Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Sippenhaft durch Taliban von Familienmitgliedern von (angeblichen) Unterstützern der Regierungstruppen, insbesondere in der Provinz Nangarhar (Personengruppen, die von der Sippenhaft betroffen bzw. ausgeschlossen sind; Ausnahmen für Kinder (ggf. Altersgrenze) und geistig bzw. körperlich behinderte männliche Personen) [a-10266-v2]

30. August 2017

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Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) thematisiert in seinen im April 2016 veröffentlichten Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender die Lage von Familienangehörigen unter anderem von Personen, die der Zusammenarbeit mit regierungsnahen Kräften verdächtigt würden:

„Regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) greifen zahlreichen Berichten zufolge Zivilisten an, die der Zusammenarbeit oder der „Spionage“ für regierungsnahe Kräfte, darunter für die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte, verdächtigt werden.“ (UNHCR, 19. April 2016, S. 42)

Regierungsfeindliche Kräfte haben Berichten zufolge Familienangehörige von Personen mit den oben angeführten Profilen als Vergeltungsmaßnahme und gemäß dem Prinzip der Sippenhaft angegriffen. Insbesondere wurden Verwandte, darunter Frauen und Kinder, von Regierungsmitarbeitern und Mitgliedern der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte Opfer von Schikanen, Entführungen, Gewalt und Tötungen.“ (UNHCR, 19. April 2016, S. 47)

Thomas Ruttig, Kodirektor des Afghanistan Analysts Network (AAN), einer unabhängigen, gemeinnützigen Forschungsorganisation mit Hauptsitz in Kabul, die sich mit der Erstellung von Analysen zu politischen Themen befasst, geht in einem im Juni 2017 beim schweizerischen Staatssekretariat für Migration (SEM) in Bern gehaltenen Vortrag wie folgt auf Drohungen durch die Taliban gegenüber Regierungsbeamten, (zivilen) Personen mit Beziehungen zur Regierung sowie Familienmitgliedern ein:

„Es gibt ein ganzes Spektrum von Drohungen durch die Taliban. Das hängt davon ab, wie stark die Kontrolle oder der Einfluss der Taliban in bestimmten Gegenden ist. Wo sie relativ stark sind, da treten sie offener auf. In den meisten Gebieten weiss jeder, wer die Taliban sind. Sie wohnen dann natürlich auch dort, in Gegenden, die sie beherrschen. […]

Dann gibt es Drohbriefe (sog. night letters). Diese richten sich gegen Regierungsoffizielle oder Leute, die Beziehungen mit der Regierung haben, oder Familien, wo man weiss, der Sohn hat sich bei der Polizei oder bei der Armee verdingt. Die night letters werden zugestellt. Es kann sein, dass sie vom Motorrad mit Steinen beschwert vor dem Haus abgeworfen werden. Manchmal sind sie an eine Moscheetüre oder in der Moschee angebracht oder vor dem Haus an einen Baumstamm genagelt. […]

Und was kommt danach? Manchmal kommt überhaupt nichts Konkretes danach. Es kann sein, dass die Taliban einfach versuchen, die Leute einzuschüchtern. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Manchmal kommt ein Schlägerkommando vorbei und schlägt die Leute zusammen. Es wird nicht gleich geschossen. Aber wenn man nach ‚drastischen Massnahmen‘ immer noch nicht einer Aufforderung (etwa zum Quittieren des Dienstes) nachkommt, kann es schon sein, dass man eine Kugel verpasst bekommt.“ (Ruttig, 20 June 2017, S. 13)

Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) schreibt in ihrem Halbjahresbericht vom Juli 2017, dass die Mission in der ersten Jahreshälfte 2017 insgesamt 199 Fälle von gezielter Tötung von Zivilpersonen durch regierungsfeindliche Kräfte verzeichnet habe, die 334 Opfer (220 Tote und 114 Verletzte) zur Folge gehabt hätten (Im ersten Halbjahr 2016 seien 229 derartige Vorfälle verzeichnet worden). Diese Angriffe hätten sich überwiegend etwa gegen Zivilpersonen, denen aufgrund ihrer aktuellen oder früheren beruflichen Tätigkeit Verbindungen zur Regierung bzw. zu den Sicherheitskräften unterstellt würden, oder gegen Familienmitglieder solcher Personen gerichtet.

