Amnesty International Report 2010 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte

Amtliche Bezeichnung: Republik Kongo
Staats- und Regierungschef: Denis Sassou-Nguesso
Todesstrafe: in der Praxis abgeschafft
Einwohner: 3,7 Mio.
Lebenserwartung: 53,5 Jahre
Kindersterblichkeit (m/w): 135/122 pro 1000 Lebendgeburten
Alphabetisierungsrate: 81,1%

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Bewegungsfreiheit von Anhängern und führenden Mitgliedern der Opposition wurden eingeschränkt. Dies war vor allem nach den Präsidentschaftswahlen im Juli der Fall. Mehrere Oppositionsanhänger wurden ohne Anklage inhaftiert und dann wieder auf freien Fuß gesetzt. Drei Asylsuchende aus der Demokratischen Republik Kongo, die Anfang 2004 inhaftiert worden waren, wurden nach wie vor ohne Anklageerhebung und Gerichtsverfahren im Gewahrsam des Militärgeheimdienstes gehalten.

Hintergrund

Staatspräsident Denis Sassou-Nguesso wurde bei der Präsidentschaftswahl im Juli 2009 im Amt bestätigt und im August für eine siebenjährige Amtszeit vereidigt. Das Verfassungsgericht erklärte, bei der Wahl seien fast 80% der abgegebenen Stimmen auf ihn entfallen. Oppositionsparteien und Organisationen der Zivilgesellschaft sprachen jedoch von Wahlmanipulationen und unfairen Wahlen. Die Wahlkommission hatte die Kandidaturen mehrerer Bewerber der Opposition um das Präsidentenamt nicht zugelassen mit der Begründung, dass sie nicht alle Anforderungen erfüllten. Nach seiner Amtseinführung ernannte Präsident Sassou-Nguesso eine neue Regierung und schaffte den 2005 von ihm geschaffenen Posten des Ministerpräsidenten (ohne Regierungsgewalt) wieder ab.

Aus der Region Pool wurden vereinzelt Überfälle krimineller Banden gemeldet, die Mitgliedern der ehemaligen bewaffneten Gruppe Nationaler Widerstandsrat (Conseil National de Résistance - CNR) zugeschrieben wurden. Der frühere Anführer des CNR, Frédéric Bintsamou, bestritt jedoch, dass ehemalige CNR-Kämpfer für diese Überfälle verantwortlich seien. Er sagte weiter, dass er zu dem Friedensabkommen stehe, das 2003 zwischen dem CNR und der Regierung unterzeichnet wurde.

Im März erklärte die Regierung, dass sie fast 3000 Waffen vernichtet habe, die sie im Rahmen des Demobilisierungsprogramms CNR-Kämpfern abgekauft hätte. Demgegenüber erklärte Frédéric Bintsamou, anders als im Friedensabkommen von 2003 vereinbart, habe die Regierung nichts unternommen, um seine Kämpfer zu demobilisieren und einen Teil von ihnen in die Sicherheitskräfte zu integrieren. Im Dezember nahm Frédéric Bintsamou offiziell das Amt des Beauftragten für die Verbreitung friedlicher Werte und Wiedergutmachung für Kriegsschäden an, zu dem Präsident Sassou-Nguesso ihn 2007 ernannt hatte.

Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Bewegungsfreiheit

Wie schon in den Vorjahren wandten die Sicherheitskräfte bei der Auflösung friedlicher Proteste exzessive Gewalt an. Mitglieder von Oppositionsparteien wurden an der Wahrnehmung ihrer Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Bewegungsfreiheit gehindert.

Drei Tage nach den Präsidentschaftswahlen im Juli veranstalteten Oppositionsparteien in Brazzaville, der Hauptstadt des Landes, eine Demonstration, um gegen den Wahlbetrug zu protestieren, den es ihrer Ansicht nach gegeben hatte. Um die Demonstranten auseinanderzutreiben, setzten Sicherheitskräfte Tränengas und scharfe Munition ein, wodurch einige Demonstranten verletzt wurden.

