a-4273 (ACC-IRN-4273)

Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:

Hintergrund

Laut deutschem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) und Catholic Encyclopedia existieren für die Mandäer mehrere unterschiedliche Bezeichnungen: Sabäer, Nasoräer, Johanneschristen, Johannestäufer oder Johannesjünger (BAFI: Religiöse Sondergruppen, März 1999, Para. 6; Catholic Encyclopedia: Eintrag zu Nasoräern). Die Website Mandaean World nennt auch die Namen Sabians, Sobbi, Subbi, “Christians of Saint John” und Mughasilah (Mandaean World, Various Names).

Das BAFl erläutert, dass die Entstehungsgeschichte der Mandäer bis in das erste Jahrhundert n. Chr. zurückreiche. Als Gründer und Prophet der mandäischen Religion werde allgemein Johannes der Täufer angegeben. (BAFI: Länderreport, Juli 1996, p. 57-61, Para. 10.2.5). Der Ritus der Taufe spiele demzufolge eine wichtige Rolle in ihrer religiösen Weltanschauung. Als wesentliches Erlösungsmittel empfange sie der Gläubige bei allen bedeutenden Ereignissen in seinem Leben (BAFI: Religiöse Sondergruppen, März 1999, Para. 6).

Jorunn Jacobsen Buckley zu Folge sind die Mandäer die einzige religiöse Gruppe, die auf die in der späten Antike im Orient weit verbreiteten Gnostiker zurückgehen (INEAS, ohne Datum) Typisch gnostische Doktrin im Glauben der Mandäer ist laut BAFl unter anderem der Gegensatz zwischen der Lichtwelt, aus der die Seele stammt und der materiellen Welt der Finsternis, wohin sie während ihres irdischen Daseins verbannt wird (BAFI: Religiöse Sondergruppen, März 1999, Para. 6; INEAS, ohne Datum).

Das Mandaean Research Centre beschreibt das Fasten und die regelmäßige Gabe von materiellen und moralischen Almosen als wesentliche Elemente im Glauben der Mandäer. Große Bedeutung werde zudem dem heiligen Sakrament der Ehe beigemessen. Geistlichen sei es erlaubt zu heiraten. Die Frau werde in der mandäischen Religion als Basis der Familie und des privaten Glücks betrachtet. Als Symbol der Fruchtbarkeit und der Regeneration und nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Frauen die Hälfte der Gesellschaft ausmachen, werde ihr eine aktive Rolle im Gemeinschaftsleben zugeschrieben (Mandaean Research Centre, 1999, 5. Rituals, 7. Women in the Mandaean Religion).

Zu den vier religiösen Feiern/Feiertagen der Mandäer zählen laut Mandaean Research Centre das Grosse Fest (Dihwa Raba, 2 Tage), das Kleine Fest (Dihwa Hnina, 1 Tag), das Fest der Schöpfung (Bronaia, 5 Tage) und das Fest der Goldenen Taufe (Dihwa id Dimana, 1 Tag). (Mandaean Research Centre, 1999) Die Angaben des Mandai Studies Center of Iran zum religiösen Kalender der Mandäer weichen davon geringfügig ab: Als wichtigster Feiertag (’glorious eve’) wird Dehva Rabba am 23. Juli angegeben, wobei die Gläubigen am ersten Tag zu Hause blieben und sich am zweiten Tag gegenseitig Besuche abstatteten. Zusätzlich gebe es 4 weitere Zeremonien - Fel eve, Dehva Honeina, Panjeh, und den Geburtstag Johannes des Täufers - und 8 religiöse Feiertage - 5 Tage vor Panjeh (in der Regel 14.-19. März), Shishian eve (2 Tage), und 1 Tag nach der Feier zur Geburt Johannes des Täufers. (Mandai Studies Center of Iran, ohne Datum)