Weiters schreibt UNAMA, dass Personen aus folgenden Gruppen im ersten Halbjahr 2017 weiterhin Ziel von Entführungen durch regierungsfeindliche Kräfte geworden seien: sich nicht im Dienst befindliche bzw. ehemalige BeamtInnen der afghanischen Polizei, zivile RegierungsmitarbeiterInnen, Familienangehörige von zivilen RegierungsmitarbeiterInnen und Mitgliedern der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte sowie Zivilpersonen, denen Spionage für die Regierung oder Widerstand gegen regierungsfeindliche Kräfte unterstellt wird:

„As in 2016, most civilian casualties – 62 per cent – from targeted killings perpetrated by Anti-Government Elements occurred during attacks deliberately targeting civilians. UNAMA documented 199 incidents of deliberate killings by Anti-Government Elements targeting civilians that resulted in 334 civilian casualties (220 deaths and 114 injured), a decrease in comparison to the same period in 2016 when the mission recorded 229 incidents. Such attacks persisted predominantly against civilians viewed as connected to the Government or security forces through current or former employment, family members, perceived support or outlook.” (UNAMA, July 2017, S. 42)

„As in 2016, Anti-Government Elements continued to target off-duty and former Afghan National Police officers, civilian Government workers, family members of civilian Government workers and Afghan national security forces, civilians believed to be government spies as well as civilians perceived to oppose Anti-Government Element values.” (UNAMA, July 2017, S. 43)

UNAMA führt in seinem im Februar 2017 veröffentlichten Jahresbericht 2016 aus, dass regierungsfeindliche Gruppen während des Jahres 2016 neben zivilen RegierungsmitarbeiterInnen (auch solchen, die sich außer Dienst befunden hätten) häufig auch Zivilpersonen entführt hätten, denen sie unterstellt hätten, Verbindungen zur Regierung zu haben bzw. für diese zu arbeiten. Weiters hätten regierungsfeindliche Kräfte Minderjährige entführt, vor allem Jungen im Alter von 16 bis 17 Jahren, denen unterstellt worden sei, die Regierung zu unterstützen oder Mitglieder der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte zu sein oder Verbindungen zu rivalisierenden regierungsfeindlichen Gruppen zu haben. So hätten regierungsfeindliche Kräfte im November 2016 einen Mann und zwei Jungen unter der Annahme entführt, dass ihre Familienmitglieder für die Regierung tätig seien. Die Entführten seien nach Verhandlungen durch lokale Stammesführer freigelassen worden. Darüber hinaus hätten regierungsfeindliche Gruppen auch ZivilistInnen aus finanziellen Motiven entführt, um dann Lösegeld zu erpressen.

Wie UNAMA bemerkt, seien die meisten Entführungsopfer nach Lösegeldzahlungen oder Verhandlungen durch lokale Stammesführer freigelassen worden. Allerdings hätten regierungsfeindliche Gruppen jedoch Personen, die als außer Dienst befindliche Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte, als deren Familienmitglieder oder als zivile Regierungsmitarbeiter identifiziert worden seien, oder auch vermeintliche Regierungsspione, nach deren Entführung getötet. Regierungsfeindliche Gruppen hätten zudem Zivilpersonen im Zuge von Entführungen geschlagen, gefoltert oder angeschossen.

UNAMA weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass regierungsfeindliche Kräfte Massenentführungen von Zivilpersonen vorgenommen habe, mit dem Ziel, Druck auf die Regierung auszuüben. So hätten regierungsfeindliche Kräfte im März 2016 200 männliche Zivilpersonen entführt, die sie als Verwandte von Mitgliedern der Sicherheitskräfte angesehen hätten, nachdem drei Familienmitglieder eines hochrangigen Mitglieds der betreffenden aufständischen Gruppe entführt worden seien. Nachdem die Behörden letztere freigelassen hätten, seien auch die Aufständischen ihre Entführtungsopfer freigelassen.

Weiters schreibt UNAMA, dass parallele Justizstrukturen der Aufständischen Zivilpersonen bestraft hätten, denen familiäre oder berufliche Verbindungen zu den Sicherheitskräften oder zur Regierung vorgeworfen worden seien.

UNAMA berichtet weiters, dass Kämpfer der Gruppe Islamischer Staat – Provinz Chorasan (Islamic State Khorasan Province, ISKP) im Jahr 2016 häufig gegen Zivilpersonen in der Provinz Nangarhar vorgegangen sei, darunter gegen Stammesführer und Mitglieder der afghanischen lokalen Polizei (ALP) sowie von lokalen bewaffneten Gruppen, die mit den Aufständischen verfeindet seien. So seien ISKP-Kämpfer im Juni 2016 in mehrere Dörfer im Distrikt Kot eingefallen und dort in die Häuser solcher Personen eingedrungen, wie auch in die Häuser von Familien, die sie als regierungsfreundlich angesehen hätten, und hätten die HausbewohnerInnen bedroht und schikaniert. Dabei sei ein Kind getötet und zwei weitere Personen verletzt worden:

„Anti-Government Elements primarily abducted boys aged 16 and 17 whom they perceived to be government supporters, members of the Afghan national security forces, or linked to rival Anti-Government Elements. For example, on 13 November, in Alishang district, Laghman province, Anti-Government Elements abducted a man and two boys from a vehicle based on an assumption that their family members worked for the Government. Anti-Government Elements subsequently released the three individuals following negotiations with local elders.” (UNAMA, 6. Februar 2017, S. 27)

„UNAMA observed that Anti-Government Elements frequently kidnapped civilians based on suspicions that they had connections to, or worked for, the Government, in addition to the targeted abduction and kidnapping of civilian Government employees, including off-duty ANP. However, Anti-Government Elements also abducted civilians for financial gain, with release predicated on payment of a substantial ransom.

Anti-Government Elements released most abductees unharmed following payment of ransoms or negotiations with local elders. Notwithstanding, Anti-Government Elements often killed those abductees identified as off-duty members of the Afghan national security forces, their family members or civilian Government staff, as well as people perceived to be government spies. Anti-Government Elements injured civilians during abductions predominantly by beating or torturing abducted civilians or injuring them by shooting during the initial abduction. […]

UNAMA is also concerned by the mass abduction of civilians by Anti-Government Elements in an attempt to leverage the Government. For example, on 21 March in Warduj district, Badakhshan province, Anti-Government Elements detained 200 male civilians, including at least four boys, believed to be relatives of members of the Afghan national security forces in response to the arrest of three family members of one of their local high-ranking members. All detainees were subsequently freed following the release of the Anti-Government member’s relatives.” (UNAMA, 6. Februar 2017, S. 74)

„UNAMA also documented the imposition of punishments by parallel justice structures on civilians accused of having family or working relations with the Afghan national security forces or the Government.” (UNAMA, 6. Februar 2017, S. 76)

„UNAMA notes with concern that Daesh/ISKP fighters frequently targeted civilians and civilian objects in Nangarhar province in 2016, including tribal elders and religious, education, and healthcare facilities.323 For example, on 24 June, Daesh/ISKP fighters entered several villages in Kot district, Nangarhar province, targeting Afghan Local Police and members of local uprising groups (community members who arm themselves against Anti-Government Elements). Sources reported that Daesh/ISKP fighters entered the family homes belonging to these categories, as well as those of families perceived to be pro-Government, and threatened and harassed those inside. While entering houses, the Daesh/ISKP fighters shot dead a five-year-old boy and injured two others by shooting, while an elderly lady died of a heart attack during the offensive.” (UNAMA, 6. Februar 2017, S. 86)

Das Institute for War and Peace Reporting (IWPR), ein in London ansässiges internationales Netzwerk zur Förderung freier Medien, berichtet in einer Reportage vom Jänner 2017 über mehrere Fälle in der Provinz Parwan, bei denen Familienmitglieder von Mitgliedern der Polizei zum Ziel von Gewalt von Taliban geworden oder von den Taliban bedroht worden seien. So sei eine Frau gezwungen gewesen, ihr Haus im Distrikt Shinwari zu verlassen, nachdem Taliban ihren Ehemann getötet hätten, da ihr Schwager ein örtlicher Polizeikommandant gewesen sei. Eine dreimonatige Studie von IWPR habe ergeben, dass zahlreiche Zivilpersonen in der Provinz Opfer von Vergeltungsschlägen aufständischer Gruppen geworden seien. Nach Angaben des Vize-Sprechers des afghanischen Innenministeriums würden die Aufständischen mittels Schikanen versuchen, die lokale Bevölkerung davon abzubringen, für den Staat zu arbeiten. Es sei das Ziel der Taliban, unterschiedliche Taktiken anzuwenden, um den Sicherheitskräften Schaden zuzufügen, und Bedrohungen und Einschüchterungen von Familienmitgliedern sei eines dieser Mittel, so der Ministeriumssprecher. Manchmal würden Menschen allein aufgrund ihrer Verbindungen zu Polizisten oder Soldaten erschossen. So habe der Kommandant des gemeinsamen Stützpunkts der Sicherheitskräfte in Parwan angegeben, dass die Taliban mehr als 20 Personen in den Distrikten Shinwari, Siyahgird und Koh-e Safi allein deshalb getötet hätten, da sie Familienmitglieder gehabt hätten, die bei der afghanischen Polizei oder in der Armee tätig seien. Im Dezember 2016 hätten Taliban zudem drei Verwandte von Mitgliedern der Sicherheitskräfte (darunter zwei Brüder) im Gebiet Ashtar des Distrikts Shinwari entführt und erschossen. In anderen Fällen seien Verwandte nach Bedrohungen durch die Taliban zur Flucht gezwungen gewesen. IWPR habe Dutzende Familien interviewt, die vor solchen Bedrohungen geflohen seien.

Eine Frau, die mit ihren Enkeln und ihrer Schwiegertochter geflohen sei, nachdem ihr Sohn von den Taliban wegen Spionagevorwurfs getötet worden sei, da er sich geweigert habe, sich dem Aufstand anzuschließen, habe erklärt, dass die Taliban Familienangehörige von Personen, die für die Regierung arbeiten würden, schikanieren, foltern und sogar töten würden. Ein weiterer Interviewpartner habe angegeben, dass sein Bruder Polizist gewesen sei und die Taliban daher dessen Schwiegertochter entführt hätten. Nun würden die Taliban verlangen, dass sich ihr Ehemann von ihr scheiden lasse, damit einer der Taliban-Kämpfer sie heiraten könne. Die Taliban hätten indes alle Vorwürfe der Misshandlung von Familienmitgliedern von Mitgliedern der Sicherheitskräfte zurückgewiesen:

„Relatives of both of state security operatives and insurgents say they are subject to harassment from the other side.

Gul Khanim, 30, was forced to leave her home in Parwan province’s Shinwari district after the Taleban killed her husband four years ago. […]

‘One day the Taleban stopped my husband’s car, took him out and murdered him just because my brother-in-law Abdul Maalik was a local police commander,’ she told IWPR. ‘I was so scared, I didn’t say a word because I thought they would kill me.’ […]

A three-month IWPR investigation has revealed how numerous civilians in Parwan province have fallen victim to retaliatory attacks by insurgent forces. […]

Najib Danish, the deputy spokesman of the ministry of interior affairs, said that such harassment was one way the insurgents’ tried to discourage local people from working for the state.

‘The Taleban want to use various tactics to harm the security forces,’ he continued. ‘Threatening and intimidating their family members is one of their methods. The Taleban aim to dishearten and frighten security officers through pressure and coercion.’

Sometimes people were summarily executed for no other reason than their link to police officers or soldiers.

Alozai Ahmadi, the commander of the security forces’ joint base in Parwan, told IWPR, ‘More than 20 people have been killed by the Taleban in Shinwari, Siyahgird and Koh-e Safi districts just because members of their family were in the Afghan police force and national army.’

Ahmadi continued, ‘In the second week of December 2016, the Taleban seized three relatives of a member of the security forces, including two brothers, in the Ashtar area of Shinwari district in Parwan. All three were shot.’

In other cases, relatives were forced to flee their homes because of threats from the Taleban, Ahmadi explained.

‘Forty-two families from the Yakh Dara and Syedan areas of Siyahgird district and 35 families from the Qawl Heer area of Shinwari district have had to move to more secure areas like Hofyan, Sharif, Tatmadra and the centre of Siyagird district. Some families have even gone to Kabul and other areas,’ he said.

IWPR met and interviewed tens of families who had been displaced due to such threats.

Bibi Ayesha, 60, is from Kuhn De in Shinwari district but now lives in rented accommodation in the centre of the province.

‘The Taleban killed my 18-year old young son because he refused to join them. The fighters accused him of spying for the government,’ she said. ‘I, along with my five grandsons and my daughter-in-law ran away from our home and came to the centre of Parwan province. If we had not escaped, we would have been killed by the Taleban too.’

She said that her experience was far from unique, adding, ‘The Taleban harass, torture and even kill the family members of those who work for the Afghan government.’

Abdul Samad, a 50-year old tribal elder from Hofyan Sharif in central Parwan center, said, ‘Two hundred families of security forces, of whom 30 are relatives of local police officers, have moved to Hofyan Sharif and the Tatmadra area of central Parwan from Shinwari district and these families now have many problems.’

Those who stay put risk injury or kidnapping.

Noor Mohammad, who lives in the Qawl Heer area of Shinwari district, said, ‘Because my brother was a local policeman, his daughter-in-law was held hostage by the Taleban and now the Taleban want her husband to divorce her wife so that one of the Taleban fighters can marry her.’ […]

Deputy Parwan governor Shah Wali Shahid acknowledged that relatives of security forces personnel had been targeted, but denied that there had been any retribution.