Als Reaktion auf die Demonstrationen im Juli verbot die Regierung sämtliche Proteste der Opposition. Außerdem verbot sie führenden Oppositionsmitgliedern, die Hauptstadt bzw. das Land zu verlassen. Von dem Reiseverbot waren u. a. der ehemalige Ministerpräsident Ange Edouard Poungui und der frühere Vorsitzende der kongolesischen Anwaltsvereinigung Ambroise Hervé Malonga betroffen. Nach Angaben von Sprechern der Regierung und der Sicherheitsdienste wurden die Oppositionsführer mit Reiseverbot belegt, weil ihre Anwesenheit für die Untersuchung von Gewaltakten erforderlich sei, die es bei den Demonstrationen vom Juli gegeben haben soll. Nach Protesten von Betroffenen und von kongolesischen Menschrechtsorganisationen hob die Regierung Anfang November die Reiseverbote wieder auf. Keiner der mit Reiseverbot belegten Oppositionsführer wurde unter Anklage gestellt.

  • Angehörige der Sicherheitskräfte schikanierten vier ausländische Journalisten, die über die Wahlen berichteten. Sie beschlagnahmten die Ausrüstung von Arnaud Zajtman und Marlène Rabaud vom Fernsehsender France 24 television und von Thomas Fessy von der BBC. Catherine Ninin von Radio France soll Berichten zufolge Drohungen erhalten haben, wonach man ihr etwas antun werde. Vor und nach den Wahlen warf ein Sprecher der Regierung den Journalisten vor, sie würden falsche Informationen verbreiten und eine oppositionsfreundliche Berichterstattung betreiben.

Unterdrückung Andersdenkender - Festnahmen

Nach den Wahlen im Juli wurden mehrere Personen aus dem Umfeld von Oppositionsparteien inhaftiert. Kurz nach den Juli-Demonstrationen in Brazzaville wurden drei Leibwächter des oppositionellen Bewerbers um das Präsidentenamt, Mathias Dzon, festgenommen. Bei einem der Festgenommenen handelte es sich um den ehemaligen Leutnant der Armee Céléstin Ngalouo. Nach Angaben von Regierungsvertretern standen die Festnahmen im Zusammenhang mit Schießereien während der Demonstrationen. Die Opposition wies den Vorwurf, ihre Anhänger hätten Schüsse abgegeben, zurück. Für die Schießereien seien vielmehr die Sicherheitskräfte der Regierung verantwortlich. Die Festgenommenen kamen nach ein paar Wochen ohne Anklage frei.

  • Im Juli 2009 wurde der ehemalige Armeegeneral Ferdinand Mbaou bei seiner Rückkehr aus Frankreich, wo er mehr als zehn Jahre lang gelebt hatte, festgenommen. Er war ins Land zurückgekehrt, um eine Einigung zwischen den
    gespaltenen Führungsspitzen der Panafrikanischen Union für soziale Demokratie (Union panafricaine pour la démocratie sociale) voranzutreiben. Nach Angaben der Behörden stand seine Festnahme in Zusammenhang mit aufrührerischen Reden, die er in Frankreich gehalten haben soll. Zum Jahresende befand er sich immer noch ohne Anklage in Haft.
    Asylsuchende
  • Drei Asylsuchende aus der Demokratischen Republik Kongo, die Anfang 2004 inhaftiert worden waren, wurden nach wie vor ohne Anklageerhebung und Gerichtsverfahren im Gewahrsam des Militärgeheimdienstes gehalten. Germain Ndabamenya Etikilome, Médard Mabwaka Egbonde und Bosch Ndala Umba waren 2004 in Brazzaville festgenommen worden. Germain Ndabamenya Etikilome war Anfang 2009 schwer krank und wurde wochenlang nicht ärztlich betreut. Sein Zustand besserte sich, als er mit geeigneten Medikamenten behandelt wurde. Die Behörden machten keine Angaben darüber, warum sie weiterhin ohne Anklage oder Verfahren festgehalten wurden.
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