3. August 2012
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1) Diskriminierung und Übergriffe gegen die religiöse Minderheit religiösen Minderheit der Yaresan oder Ahl-e Haq
Laut einem Bericht des Iran Human Rights Documentation Center (IHRDC) vom April 2012 sei die schiitische kurdische Bevölkerung und eine kleinere religiöse Minderheit, die Yaresan oder Ahl-i Haqq, großteils in den Provinzen Kermanshah und Ilam angesiedelt:
„The Shi’a Kurdish population, and a smaller minority who follow the Yaresan, or Ahl-i Haqq religious tradition, is largely centered in Kermanshah and Ilam Provinces.“ (IHRDC, 11. April 2012)
M. Reza Fariborz Hamzeh'ee, Assistenz-Professor an der Universität Razi in Kermanshah, erwähnt in einem Buch mit dem Titel “Syncretistic Religious Communities in the Near East ” vom April 1995 die religiöse Minderheit Ahl-e Haqq im Iran, die auch als Yâresân bezeichnet würde (M. Reza Fariborz Hamzeh'ee, April 1995, S. 102).
Laut Angaben auf der Website des Institutes für Arabische und Islamische Studien an der Universität von Exeter seien die Yaresan oder Ahl-i Haqq eine nicht-muslimische Kultur im Westen des Iran. Der Großteil der Yaresan sei kurdisch-sprachig. Die wichtigsten religiösen und sozialen Codes der Yaresan seien insbesondere in ritueller Musik enthalten:
„The Yaresan/Ahl-i Haqq are a non-Muslim culture based in Western Iran. Most of the Yaresan are Kurdish-speaking, but there is also an Azeri Turkish-speaking part of the community. The Yaresan’s main religious and social codes are contained in, and conveyed through, music (ritual music in particular).” (University of Exeter, ohne Datum)
Amnesty International (AI) schreibt in seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage vom Mai 2012 (Berichtszeitraum: 2011) Folgendes zu Angehörigen religiöser Minderheiten, darunter die Gemeinschaft der Ahl-e Haqq:
„Angehörige religiöser Minderheiten sahen sich weiterhin ständigen Verfolgungen ausgesetzt. Betroffen waren vor allem Personen, die vom Islam zum Christentum konvertiert waren, Anhänger der Baha'i-Glaubensgemeinschaft, oppositionelle schiitische Geistliche sowie die Gemeinschaften der Ahl-e Haqq und der Derwische.” (AI, 24. Mai 2012)
Im Februar 2012 berichtet AI, dass im Jahr 2012 Berichten zufolge mindestens ein Ahl-e Haq-Schrein von iranischen Behörden zerstört worden sei. Die Behörden hätten zudem Versuche zum Wiederaufbau verhindert. Seit der Präsidentenwahl im Jahr 2009 sei es vermehrt zu Verfolgungshandlungen gegen Mitglieder der Ahl-e Haq-Gemeinschaft gekommen. Insbesondere religiöse Minderheiten, die in der Verfassung nicht anerkannt seien, wie die Ahl-e Haq, seien der Gefahr ausgesetzt, Opfer von Diskriminierung und Verfolgung zu werden:
„At least one Ahl-e Haq shrine was reportedly destroyed in 2011 by Iranian officials, who also blocked attempts by worshippers to rebuild it.
Persecution of religious minorities, including converts to Christianity, Baha’is, dissident Shi’a clerics and members of the Ahl-e Haq and Dervish communities has increased since the 2009 presidential elections. […]
The Iranian Constitution recognizes only Islam, Christianity, Judaism and Zoroastrianism. Religious minorities not recognized under the Constitution, such as the Baha’is and Ahl-e Haq, are particularly at risk of discrimination and persecution. Sunni Muslims, Sufis and dervishes and Shi’a Muslims who oppose the state view of the theological basis of the Islamic Republic of Iran are also liable to persecution.” (AI, 28. Februar 2012, S. 51-73)
Im September 2011 berichtet AI des Weiteren, dass Angehörige der religiösen Minderheit der Ahl-e Haq kein gesetzliches Recht hätten, ihren Glauben gemeinschaftlich auszuüben. Beamte würden die Anwesenheit nicht anerkannter religiöser Minderheiten in Schulen und an Arbeitsplätzen überwachen. Bei Verbrechen wie Mord würden Opfer, die Angehörige nicht anerkannter religiöser Minderheiten seien, nicht als vor dem Gesetz gleichberechtigte Personen betrachtet:
„Religious minorities which are not recognized under the Constitution, such as the Baha’is and Ahl-e Haq are particularly at risk of discrimination and persecution. They have no right in law to practise their faith communally. Officials monitor the presence of unrecognized religious minorities in schools and workplaces. For some crimes such as murder, victims who are members of unrecognized religious minorities are not regarded as persons with full equality before the law.” (AI, September 2011, S. 21)
Die Human Rights Activists News Agency (HRANA) berichtet im Dezember 2011, dass iranische Sicherheitskräfte den Wiederaufbau des Sayed Farokh-Schreins im Bezirk Jalalvand, in der Provinz Kermanshah verhindert hätten. Der Schrein gehöre einer religiösen Minderheit, die gemeinhin als Ahl-e Haqq oder Yaresan bekannt sei. Der Großteil der EinwohnerInnen des Bezirks Jalalvand seien Angehörige der Ahl-e Haqq. In den vergangenen Jahren habe die iranische Regierung die EinwohnerInnen von der Ausübung ihres Glaubens abgehalten, um sie zur Annahme der schiitischen Glaubensrichtung zu drängen. Berichten zufolge habe sich der Druck auf AnhängerInnen der Ahl-e Haqq deutlich verstärkt. Eine Woche vor Veröffentlichung des Artikels sei Sayed Mirza Hussani, ein weiteres Mitglied der Ahl-e Haqq-Gemeinschaft, vom Geheimdienst vorgeladen worden. Er sei bezüglich der Ausübung seiner religiösen Rituale bedroht worden:
„Iranian security forces have blocked the reconstruction of Sayed Farokh Shrine located in the village of Khobyaran Jalalvand, Kermanshah Province. This shrine belongs to a religious minority commonly known as Ahl-e Haqq (Yarsan). […]
The rural district of Jalalvand consists of approximately 60 villages. The vast majority of residents in these villages are the followers of Ahl-e Haqq. In recent years, Iranian government has prevented Jalalvand’s residents from practicing their faith in order to pressure them into embracing the denomination of Shi'a.
Reports indicate that pressure on the followers of Ahl-e Haqq has significantly increased. Last week, another member of Ahl-e Haqq community, Sayed Mirza Hussani, was summoned to the Intelligence Agency and threatened to stop observing religious rituals belonging to his faith.” (HRANA, 10. Dezember 2011)
Laut einem gemeinsamen Bericht der International Federation for Human Rights (FIDH) und der Iranian League for the Defence of Human Rights (LDDHI) vom September 2011 seien AnhängerInnen der Glaubensrichtung Ahl-e Haq unterdrückt und in einigen Fällen hingerichtet worden:
„Followers of the Ahl-e Haq and Al-e Yassin orders have been suppressed and some of them even executed.” (FIDH / LDDHI, September 2011, S. 22)
Laut einem Bericht des Kurdish Human Rights Project vom Dezember 2010 würden Mitglieder der Glaubensrichtung Ahl-e Haq (auch als Yaresan bekannt) von Diskriminierung betroffen sein. Die meisten AnhängerInnen seien KurdInnen. Der Generalgouverneur der Provinz Kermanshah habe im Oktober 2007 eine Verordnung erlassen, dass eine Errichtung von Ahl-e Haq-Gebetsstätten rechtlicher oder in der Scharia verankerter Grundlagen entbehren würde. Laut dem Bericht sei ein Beamter der iranischen Luftwaffe, nachdem er seinen Glauben (Ahl-e Haq) bekannt gemacht habe, von psychischer Folter, dem Entzug seines militärischen Ranges und einer Lohnkürzung betroffen gewesen:
„Members of the Ahl-e-Haq faith (also known as Yaresan), most of whom are ethnic Kurds, also face particular discrimination. An order from the Governor General of the province of Kermanshah issued on 22 October 2007 proclaimed that the construction of Ahle- Haq places of worship known as Jam’ekhane had ‘no basis, legally or with respect to the Sharia’. In July 2006, KHRP wrote to the OHCHR on behalf of a Kurdish member of Ahl-e-Haq who had been an officer in the Iranian air force and had concealed his faith for ten years. Upon it being discovered, he suffered psychological torture, was stripped of his military rank and his pay was cut.” (Kurdish Human Rights Project, 1. Dezember 2010, S. 39)
2) Konzepte der Seelenwanderung und Epochenlehre der Yaresan
Laut einem wissenschaftlichen Artikel von Rahim Farrokhnia und Haghighi Reza vom April 2010 bedeute „Ahl-e-haq“ „Gottesmänner“. Manchmal werde der Kult auch als „Yari“ bezeichnet. Die AnhängerInnen des Kultes würden sich selbst als „Yarsun“ bezeichnen. Der Artikel erwähnt das religiöse Symbol „Don-Ba-Don“. Nach diesem Konzept müsse eine Seele innerhalb von 50.000 Jahren erfolgreich 1.001 Don passieren, um die Stufe Gottes zu erreichen. Durch die Seelenwanderung würden Schicksale miteinander verbunden:
„Ahl-e-haq means God men. They claim that only their cult is reality. Sometimes it is called ‘Yari’ [aid cult] Nazari (2001).” (Farrokhnia, April 2010, S. 2)
„Ahle-e-haq cult followers call themselves yarsun) like-friends (.They have four pillars as follows: 1) Truth (abstinence from falsehood and sin) 2) Purity (internally as well as externally) 3) Inexistence (degenerating desires to reach to God rank) 4) Reda (means self-sacrificing and providing services to help human being)” (Farrokhnia, April 2010, S. 4)
„In bafflement, we can point out Don-Ba-Don appearance periods and Sarsepordan ceremonies. Don-Ba-Don is a religious symbol, which is strong and a consistent motivation of the whole of universe. Within it, a soul must successfully pass 1001 Don within a period of 50,000 years to reach to God’s grade.
Soul transition, that is, migration of one Don to body of another person, creates a strong connection bond between them and links their fate to one another. So every person in his individual action must try to fit his practices with his religion principle. If a person does not follow this process, his final fate and those who are linked to him will be destroyed. We find this reiterates communal responsibility. The symbol of this linkage is belts fasten in ceremonies.“ (Farrokhnia, April 2010, S. 6-7)
Der oberhalb zitierte Artikel enthält weitere detaillierte Informationen zur Glaubensrichtung Ahl-e Haq:
· Farrokhnia, Rahim; Reza, Haghighi: Belief System of Sahneh Ahl-e-haq Sect of Iran, in: Anthropologist, Volume 12, Issue 2, April 2010
Weitere Informationen zu beiden in dieser Anfragebeantwortung behandelten Fragen finden sich ebenso in einer älteren Anfragebeantwortung des Immigration and Refugee Board of Canada (IRB) vom Oktober 1998:
· IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Practices, leadership and special religious celebrations of the Ahl-e Haq faith; whether members of the community are treated differently by Islamic officials than other Kurdish individuals [IRN30150.E], 6. Oktober 1998 (verfügbar auf ecoi.net)
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 3. August 2012)
1) Diskriminierung und Übergriffe gegen die religiöse Minderheit der Yaresan oder Ahl-e Haq
· AI - Amnesty International: Iran - Submission to the Human Rights Committee, September 2011 (veröffentlicht von UN Human Rights Committee, verfügbar auf ecoi.net)
· AI - Amnesty International: 'We are ordered to crush you': Expanding repression of dissident in Iran, 28. Februar 2012
· AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights, 24. Mai 2012
· FIDH / LDDHI: International Federation for Human Rights / Iranian League for the Defence of Human Rights: Submission to the Human Rights Committee On the Islamic Republic of Iran’s Compliance with ICCPR, September 2011 (veröffentlicht von UN Human Rights Committee, verfügbar auf ecoi.net)
· HRANA - Human Rights Activists News Agency: Security Forces Block Reconstruction of Ahl-e Haqq’s Shrine, 10. Dezember 2011
· IHRDC - Iran Human Rights Documentation Center: IHRDC Releases Latest Report – “On the Margins: Arrest, Imprisonment and Execution of Kurdish Activists in Iran Today”, 11. April 2012
· Kurdish Human Rights Project: Submission and List of Issues to be Taken up in Connection with the Consideration of Iran’s Third Periodic Report Concerning The Rights Covered By The International Covenant On Civil And Political Rights, 1. Dezember 2010 (veröffentlicht von UN Human Rights Committee, verfügbar auf ecoi.net)
· M. Reza Fariborz Hamzeh'ee: Syncretistic Religious Communities in the Near East, April 1995 (Auszüge auf Google Books verfügbar)
· University of Exeter, Institute of Arab and Islamic Studies: Centre for Kurdish Studies, ohne Datum
2) Konzepte der Seelenwanderung und Epochenlehre der Yaresan
· Farrokhnia, Rahim; Reza, Haghighi: Belief System of Sahneh Ahl-e-haq Sect of Iran, in: Anthropologist, Volume 12, Issue 2, April 2010
· IRB - Immigration and Refugee Board of Canada: Practices, leadership and special religious celebrations of the Ahl-e Haq faith; whether members of the community are treated differently by Islamic officials than other Kurdish individuals [IRN30150.E], 6. Oktober 1998 (verfügbar auf ecoi.net)