a-6840 (ACC-AFG-6840)

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen, und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.
Diese Antwort stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar.
Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen.
 
 
1) Heirat zwischen Paschtunen und Tadschiken vor Mullah
 
In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine spezifischen Informationen darüber gefunden werden, ob eine Heirat zwischen Paschtunen und Tadschiken vor einem Mullah möglich ist.
 
Folgende Quellen gehen allgemein auf das Thema Eheschließung vor einem Mullah ein:
 
Die finnische Einwanderungsbehörde (Finnish Immigration Service, FIS) erwähnt in einem im Mai 2007 veröffentlichten Bericht zu einer Fact-Finding-Mission vom September 2006, dass Ehen üblicherweise von einem Dorfmullah besiegelt würden:
“Marriage is commonly sealed by the village mullah, who also has the right to grant a divorce. Usually there are no written marriage documents, which fact makes witnesses very important. “ (FIS, 1. Mai 2007, S. 7)
Linda Merrill, Donald Paxson und Thomas Tobey schreiben in einer Einführung in die afghanische Kultur vom Herbst 2006, dass Mullahs unter anderem Eheschließungen durchführen würden (Marrill/Paxson/Tobey, Herbst 2006).
 
Das US Army Training Support Center (ATSC) schreibt in einem (als Ausbildungsmaterial intendierten) Überblick zu Afghanistan aus dem Jahr 2004, dass Hochzeitsfeierlichkeiten typischerweise mit einer religiösen Zeremonie beginnen würden, bei der ein Mullah aus dem Koran vorlese und das Paar ihr Ehegelübte ablege:
“Afghan weddings are social events that can go on for days. The wedding festivities typically start with a religious ceremony at which a mullah reads parts of the Qur’an, and the couple exchanges vows (known as the Neka). Only the bride and groom and a few close family members will attend this ceremony. The next part of the wedding is similar to a Western wedding reception in the United States.” (ATSC, 2004, S. 28)
Folgende Quellen gehen auf Ehen zwischen Paschtunen und anderen Volksgruppen, darunter Tadschiken, ein:
 
Die finnische Einwanderungsbehörde (FIS, Finnish Immigration Service) schreibt Bericht vom Mai 2007 zu einer Fact-Finding-Mission im September 2006, dass es laut Angaben eines Beamten des Ministeriums für Frauenangelegenheiten keine Hindernisse beziehungsweise Hürden für Mischehen gebe. Mischehen seien in urbanen Gebieten üblicher als auf dem Land, jedoch hänge deren Zahl, so dieser Beamte, stark von lokalen Gegebenheiten und den zwischenethnischen Beziehungen vor Ort ab. Ehen zwischen Paschtunen und Nicht-Paschtunen seien außerhalb Kabuls recht unüblich, im Gegensatz zur Situation in Kabul selbst:
“According to an official with the Ministry of Women’s Affairs, there are no barriers or obstacles to mixed marriages. The official noted, that during the civil war, when Pashtoos and Hazaras and other ethnicities where fighting each other, persons from mixed marriages were in some regions persecuted. Nowadays, however, there are more mixed marriages. […] An ethnically mixed marriage is more common in urban areas than in the countryside. However, the official with the Ministry of Women’s Affairs noted that local conditions and relations between the ethnicities have a great impact on the amount of mixed marriages. Mixed marriages between Pashto and non-Pashto persons are outside of Kabul quite uncommon in contrary to Kabul itself.” (FIS, 1. Mai 2007, S. 6-7)
Minority Rights Group International (MRG) erwähnt in einem Überblick zur Minderheiten in Afghanistan aus dem Jahr 2007, dass eine beträchtliche Zahl an Mischehen, insbesondere solchen zwischen Paschtunen und anderen Gruppen, zur Verwischung ethnischer Grenzen geführt hätte:
“Considerable intermarriage, particularly between the Pashtuns and other groups has blurred ethnic distinctions among communities. There has also been mixing between Tajiks and later Mongolian and Turkmen migrants, and some between Hazaras and Uzbeks.” (MRG, 2007)
Die afghanisch-amerikanische Autorin Maryam Qudrat Aseel erwähnt in ihrem 2004 veröffentlichten Buch „Torn between two cultures“, dass Mischehen zwischen Paschtunen und Tadschiken nicht unüblich seien:
“Intermarriage between Pashtuns and Farsi-speakers, or Tajiks, is not uncommon. In most Afghan families, one does not find pure homogeneity of ethnic background.” (Aseel, 2004, S. 38)
2) Konflikte aufgrund von Eheschließungen zwischen Paschtunen und Tadschiken
In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine Informationen zu Konflikten aufgrund von Eheschließungen zwischen Paschtunen und Tadschiken gefunden werden. Gesucht wurde mittels ecoi.net, Refworld, LexisNexis, Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen:
 
interethnic marriage, mixed marriage, intermarriage, Pashtun, Tajik, hono(u)r killing, hono(u)r crime, family violence, conflict, problems, family, father
3) Legitimierung vorehelicher Schwangerschaft durch Eheschließung
Das Finnish Immigration Service (FIS) erwähnt in seinem Fact-Finding-Mission-Bericht vom Mai 2007, dass vorehelicher Geschlechtsverkehr schweren Sanktionen unterliege. In der Provinz Faryab habe es jedoch Fälle gegeben, in denen ein Paar, dass miteinander verkehrt hätte, mit Zustimmung beider Familien verheiratet worden sei. Dies sei jedoch nicht die Norm:
“Pre-marital intercourse is heavily sanctioned. If a woman has been in intercourse before or outside marriage, it is still common, that the father or the closest male relative kills the woman. However, in Faryab, there have been cases, where a couple who had been in intercourse were married by the approval of both families. This, however, is not the norm.“ (FIS, 1. Mai 2007, S. 23)
In den ACCORD derzeit zur Verfügung stehenden Quellen konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche keine weiteren Informationen zum Thema Legitimierung vorehelicher Schwangerschaft durch Eheschließung gefunden werden.
Quellen:(Zugriff auf alle Quellen am 30. Juli 2009)
FIS – Finnish Immigration Service: Report from a fact-finding mission to Afghanistan; 5 - 19 September 2006, 1. Mai 2007 (veröffentlicht auf ecoi.net)
Merrill, Linda / Paxson, Donald / Tobey, Thomas: An Introduction to Afghanistan Culture, Herbst 2006 (veröffentlicht auf usm.maine.edu)
ATSC - US Army Training Support Center: Afghanistan The Study of a Nation, 2004
MRG – Minority Rights Group International, World Directory of Minorities and Indigenous Peoples - Afghanistan: Overview, 2007 (veröffentlicht auf Refworld)
Aseel, Maryam Qudrat: Torn between two cultures, 2004 (veröffentlicht auf Google.Books)