a-6028 (ACC-RUS-6028)

Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:
Einberufung von Tschetschenen in die russische Armee – Ausmaß, Einsatzort innerhalb oder außerhalb Tschetscheniens
Im März 2007 erscheint auf der Website der russischen Tageszeitung Nowye Iswestia ein Artikel, in dem über eine Protestaktion in Grosny gegen angebliche Pläne des Militärkommissariats, junge Tschetschenen zum Wehrdienst in andere Regionen der Russischen Föderation zu schicken, berichtet wird.
Nach Einschätzung des Menschenrechtsbevollmächtigten der Republik Tschetschenien sei dieser Beschluss noch nicht bestätigt, die etwa 100 Teilnehmer der Demonstration würden sich auf mündliche Vereinbarungen zwischen dem Militärkommissariat und „irgend jemandem in Moskau“ beziehen.
Laut Militärkommissar Gnutow hätten an der Demonstration nur etwa 30 bis 40 Menschen teilgenommen. Es gebe noch keinen Beschluss über die Zuweisung von Grundwehrdienern in Regionen außerhalb Tschetscheniens, jedoch eine Anordnung des Oberbefehlshabers, dass kein Wehrpflichtiger in seiner eigenen Region dienen dürfe. Außerdem gebe es seit Jänner 2006 einen Präsidentenerlass, dass in Tschetschenien keine Grundwehrdiener, sondern nur Vertragssoldaten eingesetzt würden. Es gebe sehr viele, die in der Armee dienen wollen. In der Praxis sei dieser gesetzliche Widerspruch längst gelöst. Die Rekruten würden einfach sofort Verträge abschließen und in den Bataillons „Sapad“, „Wostok“, „Sewer“ und „Jug“ dienen. Das seien mehr als eintausend Mann, und die Einberufung finde zwei Mal jährlich statt. In andere Regionen der RF würden die Soldaten geschickt, sobald es einen entsprechenden Befehl gebe. Schließlich weist Gnutow auf Demonstrationen im Vorjahr hin, wo man dagegen protestiert habe, dass es keine Einberufung zum Militär gebe, und sich dafür eingesetzt habe, dass auch Tschetschenen ins Heer aufgenommen würden.
Der tschetschenische Ombudsmann spreche sich gegen eine Zuweisung tschetschenischer Rekruten in andere Regionen der RF aus, sie müssten sich nach dem Krieg erst rehabilitieren. „Tschetschenophobie“ und Xenophobie seien verbreitet, es seien Fälle von Unterdrückung von Tschetschenen bekannt, und es wäre voreilig, die jungen Männer aus Tschetschenien gleich noch einmal zu traumatisieren.
Tschetschenische Armeebedienstete hätten im übrigen schon außerhalb ihrer Republik gedient, und zwar seien im Dezember 2005 Geheimagenten aus den Bataillons „Wostok“ und „Sapad“ aus dem Libanon zurückgekehrt:
[Russisches Zitat entfernt] (NI, 6. März 2007)
Auf dem Web-Portal Russkaja Ziwilisazija heißt es im Oktober 2007, dass ab 2008 die Wehrpflicht verkürzt werde, gleichzeitig würden mehr Einheiten mit Vertragssoldaten aufgefüllt. Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung würden in Zukunft mehr Soldaten aus dem Nordkaukasus kommen, wo die Geburtenrate nie niedriger als die Sterberate sei. Außerdem herrsche in diesen Regionen eine andere Einstellung zum Militärdienst – während etwa die Moskauer mit allen Mitteln versuchen würden, den Dienst in der Armee zu umgehen, lege man in Dagestan Wert auf diese Ausbildung zum Krieger:
[Russisches Zitat entfernt] (Russkaja Ziwilisazija, 11. Oktober 2007)
Die russische Online-Zeitung Gazeta.ru veröffentlicht im Oktober 2007 einen Beitrag über die ab Jänner 2008 geltende Verkürzung des Wehrdienstes auf ein Jahr. Laut stellvertretendem Chef des russischen Generalstabes, Smirnow, würden Rekruten aus Tschetschenien bei Bedarf als Vertragssoldaten einberufen werden. Derzeit gebe es 560 Tschetschenen, die auf Vertragsbasis in der russischen Armee dienen würden:  
[Russisches Zitat entfernt} (Gazeta.ru, 1. Oktober 2007)
Die Jamestown Foundation berichtet im April 2007 über die Wiederaufnahme der Militärpflicht in Tschetschenien:
“The Caucasus Times reported on April 7 that Chechen President Ramzan Kadyrov has signed a decree approving the membership of the republican and district conscription commissions in preparation for a resumption of the military draft in the republic. The website quoted Lieut.-Col. Sultan Umarov, deputy head of the Chechen military enlistment center, as saying that a large number of people in Chechnya who were supposed to have served in the Russian army a long time ago were granted an exemption because of the limited number of young Chechens. “The situation may change this year,” the Caucasus Times reported. “The republican military enlistment office is waiting for specific instructions according to which young people granted an exemption and those who have just turned 18 can be drafted into the army. Only disabled people and university students will be exempted.”
