Document #1220563
Amnesty International (Author)
Die Antiterrorgesetzgebung gab weiterhin Anlass zu Besorgnis. Entgegen internationalen Richtlinien schoben die dänischen Behörden auch 2010 Menschen ab, u.a. in den Irak. Frauen wurden in Gesetzgebung und Praxis nicht in ausreichendem Maße vor Gewalt geschützt.
Die Antiterrorgesetzgebung führte nach wie vor zu Beeinträchtigungen der Menschenrechte. Die Justiz kontrollierte den polizeilichen Zugriff auf private und vertrauliche Daten nur unzureichend. Dies betraf z.B. die Überwachung von Telefongesprächen und Computerverbindungen. Nach wie vor entsprachen Verfahren zur Anfechtung von Ausweisungen oder Abschiebungen aus "Gründen der nationalen Sicherheit" nicht den internationalen Standards der Fairness.
Im September veröffentlichte die Regierung einen Bericht über die Antiterrorgesetze, die seit 2001 verabschiedet worden waren. Kritiker warfen dem Bericht mangelnde Gründlichkeit vor. Außerdem seien die Ansichten verschiedener Parteien nicht miteinbezogen worden. Der Bericht beruhte lediglich auf Aussagen des Generalstaatsanwalts, der Polizei sowie des polizeilichen Sicherheits- und Nachrichtendienstes. Er kam zu dem Schluss, dass die Ausweitung der Befugnisse des Sicherheits- und Nachrichtendienstes zu einer besseren Prävention gegen Terrorismus geführt habe.
Im Mai 2010 änderte die Regierung ihr Vorgehen bezüglich der Überstellung von Asylsuchenden nach Griechenland gemäß der Dublin-II-Verordnung. Obwohl das derzeitige griechische Asylverfahren unzureichende Schutzvorkehrungen aufweist, kündigte die dänische Regierung an, sie werde künftig nicht mehr warten bis Griechenland vor der Rückführung explizit die Verantwortung für einen Fall übernimmt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verhängte einstweilige Maßnahmen, mit denen Überstellungen nach Griechenland in mindestens 304 Fällen gestoppt wurden. Ein Großteil der geplanten Rückführungen wurde dadurch verhindert. Der dänische Minister für Flüchtlinge, Zuwanderung und Integration erklärte die Überstellungen gemäß der Dublin-II-Verordnung dennoch nicht für beendet. Bis Ende 2010 wurden 20 Personen unter Bezug auf die Verordnung nach Griechenland rückgeführt.
Entgegen den Empfehlungen des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) wurden mindestens 62 Iraker nach Bagdad abgeschoben, obwohl ihnen dort Verfolgung und schwerwiegende Übergriffe drohten.
Frauen waren gegen sexuelle Gewalt nur unzureichend gesetzlich geschützt. Eine von der Regierung 2009 eingesetzte Expertenkommission, die die bestehenden Gesetze zu Vergewaltigung überprüfen sollte, hatte ihre Ergebnisse Ende 2010 noch nicht vorgelegt. Bislang gilt etwa, dass die Bestrafung eines Täters gemildert oder erlassen werden kann, wenn er das Opfer nach der Vergewaltigung heiratet oder eine registrierte Partnerschaft mit dem Opfer eingeht bzw. eine bestehende Ehe oder registrierte Partnerschaft nach der Tat fortführt.
Im Durchschnitt kommt es nur in 20% aller angezeigten Vergewaltigungen zu einer Verurteilung. Die meisten Verfahren werden von der Polizei oder Staatsanwaltschaft eingestellt und kommen nie zur Verhandlung, was dazu führt, dass zahlreiche Täter straffrei bleiben.
Im August forderte der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung die Regierung auf, für Roma und Fahrende adäquate Unterkünfte bereitzustellen, ihnen den Zugang zu staatlichen Dienstleistungen zu ermöglichen und einen effektiven Schutz gegen Diskriminierung und Hassverbrechen zu gewährleisten.
Außerdem befand der Ausschuss, dass die im Mai erfolgte Einführung eines neuen, auf Punkten basierenden Systems für Personen, die das Dauerwohnrecht beantragen, "beschwerliche und strenge Anforderungen" stelle. Dadurch könnten möglicherweise Personen aus besonders schutzbedürftigen Gruppen in unfairer Weise ausgeschlossen werden.
Case closed: Rape and human rights in the Nordic countries - summary report (ACT 77/001/2010)
Dangerous deals: Europe's reliance on 'diplomatic assurances' against torture (EUR 01/012/2010)
© Amnesty International
Amnesty International Report 2011 - The State of the World's Human Rights (Periodical Report, English)
Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte (Periodical Report, German)