Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte

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Amnesty Report 2011

Dänemark


Amtliche Bezeichnung: Königreich Dänemark
Staatsoberhaupt: Königin Margrethe II.
Regierungschef: Lars Løkke Rasmussen
Todesstrafe: **für alle Straftaten abgeschafft
**Einwohner:
5,5 Mio.
Lebenserwartung: 78,7 Jahre
Kindersterblichkeit (m/w): 6/6 pro 1000 Lebendgeburten

Die Antiterrorgesetzgebung gab weiterhin Anlass zu Besorgnis. Entgegen internationalen Richtlinien schoben die dänischen Behörden auch 2010 Menschen ab, u.a. in den Irak. Frauen wurden in Gesetzgebung und Praxis nicht in ausreichendem Maße vor Gewalt geschützt.

Antiterrormaßnahmen und Sicherheit

Die Antiterrorgesetzgebung führte nach wie vor zu Beeinträchtigungen der Menschenrechte. Die Justiz kontrollierte den polizeilichen Zugriff auf private und vertrauliche Daten nur unzureichend. Dies betraf z.B. die Überwachung von Telefongesprächen und Computerverbindungen. Nach wie vor entsprachen Verfahren zur Anfechtung von Ausweisungen oder Abschiebungen aus "Gründen der nationalen Sicherheit" nicht den internationalen Standards der Fairness.
Im September veröffentlichte die Regierung einen Bericht über die Antiterrorgesetze, die seit 2001 verabschiedet worden waren. Kritiker warfen dem Bericht mangelnde Gründlichkeit vor. Außerdem seien die Ansichten verschiedener Parteien nicht miteinbezogen worden. Der Bericht beruhte lediglich auf Aussagen des Generalstaatsanwalts, der Polizei sowie des polizeilichen Sicherheits- und Nachrichtendienstes. Er kam zu dem Schluss, dass die Ausweitung der Befugnisse des Sicherheits- und Nachrichtendienstes zu einer besseren Prävention gegen Terrorismus geführt habe.

  • Im Dezember 2010 hob das östliche Landgericht eine Ausweisungsanordnung gegen den Tunesier Slim Chafra auf. Der tunesische Staatsbürger sollte ausgewiesen werden, weil er als Gefahr für die nationale Sicherheit betrachtet wurde. Das Gericht befand jedoch, dass Slim Chafra den Ausweisungsbescheid nicht wirksam anfechten konnte, weil er vornehmlich auf Geheimmaterial beruhte, das in nicht öffentlichen Verfahren präsentiert worden war, zu denen weder der Betroffene selbst noch seine Rechtsbeistände Zugang hatten. Somit hatte Slim Chafra nach Einschätzung des Gerichts keine faire bzw. angemessene Möglichkeit, sich zu verteidigen.

Folter und andere Misshandlungen

  • Im November 2010 entschied ein Regionalgericht, dass der dänische Staatsbürger Niels Holck nicht an Indien ausgeliefert werden dürfe. Zur Begründung hieß es, die zwischen der dänischen und der indischen Regierung vereinbarten diplomatischen Zusicherungen stellten keinen ausreichenden Schutz gegen die Gefahr von Folter oder anderen Misshandlungen dar. Die Regierung legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein. Ende 2010 war das Verfahren noch nicht abgeschlossen.
  • Im Dezember 2010 entschied das Kopenhagener Stadtgericht, dass die Vorbeugehaft gegen 250 Personen während der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 rechtswidrig war. Zudem stellten die Umstände, unter denen die Festnahmen erfolgten, in 178 Fällen eine erniedrigende Behandlung dar und somit einen Verstoß gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention.
    Minderjährige Untersuchungsgefangene wurden nach wie vor in den gleichen Einrichtungen inhaftiert wie erwachsene Häftlinge.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Im Mai 2010 änderte die Regierung ihr Vorgehen bezüglich der Überstellung von Asylsuchenden nach Griechenland gemäß der Dublin-II-Verordnung. Obwohl das derzeitige griechische Asylverfahren unzureichende Schutzvorkehrungen aufweist, kündigte die dänische Regierung an, sie werde künftig nicht mehr warten bis Griechenland vor der Rückführung explizit die Verantwortung für einen Fall übernimmt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verhängte einstweilige Maßnahmen, mit denen Überstellungen nach Griechenland in mindestens 304 Fällen gestoppt wurden. Ein Großteil der geplanten Rückführungen wurde dadurch verhindert. Der dänische Minister für Flüchtlinge, Zuwanderung und Integration erklärte die Überstellungen gemäß der Dublin-II-Verordnung dennoch nicht für beendet. Bis Ende 2010 wurden 20 Personen unter Bezug auf die Verordnung nach Griechenland rückgeführt.
Entgegen den Empfehlungen des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) wurden mindestens 62 Iraker nach Bagdad abgeschoben, obwohl ihnen dort Verfolgung und schwerwiegende Übergriffe drohten.

Gewalt gegen Frauen

Frauen waren gegen sexuelle Gewalt nur unzureichend gesetzlich geschützt. Eine von der Regierung 2009 eingesetzte Expertenkommission, die die bestehenden Gesetze zu Vergewaltigung überprüfen sollte, hatte ihre Ergebnisse Ende 2010 noch nicht vorgelegt. Bislang gilt etwa, dass die Bestrafung eines Täters gemildert oder erlassen werden kann, wenn er das Opfer nach der Vergewaltigung heiratet oder eine registrierte Partnerschaft mit dem Opfer eingeht bzw. eine bestehende Ehe oder registrierte Partnerschaft nach der Tat fortführt.
Im Durchschnitt kommt es nur in 20% aller angezeigten Vergewaltigungen zu einer Verurteilung. Die meisten Verfahren werden von der Polizei oder Staatsanwaltschaft eingestellt und kommen nie zur Verhandlung, was dazu führt, dass zahlreiche Täter straffrei bleiben.

Diskriminierung

Im August forderte der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung die Regierung auf, für Roma und Fahrende adäquate Unterkünfte bereitzustellen, ihnen den Zugang zu staatlichen Dienstleistungen zu ermöglichen und einen effektiven Schutz gegen Diskriminierung und Hassverbrechen zu gewährleisten.
Außerdem befand der Ausschuss, dass die im Mai erfolgte Einführung eines neuen, auf Punkten basierenden Systems für Personen, die das Dauerwohnrecht beantragen, "beschwerliche und strenge Anforderungen" stelle. Dadurch könnten möglicherweise Personen aus besonders schutzbedürftigen Gruppen in unfairer Weise ausgeschlossen werden.

Amnesty International: Berichte

Case closed: Rape and human rights in the Nordic countries - summary report (ACT 77/001/2010)

Dangerous deals: Europe's reliance on 'diplomatic assurances' against torture (EUR 01/012/2010)

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