Berichtszeitraum: 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2024
Mitarbeiter*innen der Behörde Uganda Wildlife Authority setzten exzessive und unnötige Gewalt gegen die indigene Gemeinschaft der Benet ein und töteten zwei Kinder. Regierungskritiker*innen wurden von den Behörden willkürlich festgenommen und inhaftiert. Angesichts von Änderungen des NGO-Gesetzes drohte NGOs eine übermäßige Kontrolle durch die Regierung. Das Verfassungsgericht bestätigte gesetzliche Bestimmungen, die lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) diskriminierten und für bestimmte Handlungen die Todesstrafe und andere unverhältnismäßige Strafen vorsahen. Die Behörden gaben keine Auskunft zum Verbleib von mindestens 500 Kindern, die von Bediensteten der Hauptstadtbehörde Kampala bei Razzien aus den Katwe-Slums entführt worden waren. Die Flüchtlingshilfe des UNHCR für die fast 1,8 Mio. Flüchtlinge und Asylsuchenden in Uganda war nach wie vor unterfinanziert. Der Bau der Ostafrikanischen Rohölpipeline EACOP lief globalen Bemühungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zuwider.
Hintergrund
Die USA schlossen Uganda 2024 wegen "grober Verstöße gegen international anerkannte Menschenrechte" aus ihrem Handelsprogramm African Growth and Opportunity Act (AGOA) aus. Im April bzw. Juni 2024 verhängten die britische und die US-amerikanische Regierung Sanktionen gegen die ugandische Parlamentspräsidentin, ihren Ehemann und mehrere weitere Staatsbedienstete wegen Korruptionsvorwürfen und schweren Menschenrechtsverstößen. Am 21. September 2024 erklärte Muhoozi Kainerugaba, der Sohn von Präsident Yoweri Museveni und Oberbefehlshaber der ugandischen Streitkräfte (Uganda People’s Defence Forces – UPDF), dass er nicht bei den Präsidentschaftswahlen 2026 antreten werde.
Exzessive und unnötige Gewaltanwendung
Die Behörde Uganda Wildlife Authority (UWA) setzte auch 2024 unverhältnismäßige und unnötige Gewalt ein, um die indigene Gemeinschaft der Benet am Zugang zu ihrem angestammten Land im Wald von Mount Elgon zu hindern.
UWA-Beamt*innen schossen im Distrikt Bukwo auf mindestens drei Angehörige der Benet; ein Mann wurde verletzt, zwei Minderjährige getötet. Am 28. Mai 2024 schoss ein Behördenvertreter Kibet Silas Rukut in dessen Zuhause ins Bein. Laut Angaben von Kibet Silas Rukut geschah dies, weil er sich geweigert hatte, seine Kühe von der Stelle wegzubringen, wo sie weideten. Der UWA-Mitarbeiter hatte zuvor behauptet, die Kühe befänden sich auf dem Gebiet des Nationalparks von Mount Elgon – dieses ist umstritten. Kibet Silas Rukut meldete den Vorfall auf der Polizeiwache von Bukwo.
Am 4. Juni 2024 wurde der 16-jährige Marko Kipsang Gemeindesprechern zufolge beim Grassammeln im Wald erschossen. Gemeindemitglieder marschierten daraufhin protestierend zum Büro des leitenden Beamten der Distriktverwaltung, wurden aber angewiesen, die Ermittlungen zu dem Vorfall abzuwarten.
Am 6. September 2024 erschoss ein UWA-Angehöriger den 13-jährigen Sukuku Emmanuel Joshua. Gemeindesprechern zufolge wurde der Junge in seinem Dorf getötet und nicht im Wald, wie Vertreter der UWA behaupteten. Bei einer Obduktion im Allgemeinen Krankenhaus von Bukwo wurde die Kugel aus seinem Leichnam geborgen, und die UWA zahlte seiner Familie 5 Mio. Uganda-Schilling (rund 1.300 Euro) für die Beerdigungskosten.
Die Behörden gaben keine Informationen über Ermittlungen zu diesen Vorfällen bekannt.
Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen
Am 16. November 2024 wurde der ugandische Oppositionspolitiker Dr. Kizza Besigye in der kenianischen Hauptstadt Nairobi auf Geheiß der ugandischen Behörden entführt. Kizza Besigye ist ein ehemaliger Präsidentschaftskandidat der Partei Forum für Demokratischen Wandel (Forum for Democratic Change – FDC), der bei den Präsidentschaftswahlen 2001, 2006, 2011 und 2016 erfolglos gegen Präsident Museveni antrat. Er wurde am 20. November vor einem Militärgericht in der ugandischen Hauptstadt Kampala wegen Sicherheitsvergehen und des unerlaubten Besitzes von Schusswaffen und Munition angeklagt, obwohl das Verfassungsgericht 2022 entschieden hatte, dass die Militärgerichte nicht für die Strafverfolgung von Zivilpersonen zuständig sind. Bereits am 23. Juli 2024 waren im kenianischen Kisumu 36 FDC-Mitglieder, die legal nach Kenia eingereist waren, festgenommen und gegen ihren Willen nach Uganda zurückgebracht worden, wo sie wegen terroristischer Straftaten angeklagt wurden.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Am 19. Februar 2024 nahm die Polizei Ibrahim Musana fest, einen auch als "Pressure Pressure" bekannten Online-Aktivisten, und zeigte ihn wegen Verleumdung, Förderung von Hassreden und Anstiftung zur Gewalt an. Ihm wurde vorgeworfen, bösartige Informationen zu verbreiten und die Sozialen Medien zu nutzen, um den Kabaka (den König des Königreichs Buganda, eines konstitutionellen Königreichs in Uganda) und andere Vertreter*innen Bugandas, darunter auch den Premierminister, zu attackieren. Ibrahim Musana wurde am 29. April gegen eine Kaution von 2 Mio. Uganda-Schilling (etwa 530 Euro) aus dem Gefängnis entlassen. Bis zum Ende seines Verfahrens wurde ihm untersagt, in den Sozialen Medien den Kabaka, Präsident Museveni, die Parlamentssprecherin oder die Ministerin Joyce Sebugwawo zu erwähnen.
Am 6. April 2024 nahm eine militärische Spezialeinheit für die Durchführung militärischer Notmaßnahmen acht Musiker fest, die auf einer öffentlichen Veranstaltung dabei belauscht wurden, wie sie eine Rede des Präsidenten als zu lang kritisierten. Sie wurden auf die Polizeihauptwache von Kampala gebracht, wegen "Beleidigung" des Präsidenten angeklagt und zwei Tage später gegen Kaution freigelassen.
Am 10. Juli 2024 verurteilte ein Gericht in Mukono in Ost-Uganda den Tiktoker Edward Awebwa auf Grundlage des Gesetzes über Computermissbrauch aus dem Jahr 2011 wegen der Verbreitung "bösartiger Informationen" und "Hassreden" gegen Präsident Museveni, seine Ehefrau und Muhoozi Kainerugaba zu sechs Jahren Haft. Der stellvertretende Polizeisprecher von Kampala erklärte, Edward Awebwa habe zwischen Februar und März 2024 Videos geteilt, in denen er den Präsidenten verspottete. Laut Informationen, die Amnesty International vorliegen, kam der Sprachgebrauch in seinen Beiträgen nicht der Hassrede gleich.
Recht auf friedliche Versammlung
Am 20. Februar 2024 protestierten die Umweltaktivisten Bintomkwanga Raymond, Kibuuka Azilu, Katiti Noah, Namara Hosea und Ndyamwesiga Desire in der Nähe des Parlaments gegen den geplanten Bau der Erdölpipeline East African Crude Oil Pipeline (EACOP), die durch das Waldschutzgebiet von Bugoma führen soll (siehe "Recht auf eine gesunde Umwelt"). Sie hatten ein Transparent bei sich, auf dem sie die Rettung des Waldes von Bugoma forderten und an das Parlament appellierten, das Kabinett aufzufordern, den Bericht zur Demarkation von Bugoma zu veröffentlichen. Weiter hieß es auf dem Transparent, Wälder seien "die Lungen der Welt". Die Polizei nahm sie wegen "Erregung öffentlichen Ärgernisses" und der Verursachung von "unnötigem Chaos und Störung des Friedens durch die Belästigung von Abgeordneten und anderen Parlamentsmitarbeiter*innen" fest.
Am 23. Juli 2024 warnte Präsident Museveni, dass regierungsfeindliche Proteste nicht geduldet würden. Am nächsten Tag durchsuchte die Polizei im Vorfeld geplanter Proteste als angebliche "Vorsichtsmaßnahme" das Hauptquartier der Oppositionspartei National Unity Platform (NUP).
Zwischen dem 22. und dem 25. Juli 2024 nahm die Polizei bei Demonstrationen gegen Korruption in Kampala und anderen Städten 104 Teilnehmende fest. Zuvor hatten sich Vorwürfe über weit verbreitete Korruption in der Regierung gehäuft, insbesondere gegen Parlamentsabgeordnete sowie die Parlamentspräsidentin. Die Festgenommenen wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten unter Auflagen freigelassen.
Am 2. September 2024 nahm die Polizei Norah Kobusingye, Praise Aloikin Opoloje und Kemitoma Kyenzibo fest, als sie sich dem Parlament näherten, um nackt gegen Korruption zu demonstrieren. Die Aktivistinnen wurden vor dem Gericht von Buganda Road wegen "Erregung öffentlichen Ärgernisses" angeklagt und in Untersuchungshaft genommen. Am 12. September ließ das Gericht sie unter Auflagen frei.
Recht auf Vereinigungsfreiheit
Am 15. Juli 2024 unterzeichnete Präsident Museveni die Änderung des NGO-Gesetzes (NGO (Amendment) Act 2024) und ebnete damit den Weg für die Auflösung der für die Regulierung und Überwachung der Tätigkeit von NGOs zuständigen Behörde, einer halbautonomen Institution des Innenministeriums. Die Behörde wurde danach als eine Abteilung innerhalb dieses Ministeriums neu eingerichtet, was als Schritt hin zu einer zentralisierten Entscheidungsgewalt und Kontrolle sowie einer verstärkten staatlichen Aufsicht über NGO-Angelegenheiten zu werten war.
