a-4134 (ACC-RUS-4134)

Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:
 
Aufenthaltsberechtigung für sowjetische Staatsbürger in der RSFSR Anfang der 1990er Jahre
 
Nach Angaben des ältesten uns derzeit zur Verfügung stehenden Jahresbericht des US State Departments (USDOS) zur Menschenrechtslage in der Russischen Föderation (Berichtszeitraum 1996) konnten sowohl russische Staatsbürger, die innerhalb der Russischen Föderation ihren Wohnort wechselten als auch Staatsbürger anderer ehemaliger Sowjetrepubliken, die sich in der Russischen Föderation niederließen, große Probleme bei der Registrierung bekommen bzw. von den Behörden überhaupt nicht registriert werden:
 
“Citizens must register to live and work in a specific area within 7 days of moving there. Russian citizens changing residence in Russia as well as citizens of former Soviet republics who decide to move to Russia often face enormous difficulties or are simply not permitted to register in some cities, such as Krasnodar. The cost of registration is often prohibitive, far beyond the means of most migrants or refugees, who usually do not register. In October the fee in Moscow was set at 500 times the legal minimum wage, or about $7,500 (40 million rubles). In April the Constitutional Court struck down a Moscow city law that gives local officials the right to collect high fees for registration, but the Court did not outlaw charging fees or specify how much could legally be charged. The mayor's office protested the decision and has not lowered the fees. Those who are not registered cannot work legally, are not eligible for social or health services, may not send their children to school, and may not vote. “ (USDOS, 30. Januar 1997, Sek. 2d).
Ethnische ArmenierInnen aus Nagorno-Karabach
Unter Berufung auf eine bereits 1999 eingeholte Auskunft beim Föderalen Migrationsdienst der Russischen Föderation verweist das Auswärtige Amt in einer Stellungnahme vom 28. November 2002 auf Tausende von Flüchtlingen armenischer Volkszugehörigkeit, die als Folge der militärischen Konflikte in Nagorno-Karabach in die Russische Föderation, und hier insbesondere in die Hauptstadt Moskau, flüchteten. Nach Angaben des Auswärtigen Amts wurden die Flüchtlinge armenischer Volkszugehörigkeit aus Aserbaidschan Ende der 1980er Jahre als sowjetische Staatsangehörige aufgrund eines speziellen Hilfsprogramms der sowjetischen Regierung mit entsprechenden Flüchtlingspapieren versorgt und untergebracht. Nach Auflösung der Sowjetunion, so das Auswärtige Amt, übernahmen russische Stellen die Fortführung der Betreuung, wozu die Bereitstellung von ständigem Wohnraum und die bevorzugte Einbürgerung in die Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation ebenso gehörten wie die Sicherstellung der medizinischen Versorgung oder der Schulbesuch der Kinder (AA, 28. November 2002). 
 
UNHCR stellt sowohl in seinem im Juni 2004 veröffentlichten Bericht zu häufigen Asylvorbringen von Asylsuchenden und Flüchtlingen aus der Russischen Föderation als auch in zwei Hintergrundberichten zum Passgesetz sowie zur Situation ethnisch armenischer Flüchtlinge aus Aserbaidschan in der RF relevante Materialien zu oben genannter Fragestellung bereit (UNHCR, Juni 2004, S. 43-44; UNHCR, Januar 2004, S.4, Par. 2.4; UNHCR, Dezember 2003). In all den genannten Berichten verwendet UNHCR allerdings durchgängig den Begriff der so genannten Baku-ArmenierInnen, d.h. ethnische ArmenierInnen, die aufgrund interethnischer Konflikte in Sumgait und Baku in den Jahren 1989/1990 Aserbaidschan spontan verlassen, von den sowjetischen Behörden evakuiert wurden und sich hauptsächlich in Moskau niedergelassen hatten. In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Materialien konnte leider nicht geklärt werden, ob die hier angeführten Informationen mit der Situation ethnisch armenischer Flüchtlinge aus Nagorno-Karabach übereinstimmen. Wir möchten Ihnen dennoch die wichtigsten UNHCR-Feststellungen an dieser Stelle wiedergeben:
 
