Anfragebeantwortung zu Syrien: Position der Demokratischen Einheitspartei der Kurden (Partiya Yekitîya Demokrat, PYD); Verhältnis zum Regime von Baschar al-Assad [a-8599]

14. Februar 2014
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Die Online-Ausgabe der deutschen Wochenzeitung Die Zeit berichtet im Jänner 2013 Folgendes zur PYD:
„Neben einem Stadtrat, einem Gericht sowie Jugend- und Frauenzentren hat die PYD in den vergangenen Monaten eine eigene Polizei und Miliz gegründet. Von den 50.000 Einwohnern Afrins sind schätzungsweise 7.000 Mitglieder der Organisation. Genau wie alle anderen kurdischen Organisationen war sie unter Assad verboten und wurde verfolgt. […] In den vergangenen Wochen kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Freien Syrischen Armee (FSA). Viele der vorwiegend arabischen Oppositionsmilizen werfen den Kurden vor, einen Deal mit Assad zu haben. Demzufolge beteilige sich die PYD im Gegenzug für ihre Autonomie nicht an den Kämpfen gegen das Regime. Gleichzeitig werfen viele den Kurden vor, sich von Syrien abspalten zu wollen. ” (ZEIT ONLINE, 22. Jänner 2013)
Im Oktober 2013 schreibt der Berichterstatter der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (Council of Europe - Parliamentary Assembly, CoE-PACE), Björn von Sydow, zur Lage in Syrien, dass sich die Milizen der PYD, die entlang der türkischen Grenze aktiv seien, und der Kurdische Nationalrat (Kurdish National Council, KNC) bereit erklärt hätten, mit dem Syrischen Nationalrat (Syrian National Council, NC) zusammenzuarbeiten. Der Berichterstatter habe am 30. September 2013 in Straßburg einen Vertreter der PYD getroffen, der den Wunsch bestätigt habe, an der Friedenskonferenz teilzunehmen. Wegen der säkularen Ausrichtung der PYD bezüglich Demokratie und Menschenrechten werde die PYD von radikalen islamistischen Gruppen beschuldigt, „pro-westlich“ zu sein. Die Gruppe bestehe darauf, keine separatistische Agenda zu haben:
„The Kurdish Democratic Union Party (PYD) militias, active along the Turkish border, and the Kurdish National Council (KNC) have recently agreed to join forces with the NC. On 30 September 2013, in Strasbourg, I met a representative of the PYD, who confirmed their wish to participate in the peace conference. Due to their secular stand for democracy and human rights, they are accused of being pro-western by the radical Islamist groups. They insisted that they were fighting for an inclusive Syria and that they did not have a separatist agenda.“ (CoE-PACE, 1. Oktober 2013)
Das Institute for War and Peace Reporting (IWPR), ein in London ansässiges internationales Netzwerk zur Förderung freier Medien, zitiert in einem Artikel vom Oktober 2013 einen Anführer der Freien Syrischen Armee (FSA), Abu Adnan, der unter anderem angegeben habe, dass die FSA nach der vermehrten Präsenz von Scharfschützen der PYD und der Anwesenheit von bewaffneten Männern der PYD in der Stadt Tal Abyad alarmiert gewesen sei. Die PYD habe versucht die Kontrolle in der Stadt zu übernehmen. Dies habe laut Angaben des FSA-Anführers Feindseligkeit und Komplizenschaft mit dem Assad-Regime seitens der separatistischen PYD-Gruppen zum Ausdruck gebracht:
„’We did not come here to fight a specific sect or ethnicity. We are all brothers in this town,’ said Abu Adnan, 30, an FSA leader. ‘Everyone knows the FSA did not attack or ride roughshod over anyone’s areas, including Kurdish ones. But we were alarmed by the proliferation of PYD snipers and armed men in the town, and by their attempt to take control. That showed ill-will and complicity with the Assad regime on the part of these separatist groups.’“ (IWPR, 28. Oktober 2013)
Die libanesische Zeitung Daily Star erwähnt im Dezember 2013, dass die kurdische Miliz der PYD, die oftmals gegen regimefeindliche Rebellen gekämpft habe, in den vergangenen Wochen eine Reihe von Ortschaften von islamistischen Gruppen im Nordosten zurückerobert habe:
„In the northeast province of Hassakeh, the Observatory said that Kurdish fighters managed to seize another village from the Islamic State of Iraq and Greater Syria, an al-Qaeda affiliate. The Kurdish militia the PYD, which has often fought anti-regime rebels, has taken a string of villages from Islamist groups in the northeast in recent weeks.“ (Daily Star, 31. Dezember 2013)
Die Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS) berichtet im Dezember 2013 über die Spaltung innerhalb der syrischen Kurden. Die Wahrnehmung bezüglich des Volksrats von Westkurdistan (Western Kurdistan People’s Council, WKPC) etwa sei, dass zwischen diesem und dem Assad-Regime eine gewisse Verständigung bestehe. Der WKPC stehe der PYD nahe, deren militärischer Flügel, die Volksverteidigungseinheiten (People’s Defence Units, Yekîneyên Parastina Gel, YPG), große Teile der kurdischen Gebiete im Norden und Nordosten Syriens kontrolliere:
„Despite an atmosphere of deep mutual distrust, two major rival Syrian Kurdish bodies have agreed to attend an expected international conference on the fate of Syria, known as Geneva II, on the side of the Syrian opposition forces, Syrian Kurdish sources told IPS. […]Although the decision represents a significant change of direction on the part of the deeply-divided Syrian Kurds, there are serious doubts as to whether the agreement between the Western Kurdistan People’s Council (WKPC) and the Kurdish National Council (KNC) will actually be implemented. […] While the WKPC is perceived to have some sort of understanding with Assad’s regime, the KNC is close to the rest of the Syrian opposition groups. […] The WKPC is close to the Kurdish Democratic Union Party (PYD), whose military wing, known as the People’s Defence Units (YPG), controls much of the Kurdish areas in the northern and northeastern parts of Syria.” (IPS, 26. Dezember 2013)
Ein Interview mit Saleh Muslim, dem Co-Vorsitzenden der PYD, zur Lage in Syrien vom Jänner 2014 findet sich auf der Website des deutschen Auslandsrundfunks Deutsche Welle (DW) unter folgendem Link:
 
Die Zeitung Daily Star erwähnt in einem Artikel vom Jänner 2014, dass die PYD uneins („is at odds“) mit der wichtigsten Oppositionsgruppe im Exil, der National Coalition, sei:
„The contradictions at play in the war were highlighted further east, in the city of Qamishli, where several thousand people attended the funeral of 39 Kurds killed in fighting with Islamist militias during a campaign that began in late December. The Kurdish fighters were from the PYD, which is at odds with the main opposition-in-exile group, the National Coalition. The fighters were killed in battles with ISIS and groups from the Islamic Front – the same sides that are locked in bloody clashes elsewhere in rebel-held areas.“ (Daily Star, 16. Jänner 2014)
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schreibt im Jänner 2014, dass es seit Jänner 2013 zu Zusammenstößen zwischen der PYD und extremistischen bewaffneten oppositionellen Gruppen komme, darunter al-Nusra und Islamic State of Iraq and the Levant (ISIS), die um die Kontrolle des Gebiets kämpfen:
„Since January 2013, media and independent monitoring groups have reported ongoing clashes between the armed wing of the Kurdish Democratic Union Party (PYD) and extremist armed opposition groups, including Jabhat al-Nusra and ISIS, which are fighting for control of the area.” (HRW, 13. Jänner 2014)
Amnesty International (AI) schreibt im Dezember 2013, dass ISIS in den Monaten nach ihrer Bildung in steigendem Ausmaß mit anderen bewaffneten oppositionellen Gruppen und einer wichtigen kurdischen Oppositionspartei, der PYD, zusammengestoßen sei:
„As it has grown in strength, ISIS has increasingly clashed with other armed opposition groups and a key Kurdish opposition party, the Democratic Union Party (known by its Kurdish initials of PYD) over the months following its declared formation.“ (AI, 19. Dezember 2013)
Die Frankfurter Rundschau schreibt in einem Artikel vom Dezember 2013 Folgendes:
„Die im syrischen Kurdengebiet herrschende Demokratische Unionspartei (PYD), ein Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK aus der Türkei, kämpft seit Monaten gegen die Al-Kaida-nahen Milizen – als einzige Kraft in Syrien mit wachsendem Erfolg.“ (FR, 16. Dezember 2013)
Einheiten der Nusra, ISIS und FSA würden laut einem Artikel der Zeitung Daily Star vom Dezember 2013 im Nordosten zusammenarbeiten, um den „Landraub“ von Milizen der kurdischen PYD zu bekämpfen:
„Nusra, ISIS and FSA units also cooperate in the northeast, where they are fighting what they consider a landgrab by Kurdish PYD militia. The PYD says it is defending the population against Al-Qaeda.“ (Daily Star, 6. Dezember 2013)
Weitere Informationen finden sich auch in folgender ACCORD-Anfragebeantwortung:
  • ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Syrien: Aktuelle Sicherheitslage bezüglich KurdInnen in Nordostsyrien, insbesondere in der Stadt Tall Tamr; Informationen zu „Jabhat al-Nusra“ bzw. „al-Nusra Front“ [a-8507-1], 20. August 2013 (verfügbar auf ecoi.net)
    http://www.ecoi.net/local_link/256214/380843_de.html
 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 14. Februar 2014)