альбани, Абдулла аль-Харари, Кебедов Багаутдин Магомедович (Дагестанский), Абу Умар Саситлинский, Саид Бурятский;
2.Запрещаются внешние признаки и стиль одежды следующего характера:
Относительно мужского пола – ношение бороды с бритыми усами, длинных пакистанских и арабских рубашек, сеточных тюбетеек, палестинских и арабских платков, коротких брюк;
Относительно женского пола – ношение арабских абай с перчатками, платков с закрытыми подбородками и паранджи.“ (Ministerium für Transport und Kommunikation der Republik Tschetschenien, 26. Februar 2014)
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), eine international tätige NGO, die sich für Menschenrechte einsetzt, erwähnt in einem Bericht vom März 2014, dass seit Beginn des Jahres 2014 Ramsan Kadyrow mehrere Stellungnahmen zu sogenannten Salafisten oder Wahhabiten abgegeben habe. Er habe all jene, die einen Bart oder einen „nicht traditionellen“ Hidschab tragen würden, als TerroristInnen dargestellt. Im Anschluss an Kadyrows Aussagen hätten sich lokale Mitglieder der Sicherheitskräfte genötigt gefühlt, junge Männer mit Bärten direkt nach den Freitagesgebeten zu inhaftieren. Am Eingang der Universität von Grosny werde die Kleidung von Studentinnen überprüft. Sollten sie einen schwarzen Hidschab tragen, der das Gesicht „zu sehr“ bedecke, würden sie zurechtgewiesen. Die Mobiltelefone junger Moscheegänger würden konfisziert und nach Predigten von Salafisten durchsucht:
„Since the beginning of 2014 Ramzan Kadyrow has given several statements on so-called Salafists or Wahabis. He portrayed all those who wear a beard or a ‘non-traditional’ Hijab as terrorists. Following his statements local security officers felt compelled to detain young men with beards directly after the Friday sermons. At the entrance of the University of Grozny the clothing of female students are being controlled. If they wear a black Hijab which covers the face ‘too much’, they are being lectured. Cell phones of young mosque visitors are confiscated and scanned for the preachings of Salafists.“ (GfbV, 4. März 2014, S. 2)
In einem weiteren Artikel von Caucasian Knot vom März 2014 wird berichtet, dass die Imame der Moscheen in Grosny nun das Erscheinungsbild ihrer Gemeindemitglieder überwachen und wöchentlich darüber Bericht erstatten müssten. Diese Anweisung sei vom neuen Kadi [Richter in islamischen Ländern, Anm. ACCORD] von Grosny erlassen worden, der wenige Wochen zuvor von Ramsan Kadyrow, dem tschetschenischen Oberhaupt, ernannt worden sei. Im Oktober 2013 hätten sich die tschetschenischen Behörden auch für die Einführung der Videoüberwachung in Moscheen ausgesprochen, um „die Sicherheit gewährleisten zu können“. Am 10. Jänner 2014 habe Ramsan Kadyrow von den Strafverfolgungsbehörden gefordert, den Kampf gegen radikale Bewegungen und ihre AnhängerInnen zu intensivieren. Danach sei es zu Massenverhaftungen von jungen Männern mit Bart und abrasierten Schnurrbärten gekommen. Caucasian Knot merkt an, dass Anhänger des Salafismus üblicherweise Bärte tragen, sich aber die Schnurrbärte abrasieren würden. Zudem würden sie ihre Hosen üblicherweise ein wenig hochkrempeln. EinwohnerInnen von Grosny würden berichten, dass diese Kampagne nach wie vor andauere:
„Imams of the mosques located in the Chechen capital should now monitor the appearance of their parishioners and submit weekly progress reports. The order was given by the new Chief Kadi (Islamic Judge) of Grozny Adam Ilyasov, who was appointed to the post a few weeks ago by Ramzan Kadyrov. […]
In October 2013, Chechen authorities also spoke in favour of installing CCTV cameras in mosques ‘in order to ensure safety.’