Da laut UNHCR im Jahr 1991 noch keine Flüchtlingsgesetzgebung existierte, wurden die ethnisch armenischen Binnenvertriebenen in Moskau registriert und ihnen eine Zwangsvertriebenenbescheinigung ausgestellt. Nach Angaben von UNHCR würden die meisten der ethnisch armenischen Flüchtlinge auch heute noch diese Zertifikate, aus denen klar hervorgeht, dass es sich um eine „refugee ID card“ handelt, besitzen. Dennoch, so UNHCR, war dieses Zertifikat kein Identitätsausweis und konnte ausschließlich in Kombination mit einem sowjetischen Inlandspass benutzt werden. Die Zwangsvertriebenenbescheinigungen mussten jährlich erneuert werden (UNHCR, Dezember 2003, S. 1). In dem im Juni 2004 von UNHCR veröffentlichten Bericht zu häufigen Asylvorbringen von Asylsuchenden und Flüchtlingen aus der Russischen Föderation heißt es in diesem Zusammenhang weiter:
“However, in October 2000, an instruction was issued stating that these documents would only remain valid until 31 December 2001, after which date they would have to go through the existing national refugee status determination procedure. Only few of these Baku Armenians applied formally for refugee status (and were eventually rejected). The majority of them refused to do so, considering themselves as Russian citizens, in accordance with the 1991 Law on Citizenship. Their situation today remains fragile because the formerly state-owned hostels where many still reside are being privatized. Since 2002, several eviction orders were served in such cases.137 Under a UNHCR-initiated project, over the last two years, some 150 “Baku Armenians” were recognized as Russian citizens through the courts. While citizenship of the Russian Federation is a way towards local integration for this group, the mere fact of acquisition and/or recognition of Russian citizenship does not, as such, entail local integration, unless the concerned persons further obtain residence registration, which is hardly possible since they are living in temporary accommodation places.
94. Parallel to UNHCR’s efforts to pursue local integration of these persons through recognition of their RF citizenship, the US Government in 2002 initiated a resettlement programme for this group.” (UNHCR, Juni 2004, S. 43-44, Par. 93-94).
Zur Situation der ethnisch armenischen Flüchtlinge Anfang der 1990er Jahre konsultieren Sie bitte auch den Paragraphen 92, S. 43 des im Juni 2004 veröffentlichten Berichts von UNHCR (siehe Referenzangaben).
Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft: Staatsbürgerschaftsgesetz vom 6. Februar 1992
Staatsbürger der ehemaligen Sowjetunion konnten laut Artikel 18d die russische Staatsbürgerschaft automatisch erwerben, wenn sie sich bis zum 6. Februar 1992 auf dem Gebiet der Russischen Föderation niedergelassen und vor dem 31. Dezember 2000 um die russische Staatsbürgerschaft angesucht hatten (Federal Law on Citizenship of the RF, Februar 1992, Chapter II, Article 18d; Niederländisches Außenministerium, August 2002, S. 75). In den Erläuterungen des Niederländischen Außenministeriums zu den so genannten vereinfachten Verfahren für Staatsbürger der ehemaligen Sowjetunion heißt es darüber hinaus:
 
"Bis 31. Dezember 2000 konnten alle Staatsbürger der ehemaligen Sowjetunion, die auf dem Territorium einer der ehemaligen Sowjetrepubliken gewohnt haben, nicht die Staatsbürgerschaft der betreffenden Republik angenommen und in das Gebiet der Russischen Föderation emigriert sind, im Zuge eines vereinfachten Verfahrens die russische Staatsbürgerschaft ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit bekommen." (Niederländisches Außenministerium, August 2002, S. 76; freie Übersetzung aus dem Niederländischen; siehe auch IRB, 18. Oktober 2002; Pravda, 6. Juni 2002; Niederländisches Außenministerium, August 2002, S. 73).
 