Größe, Verbreitungsgebiet und offizieller Status

Laut BAFl hat sich das Siedlungsgebiet der Mandäer im Laufe der Zeit stark verkleinert. Heute lebten sie hauptsächlich in der Region Schatt al-Arab, in den Provinzen Khuzistan und Ahwaz und in den südlichen Gebieten des Irak. Es habe eine Auswanderung nach Europa, Amerika und Australien stattgefunden (BAFI: Religiöse Sondergruppen, März 1999, Para. 6; Mandaean Research Centre, 9. Location). Angaben über die Zahl der mandäischen Gläubigen variieren ebenso wie Angaben über ihre offizielle Anerkennung. Schätzungen reichen von „5.000-10.000“ (Mandaean World, Who Are the Mandaeans?) und „höchstens noch 10.000 Personen“ (BAFI: Iran: Länderreport 1996, Para. 10.2.5.) bzw. „nur noch wenige Anhänger“ (BAFI: Religiöse Sondergruppen, Para. 6) über 25.000 (Mandai Studies Center of Iran: Introduction) für den Iran bis zu 100.000 Glaubensangehörigen für alle Länder, in denen mandäische Gemeinschaften aktiv sind (Mandaean Research Centre, 9. Location; INEAS, S. 2).

Der oberste Führer der mandäischen Glaubensgemeinschaft wird laut Mandai Studies Center of Iran ’Risha Omma’ genannt, die höchsten religiösen Würdenträger ’Ganzebra’ und ’Tarmida’. (Mandai Studies Center of Iran). Mandaean World nennt als Gemeinschaft im Iran “The Highest Spirit Council of Mandaeans Ahwaz” (Mandaean World: Mandaean Societies). Ahwaz wird von Jorunn Jacobsen Buckley als das Zentrum der Mandäer im Iran bezeichnet:

“I went first to Ahwaz, the capital of the southwest province of Khuzistan, the center of the Mandaean community in Iran. There are four priests there. Three of them, Sheikh Jabbar and his two sons, belong to the Tawoosie family. The younger son and a priest from another family are tarmidas, the lower priest rank, while Sheikh Jabbar and his older son are ganizbras, "treasurers," the higher rank. Emanating indubitable spiritual energies, priests are aristocratic, with long beards and dignified manners. They enjoy enormous respect as ritual specialists and spiritual leaders of the people. Without them, traditional Mandaean society would not exist.“ (Buckley, September 1996)

Weitere Informationen zum mandäischen Glauben und seinen Anhängern bieten die Website ’Mandaean World’ www.geocities.com/usamandaean/who.html und die beigelegte Einführung des Mandai Studies Center of Iran http://iranmanda.com/html/introduction.htm.

Nach Angaben von sowohl UNHCR (1998) als auch des UK Home Office (2004) genießen die Mandäer im Iran den Status einer offiziell anerkannten religiösen Minderheit. UNHCR weist jedoch auf eine Aussage von C. Chaqueri (Encyclopedia Iranica) hin. Dieser berichtet von Misshandlungen und Diskriminierungsmaßnahmen seitens der iranischen Regierung. Angehörige des mandäischen Glaubens, so Chaqueri, würden unter die Kategorie „unerwünscht“ fallen. Laut UK Home Office seien die Mandäer so wie die anderen vorislamischen Religionsgemeinschaften Diskriminierungen ausgesetzt. Seit der islamsichen Revolution 1979 sei ihr Rechtsstatus Gegenstand von Debatten im Parlament gewesen und seither nie klargestellt worden (UK Home Office, Oktober 2004, Abs. 6.68; UNHCR, September 1998, para. 2.2).

