Anfragebeantwortung zu Nepal: Lage und Ansehen von geschiedenen Frauen mit Kind, die mit einem Mann einer niedrigeren Kaste verheiratet waren: Staatliche oder sonstige Unterstützungen, Situation auf dem Arbeitsmarkt; Folgen für geschiedene Frauen, die ursprünglich gegen den Willen ihrer Familie geheiratet haben; Schutz durch Sicherheitsbehörden vor Übergriffen [a-10579]

15. Mai 2018

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Expertenauskünften, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Alle Übersetzungen stellen Arbeitsübersetzungen dar, für die keine Gewähr übernommen werden kann.

Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.

Lage und Ansehen von geschiedenen Frauen mit Kind, die mit einem Mann einer niedrigeren Kaste verheiratet waren

Es konnten keine Informationen zur Lage und Ansehen von geschiedenen Frauen mit Kind, die mit einem Mann einer niedrigeren Kaste verheiratet waren, gefunden werden, die über die Informationen in unserer Anfragebeantwortung a-8958 vom Dezember 2014 zu diesem Thema hinausgehen (siehe ACCORD, 11. Dezember 2014). Im Folgenden finden sich Informationen zur Lage und zum Ansehen geschiedener Frauen und alleinerziehender Mütter:

 

Auf der undatierten Website der NGO The Women’s Foundation Nepal, die laut eigenen Angaben Frauen und Kinder in Nepal unterstützt, die Opfer von Gewalt, Missbrauch und Armut geworden sind, findet sich (wie auch schon 2014) die Information, dass es in Nepal schwierig sei, sich scheiden zu lassen. Rechtliche Änderungen hätten es Frauen ermöglicht, sich von ihren Ehemännern scheiden zu lassen und trotzdem einen Teil des Eigentums zu behalten und das Sorgerecht zu bekommen. Allerdings seien solche Gerichtsverfahren langwierig und teuer. Üblicherweise dauere es viele Monate, bis ein Scheidungsfall, in dem eine Frau Anspruch auf Eigentum oder Sorgerecht erhebt, vom Gericht entschieden werde. Schlimmer noch als die Zeit und das Geld, die erforderlich seien, um sich scheiden zu lassen, sei die soziale Stigmatisierung geschiedener Frauen. Viele Frauen würden sich so sehr davor fürchten, von ihren Gemeinschaften geächtet zu werden, dass sie stattdessen eher jahrelangen Missbrauch erdulden würden:

„It is difficult to get a divorce in Nepal. Legal changes have made it possible for a woman to divorce her husband and still keep some of the property, and even to gain custody rights. However, such court cases are lengthy and expensive. It typically takes many months to get a divorce case through court if the woman makes any kind of property or custody claims. Even worse than the time and money required to get a divorce is the social stigma put on a divorced woman. Many women are so terrified of being ostracized from their communities if they get a divorce that they will endure years of abuse instead.“ (The Women’s Foundation Nepal, ohne Datum)

In einem Artikel vom Februar 2018 berichtet The Himalayan Times, eine nepalesische Zeitung in englischer Sprache, von alleinstehenden Frauen im Bezirk Rolpa, die mit häuslicher und sozialer Gewalt konfrontiert würden. Eine der interviewten Frauen sei von ihrem alkoholabhängigen Mann derart schikaniert worden, dass sie sich schließlich scheiden habe lassen. Ihr Mann habe sie beinahe jeden Tag geschlagen oder belästigt. Sie hätten auch getrennt gelebt und ihr Ex-Mann sei vermutlich aufgrund des Alkoholismus nach einiger Zeit verstorben. Die Frau sei allerdings auch nach seinem Tod das Opfer von sozialer Gewalt geworden. Nachbarn hätten begonnen negativ über sie zu sprechen. Die Situation habe sich so verschlechtert, dass sie nicht länger im Dorf bleiben habe können und es verlassen habe müssen. Nun arbeite sie als Haushaltshilfe in der Bezirkszentrale.

Es habe sich herausgestellt, dass viele alleinstehende Frauen im Bezirk unter hoffnungslosen Bedingungen leben würden und häusliche und soziale Gewalt zusätzlich zur Trauer um den Verlust ihrer Ehemänner ertragen müssten, so der Artikel weiter. Menschen- und Frauenrechte würden diesen Frauen wie ein ferner Traum erscheinen:

„Another woman, Anju Khatri of Bhawang, Rolpa was so much victimised by her alcoholic husband that she finally divorced him. Her husband used to beat and assault her almost every day. She too had been living separately. Her divorced husband died after some time, probably due to alcoholism. But she further became the victim of social violence after his death. The neighbours started talking negatively of her. The situation was such that she could no longer stay in the village and had to leave. Currently, she is working as a domestic helper in the district headquarters. […]

It is found that many such single women in the district are living in desperate conditions, enduring domestic and social violence on top of the grief over loss of their husbands. Human and women rights for these women seem like a far-fetched dream.“ (The Himalayan Times, 12. Februar 2018)

Laut einem Bericht, der vom CEDAW Shadow Report Preparation Comittee (SRPC), einer Gruppe von NGOs, an den UNO-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) 2018 übermittelt wurde, seien vor allem Frauen und Mädchen in ländlichen Gebieten einem hohen Risiko ausgesetzt, Opfer geschlechterspezifischer Gewalt zu werden. Diese seien aufgrund der Machtpolitik, der sozialen Normen und traditioneller Tabus nicht selbstbewusst genug, Vorfälle zu melden und rechtliche Schritte einzuleiten. Frauen in ländlichen Gebieten sowie Witwen, Geschiedene und unverheiratete Frauen würden mit unterschiedlichen Formen von Diskriminierung konfrontiert werden:

„Rural women and girls are in high risk of sexual and gender based violence. They are not confident enough to report and take legal action due to the power politics, social norms and traditional taboos. […] Likewise, rural single women including widow, divorcee and unmarried women face various discriminations.“ (SRPC, 29. Jänner 2018, Article 14)

In seinem Bericht vom April 2018 schreibt das US-Außenministerium (USDOS) zur Menschenrechtslage in Nepal (Berichtzeitraum: 2017), dass geschätzte 5,4 Millionen Menschen (24% der Bevölkerung im Alter von 16 Jahren oder älter) keine Staatsbürgerschaftsdokumente besäßen. Diese Dokumente, die im Alter von 16 Jahren ausgestellt würden, seien notwendig um sich für Wahlen zu registrieren, Ehen oder Geburten zu registrieren, Land zu kaufen oder zu verkaufen, fachliche Prüfungen abzulegen, ein Bankkonto zu eröffnen oder Kredite und staatliche Beihilfen zu erhalten.

In der Praxis würden viele alleinstehende Mütter mit Schwierigkeiten konfrontiert, wenn sie ihre Kinder als Staatsbürger durch Abstammung registrieren. Das Oberste Gericht habe im Mai 2016 entschieden, dass staatliche Behörden die Registrierung der Geburt und Staatsbürgerschaft von Kindern nepalesischer Mütter, deren Väter nicht ausfindig gemacht werden können, nicht verweigern dürften. Laut Menschenrechtsanwälten würde diese Maßnahme für Kinder von alleinstehenden Müttern, einschließlich Opfern von Vergewaltigung und Menschenhandel, gelten, allerdings nicht jene Situationen betreffen, in denen der Vater bekannt ist, aber sich weigert die Vaterschaft anzuerkennen:

„An estimated 5.4 million individuals (24 percent of the population age 16 and over) lacked citizenship documentation. Citizenship documents, which are issued at age 16, are required to register to vote, register marriages or births, buy or sell land, appear for professional exams, open bank accounts, or gain access to credit and receive state social benefits. […] In practice many single women face difficulties registering their children as citizens by descent. The Supreme Court ruled in May that government authorities must not deny the registration of birth and citizenship of children of Nepali mothers and fathers who cannot be traced. According to human rights lawyers, although this provision applies to the children of single mothers, including rape and trafficking victims, it does not address situations in which the father is known but refuses to acknowledge paternity.“ (USDOS, 20. April 2018, Section 2d)

In einem Artikel berichtet The Kathmandu Post, eine nepalesische Tageszeitung in englischer Sprache, im März 2015 von alleinerziehenden Müttern und deren Situation. Eine dieser Frauen sei mit 17 Jahren Mutter geworden. Sie berichtet über Herausforderungen, die das Leben als alleinstehende Mutter mit sich bringe und wie sie diesen begegne, dass alle Eltern mehr oder weniger mit denselben Herausforderungen konfrontiert seien. Der Unterschied für alleinstehende Mütter sei der prüfende Blick der Gesellschaft. So sei der einzige Grund, weshalb sie in einer Fashion Reality Show nicht gewonnen hätte, der gewesen, dass man herausgefunden hätte, dass sie eine alleinstehende Mutter sei. Derartige Vorurteile und Wertungen seien schmerzhaft, aber dank der Offenheit und Unterstützung ihrer Eltern ginge es ihr soweit sehr gut.

Eine weitere alleinstehende Mutter, eine Kosmetikerin, die im Alter von 15 Jahren geheiratet und ihren Ehemann im Alter von 22 Jahren verloren habe, sei mit ihren vier jungen Töchtern allein gelassen worden. Um ihren Kindern Sicherheit und Bildung gewährleisten zu können, sei sie von Sarlahi nach Kathmandu gezogen, wo eine Reihe neuer Probleme auf sie gewartet habe. Hinsichtlich der Herausforderungen als alleinstehende Mutter erzählt sie, dass sie anfangs die Verantwortung für die Zukunft ihrer Kinder mental sehr belastet habe. Es sei auch schwierig gewesen, finanziell über die Runden zu kommen. Dann habe es auch noch die diskriminierende Einstellung der Gesellschaft gegenüber alleinstehenden Müttern gegeben, die Dinge verkompliziert habe:

„Ashmita was only 17 when she became a mother. […] The challenges of being a single mom and how you tackled them: All parents face more or less the same challenges once they have kids. The difference for single mothers is the social scrutiny. For instance, when I contested in a fashion reality show, I later found out that the only reason I did not win any title was because they found out that I was a mother. Such biases and judgments are hurtful, but because my parents have been so open-minded and supportive, I am doing great so far. […]

A beautician by profession, Nirmala Bhandari, got married at the tender age of 15, only to lose her spouse at 22; she was left alone with her four young daughters. To secure their future and educate them, she moved to Kathmandu from Sarlahi, where a whole new set of struggles awaited her. […] The challenges of being a single mom and how you tackled them: Initially, the huge responsibility to guide and shape the future of my kids tormented me mentally. It was equally tough to balance things out financially. Then there was the discriminating attitude of the society towards single mothers like me that made things complicated.“ (The Kathmandu Post, 6. März 2015)

Staatliche oder sonstige Unterstützungen für geschiedene Frauen mit Kind

In einem Artikel vom September 2017 berichtet The Himalayan Times von der Novellierung des Zivilgesetzbuches. Das Gesetz würde auch Anliegen von FrauenrechtsaktivistInnen berücksichtigen, indem die ursprüngliche Fassung zu den Rechten von Geschiedenen verbessert worden sei. Die Erstfassung des Gesetzes hätte vorgesehen, dass eine geschiedene Frau im Falle einer erneuten Heirat ihre Alimente ihren Kindern geben müsse. Falls sie keine Kinder habe, hätten die Alimente dem früheren Ehemann zurückgegeben werden müssen. Die Endfassung des Gesetzes, die am 25. September 2017 verabschiedet worden sei, besage, dass eine geschiedene Frau den Besitz, den sie von ihrem früheren Mann erhalten habe, auch behalten könne, wenn sie erneut heirate, so Radhe Shyam Adhikari, Mitglied des Legislativausschusses:

„The bill also addresses concerns of women rights activists by amending the original content on the rights of a divorcee. The original bill states that if a divorcee remarries then she has to give the alimony to her sons or daughters and if she does not have a child, then she has to return the alimony to her former husband. […] The final content of the bill that was passed by the House today gives a divorcee the right to use the property she received from her former husband even if she remarries, said Legislation Committee member Radhe Shyam Adhikari.“ (The Himalayan Times, 26. September 2017)

In einem weiteren Artikel zum Zivilgesetzbuch schreibt die Himalayan Times im Oktober 2017, dass das vor kurzem verabschiedete Gesetz die Grundlage dafür liefere, dass eine Frau auch ohne Zustimmung ihres Mannes eine Scheidung einreichen könne. So könne eine Frau laut Abschnitt 94 des Gesetzes die Scheidung einreichen, wenn ihr Ehemann für drei aufeinanderfolgende Jahre ohne ihre Zustimmung von ihr getrennt gelebt habe, sie aus dem Haus verbannt habe ohne für Nahrung oder Schutz zu sorgen, er schuldig gesprochen worden sei, sie vergewaltigt zu haben, sie physisch oder psychisch gefoltert habe, für schuldig befunden wurde, eine außereheliche Beziehung zu führen oder ein zweites Mal geheiratet habe. Das Gesetz schreibe fest, dass beide Ehepartner auf eigenen Wunsch jederzeit die Scheidung einreichen können. In Fällen, in denen die Trennung aufgrund unterschiedlicher juristischer Vorgänge einen langen Zeitraum beansprucht, müsse der Ehemann abhängig von seinem Besitz und Einkommen monatlich für die Ausgaben der Frau aufkommen, bis die Trennung vollzogen sei:

„The Civil Code Bill recently passed by the Parliament has laid grounds on which a woman may file for a divorce even without the consent of her husband. […] According to Section 94 of the bill registered by the government in the Legislature-Parliament, a woman may file for a divorce if her husband has been living separately for three consecutive years without her consent, has ostracised her from house without providing food and shelter, is convicted of raping her, has subjected her to physical and mental torture, is found guilty of engaging in extra-marital relationship, and has married for the second time. […] The bill stipulates that any of the spouses may seek divorce at their will any time. […] In case the partition takes a long time due to the requirement to go through various legal procedures, the husband will be liable to provide monthly expenses to the wife depending on his property and income until the partition is executed.“ (The Himalayan Times, 15. Oktober 2017)

In einem Artikel der nepalesischen Tageszeitung The República vom Dezember 2016, der noch vor der Novellierung des Zivilgesetzbuches veröffentlicht wurde, wird erwähnt, dass eine Frau, die die Scheidung einreiche, obwohl sie angemessen von ihrem Mann behandelt worden sei, nach der Novellierung nicht zwangsläufig einen Teil seines Besitzes bekomme. Der Gesetzesvorschlag sei zu diesem Zeitpunkt noch im Parlament zur Diskussion gestanden:

„If a woman wants to divorce her husband despite being treated properly by him, she may not necessarily get a share of his property once the bill to replace the Civil Code is endorsed. The bill is currently under discussion in Parliament.“ (MyRepública, 7. Dezember 2016)

Ähnliche Aussagen finden sich in einem Artikel der Kathmandu Post vom Februar 2017, in dem es heißt, dass der Gesetzesvorschlag die Ansprüche einer geschiedene Frau auf das Eigentum des Mannes einschränke, wenn die Scheidung vom Mann ausgehe und die Frau beschuldigt werde:

„[…] the bill restricts a divorced woman from making any claim on the property of her husband if the divorce was initiated by the husband blaiming the women.“ (The Kathmandu Post, 9. Februar 2017)

Informationen zu Hilfsorganisationen, die alleinstehenden Frauen Schutz bzw. Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, entnehmen Sie bitte den Seiten 18-24 der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 3. Mai 2018:

·      BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Nepal: Lage der Frauen, NGOs in Kathmandu, 3. Mai 2018 (verfügbar auf ecoi.net, Login der Staatendokumentation erforderlich)
https://www.ecoi.net/en/file/local/1431253/5818_1525327226_nepa-mr-sog-frauen-ngos-in-kathmandu-2018-05-03-ke.doc

Situation auf dem Arbeitsmarkt

Es konnten keine spezifischen Informationen zur Situation von geschiedenen Frauen mit Kind auf dem Arbeitsmarkt gefunden werden. Im Folgenden finden sich allgemeine Informationen zur Arbeitsmarktlage von Frauen in Nepal:

 

Laut nepalesischer Verfassung ist der Staat verpflichtet, weiterhin geeignete Vorkehrungen für die Existenzsicherung von hilflosen alleinstehenden Frauen zu treffen, wobei diesen auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten, Kompetenzen und Qualifikationen Vorrang bei der Beschäftigung einzuräumen ist:

„51. Policies of the State: The State shall pursue the following policies:

(j) Policies relating to social justice and inclusion:

(1) to keep on making appropriate arrangements for the livelihoods of the helpless single women, while according priority to them in employment on the basis of skills, competency and qualification“ (Constitution of Nepal, 20. September 2015, Artikel 51(j)(1))

In einem Artikel der Kathmandu Post aus dem Jahr 2015 wird auf die Internationale Labour Organisation (ILO) verwiesen, der zufolge die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt 2008 bei 80,1% gelegen sei. Obwohl dies sehr vielversprechend sei, zeichne eine genauere Analyse ein düstereres Bild; 77% der weiblichen Arbeitskräfte seien laut einem von UN Women Nepal veröffentlichten Bericht mit dem Titel „Progress of Women in Nepal 1995-2015“ in der Landwirtschaft, die als Niedriglohn-Arbeitssektor betrachtet werde, tätig. Darüber hinaus seien Frauen aufgrund der Aufgaben im Haushalt sowie niedrigerer Qualifikationen bezüglich Bildung und weiterer Kompetenzen meist in informellen Sektoren tätig und hätten keine gut bezahlten Jobs im formellen Sektor. Selbst für jene, die im formellen Sektor tätig seien, sei es aufgrund der tief verwurzelten patriarchalen Strukturen unwahrschreinlich, in höhere Positionen aufzusteigen. Zudem werde Frauen auch im selben Job weniger als ihren männlichen Kollegen bezahlt. Aufgrund dieser Umstände seien Frauen in Nepal ärmer als Männer. So würden Frauen trotz ihrer hohen Beteiligung am Arbeitsmarkt immer noch unter Armut leiden und nicht in der Lage sein, ihr volles Potential zu entfalten:

„According to the International Labour Organisation, female labour force participation in Nepal stood at 80.1 percent in 2008. Although this is very encouraging, a detailed analysis reveals a grimmer picture; 77 percent of women workforce is involved in agriculture-which is considered a low-return employment sector, according to a report published by the UN Women Nepal titled ‘The progress of women in Nepal 1995-2015’. Moreover, as women are burdened with household work and have less qualification in education and skills, they are mostly employed in informal sectors and do not have well paying jobs in the formal sector. Even those employed within the formal employment sector are not likely to be promoted to decision-making positions thanks to deeply entrenched patriarchy. In addition, women are paid less than their male counterparts for the same job. Owing to such circumstances women are poorer than men in the country. So even with high female labour force, the women in the country are still reeling under poverty and are not being able to unleash their potential fully.“ (The Kathmandu Post, 18. Dezember 2015)

Der von der Kathmandu Post erwähnte Bericht „Progress of Women in Nepal (1995-2015)“, der von den nepalesischen NGOs Sahavagi, DidiBahini und Feminist Dalit Organization verfasst wurde, erwähnt, dass Frauen trotz vieler positiver Veränderungen im Laufe der letzten Jahrzehnte hinsichtlich ihres Zugangs zu wirtschaftlichen Ressourcen, Bildung und Gesundheit weiterhin mit beträchtlichen Barrieren im Arbeitssektor konfrontiert seien. Sie seien immer noch in der landwirtschaftlichen Subsistenzwirtschaft, im informellen Sektor außerhalb der Landwirtschaft und in den niederen Rängen von formellen Industrie- und Wirtschaftsunternehmen konzentriert und würden daran gehindert, von den Möglichkeiten des Marktes, die durch die Demokratie eröffnet wurden, und der offenen Wirtschaft zu profitieren. Obwohl der leicht angestiegene Besitz von Land und Eigentum Frauen formellen Einfluss in Haushaltsentscheidungen zu Eigentumsfragen bringe, bleibe dieser aufgrund einer Reihe sozialer Barrieren begrenzt. Frauen hätten auch weiterhin Probleme beim Zugang zu adäquaten Krediten und anderen Unterstützungsleistungen für eine erfolgreiche Unternehmensgründung. Die Mobilität von Frauen werde durch die allgegenwärtige Gewalt oder Androhung von Gewalt im privaten wie im öffentlichen Leben eingeschränkt. Insbesondere würden Frauen weiterhin deshalb ins Abseits gestellt werden, weil die Gesellschaft ihre wirtschaftliche Rolle nicht anerkenne. Das wiederum beeinflusse die Fähigkeiten von Frauen, bessere Arbeitsmöglichkeiten zu bekommen, vergrößere die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen unter den ersten seien, die ihre Jobs verlieren, und ignoriere jegliche spezifischen Bedürfnisse von Frauen hinsichtlich Beschäftigung und Arbeitsplatz:

„Despite these many positive changes in women’s access to and command over economic resources, education and health over the past couple of decades, women in Nepal continue to face considerable barriers in this area. They remain concentrated in subsistence agriculture, the informal non-agricultural sector, and at the lower rungs of the formal industrial and business establishments, prevented from benefitting from the market opportunities opened up by the democracy and an open economy. While the slightly increased ownership of land or property does give women some formal leverage in household decisions on property matters, this remains limited due to a range of social barriers. Women also continue to experience problems accessing adequate credit and other support services for successful entrepreneurship. Women’s mobility is curtailed by violence or the threat thereof, pervasive in both private and public life. Most of all, women continue to be sidelined due to the fact that the society does not recognise their economic role, which impacts on women’s ability to acquire better employment opportunities, increases their likelihood of being among the first to be laid off from work, and ignores any particular needs of women in terms of employment and work place.“ (Sahavagi/DidiBahini/Feminist Dalit Organization, 2015, S. 10-11)

Werden geschiedene Frauen von ihren Familien verstoßen, wenn sie ursprünglich gegen den Willen ihrer Familie geheiratet haben?

Informationen zu kastenübergreifenden Beziehungen und deren gesellschaftlichen Folgen entnehmen Sie bitte den Seiten 4-10 der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 13. April 2018:

·      BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Nepal: Kasten Pandit, Kami, Bishwokarma, kastenübergreifende Paare, 13. April 2017 (verfügbar auf ecoi.net, Login der Staatendokumentation erforderlich)
https://www.ecoi.net/en/file/local/1397758/5209_1492164493_nepa-mr-sog-kasten-pandit-kami-bishwokarma-kastenuebergreifende-paare-2017-04-13-ke.doc

 

In einer 2017 durchgeführten Umfrage der Asia Foundation, einer internationalen Nonprofit-Organisation, wurde ein national repräsentatives und randomisiertes Sample von 7.202 Nepalesen zu ihrer Meinung zu kastenübergreifenden und inter-ethnischen Ehen befragt. Laut den Ergebnissen dieser Studie würden 71,1% der Nepalesen es akzeptieren, wenn ihr Kind eine Person einer anderen Kaste oder Ethnie heiraten würde, während dies 26,1% der Bevölkerung nicht akzeptieren würden:

„71.7% of Nepalis would accept their children marrying outside of their own caste or ethnic group, but 26.1% would not accept it.“ (Asia Foundation, 13. April 2018, S. 50)

Bewohner der Provinz 2, Muslime und Madhesi würden eher dazu neigen, sich gegen kastenübergreifende oder inter-ethnische Heirat zu stellen. Rund 40,5% aller Madhesi würden ihre Kinder nicht außerhalb ihrer eigenen Kaste verheiraten. Widerstand gegen kastenübergreifende und inter-ethnische Heirat sei unter Madhesi der mittleren Kasten (49,7%), der Madhesi Dalits (47,6%) und Muslimen (47,8%) am stärksten. Die Provinz 2 steche als einzige Provinz hervor, da eine knappe Mehrheit der Befragten (50,8%) sich gegen kastenübergreifende und inter-ethnische Ehen ausspreche (47,5% würden diese Ehen akzeptieren):

„Province 2 residents, Muslims, and Madhesis are more likely to oppose intercaste or interethnic marriage. Some 40.5% of all Madhesis would not marry their children outside of their own caste or ethnic group. Opposition to intercaste and interethnic marriage is strongest among Madhesis from intermediate castes (49.7%), Madhesi Dalits (47.6%), and Muslims (47.8%). Province 2 stands out as the only province where a majority of people—albeit a thin one at 50.8%—oppose intercaste and interethnic marriage (47.5% approve of it).“ (Asia Foundation, 13. April 2018, S. 51)

Toleranz für kastenübergreifende und inter-ethnische Ehen würde mit dem Bildungsgrad korrelieren. Besser gebildete Nepalesen würden eher dazu tendieren, kastenübergreifende und inter-ethnische Ehen ihrer eigenen Kinder zu akzeptieren. Menschen jüngerer Generationen würden diesen Ehen ebenfalls offener gegenüberstehen: 76,0% der befragten Nepalesen im Alter zwischen 18 und 34 hätten angegeben, dass sie ihre eigenen Kinder mit Personen einer anderen Kaste oder Ethnie verheiraten würden, während dies nur 65,7% der Befragten im Alter von 50 Jahren oder älter angeben würden:

„Tolerance for intercaste or interethnic marriage correlates with education level. Better-educated Nepalis tend to be more accepting of intercaste or interethnic marriage for their own children […]. Members of the younger generation are also more open to it: 76.0% of Nepalis aged 18–34 say they would marry their own children to someone from a different caste or ethnicity, compared to 65.7% of those aged 50 or older.“ (Asia Foundation, 13. April 2018, S. 51)

Das Global Press Journals berichtet im Jänner 2017 von der Ermordung eines 18-jährigen Mannes kurz nach seiner Hochzeit mit einer Frau einer höheren Kaste. Im Artikel wird erwähnt, dass laut dem Gesetz aus dem Jahr 2011 Diskriminierung aufgrund von Kastenzugehörigkeit in Nepal verboten sei. Das Gesetz habe allerdings nicht zu sozialen Veränderungen geführt, so ein Gesprächspartner. Bewohner würden bestätigen, dass alte soziale Normen, die die Diskriminierung gegen Menschen aus niedrigeren Kasten beinhalten, nach wie vor einen großen Teil des täglichen Lebens darstellen würden:

„It’s illegal to discriminate based on caste in Nepal, according to a 2011 law. But the law hasn’t brought real social change, advocates say. Ancient social guidelines that outline discrimination against lower-caste people are still very much part of daily life today, residents confirm.“ (Global Press Journal, 25. Jänner 2017)

Schutz durch Sicherheitsbehörden von (geschiedenen) Frauen vor Übergriffen durch die Familie des Ex-Mannes oder den Arbeitgeber

Es konnten keine Informationen zum Schutz durch Sicherheitsbehörden von geschiedenen Frauen vor Übergriffen durch die Familie des Ex-Mannes gefunden werden. Im Folgenden finden Sie allgemeine Informationen zur Schutzfähigkeit und -willigkeit der nepalesischen Sicherheitskräfte im Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen:

 

Laut dem bereits zitierten Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums (USDOS) verfüge die nepalesische Polizei in allen 75 Bezirken des Landes über Einheiten für Frauen („women’s cells“) mit Polizistinnen, um es Frauen und Mädchen einfacher zu machen, der Polizei Verbrechen zu melden. Einige dieser Einheiten seien nicht voll einsatzfähig, so das Women and Children Service Directorate. Die nepalesische Polizei bemühe sich aber mit Hilfe von außen, ihre Infrastruktur weiter auszubauen und zu verbessern. NGOs hätten konstatiert, dass die Ressourcen und das Training für den Umgang mit Opfern von häuslicher Gewalt oder Menschenhandel trotz Verbesserungen unzureichend seien. Obwohl die Polizei-Richtlinien Polizisten dazu aufrufen würden, häusliche Gewalt als strafbare Handlung zu behandeln, sei diese Handhabung außerhalb der Einheiten für Frauen aufgrund tiefverwurzelter diskriminierender Einstellungen schwer umzusetzen:

„The Nepal Police had women’s cells staffed by female officers in each of the country’s 75 districts to make it easier for women and girls to report crimes to police. According to the Women and Children Service Directorate, many women’s cells were not fully operational, but the Nepal Police, with outside assistance, endeavored to build and improve their infrastructure and capacity. NGOs stated that despite improvements, resources and training to deal with victims of domestic violence and trafficking were insufficient. Although police guidelines call on officers to treat domestic violence as a criminal offense, this guidance was difficult to implement outside of the women’s cells due to entrenched discriminatory attitudes.“ (USDOS, 20. April 2018, Section 6)

In der oben zitierten Umfrage der Asia Foundation hätten 8,2% der Frauen angegeben, sich aufgrund ihres Geschlechts am Arbeitsplatz benachteiligt zu fühlen, 5,3% erginge es so, wenn sie sich mit einem Problem an die Polizei wenden, 6,6% wenn sie um die Staatsbürgerschaftskarte ansuchen, 5,1% wenn sie das Gesundheitswesen beanspruchen, 3,7% während ihres Studiums. Dieser Anteil sei unter Frauen der Madhesi, der Madhesi Dalits, Musliminnen und Frauen, die in bergigen Regionen leben, höher:

„Some 8.2% [of women] feel disadvantaged by their gender in the workplace, 5.3% when reporting a problem to the police, 6.6% when applying for a citizenship card, 5.1% when accessing health services, and 3.7% during their studies. These proportions are higher among Madhesi women, Madhesi Dalits, Muslims, and women residing in mountainous regions.“ (Asia Foundation, 13. April 2018, S. 35)

Weiters würden die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Polizei, traditionelle Rechtsmechanismen und Freunde und Verwandte die gebräuchlichsten Wege seien, um Konflikte beizulegen. Die nepalesische Bevölkerung sei befragt worden, wohin sie sich wenden würde, um Hilfe in folgenden vier Situationen zu bekommen: Grundstücksstreitigkeiten, einem Konflikt bezüglich Schulden, bei häuslicher Gewalt oder einem Verbrechen (Diebstahl oder tätlicher Angriff). Für die meisten Menschen sei die Polizei die erste Anlaufstelle in Verbrechensfällen (68,0% der Befragten), bei häuslicher Gewalt (33,3%) oder bei Schulden (24,0%). Zur Klärung von Grundstücksstreitigkeiten bevorzugt der größte Teil der Befragten traditionelle Rechtsmechanismen (21,8%) noch vor dem „Land Revenue Office“ oder der Polizei. Traditionelle Konfliktlösungsmöglichkeiten, wie ein Ältestenrat, eine inoffizielle Versammlung (panchayat) oder religiöse Gruppen, würden bei einem signifikanten Teil der Menschen hohes Ansehen genießen. Abgesehen von Grundstücksstreitigkeiten seien traditionelle Rechtsmechanismen auch in den anderen drei Konfliktsituationen die zweithäufigste Antwort. Wenn es sich nicht um einen Fall von Verbrechen handelt, würden sich 10% bis 14% an Freunde und Verwandte wenden. Grundsätzlich würden die Polizei, traditionelle Rechtsinstitutionen und Freunde und Verwandte vertrauensvoller erscheinen als Optionen wie die lokale Regierung oder Gerichte. 14,6% der befragten Nepalesen hätten angegeben, dass sie sich in Fällen von häuslicher Gewalt nur auf sich selbst verlassen könnten. Speziell für diese Frage hätte es keine signifikanten geschlechtsbedingten Unterschiede in der Beantwortung gegeben:

image001.gif„The police, traditional justice mechanisms, and friends and relatives are the most common avenues for dispute resolution. Nepalis were asked where they would go to find help when facing four types of situations: a land dispute, a conflict over debt, domestic violence (in Nepali, gharelu himsha), and crime (theft or physical assault). The police are the first resort for most people in cases of crime (68.0% of respondents), domestic violence (33.3%), or debt (24.0%). To solve a land dispute, the largest share of people (21.8%) favor traditional justice mechanisms, more than the Land Revenue Office or the police […]. Traditional dispute-resolution avenues, such as courts of elders, an unofficial panchayat, or religious groups, appear to be held in high regard by a significant share of people: besides being preferred by most Nepalis in cases of land disputes, traditional justice is also the second-most common answer in all three other situations. Between 10% and 14% of people would turn to friends and family, except in cases of crime. Overall, the police, traditional justice institutions, and friends and relatives appear to be more trusted than options such as local government or the courts. Sadly, 14.6% of Nepalis say they could only rely on themselves in a case of domestic violence. (There is no significant variation across genders for this particular question.)“ (Asia Foundation, 13. April 2018, S. 32)

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 15. Mai 2018)