‘The Taleban have killed some family members of the security forces, but government officials have not tortured or threatened relatives of Taleban. Their claims are false.’

But Parwan police chief Mohammad Zaman Mamozai appeared to contradict this when he described an incident that took place some months ago.

‘Last year one of the relatives of a local policeman was taken hostage by the Taleban in the Siyahgird district of Parwan, so Afghan police forces had to take a relative of a Taleban member hostage,’ he said. ‘After some days, when the Taleban freed the local policeman’s family member, police forces also freed the Taleban fighter’s relative in exchange.’

Although IWPR interviewed dozens of families threatened by the Taleban, the armed group also denied all such allegations.

Taleban spokesman Zabiullah Mujahid said that it was the state’s forces that were carrying out revenge attacks and intimidation campaigns.

‘Thirty relatives of Taleban members have been tortured, wounded and even killed by the Afghan security forces in Shinwari, Siyahgird and Koh-e Safi districts,’ he told IWPR in a telephone interview

‘If the relatives of members of the security forces are tortured, harassed or injured by our group, we investigate such cases,’ he continued. ‘Our policies do not permit us to abuse these families.’” (IWPR, 27. Jänner 2017)

Die afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News (PAN) schreibt im Februar 2017 unter Berufung auf den Gouverneur der Provinz Parwan, dass es die Politik der Taliban sei, Familienangehörige und Verwandte von Mitgliedern der Sicherheitskräfte zu schikanieren. Dieses Phänomen sei in der gesamten Provinz zu beobachten. Solche Vorwürfe seien vom Sprecher der Taliban zurückgewiesen worden:

„Governor Mohammad Asem Asem charges harassing families and relatives of security forces has been Taliban’s policy -- a problem experienced across the province. But Taliban spokesman Zabihullah Mujahid rejects the allegation as groundless. ‘It is the enemy’s propaganda. I vehemently reject this. ‘I also want to say if any police or local security official has been killed, it is due to the crimes they committed and their relatives have never been harassed.’ Mujahid denied the Taliban forced relatives of security forces to leave their homes. Some outfits calling themselves local uprising groups have to migrate when Taliban capture their areas. ‘We never intimidate innocent people. If anyone is threatened by other individuals posing as Taliban, we would punish them,’ Mujahid warns.” (PAN, 15. Februar 2017)

Thomas Ruttig, Kodirektor des Afghanistan Analysts Network (AAN), schreibt in einer E-Mail-Auskunft vom 25. August 2017, dass sich die Taliban (und andere irreguläre bewaffnete Kräfte) bei Rachehandlungen an keine Altersgrenze halten würden. Das jüngste Massaker in der Provinz Sar i Pul zeige, dass auch Teenager betroffen sein können, es sei nicht klar, wie weit die Altersgrenze dabei heruntergehen könne. Männliche Personen mit geistiger oder körperlicher Behinderung seien wahrscheinlich ebenfalls nicht grundsätzlich von Rachehandlungen ausgenommen. Als Beispiel nennt Ruttig den Fall eines von den Taliban bei der Eroberung von Kunduz im September 2015 ermordeten behinderten ehemaligen Kommandeurs der afghanischen Lokalpolizei (ALP). (Ruttig, 25. August 2017)

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 30. August 2017)

·      IWPR - Institute for War and Peace Reporting: Afghanistan: civilians caught up in revenge attacks, 27. Jänner 2017 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/335822/478378_de.html

·      PAN - Pajhwok Afghan News: Taliban, security forces accused of harassing civilians, 15. Februar 2017
https://www.pajhwok.com/en/2017/02/15/taliban-security-forces-accused-harassing-civilians

·      Ruttig, Thomas: Notiz Afghanistan: Alltag in Kabul; Referat von Thomas Ruttig (Afghanistan Analysts Network) am 12. April 2017, 20. Juni 2017 (veröffentlicht von SEM) https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/asien-nahost/afg/AFG-alltag-kabul-d.pdf

·      Ruttig, Thomas: E-Mail-Auskunft, 25. August 2017

·      UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan Protection of Civilians in Armed Conflict; Annual Report 2016, 6. Februar 2017 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1486385735_protection-of-civilians-in-armed-conflict-annual-report-2016-feb2017.pdf

·      UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan; Protection of Civilians in Armed Conflict; Midyear Report 2017, Jul 2017 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1500295293_protection-of-civilians-in-armed-conflict-midyear-report-2017-july-2017.pdf

·      UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan, 19. April 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1471846055_unhcr-20160419-afg-richtlinien-de.pdf