Rechte von LGBTI+
Am 3. April 2024 entschied sich das Verfassungsgericht gegen eine Aufhebung des Gesetzes gegen Homosexualität (Anti-Homosexuality Act 2023) und hob stattdessen nur einige Teile des Gesetzes auf, die gegen die Verfassung Ugandas von 1995 verstießen. Vom Gericht aufgehoben wurden folgende Abschnitte: Abschnitt 3(2)(c), der die Todesstrafe für eine verurteilte Person vorsah, wenn "die Person, gegen die die Straftat begangen wurde, infolge der sexuellen Handlung an einer unheilbaren Krankheit erkrankt"; Abschnitt 9, dem zufolge eine Person, die "wissentlich" zulässt, dass Räumlichkeiten "zum Zwecke der Homosexualität oder zur Begehung einer Straftat nach diesem Gesetz genutzt werden", bei einer Verurteilung "mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sieben Jahren bestraft werden kann"; Abschnitt 11(2)(d), der eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren für Personen vorsah, die "wissentlich ein Haus, ein Gebäude oder eine Einrichtung mieten oder untervermieten, nutzen oder einer anderen Person die Nutzung gestatten, um Aktivitäten durchzuführen, die die Homosexualität fördern"; und Abschnitt 14, der alle Personen dazu verpflichtete, "homosexuelle Handlungen zu melden". Das Gericht hielt an Bestimmungen des Gesetzes fest, die eine Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans und intergeschlechtlichen Menschen (LGBTI+) darstellen und harte Strafen, darunter die Todesstrafe, bei "schwerer Homosexualität" sowie bis zu 20 Jahre Haft für die "Förderung von Homosexualität" vorsehen. Bis Ende 2024 hatten 22 Personen vor dem Obersten Gerichtshof Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.
Recht auf Wohnen
Am 12. Januar 2024 führten Bedienstete der Hauptstadtbehörde in Kampala (Kampala Capital City Authority – KCCA) im Einvernehmen mit dem Ministerium für Geschlechterfragen, Arbeit und soziale Entwicklung sowie mit Unterstützung der Polizei eine nächtliche bewaffnete Razzia in den Katwe-Slums in Kampala durch und nahmen dabei 773 Kinder und 142 Frauen aus der indigenen Gemeinschaft der Karamojong fest. Die Kinder wurden in das Kinderdorf Masulita gebracht, ein Kinderheim im Distrikt Wakiso, das von der NGO Uganda Women’s Effort to Save Orphans geführt wird. Laut Angaben der KCCA erfolgte die Razzia, um Obdachlose im Vorfeld des Gipfeltreffens der G77-Staaten und dem Gipfel der Bewegung der Blockfreien Staaten von den Straßen Kampalas zu holen. Den Familien wurden keine Alternativunterkünfte zur Verfügung gestellt.
Kinderrechte
Einige zur indigenen Gemeinschaft der Karamojong gehörende Eltern berichteten einer lokalen Kinderrechtsorganisation, ihre Kinder hätten durch die Razzien und Festnahmen in den Katwe-Slums im Januar 2024 (siehe "Recht auf Wohnen") physisch oder psychisch Schaden genommen. Die Kinderrechtsorganisation erfasste die Namen von mindestens 500 Kindern, die sich unter den Hunderten, die ins Kinderdorf Masulita gebracht worden waren, nicht finden ließen und auch Ende 2024 noch vermisst wurden. Die Organisation brachte die Festnahmen mit Kinderhandel in Verbindung, der nach ihren Angaben vom Staat unterstützt wurde.
Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen
Ende 2024 beherbergte Uganda nach Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) 1.796.609 Flüchtlinge und Asylsuchende.
Im Laufe des Jahres waren weitere Personen ins Land gekommen, hauptsächlich aus der Demokratischen Republik Kongo, dem Sudan und dem Südsudan.
Bis zum 30. September hatte der UNHCR nur rund 42 Prozent der für Uganda erforderlichen Finanzmittel in Höhe von 363,4 Mio. US-Dollar (etwa 352,4 Mio. Euro) erhalten. Damit betrug das Defizit mehr als 212 Mio. US-Dollar (etwa 205,6 Mio. Euro).
Recht auf eine gesunde Umwelt
Das Unternehmen EACOP Ltd. setzte den Bau einer 1.443 Kilometer langen unterirdischen Pipeline für den Transport von Rohöl von Kabaale (Distrikt Hoima) in West-Uganda bis zum Hafen von Tanga in Tansania fort. Die Pipeline soll durch besiedelte Gegenden und Wildtierreservate, landwirtschaftliche Flächen und Wasserquellen verlaufen. Das Bauprojekt führte zu Vertreibungen, stellte eine große Gefahr für die Umwelt dar und lief globalen Bemühungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zuwider.