Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - El Salvador

Amtliche Bezeichnung: Republik El Salvador
Staats- und Regierungschef:
 Carlos Mauricio Funes Cartagena

Die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen während des bewaffneten Konflikts (1980-92) blieben weiterhin straffrei. Das Justizsystem geriet in eine Krise, da Parlamentsmitgliedern vorgeworfen wurde, sie hätten versucht, auf die Auswahl und Ernennung von Richtern Einfluss zu nehmen. Die Verletzungen der sexuellen und reproduktiven Rechte gaben nach wie vor Anlass zur Sorge.

Hintergrund

Die Regierung berichtete zwar, dass die Mordrate gesunken sei, doch bestimmten Gewaltverbrechen 2012 weiterhin die politische Agenda.

Straflosigkeit

Die Straflosigkeit in Fällen von Menschenrechtsverletzungen aus der Vergangenheit gab weiterhin Anlass zu Besorgnis.

  • Im Januar 2012 entschuldigte sich der Präsident im Namen des Staates für das Massaker an mehr als 700 Männern, Frauen und Kindern in El Mozote und den umliegenden Dörfern im Departamento Morazán und kam damit einer im Jahr 2010 von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission ausgesprochenen Empfehlung nach. 1981 hatten Angehörige der Streitkräfte die Betroffenen über einen Zeitraum von drei Tagen gefoltert und getötet. Im Dezember fällte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte sein abschließendes Urteil über das Massaker. Darin forderte er die Regierung auf, Untersuchungen durchzuführen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Mit dem Urteil wurde die Regierung außerdem aufgefordert sicherzustellen, dass das Amnestiegesetz von 1993 nicht zu einer Verhinderung der strafrechtlichen Verfolgung von Kriegsverbrechern führt, die Erstellung einer Liste der Opfer fortgesetzt wird, Exhumierungen vorgenommen werden und die Familienangehörigen Entschädigungen erhalten.
  • Im August 2012 machten Überlebende und Angehörige von Opfern des im Jahr 1982 verübten Massakers von El Calabozo mit einem Gedenktag darauf aufmerksam, dass 30 Jahre danach noch immer niemand zur Verantwortung gezogen worden war. Bei dem Massaker waren mehr als 200 Frauen, Männer und Kinder von Angehörigen der Streitkräfte ermordet worden. Während einer öffentlichen Veranstaltung im November überreichten Vertreter der Angehörigen und Überlebenden
eine Petition mit mehr als 5000 Unterschrif-
ten, mit der sie die Regierung dazu aufriefen, Initiative zu ergreifen und die Forderungen
der Opfer und ihrer Angehörigen nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung zu erfüllen.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Alle Arten von Schwangerschaftsabbrüchen galten weiterhin als Straftat.

  • Mery (Name geändert), eine 27-jährige Frau, wollte in der achten Schwangerschaftswoche durch die Einnahme von Medikamenten einen Schwangerschaftsabbruch herbeiführen. Als sie sich nach der Medikamenteneinnahme in ärztliche Behandlung begab, wurde sie von Klinikpersonal bei der Polizei angezeigt. Obwohl Mery sich in einer extremen Notlage befand und noch in ärztlicher Behandlung war, wurde sie mit Handschellen an eine Krankentrage gekettet und polizeilich bewacht. Im August wurde Mery für schuldig erklärt und wegen Herbeiführung einer Abtreibung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Wenige Tage nach dem Antritt ihrer Haftstrafe unternahm Mery einen Selbstmordversuch. Daraufhin wurde sie aus dem Gefängnis in eine psychiatrische Klinik verlegt und dort unter Aufsicht gehalten. Ende 2012 wartete sie noch auf die Entscheidung über die von ihr eingelegten Rechtsmittel.

Internationale Strafverfolgung

Im September wurde der ehemalige salvadorianische Vizeminister für Öffentliche Sicherheit und frühere Oberst, Inocente Orlando Montano, bei einer Anhörung vor einem US-amerikanischen Gericht beschuldigt, die Einwanderungsbehörden der USA belogen zu haben, um in den USA bleiben zu können. Falls er für schuldig befunden werden sollte, könnte dies den Weg für seine Auslieferung nach Spanien ebnen, wo ihn eine Anklage wegen seiner mutmaßlichen Rolle bei dem im Jahr 1989 in El Salvador verübten Mord an sechs Jesuitenpriestern, ihrer Haushälterin und deren 16-jähriger Tochter erwartet.

Justizsystem

Im April 2012 gaben Mitglieder des Parlaments (Asamblea Legislativa) Erklärungen ab, denen zufolge die Regeln für die Ernennung von Richtern
- insbesondere von zwei Mitgliedern der Verfassungskammer (Sala de lo Constitucional) des Obersten Gerichtshofs - anscheinend umgangen wurden. Es bestand die Sorge, dass durch die Versuche, das Ernennungsverfahren für Richter zu umgehen, die Möglichkeit geschaffen werden könnte, Richter eher aufgrund ihrer parteipolitischen Zugehörigkeit als wegen ihrer fachlichen Eignung auszuwählen. Im November besuchte die UN-Sonderberichterstatterin über die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten El Salvador, um die Situation im Land zu beurteilen. Am Ende ihres Besuchs erinnerte sie die Behörden an die Verpflichtung des Staates, die Unabhängigkeit der Justiz zu respektieren und von jeglicher Einmischung in die Judikative Abstand zu nehmen. Sie empfahl zudem eine Überarbeitung des Ernennungsverfahrens für Richter. Bis Ende 2012 war die empfohlene Überarbeitung des Verfahrens noch nicht erfolgt.



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