Voraussetzung für den Erhalt der Staatsbürgerschaft war nach Angaben des Niederländischen Außenministeriums allerdings der Nachweis einer permanenten Aufenthaltsberechtigung (Propiska). Hierbei gilt insbesondere zu erwähnen, dass der Erhalt einer solchen Aufenthaltsberechtigung für die Russische Föderation nur dann möglich war, wenn die betreffende Person nachweisen konnte, dass sie nicht die Staatsbürgerschaft der Republik angenommen hat, aus der sie emigriert war. Darüber hinaus musste eine Bestätigung über die ordnungsgemäße Streichung aus dem Einwohnermelderegister des ehemaligen Wohnorts vorgelegt werden. Staatsbürger der ehemaligen Sowjetunion, die nur über eine zeitlich begrenzte Aufenthaltsberechtigung verfügten, konnten nach Angaben des Niederländischen Außenministeriums nicht um die russische Staatsbürgerschaft ansuchen (Niederländisches Außenministerium, August 2002, S. 76).
 
Ab 1. Januar 2001 war der Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft auf Basis des Artikel 18d des Staatsbürgerschaftsgesetzes von 1992 laut Niederländischen Außenministerium nicht mehr möglich. Staatsbürger der ehemaligen Sowjetunion, die vor dem 1. Januar 2001 noch keine Staatsbürgerschaft eines der Länder der ehemaligen Sowjetunion besaßen, werden seit Januar 2001 von den russischen Behörden als de jure staatenlos bezeichnet (Niederländisches Außenministerium, August 2002, S. 76).
 
Zu Ihrer Information haben wir Ihnen darüber hinaus die neue am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Version des Staatsbürgerschaftsgesetzes in der Anlage beigelegt.
Derzeitige Situation ehemaliger sowjetischer Staatsbürger in der Russischen Föderation
In einem am 21. Mai 2003 von einer Koalition bestehend aus Mitgliedern verschiedener russischer Nichtregierungsorganisationen and Präsident Putin adressierten Schreiben ist im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Staatsbürgerschaftsgesetzes vom 1. Juli 2002 zu lesen:

“In practice, many former Soviet citizens who have actually been permanently residing in the Russian Federation for the last 10 to-12 years were denied permanent residence registration by local internal affairs departments for discriminatory reasons. Under the new Law on Citizenship legislation and associated enforcement practices they are therefore unable to get temporary residence permits and subsequently permanent residence permits. In effect, they are prevented from exercising their legal right to apply for citizenship.” (AI, 21. Mai 2003)
 
Darüber hinaus beobachten die Verfasser oben genannten Schreibens:
 
“In addition, former Soviet citizens unable to obtain Russian citizenship face severe consequences under the Law on the Status of Foreign Citizens. In agreement with Article 37 of this law, if you do not have documentation to prove that you are legally and permanently residing in Russia you will be considered a person temporarily staying in the country and receive a migration card which limits the term of stay to three months.   If you have not been granted temporary right to reside following this three month period, by law, you can be deported.
 
In effect, the impact of these laws is to bring to an end the permanent residency and citizenship rights of hundreds of thousands of former Soviet citizens, the majority of whom have been residing habitually and lawfully in the Russian Federation since the break up of the USSR. Now rendered illegal migrants, many face imminent deportation.“ (AI, 21. Mai 2003)
 
Das US Department of State (USDOS) erwähnt in seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage im Berichtszeitraum 2003 die Schweirigkeiten, denen ehemalige sowjetische Staatsbürger, die auf dem Gebiet der Russischen Föderation leben und nicht die russische Staatsbürgerschaft angenommen haben.
“Because of the new law, many citizens of the former Soviet Union (those permanently living in Russia without Russian citizenship) found themselves reclassified as illegal immigrants.” (USDOS, 25. Februar 2004, Sek. 2d)
Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Die Antwort stellt keine abschließende Meinung zur Glaubwürdigkeit eines bestimmten Asylansuchens dar.
Quellen: