a-ep4216 (ACC-KYR-4216)

Nach einer Recherche in unserer Länderdokumentation und im Internet können wir Ihnen zu oben genannter Fragestellung Materialien zur Verfügung stellen, die unter anderem folgende Informationen enthalten:

Hintergrundinformation

Since the September 11 terrorism tragedy, Chinese officials have portrayed Uighur radicals in Xinjiang as separatists and terrorists with links to a range of extremist Islamic groups throughout Central Asia. In Bishkek, these charges have found a sympathetic ear. In 2000 and 1999, Kyrgyzstan struggled to contain armed incursions by militants affiliated with the Islamic Movement of Uzbekistan (IMU). Uighur activists maintain that they are trying to preserve their cultural identity in the face of relentless assimilation pressure from Chinese authorities in Xinjiang. (Eurasianet 28. Jänner 2004)
Sowohl in Kasachstan wie in Kirgisistan leben große uighurische Gemeinden, die sowohl einheimische Uighuren als auch solche umfassen, die erst vor kurzem aus Xinjiang (XUAR; Volksrepublik China) dazu gestoßen sind. Einheimische uighurische Aktivisten in beiden Staaten haben sich besorgt über eine kürz erschienene Reihe von Medienberichten gezeigt, mit denen die Uighuren als ganze in ein schlechtes Licht gerückt werden, in dem sie allgemein als „Separatisten“ und „Terroristen“ bezeichnet wurden. Aktivisten in der Region haben den Verdacht geäußert, dass hinter solchen Artikeln einheimische „pro-chinesische“ Kräfte und die chinesischen Sicherheitsorgane stehen könnten. (AI September 2004)

Nach Angaben von IRIN leben in Kirgistan ca. 50.000 ethnische Uiguren; inoffizielle Schätzungen gehen laut IRIN allerdings von einer nahezu doppelt so hohen Zahl, laut Central Asia - Caucasus Analyst sogar von einer Zahl von 200.000 aus (IRIN 22. April 2004; Central Asia - Caucasus Analyst 28. Jänner 2004). Laut dem US Department of State (USDOS) macht die uigurische Minderheit ca. 1 Prozent der Gesamtbevölkerung Kirgistans aus (USDOS 25. Februar 2004, Sek. 5 National/Racial/Ethnic Minorities’) und stellt damit die viertgrößte ethnische Gruppe im Land dar (Central Asia - Caucasus Analyst 28. Jänner 2004).

Situation ethnischer Uiguren

In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnte eine Vielzahl von Informationen zur Situation ethnischer Uiguren in Kirgistan gefunden werden. Allerdings handelt es sich bei den meisten Materialien um Dokumente, die überwiegend Stellung zur Situation uigurischer Asylsuchender aus China beziehen, und weniger auf die Situation der „einheimischen“ uigurischen Minderheit eingehen.

Nach Angaben von Freedom House (FH) und dem USDOS gebe es wiederholt Berichte von diskriminierender Behandlung, beispielsweise auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt, von Personen nicht kirgisischer Ethnizität (FH 22. September 2004; USDOS 25. Februar 2004, Sek. 5 National/Racial/Ethnic Minorities’).

Laut dem US Department of State (USDOS) sollen Lokalbehörden im Jahr 2003 Angehörige ethnischer Minderheiten schikaniert und diskriminiert haben. So wurde beispielsweise Nadeschda Raimowa, eine Fürsprecherin der uigurischen Gemeinde in Kirgistan von der Polizei geschlagen. Zudem erwähnt das USDOS, dass einige ethnische Uiguren von Schikanierungen und Diskriminierungen seitens der Polizei berichteten. Während einer Konferenz zur Bekämpfung des Terrorismus im August 2003, soll der stellvertretende Ministerpräsident Kurmanbek Osomonow auf die wachsende Gefahr hingewiesen haben, die von den uigurischen Separatisten, welche angeblich mit dem internationalen Terrorismus in Verbindung stünden, ausgehe. Die Uigurische Kulturgesellschaft’ soll als Reaktion auf die Anklage, der Regierung vorgeworfen haben, Zwietracht zwischen der kirgisischen Bevölkerung und den ethnischen Uiguren zu schüren (USDOS 25. Februar 2004, Sek. 5 National/Racial/Ethnic Minorities’).

In einem Interview mit IRIN erklärt Tursun Islam, Vorsitzender der Menschenrechtsorganisation „Demokratie“, die sich für die Belange der ethnischen Minderheit der Uiguren in Kirgistan einsetzt, dass die Menschenrechtssituation für lokale Uiguren in Kirgistan ganz offensichtlich schlecht sei. Die Berichterstattung in den Massenmedien, wie auch des zentralen Fernsehsenders, über ethnische Uiguren ist negativ geprägt (IRIN 29. Jänner 2004; siehe auch Central Asia - Caucasus Analyst 28. Jänner 2004; Council of Europe 24. Jänner 2002, S. 54).

Nach Angaben von Tursun Islam sollen erst kürzlich (Bericht vom Jänner 2004) uigurische Jugendliche von der Polizei geschlagen und mit den Worten beschimpft worden sein, dass alle Uiguren Terroristen seien und ihnen daher Probleme drohten und sie unterdrückt werden würden. Laut Tursun Islam fürchteten sich lokale Uiguren davor, offen über ihre Probleme zu sprechen oder sogar rechtliche Schritte zu unternehmen, nachdem sie ohnehin bereits Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt und im Bildungssektor hätten. Tursun Islam weist in seinem Interview jedoch auch darauf hin, dass die kirgisische Verfassung den Schutz aller in Kirgistan lebender Personen, einschließlich der Uiguren, vorsehe. (IRIN 29. Jänner 2004).

Eine Menschenrechtsorganisation wie Demokratie’ könne nach Angaben von Tursun Islam kaum etwas für die Belange der ethnischen Uiguren machen. Tursun Islam wurde eigenen Angaben zufolge bereits mehrfach am Telefon bedroht, dabei soll ihm vermittelt worden sein, dass sein Schicksal von seinen zukünftigen Aktivitäten abhinge (IRIN 29. Jänner 2004).

Das USDOS erwähnt darüber hinaus Berichte von ethnischen Uiguren über die negative Haltung der kirgisischen Bevölkerung gegenüber der uigurischen Minderheit sowie eine negative Medienberichterstattung. Allerdings weist das USDOS auch darauf hin, dass es eine große Zahl von Geschäften und Restaurants im Besitz von ethnischen Uiguren in den Städten Osch und Bischkek gebe, die im Berichtszeitraum 2003 keinerlei Schikanierung ausgesetzt worden waren (USDOS 25. Februar 2004, Sek. 5 National/Racial/Ethnic Minorities’).

Nach Angaben des Institute for War and Peace Reporting (IWPR) beklagen Uiguren Stigmatisierung der gesamten Volksgruppe durch das Vorgehen der kirgisischen Regierung gegen separatistische Bestrebungen. Es gelte weit verbreitet die Meinung, dass wenn immer es zu einer Straftat komme, ein Angehöriger der uigurischen Minderheit darin verwickelt sein müsse. Sowohl der Staat als auch die Medien schreiben laut IWPR kriminelle Aktivitäten bewusst der in China operierenden separatistischen Bewegung der Uiguren zu. Grundsätzlich, so ein Redakteur einer uigurisch-sprachigen Tageszeitung in Bischkek, trage die anti-uigurische Propaganda zu einer feindlichen Grundhaltung der Gesellschaft gegenüber der uigurischen Gemeinde bei (IWPR 7. August 2004).

Die kirgisische Nachrichtenagentur Kabar News und BBC Monitoring berichten allerdings, dass das kirgisische Außenministerium heimischen Massenmedien die negative Berichterstattung gegenüber Uiguren vorwarf und sich kategorisch gegen die in den Medien kolportierte Gleichsetzung von Uiguren und internationalen Terroristen und Extremisten aussprach.

“Bishkek, 6 February: Due to publication of an article entitled "The Uighurs: Persecutions in Kyrgyzstan rest on Beijing’s soul" by Bakyt Ibraimov on 30 January 2004 in the Kyrgyz mass media, the Ministry of Foreign Affairs considers it necessary to declare the following:
The ethnic Uighurs are citizens of Kyrgyzstan, and are making an important contribution to the economic development of the fatherland, consolidating the democratic basis of our society’s life, and consolidating the sovereignty and security of Kyrgyzstan. The chairperson of the Ittipak (Unity) Society of Uighurs of Kyrgyzstan, Rozimuhamed Abdulbakiyev, in his speech to the third Kyrgyzstan Peoples’ Congress, said that thanks to a balanced national policy, which was neatly set out in President Askar Akayev’s domestic policy doctrine "Kyrgyzstan is our common home", "today the Uighurs of Kyrgyzstan have every opportunity to preserve their language, culture, develop national traditions and customs, and fully enjoy Kyrgyz citizenship rights."
Representatives of the Uighur diaspora are actively participating in the work of state bodies. The Uighurs of Kyrgyzstan support the Kyrgyz president’s policy aimed at achieving political stability in society, and are planning their work in accordance with the laws and constitution of Kyrgyzstan. Along with that, Rozimuhamed Abdulbakiyev expressed his concern about some mass media fulfilling someone’s orders and trying to label the whole nation of Uighurs as international terrorists and extremists, thus stirring up religious and racial tension in society.
The president and government of Kyrgyzstan are categorically against attempts to view the problem of terrorism and extremism through the prism of the ethnic affiliation of criminals. International terrorism has neither nationality nor religious affiliation.” (Kabar News Agency 6. Februar 2004; siehe auch BBC Monitoring 6. Februar 2004)

In der Vergangenheit, so das USDOS, hätte der kirgisische Geheimdienst Uiguren bereits wegen wenig stichhaltiger Anklagen festgenommen; Berichte über derartige Verhaftungen sind laut USDOS im Jahr 2003 nicht bekannt geworden. Allerdings soll der Geheimdienst die uigurische Minderheit in Kirgistan weiterhin überwachen (USDOS 25. Februar 2004, Sek. 1d und 1f).

Auch laut dem Central Asia - Caucasus Analyst steht die uigurische Minderheit in Kirgistan unter strenger Überwachung durch den Staat. Lokale uigurische Organisationen sollen häufig von den staatlichen Sicherheitsorganen besucht worden sein; teilweise wurde auch von Drohungen seitens des Geheimdienstes berichtet (Central Asia - Caucasus Analyst 28. Jänner 2004; siehe auch USDOS 25. Februar 2004, Sek. 1f). Die kirgisischen Massenmedien sollen regelmäßig Artikel veröffentlichen, in denen ethnische Uiguren als Terroristen und Extremisten bezeichnet würden (Central Asia - Caucasus Analyst 28. Jänner 2004).

Die International Helsinki Federation for Human Rights (IHF) konstatiert Besorgnis erregende Entwicklungen im Hinblick auf die Situation ethnischer Minderheiten. So wurde beispielsweise am 25. März 2004 der uigurische Händler Ilschat Gabasow in Bischkek erschossen. Vor allem seit dem Jahr 2000, seit dem sich die kirgisische Regierung um Intensivierung ihrer Beziehung zu China bemüht, sollen sich die Uiguren in Kirgistan nach Angaben der IHF „einer neuen Welle der Verfolgung“ gegenüber ausgesetzt sehen. Seit 2002 wurde der uigurische Markt in der Hauptstadt Bischkek drei Mal niedergebrannt (IHF 12. Juli 2004).

Wir möchten Sie insbesondere auch auf den Reisebericht des Danish Immigration Service hinweisen (siehe Referenzliste: Council of Europe: Note from the General Secretariat to CIREA: Danish fact-finding mission to Kazakhstan and Kyrgyzstan Rf. 5263/02, 24. Jänner 2002), der auf den Seiten 52-57 detaillierte Informationen über die Situation ethnischer Uiguren in Kirgistan sowie zur Organisation ITTIPAK bietet.

Eurasianet berichtet in einem Artikel vom 28. Jänner 2004, dass die kirgisischen Behörden in vergangenen Jahren radikale Uiguren wiederholt für schwere Verbrechen verantwortlich gemacht haben:

“In 1998, a public bus blew up in the southern city of Osh, leading to the arrest of three Uighurs allegedly trained as terrorists in Chechnya. In 2000, the chairman of the Cultural Uighur Council Ittipak was murdered, reportedly for refusing to provide money to finance the Xinjiang separatist effort. Finally, in March 2003, 21 passengers, including 19 Chinese, were killed when an armed group attacked a bus en route from Bishkek to Xinjiang. The Kyrgyz Ministry of the Interior claimed that the perpetrators were two Uighurs who escaped to Turkey.” (Eurasianet 28. Jänner 2004).

AI berichtet im September 2004:

„Am 31. Dezember 2002 wurden in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek drei Uighuren - Ablimit, Tohti Niyaz und Kayser Jalal - laut Berichten wegen Bildung einer „illegalen Organisation für Ostturkistan“ und „illegalen Waffenbesitzes“ zu Gefängnisstrafen von 16, 17 und 25 Jahren verurteilt. Laut Berichten gaben ihre Verteidiger an, dass sie aufgrund fabrizierter Beweismittel schuldig gesprochen wurden. AI befürchtet, dass die förmliche Ratifizierung eines Auslieferungsabkommens zwischen China und Kirgisistan im März 2004 das Risiko erhöht, dass diese Männer nach China überstellt werden, wo ihnen höchstwahrscheinlich Folter und Hinrichtung droht.“ (AI September 2004)

Die International Crisis Group (ICG) berichtet im Hinblick auf die politische Repräsentanz ethnischer Uiguren, dass nach Angaben eines uigurischen Geschäftsmannes kein einziger ethnischer Uigure im kirgisischen Parlament vertreten ist (ICG 11. August 2004, S. 11).

Situation von Mitgliedern der Organisation ITTIPAK

Unter dem Namen ITTIPAK ist eine uigurische, nach Angaben eines an den Europarat gerichteten Reiseberichts vom 24. Jänner 2002 apolitische Organisation, die laut Central Asia - Caucasus Analyst von den chinesischen Behörden als separatistische Organisation eingestuft wird, bekannt (Central Asia - Caucasus Analyst 28. Jänner 2004; Council of Europe 24. Jänner 2002, Par. 3.4.2). Laut Uyghur Human Rights Project (UHRP) wurde die kulturelle Organisation im Jahr 1989 gegründet (UHRP 22. Dezember 2004 b).

Nach Angaben des Uyghur Human Rights Project (UHRP) und BBC Monitoring soll der Organisation ITTIPAK im Dezember 2004 die Abhaltung einer Jubiläumsfeier zum 15-jährigen Bestehen der Organisation von den kirgisischen Behörden untersagt worden sein (bzw. keine Räumlichkeiten für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt wurden). Anlass des Verbots soll nach Angaben von UHRP ein Interview des Vorsitzenden von ITTIPAK, Rozmuhamet Abdulbakiev, gewesen sein, das laut dem Staatssekretär der Republik Kirgistan zu Komplikationen in der Beziehungen zwischen Kirgistan und China beigetragen habe (UHRP 22. Dezember 2004 a; BBC Monitoring 22. Dezember 2004).

Im März 2000 wurde laut Council of Europe (CoE) und Eurasianet der damalige Vorsitzende von ITTIPAK, Nigmatulla Bazakov, erschossen (Eurasianet 28. Jänner 2004). Laut CoE konnte bis dato nicht geklärt werden, ob die politischen Tätigkeiten Bazakovs für den Mord ausschlaggebend waren, oder die Tat in Verbindung mit seinen geschäftlichen Aktivitäten stand (CoE 24. Jänner 2002, S. 54).

Diese Informationen beruhen auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen. Die Antwort stellt keine abschließende Meinung zur Glaubwürdigkeit eines bestimmten Asylansuchens dar.

Quellen:

Situation ethnischer Uiguren

Situation von Mitgliedern der Organisation ITTIPAK

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