On January 10, Ramzan Kadyrov demanded from his law enforcers to strengthen the fight with radical movements and their followers, after which the republic's power agents began en masse detaining young people wearing beards with shaved off moustaches (the followers of the Salafi trend of Islam, as a rule, wear beards but shave off their moustaches, and also roll up their trousers a little – note of the ‘Caucasian Knot’). This campaign continues to this day, residents of the capital of Chechnya report.“ (Caucasian Knot, 26. März 2014)
In einem weiteren Artikel vom März 2014 erläutert Caucasian Knot, dass die äußerliche Erscheinung eines Muslims nicht immer den Trends des Islam, den er praktiziere, entsprechen müsse. Die strenge Kontrolle des Erscheinungsbildes von Gemeindemitgliedern sei eine spezifische Vorgehensweise im Nordkaukasus. Eine neue Anweisung des Kadis von Grosny verpflichte die tschetschenischen Imame dazu, wöchentlich Bericht über das Aussehen ihrer Gemeindemitglieder zu erstatten. Professor Michail Roschtschin, ein hochrangiger Mitarbeiter des Zentrums für die Erforschung Zentralasiens, des Kaukasus und der Wolga-Ural-Region der russischen Akademie der Wissenschaften, sei der Ansicht, dass es keine grundlegenden Unterschiede gebe in Bezug auf die Art und Weise, wie innerhalb verschiedener Strömungen des Islam der Bart getragen werde:
„In today's world, the appearance of a Muslim may not always correspond to those trends of Islam that he/she professes; while close control over appearance of parishioners is a specific practice for Northern Caucasus – this is the comment of Islam scientists on the new instruction of the Kadi of Grozny, who obliged Chechen Imams to present weekly report on the appearance of their parishioners.
Professor Mikhail Roschin, a senior fellow at the Centre for Studying Central Asia, Caucasus and Volga-Urals Region of the Russia's Academy of Sciences (RAS), believes that there are no fundamental differences in the manner of wearing beard among various trends in Islam.“ (Caucasian Knot, 28. März 2014)
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 25. April 2014)
· Caucasian Knot: В Чечне силовики задерживают молодых людей из-за их внешнего вида, заявляют местные жители [In Tschetschenien warden junge Leute wegen ihrer äußeren Erscheinung von den Strafverfolgungsbehörden festgenommen, berichten örtliche Einwohner], 16. Jänner 2014
http://www.kavkaz-uzel.ru/articles/236713/
· Caucasian Knot: Kadi of Grozny obliges Imams to supervise the appearance of their mosque-goers, 26. März 2014
http://eng.kavkaz-uzel.ru/articles/27660/
· Caucasian Knot: Experts find stronger control over Muslims' appearance in Chechen mosques counterproductive, 28. März 2014
http://eng.kavkaz-uzel.ru/articles/27681/
· GfbV - Gesellschaft für bedrohte Völker: Written statement submitted by the Society for Threatened Peoples, a non-governmental organization in special consultative status; Severe human rights violations in the North Caucasus, Russian Federation [18 February 2014] [A/HRC/25/NGO/156], 4. März 2014 (veröffentlicht von UN Human Rights Council (HRC), verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1395390985_g1411739.pdf
· Jamestown Foundation: Authorities in Chechnya Seek to Uproot Some Islamic Teachings; Eurasia Daily Monitor Volume: 11 Issue: 20, 31. Jänner 2014 (verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/local_link/268645/396700_de.html
· Kaliszewska, Iwona: Everyday Life In North Caucasus, 2010
http://www.udsc.gov.pl/files/WIKP/info_pdf/Binder1_Kaukaz_ang.pdf
· Magomedow, Sakir: Tweet mit Foto von „Merkblatt für Tschetschenen“, 25. Februar 2014 (veröffentlicht auf Twitter)
· Ministerium für Transport und Kommunikation der Republik Tschetschenien: Для мусульман Чечни [Für die Muslime Tschetscheniens], 26. Februar 2014
http://mtischr.ru/index.php?option=com_blog_calendar&year=2014&month=02&modid=108
· NTW: Глава Чечни опровергает слухи о запрете в регионе бород и обещает не дать «поднять голову ваххабистам». [Das Oberhaupt Tschetscheniens dementiert Gerüchte über das Verbot von Bärten in der Region und verspricht zu verhindern, dass „die Wahhabiten den Kopf heben können], 31. Jänner 2014