Document #1125263
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Author)
24. September 2014
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Der US-Nachrichtendienst Central Intelligence Agency (CIA) vermerkt in seinem World Fact Book unter Berufung auf Daten aus dem Jahr 2012, dass das Alter für die Wehrpflicht bei 18 Jahren liege. Der Wehrdienst dauere 18 Monate:
„18 years of age for compulsory military service; 16 years of age for volunteers; 17 years of age for Law Enforcement Forces; 15 years of age for Basij Forces (Popular Mobilization Army); conscript military service obligation is 18 months; women exempt from military service (2012)” (CIA, 22. Juni 2014)
[Passage des deutschen Auswärtigen Amtes (AA) entfernt]
Das niederländische Außenministerium (Ministerie van Buitenlandse Zaken, BZ) bemerkt in seinem im Dezember 2013 veröffentlichten Länderbericht, dass junge Männer ab 18 Jahren, die zum Wehrdienst einberufen wurden und sich nach der Einberufung nicht bei den Behörden melden, als Wehrdienstverweigerer betrachtet würden. Im Iran gebe es keinen Wehrersatzdienst, und eine Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen werde nicht anerkannt. Die Verweigerung bzw. Umgehung des Wehrdienstes sei strafbar. Entziehe sich eine Person in Friedenszeiten für bis zu drei Monate (bzw. 15 Tage in Kriegszeiten) dem Wehrdienst, werde die Dauer des verpflichtenden Wehrdienstes um drei Monate verlängert. Entziehe sich jemand in Friedenszeiten länger als drei Monate (bzw. in Kriegszeiten länger als 15 Tage) dem Wehrdienst, so werde die Dauer des Wehrdienstes um sechs Monate verlängert. Bei noch längerer Wehrdienstentziehung (ein Jahr in Friedenszeiten bzw. zwei Monate in Kriegszeiten) drohe außerdem ein Strafverfahren vor einem Militärgericht. Weiters müssten Wehrdienstverweigerer mit dem Entzug sozialer und bürgerlicher Rechte wie etwa dem Recht auf Arbeit, auf Bildung oder auf Gründung eines eigenen Unternehmens rechnen. Wie das BZ in diesem Zusammenhang anmerkt, werde im Fall, dass sich die betreffende Person freiwillig doch noch zum Wehrdienst melde, die Dauer des Wehrdienstes als Strafe um drei Monate verlängert. Bei Personen, die wegen Wehrdienstentziehung verhaftet worden seien, verlängere sich der Wehrdienst um sechs Monate.
Im Fall einer Desertion hänge das Strafmaß von dem Umständen ab, unter denen die Desertion erfolgt sei, etwa davon, ob diese zu Friedens- oder Kriegszeiten, während des Dienstes oder im Urlaub begangen worden sei bzw. bei welcher Art von Tätigkeit bzw. Mission es zur Desertion gekommen sei. Weiters sei relevant, ob die betreffende Person mit oder ohne Waffen, Munition und Kriegsgerät desertiert sei und ob der Fall unter die Kompetenz der Militärgerichte (in Friedenszeiten) oder eines militärischen Standgerichts (in Kriegszeiten) falle. Ob die iranischen Behörden in der Praxis aktiv gegen Wehrdienstverweigerer und Deserteure ermitteln und sie strafrechtlich verfolgen würden, sei dem BZ nicht bekannt:
„Jonge mannen, die vanaf hun 18e jaar worden opgeroepen voor militaire dienst en zich na hun oproep niet melden bij de autoriteiten, worden gezien als dienstweigeraar. Iran kent geen vervangende dienstplicht en gewetensbezwaren worden niet erkend. Dienstweigering of -ontduiking is wettelijk strafbaar. Bij drie maanden dienstplichtontduiking in vredestijd (of vijftien dagen in oorlogstijd) wordt de militaire dienstplicht verlengd met drie maanden. Bij meer dan drie maanden dienstplichtontduiking in vredestijd (of meer dan vijftien dagen in oorlogstijd) wordt de militaire dienstplicht verlengd met zes maanden. Bij langere dienstplichtontduiking (één jaar in vredestijd of twee maanden in oorlogstijd) riskeert men bovendien een strafzaak voor een militaire rechtbank. Dienstweigeraars kunnen voorts te maken krijgen met onthouding van sociale en civiele rechten, waaronder het recht op werk, onderwijs of het opzetten van een eigen bedrijf.“ (BZ, 24. Dezember 2013, S. 49)
„Indien betrokkene zichzelf alsnog aanmeldt voor de militaire dienstplicht, wordt de dienstplichttermijn als strafmaatregel verlengd met drie maanden. Indien betrokkene wordt opgepakt wegens dienstplichtontduiking, is sprake van een verlenging van de dienstplichttermijn met een half jaar.“ (BZ, 24. Dezember 2013, S. 49, FN 277)
„Bij desertie hangt de straf af van de omstandigheden waaronder de desertie heeft plaatsgevonden, zoals oorlogs- of vredestijd, in dienst of met verlof, het type opdracht/missie, of hij deserteerde met of zonder wapens, munitie of ander oorlogsgerei, en of de zaak onder de jurisdictie van militaire rechtbanken (in vredestijd) of militaire krijgsraad (in oorlogstijd) valt. Of de Iraanse autoriteiten in de praktijk een actief opsporings- en vervolgingsbeleid tegen dienstweigeraars en deserteurs voeren, is niet bekend.“ (BZ, 24. Dezember 2013, S. 49-50)
War Resisters’ International (WRI), ein weltweites Netzwerk von Antimilitaristen, Kriegsdienstverweigerern und Pazifisten mit Sitz in London, schreibt in einem älteren Beitrag vom April 1998, dass Wehrdienstentziehung und Desertion nach dem „Gesetz zu Strafen für Verbrechen betreffend die Streitkräfte“ von 1992 bestraft werde. Dieses sehe unterschiedliche Strafen für unbefristete und befristete Angehörige der Streitkräfte vor. Für befristete Angehörige der Streitkräfte (Wehrdienstleistende) seien folgende Strafen möglich: Unerlaubtes Fernbleiben für eine Dauer von mehr als 15 Tagen ohne zulässigen Grund werde mit einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zwei Jahren und/oder mit einer zwölfmonatigen Verlängerung des Wehrdienstes bestraft. Desertion werde mit zwei bis zwölf Monaten Gefängnis bestraft, falls sich der Deserteur freiwillig der Polizei stelle.
Weiters bemerkt WRI, dass im Islamischen Strafgesetzbuch von 1996 Wehrdienstentziehung und Desertion nicht explizit erwähnt würden. Allerdings sei es wahrscheinlich, dass einige Artikel des Strafgesetzbuchs, darunter Artikel 504, auf Wehrdienstentziehung und Desertion anwendbar seien:
„Draft evasion and desertion are punishable under the 1992 Law on Punishment of Crimes Concerning the Armed Forces, which prescribes different penalties for permanent and for temporary members of the armed forces. The following information concerns the possible punishment for temporary members of the armed forces (conscripts).
Absence without leave for more than 15 days without a valid reason is punishable by six months' to two years' imprisonment and/or 12 months extension of military service;
Desertion is punishable by two to 12 months' imprisonment in case the deserter surrenders himself to the authorities. […]
In 1996 the Tazi'rat (the Islamic criminal code) was amended to prescribe harsher punishments for several offences. Although draft evasion and desertion are not specifically mentioned in the Tazi'rat, it seems likely that some articles, notably arts. 504 and 509, apply to draft evasion and desertion.” (WRI, 5. April 1998)
Das iranische Islamische Strafgesetzbuch von 1996, von dem eine im Jänner 2012 novellierte Fassung im Jahr 2013 verabschiedet wurde, regelt in Artikel 504, dass jede Person, die mit der Absicht, die Regierung zu stürzen oder die sich im Kampf befindlichen nationalen Streitkräfte zu besiegen, Kombattanten bzw. Angehörige der Streitkräfte erfolgreich zur Rebellion, zu Fahnenflucht, zur Kapitulation oder zur Befehlsverweigerung anstachelt, als Mohareb (d.h. eine Person, die ihre Waffen gegen die Gott bzw. den Staat erhebt, Anm. ACCORD) anzusehen ist. Wenn eine Person solche Taten begeht, ohne die oben genannte Absicht zu verfolgen, so ist sie im Falle der erfolgreichen Begehung mit zwei bis zehn Jahren Gefängnis zu bestrafen. Bei nicht erfolgreicher Ausführung der Tat ist die Person mit sechs Monaten bis drei Jahren Gefängnis zu bestrafen:
„Article 504- Anyone who effectively encourages combatants or those in military forces to rebel, escape, surrender, or disobey military orders, with the intention to overthrow the government or to defeat national forces against the enemy, shall be considered as mohareb; otherwise [if he does not possess the intention] if his acts are effective he shall be sentenced to two to ten years, and if not, to six months to three years’ imprisonment.” (Islamisches Strafgesetzbuch der Islamischen Republik Iran, 2013, Artikel 504)
In einem älteren gemeinsamen Fact-Finding-Mission-Bericht vom April 2009 schreiben die Dänische Einwanderungsbehörde (DIS) und der Dänische Flüchtlingsrat (DRC) unter Berufung auf einen Rechtsanwalt in Teheran, dass Personen, die aus der Armee desertiert seien, nach ihrer Rückkehr in den Iran verpflichtet seien, ihren Wehrdienst fortzusetzen, sofern sie das Alter von 40 Jahren noch nicht erreicht hätten. Personen, die desertiert seien bzw. sich dem Wehrdienst entzogen hätten und bei ihrer Rückkehr über 40 Jahre alt sein, würden eine Geldstrafe und möglicherweise auch eine Gefängnisstrafe erhalten. Diesbezügliche Gerichtsentscheidungen würden allerdings willkürlich gefällt. Sei eine Person jedoch begnadigt worden, werde sie nach ihrer Rückkehr nicht bestraft. Nach Angaben desselben Rechtsanwalts könnten Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, bestraft werden: Zum einen würde sich die Dauer des Wehrdienstes verlängern. Gemäß früherer Rechtslage könne eine Person, die sich dem Wehrdienst entzogen habe, anstelle einer Verlängerung des Wehrdienstes auch mit einer Geldstrafe in Höhe von einigen Tausend US-Dollar belangt werden. Laut dem Anwalt sei jedoch noch abzuwarten, wie gewisse Gesetzesänderungen, die es kürzlich gegeben habe, in der Praxis umgesetzt würden, d.h. ob eine Person mit einer Geldstrafte belangt oder ihr Wehrdienstes verlängert werde:
„A person who deserts from the army will have to continue the military service upon return, if he is under the age of 40. Individuals who are over the age of 40 will not be asked to do military service. If a person has deserted or evaded the military service and returns to Iran after the age of 40, he will receive a financial punishment and possibly imprisonment. This is subject to arbitrary ruling. However, if the person has been subject to a pardon he will not face punishment on return to Iran.
According to the Attorney at Law, a person who evades military service may be punished. According to Military Law, if a person had to serve 20 months of military service and evades, the length of the service will increase to 24 or 26 months. The Attorney at Law added that according to ‘previous legislation’ a person may also be fined a few thousand US Dollars instead of serving extended military service. However, the Attorney at Law stated that it is still to be seen how recent changes in law are used in practice, i.e. whether a person will be fined or must serve extra time.” (DIS/DRC, 30. April 2009, S. 47)
Die im Jahr 2012 gegründete, in Washington D.C. ansässige Medienwebsite Al-Monitor, die schwerpunktmäßig über den Nahen Ostens berichtet, bemerkt in einem Artikel vom Dezember 2013, dass Männer, die keinen Wehrdienst ableisten und auch nicht vom Wehrdienst ausgenommen seien, nicht für Jobs in der Regierung in Frage kämen und üblicherweise auch keinen Zugang zu gut bezahlten Jobs hätten. Sie könnten zudem auch keinen Reisepass beantragen:
„Men who do not serve in the military or have not been exempted are ineligible for government jobs and typically are not hired for high-paying jobs. They also cannot apply for a passport.” (Al-Monitor, 19. Dezember 2013)
Conscience and Peace Tax International (CPTI), eine in Belgien registrierte NGO, die sich unter anderem für Wehrdienstverweigerer einsetzt, hält in einem Bericht vom Dezember 2010 fest, dass es keine Belege dafür gebe, dass im Iran rechtliche Bestimmungen existieren würden, in denen Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen vorgesehen sei. Zwar würden keine Berichte über Fälle von Wehrdienstverweigerung vorliegen, allerdings beweise dies nicht, dass Derartiges im Iran unbekannt sei. Es könne durchaus der Fall sein, dass potentielle Wehrdienstverweigerer um ihrer eigenen Sicherheit willen insbesondere gegenüber den Einberufungsbehörden ihre Haltung nicht zum Ausdruck bringen würden:
„It is not recorded that any provision exists in Iran to accommodate conscientious objectors to military service. Although there have been no reports of individual cases, this does not prove that such objections are unknown; it could well be that any potential conscientious objector might have felt unsafe in expressing these, particularly to the recruitment authorities.” (CPTI, Dezember 2010)
Der staatliche Rundfunk der Islamischen Republik Iran zitiert in seinem Fernsehprogramm für die nordiranische Provinz Mazandaran den dortigen stellvertretenden Polizeikommandanten für Wehrdienstangelegenheiten mit der Aussage, dass die Polizei mit der Identifizierung und Verhaftung von Deserteuren befasst sei:
„Deputy police commander for military service affairs, Col Siyahchehreh, has urged governmental and private organizations and companies not to recruit military deserters. Siyahchehreh has also stressed that the identification and arrest of deserters is on the agenda of the police.” (Vision of the Islamic Republic of Iran - Mazandaran Provincial TV, 17. September 2013)
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 24. September 2014)
· AA - Auswärtiges Amt (Deutschland): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, 11. Februar 2014
· Al-Monitor: Iran may increase compulsory military service by three months, 19. Dezember 2013
· BZ – Außenministerium der Niederlande: Algemeen Ambtsbericht Iran, 24. Dezember 2013
· CIA – Central Intelligence Agency: The World Factbook, 22. Juni 2014
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ir.html
· CPTI - Conscience and Peace Tax International, Submission to the 101st Session of the Human Rights Committee: March 2011 for the attention of the Country Report Task Force on Conscientious objection to military service and related issues; Iran, Dezember 2010 (veröffentlicht von UN Human Rights Committee, verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1305723384_cpti-iran-hrc100.pdf
· DIS - Danish Immigration Service/ DRC - Danish Refugee Council: Fact finding mission to Iran 24 August - 2 September 2008, 30. April 2009 (veröffentlicht von DIS)
http://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/90D772D5-F2DA-45BE-9DBB-87E00CD0EB83/0/iran_report_final.pdf
· Islamisches Strafgesetzbuch der Islamischen Republik Iran (Fünftes Buch) (veröffentlicht von Iran Human Rights Documentation Center, IHRDC), 22. Mai 1996, letzte Novelle Jänner 2012, verabschiedet 2013
· Vision of the Islamic Republic of Iran - Mazandaran Provincial TV: Provincial News, 17. September 2013 (veröffentlicht von BBC Monitoring)
· WRI – War Resisters’ International: Iran, 5. April 1998
http://www.wri-irg.org/programmes/world_survey/reports/Iran