The website noted that anti-draft protests took place in Grozny in late March and early April. The protesters, mostly women, demanded that their sons not be sent to serve outside the republic given the hardships that the more than 500 Chechen young men who had volunteered for the army reportedly encountered in various Russian regions. The Chechen mothers say that the best option for Chechen conscripts would be the creation of railroad and construction battalions on the republic’s territory.
On April 5, the Caucasus Times quoted Khuri Pirsaidova, head of the Dagestani Committee of Soldiers’ Mothers, as saying that the rights of Dagestani conscripts are being violated, with more than 800 of the 7,000 Dagestanis drafted in the Russian army last year ending up in disciplinary battalions. She said the law stipulating that future fathers or people looking after their elderly parents should do their military service in Dagestan is also being violated. […]“ (Jamestown Foundation, 12. April 2007)
Behandlung von Tschetschenen im Vergleich zu anderen Rekruten 
Zur Frage nach der Diskriminierung von Tschetschenen im russischen Heer weisen wir noch einmal auf den oben schon genannten Artikel in der Nowye Iswestija vom März 2007 hin, laut dem sich der tschetschenische Ombudsmann Nuchaschiew gegen eine Zuweisung tschetschenischer Rekruten in andere Regionen der RF ausspreche, da sich die Tschetschenen nach dem Krieg erst rehabilitieren müssten und „Tschetschenophobie“ und Xenophobie verbreitet seien. Es seien Fälle von Unterdrückung von Tschetschenen bekannt, und es wäre voreilig, die jungen Männer aus Tschetschenien gleich noch einmal zu traumatisieren.
[Russisches Zitat entfernt] (NI, 6. März 2007)
Auf der von der Menschenrechtsorganisation Memorial betriebenen Website Caucasian Knot wird im Mai 2007 neben dem tschetschenischen Ombudsmann auch der Parlamentsabgeordnete und ehemalige Verteidigungsminister Tschetscheniens, Chambiew zitiert. Auch er lehne den Einsatz tschetschenischer Rekruten in anderen Regionen Russlands entschieden ab. Die meisten Offiziere der russischen Armee hätten in Tschetschenien gekämpft und würden für tschetschenische Soldaten unerträgliche Bedingungen schaffen.
Im Militärkommissariat betone man, dass es noch keine Pläne gebe, Tschetschenen außerhalb der Republik einzusetzen, da es noch keine Anordnung zur Organisation des Nordkaukasischen Militärkreises gebe. Einstweilen würden die meisten Tschetschenen in den Spezialeinheiten „Sapad“ und „Wostok“ des russischen Verteidigungsministeriums und in den analogen Bataillonen „Jug“ und „Sewer“ des russischen Innenministeriums dienen, die in der Republik Tschetschenien stationiert seien. Sie alle würden ihren Dienst auf Vertragsbasis leisten:
[Russisches Zitat entfernt] (Caucasian Knot, 23. Mai 2007)
In der Online-Zeitung Gazeta.ru erscheint im März 2007 ein Beitrag über die Dedowschtschina, die Misshandlung von Rekruten durch Dienstältere. Darin wird der Vorsitzende des Menschenrechtsvereins Agora, Tschikow, zitiert, der behauptet, es gebe in Tschetschenien Stimmen für die Einrichtung von Bataillonen nach Maßgabe der Nationalität:
 [Russisches Zitat entfernt] (Gazeta.ru, 7. März 2007)
Im Jänner 2002 berichtet die russische Zeitung Nowaja Gaseta über die Einberufung von Tschetschenen zum russischen Militär. Die Einberufung sei nicht ganz freiwillig und teilweise auf betrügerischem Weg erfolgt. Die Angehörigen der jungen Männer würden befürchten, dass die tschetschenischen Rekruten in Russland diskriminiert würden, oder dass sich die Rebellen an ihnen rächen würden. Andere wiederum würden hoffen, dass ihre Söhne durch den Dienst im Militär vor den „Säuberungen“ geschützt seien.
Bei der Einberufung im Herbst 2001, der ersten seit 1996, seien einige hundert Mann aus Tschetschenien rekrutiert worden. Sie würden in verschiedenen Gebieten der RF dienen, und einem Moskauer Generaloberst zufolge nehme man auf sie besondere Rücksicht im Hinblick auf Religion, Ernährung und psychologische Anpassung.
 [Russisches Zitat entfernt] (Nowaja Gaseta, 28. Jänner 2002)
Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines bestimmten Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Wir empfehlen, die verwendeten Materialien zur Gänze durchzusehen.
Quellen:
Einberufung von Tschetschenen in die russische Armee – Ausmaß, Einsatzort innerhalb oder außerhalb Tschetscheniens
Behandlung von Tschetschenen im Vergleich zu anderen Rekruten