Das BAFl ging 1996 davon aus, dass Mandäer als Ungläubige behandelt würden. Aufgrund ihrer geringen Anzahl würden ihre Schicksale jedoch kaum bekannt. (BAFI: Länderreport, 1996, Para. 10.2.5.) Jorunn Jacobsen Buckley erläutert, dass die Mandäer ihre offizielle Anerkennung im Iran mit dem Sturz von Schah Reza Pahlavi verloren haben. Im Irak stünden die Mandäer dagegen unter staatlichem Schutz. Im einzelnen führt Buckley weiter aus:

"The Mandaeans are not an officially recognized minority religion in Iran. The Qur’an exempts them, as a "people of the book," from forced conversion to Islam. After the revolution in 1980, however, the government stopped supporting this protection. Since then, the Mandaeans have worked to regain it. About two years ago, the Iranian President, Khamenei issued a fatwa, an opinion, about the Mandaeans, stating that they seemed to be monotheists with a holy scripture and a prophet and should therefore be recognized as a protected religion. Since the fatwa, Mandaeans have had their hopes strengthened." (INEAS, ohne Datum)

Darüber hinaus präsentierte Jacobsen Buckley der Amerikanischen Orient-Gesellschaft am 27. März 1997 seinen Reisebericht zur Situation der Mandäer im Iran, der nachstehend auszugsweise zitiert ist. Darin wird auch das Gemeindehaus der Mandäer in Ahwaz, der sogenannte „Mandi“ erwähnt, sowie die Tatsache, dass Kinder in der Religion unterrichtet würden:

"This is a field report from a trip made possible by an Individual Research Grant from the American Academy of Religion to the Mandaeans of Iran in April 1996. No foreign scholar of Mandaeism had visited the Mandaeans of Iran since the 1930’s. Even Prof. R. Macuch, who was an Iranian citizen and who spent much time in Tehran, never visited the Mandaeans in Khuzistan, their home ground. I went to Ahwaz and to Tehran and by special invitation from the Mandaeans themselves and from Muslims academics. In Ahwaz, I was treated like royalty by the Mandaeans, invited to rituals, taken on visits, giving conferences in the mandi (community house), having numerous theological conversations---also with priests. My task in Tehran was surprisingly political-activist: since 1980, the Mandaeans have been deprived of their status as a protected religion, but a fatwa by President Khamenei last year encourages cautious optimism. Both Mandaeans and Muslims asked me to address this situation, and I gave lectures and conferences on Mandaeism and on the academic study of religion.
The condition of the Mandaean community---its priests, yalufas (learned laymen), and lay people---will be treated and internal and external problems highlighted. Internally, the community is challenged by an increasing number of intermarriages and by emigration. Rules of purity are continually challenged, and the recent wars have had their effects. Still, ritual life continues, the priests enjoy undisputed authority, and children receive instruction in the religious traditions. Externally, Muslim suspicious attitudes towards the religion continue, and I will specify the most important ones. Unavoidably, anecdotes will illustrate my experiences. This report is intended to exemplify how one might combine traditional scholarship with forms of activism, the latter being a challenging proposition in a theocratic country." (American Oriental Society, März 1997)

In einem Bericht der World Evangelical Alliance (WEA) über die Mandäer im Irak vom Juli 2003 wird nebenbei erwähnt, dass im Jahr 1989 der Mandi in Ahwaz im Iran konfisziert und in ein Hauptquartier der muslimischen Religonspolizei umgewandelt worden sei:

“One Mandaean who corresponds with the SMAA through a brother in Australia reports that Muslims are threatening to take over the Mandaean’s mandi (church) and convert it into a mosque. This builds on another precedent established in Iran, where, in 1989, the Mandaean mandi in Awhaz was confiscated and converted into headquarters for the Islamic Religious Police.” (WEA, 24. Juli 2003)

Über die menschenrechtliche Lage der Mandäer berichtet auch ASUTA - The Journal for the Study and Research into the Mandaean Culture, Religion, and Language im Jänner 2003 (siehe Quellenverzeichns).

Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Die Antwort stellt keine abschließende Meinung zur Glaubwürdigkeit eines bestimmten Asylansuchens dar.

Quellen: