Berichtszeitraum: 1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2024
Die Regierung setzte weiterhin auf repressive Gesetze und Maßnahmen, um das Recht auf freie Meinungsäußerung und andere Menschenrechte zu beschneiden. Menschenrechtsverteidiger*innen wurden festgenommen, strafrechtlich verfolgt und zu langen Haftstrafen verurteilt. Im Ausland lebende Aktivist*innen waren Drohungen und Einschüchterung ausgesetzt. In dem Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang wurden neue Beschränkungen der Religionsfreiheit eingeführt, und Intellektuelle, Künstler*innen und andere uigurische Kulturschaffende wurden nach wie vor verfolgt. Die Behörden verschärften ihre Unterdrückung der tibetischen Kultur und Sprache. Die Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energie wurden zwar ausgebaut, China war aber immer noch stark auf Kohle angewiesen. Mit einem neuen Gesetz über nationale Sicherheit wurde der Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft in Hongkong weiter eingeengt, und zahlreiche Demokratieverfechter*innen wurden dort zu langen Gefängnisstrafen verurteilt.
Hintergrund
Angesichts der wachsenden Besorgnis über eine Wirtschaftsflaute, die sinkende Geburtenrate und die alternde Bevölkerung konzentrierte sich die Regierung im Jahr 2024 verstärkt auf die Gewährleistung von "Stabilität", was zu einer zunehmenden Beschneidung der Menschenrechte führte. Die Verschärfung der Maßnahmen durch die Behörden und die weiterhin fehlende Transparenz wurden z. B. dadurch verdeutlicht, dass Amtsträger*innen wegen des Lesens "verbotener" Publikationen aus der Kommunistischen Partei Chinas ausgeschlossen, Reisebeschränkungen für Staatsbedienstete verhängt und Verbraucherrechtsskandale zensiert wurden.
In China hergestellte Waffen und andere militärische Ausrüstung wurde von den Konfliktparteien im Sudan eingesetzt, obwohl die chinesische Regierung dies bestritt. Im Konflikt in Myanmar gab es erneut Belege dafür, dass staatliche und nichtstaatliche chinesische Akteure das Militär mit Flugbenzin belieferten, was Luftangriffe auf zivile Ziele ermöglichte und anderen Kriegsverbrechen Vorschub leistete.
Die Wirtschaft in Hongkong kam auch 2024 nicht in Schwung, sodass viele Geschäfte und Restaurants schließen mussten. Das dortige Haushaltsdefizit blieb bestehen, und die Haushaltsreserven fielen auf den niedrigsten Stand seit 2010. Den Bemühungen der Hongkonger Behörden, das Image der Sonderverwaltungsregion als internationale Drehscheibe für ausländische Investitionen und den Tourismus wieder aufzupolieren, stand das anhaltende harte Vorgehen gegen Oppositionelle im Wege.
Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit
Künstler*innen und andere wurden auf der Grundlage restriktiver Gesetze strafrechtlich verfolgt. Am 5. Januar 2024 nahmen Sicherheitskräfte Chen Pinlin fest, den Regisseur eines Dokumentarfilms über die "Revolution der weißen Blätter" von 2022 – eine friedliche Protestbewegung gegen die äußerst restriktiven Coronamaßnahmen und die allgegenwärtige Zensur und Überwachung. Ihm wurde "Provokation von Streit und Sabotage der gesellschaftlichen Ordnung" vorgeworfen. Chen Pinlin befand sich Ende 2024 noch in Untersuchungshaft. Im September wurde Gao Zhen, ein renommierter Künstler, der sich in seinen Werken kritisch mit gesellschaftlichen Themen auseinandersetzt, unter dem Verdacht der "Verunglimpfung von Revolutionshelden und -märtyrern" festgenommen. Gao Zhen, der in den USA lebt, besuchte gerade Verwandte in China, als er dort festgenommen wurde. Das Verfahren gegen ihn stand Ende 2024 noch aus.
Im April 2024 erließ das Ministerium für Staatssicherheit neue Vorschriften, wodurch Ordnungskräften zusätzliche Befugnisse zur Kontrolle elektronischer Geräte – auch von ausländischen Besucher*innen in China – eingeräumt wurden. Mit den neuen Bestimmungen, die im Juli in Kraft traten, wurde der Anwendungsbereich der geltenden Gesetze zur Spionageabwehr auf Angelegenheiten der "nationalen Sicherheit" ausgeweitet, während gleichzeitig die entsprechenden Verfahrensgarantien aufgeweicht wurden.
Im Juni 2024 beugte sich die Zentralregierung in einer seltenen Reaktion dem öffentlichen Druck und zog einen Entwurf zur Änderung des "Gesetzes über Verwaltungsstrafen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit" zurück. Der Gesetzesvorschlag enthielt vage formulierte Straftatbestände für Verhaltensweisen, die "den nationalen Geist untergraben" und "die Gefühle des Volkes verletzen". Es wurden jedoch andere Schritte unternommen, um den rechtlichen und regulatorischen Rahmen zu erweitern, mit dem das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt wird.
Am 11. Oktober 2024 kündigte die chinesische Regulierungsbehörde für das Internet neue Maßnahmen an, um die Verwendung "obskurer Ausdrücke" einzuschränken, die von Internetnutzer*innen verwendet werden, um die Zensur im digitalen Raum zu umgehen.
Gegen Ende Oktober nahmen die Behörden in Schanghai Berichten zufolge mindestens sechs Personen fest, die Halloween-Kostüme trugen.
Die Regierung setzte ihre Bemühungen zur Unterdrückung abweichender Meinungen von im Ausland lebenden chinesischen Staatsangehörigen fort. Studierende aus Festlandchina und Hongkong, die an Universitäten in Westeuropa und Nordamerika studieren, wurden u. a. durch staatliche Akteure überwacht und waren einer Zensur im realen und digitalen öffentlichen Raum ausgesetzt. Nicht nur sie, sondern in einigen Fällen auch ihre Familienangehörigen in Festlandchina wurden schikaniert und eingeschüchtert, um sie von Aktivitäten hinsichtlich politischer oder anderer "sensibler" Themen abzuhalten.
Menschenrechtsverteidiger*innen
Menschenrechtsverteidiger*innen, Aktivist*innen, Rechtsbeistände und Bürgerjournalist*innen waren auch 2024 Einschüchterung, Schikane, willkürlicher Inhaftierung sowie Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt, wenn sie sich für die Menschenrechte einsetzten und von ihren Rechten auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit Gebrauch machten. Häufig wurde auf übermäßig weit gefasste und vage formulierte Gesetze über die nationale Sicherheit zurückgegriffen, um sie zum Schweigen zu bringen. In einigen Fällen wurden auch ihre Familien drangsaliert und eingeschüchtert.
Am 14. Februar 2024 wandte sich die UN-Sonderberichterstatterin für die Unabhängigkeit von Richter*innen und Anwält*innen in einem Schreiben an die chinesische Regierung und äußerte darin ihre Besorgnis über die administrativen Beschränkungen, die Kriminalisierung und andere Beeinträchtigungen, denen Rechtsanwält*innen ausgesetzt waren. Ihren Angaben zufolge wurden Menschenrechtsanwält*innen, die an heiklen Fällen arbeiteten, besonders häufig ins Visier genommen.
Nach ihrem Prozess im Dezember 2023 wurde Li Qiaochu, die sich für die Rechte von Arbeitnehmer*innen und Frauen einsetzte, im Februar 2024 der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" für schuldig befunden und zu drei Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt. Im August 2024 wurde sie auf freien Fuß gesetzt, da sie sich bereits seit 2021 in Haft befunden hatte.
Drei weitere Menschenrechtsverteidiger*innen, die Anwältin Li Yuhan und ihr Kollege Chang Weiping sowie Cheng Yuan, der sich gegen Diskriminierung einsetzte, wurden 2024 aus der Haft entlassen. Alle drei waren allerdings weiterhin in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, und man hat ihnen nach ihrer Freilassung ihre "politischen Rechte" aberkannt.
Im Juni 2024 verurteilte das Mittlere Volksgericht der Stadt Guangzhou Sophia Huang Xueqin und Wang Jianbing zu fünf bzw. dreieinhalb Jahren Haft wegen "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt". Die beiden prominenten #MeToo- und Arbeitsrechtsaktivist*innen waren im September 2021 in Haft genommen worden, weil sie Schulungen für gewaltfreien Protest und Diskussionen über den schrumpfenden zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum organisiert hatten.
Im August 2024 wurde die Bürgerjournalistin Zhang Zhan inhaftiert, weil sie sich für die Menschenrechte eingesetzt hatte. Sie war erst im Mai 2024 aus dem Gefängnis entlassen worden, nachdem sie eine vierjährige Haftstrafe verbüßt hatte. Seit ihrer Entlassung hatte sie unter Überwachung gestanden.
Im Oktober 2024 wurde He Fangmei, die sich für Frauen- und Gesundheitsrechte eingesetzt hatte, wegen ihrer Kampagnenarbeit zu sicheren Impfstoffen zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. He Fangmei befand sich bereits seit 2020 im Gefängnis und hatte in der Haft eine zweite Tochter zur Welt gebracht. Beide Kinder waren ihr von den Behörden weggenommen und in eine psychiatrische Klinik gebracht worden. Im April 2024 wurden die beiden drei und acht Jahre alten Mädchen Berichten zufolge verlegt, doch ihr neuer Aufenthaltsort war unbekannt.
Ebenfalls im Oktober wurde der Menschenrechtsanwalt Lu Siwei wegen "illegalen Grenzübertritts" festgenommen. Er ist bekannt dafür, Personen in politisch sensiblen Verfahren zu vertreten. Lu Siwei war im Juli 2023 von der Polizei in Laos festgenommen und anschließend an China ausgeliefert worden.
Die Haftbedingungen von Menschenrechtsverteidiger*innen, die in Gewahrsam u. a. gefoltert und anderweitig misshandelt wurden, waren nach wie vor besorgniserregend. Im Oktober 2024 trat der politisch engagierte Rechtswissenschaftler Xu Zhiyong, der eine 14-jährige Haftstrafe wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" verbüßte, Berichten zufolge in den Hungerstreik, um gegen seine Misshandlung durch das Wachpersonal zu protestieren.
Der Gesundheitszustand der Aktivistin Xu Yan, die im April 2023 zusammen mit ihrem Ehemann, dem Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng, festgenommen wurde, soll sich 2024 in der Haft aufgrund der unzureichenden Versorgung mit Nahrungsmitteln verschlechtert haben. Ein Gericht sprach das politisch engagierte Ehepaar am 29. Oktober 2024 der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" schuldig: Xu Yan erhielt ein Jahr und neun Monate Haft, Yu Wensheng drei Jahre.
Im März 2024 prangerten 14 Sachverständige der Vereinten Nationen an, dass die chinesischen Behörden die Umstände des Todes der Menschenrechtsverteidigerin Cao Shunli im Jahr 2014 in Gewahrsam bislang immer noch nicht untersucht haben. Sie war 2013 inhaftiert worden, als sie zu einem Schulungsprogramm über Menschenrechtsmechanismen der UN in Genf fliegen wollte. In der Haft verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand stark, was Berichten zufolge auf Folter und andere Misshandlungen zurückzuführen war; u. a. wurde ihr eine angemessene medizinische Versorgung verweigert.
Autonome Gebiete ethnischer Minderheiten
Die Regierung verfolgte in den autonomen Gebieten ethnischer Minderheiten weiterhin eine repressive Politik, insbesondere in dem Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang und in Tibet. So wurden den Menschen dort u. a. die Rechte auf kulturelle Ausdrucksformen sowie auf Religions- und Glaubensfreiheit verwehrt. Die Unterdrückung von Gemeinschaften und Minderheiten wurde mit dem Argument der Terrorismusbekämpfung und dem Schutz der nationalen Sicherheit gerechtfertigt.
Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang
Im Januar 2024 veröffentlichte die chinesische Regierung ein Weißbuch mit dem Titel "Rechtlicher Rahmen und Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung", das Bemühungen zum vermeintlichen "Schutz" der Menschenrechte bei der Terrorismusbekämpfung enthielt. Allerdings wurden repressive Gesetze wie z. B. das Gesetz zur Terrorismusbekämpfung von 2015 und die Xinjiang-Verordnung zur Beseitigung des Extremismus von 2017 weiterhin dazu verwendet, Uigur*innen, Kasach*innen und Angehörige anderer überwiegend muslimischer ethnischer Gruppen willkürlich zu inhaftieren und deren kulturelle und religiöse Praktiken einzuschränken. Im August 2024 forderte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte die chinesischen Behörden erneut auf, den Rechtsrahmen für die nationale Sicherheit und die Terrorismusbekämpfung zu überprüfen und zu überarbeiten sowie den Schutz von Minderheiten vor Diskriminierung zu verbessern.
Im Februar 2024 traten überarbeitete religiöse Vorschriften in Kraft, mit denen die Religions- und Glaubensfreiheit weiter beschnitten wurde. Die Reform der "Vorschriften für religiöse Angelegenheiten in Xinjiang" sowie Erklärungen des Parteisekretärs von Xinjiang betonten die Notwendigkeit einer "Sinisierung" des Islams. Dies schloss an frühere Erklärungen der chinesischen Staatsführung an, in denen "zuvorderst Loyalität" gegenüber der Kommunistischen Partei Chinas gefordert wurde.
Es kam 2024 weiterhin zu Festnahmen von uigurischen Kulturschaffenden. Zu den im Laufe des Jahres verfolgten Personen gehörte der Filmemacher Ikram Nurmehmet. Er wurde im Januar 2024 der "Beteiligung an terroristischen Handlungen" für schuldig befunden, weil er in die Türkei gereist war. Medienberichten zufolge wurde Ikram Nurmehmet gefoltert und anderweitig misshandelt, um ihn zu zwingen, Verbrechen zu "gestehen", die er nicht begangen hatte. Im Juni 2024 wurde der Songwriter Yashar Shohret wegen "Förderung des Extremismus" und "illegalen Besitzes extremistischen Materials" zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Verurteilung stand mit dem musikalischen Ausdruck seiner kulturellen Identität und dem Besitz von uigurischer Literatur in Verbindung.
Andere bekannte uigurische Künstler*innen und Wissenschaftler*innen verbüßten weiterhin lange Haftstrafen und durften nicht mit ihren Familienangehörigen kommunizieren. Dazu gehörte der bekannte uigurische Intellektuelle Ilham Tohti, der 2014 wegen "Separatismus" zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden war. Es gab keine Informationen über das Schicksal oder den Verbleib der Ethnologin Rahile Dawut, die Berichten zufolge 2023 wegen "Gefährdung der Staatssicherheit" zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.
Tibet
Der tibetische Mönch Rinchen Tsultrim wurde am 1. Februar 2024 nach Verbüßen einer vierjährigen Haftstrafe freigelassen. Er war im Zusammenhang mit seinen Beiträgen in den Sozialen Medien wegen "Anstiftung zur Abspaltung" inhaftiert worden. Im Juli brachten 13 UN-Sachverständige in einem Schreiben an die chinesische Regierung ihre Besorgnis über Berichte zum Ausdruck, wonach Hunderte tibetische Zivilpersonen und Mönche während der Proteste gegen den Bau eines Wasserkraftwerks am Fluss Drichu (Jangtsekiang) in der Provinz Sichuan geschlagen und willkürlich in Gewahrsam genommen wurden. Dem Schreiben zufolge könnte das Kraftwerk, das von einem Staatsbetrieb gebaut wird, zur Vertreibung und Umsiedlung von Anwohner*innen, zur Zerstörung wichtiger kultureller und religiöser Stätten und zu Umweltschäden führen.
Die Schließung von Schulen, in denen Tibetisch und andere Sprachen als Hochchinesisch die Unterrichtssprachen waren, wurde im Rahmen der Kampagne der Behörden zur Verdrängung der tibetischen Kultur und Sprachen fortgesetzt. Im Juli 2024 schlossen die Behörden die Jigme-Gyaltsen-Berufsschule, eine Privatschule in der Provinz Gansu, die Kurse in tibetischen Sprachen anbot und hauptsächlich von tibetischen Jungen besucht wurde. Nach wie vor bestand Besorgnis wegen des Systems der Zwangsinternate für tibetische Kinder.
Im Oktober 2024 wurde Tashi Wangchuk, der sich für die verstärkte Lehre der tibetischen Sprachen in Schulen einsetzt, Berichten zufolge 15 Tage lang inhaftiert, weil er die "gesellschaftliche Ordnung gestört" haben soll. Er hatte zuvor wegen "Anstiftung zum Separatismus" eine fünfjährige Haftstrafe verbüßt.
Rechte von LGBTI+
Im Mai 2024 bestätigte das Volksgericht des Pekinger Stadtbezirks Fengtai in einem Sorgerechtsstreit das Recht einer Frau, einmal im Monat ihre Tochter besuchen zu dürfen, die bei ihrer Ex-Ehefrau lebte. Die beiden Frauen hatten in den USA geheiratet und hatten beide ein durch Samenspende gezeugtes Kind zur Welt gebracht. Nach dem Ende der Beziehung hatte die Ex-Frau beide Kinder mitgenommen und den Kontakt abgebrochen. Das Urteil, mit dem ein chinesisches Gericht zum ersten Mal anerkannte, dass ein Kind zwei rechtliche Mütter haben kann, stellt eine wichtige Entwicklung in einem System dar, das gleichgeschlechtliche Beziehungen weder anerkennt noch schützt. Die Unterdrückung von Personen, die sich für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans und intergeschlechtlichen Menschen (LGBTI+) einsetzten, hielt jedoch an, wobei sie u. a. Gefahr liefen, willkürlich festgenommen und verhört zu werden. Die Berichterstattung über LGBTI-Themen wurde zensiert.
Todesstrafe
Die Todesstrafe wurde in China im Jahr 2024 vermutlich in großem Umfang angewandt, die Zahl der Hinrichtungen war jedoch nicht bekannt, da Daten hierzu weiterhin als Staatsgeheimnis galten.
Der Zugang zu Informationen über Staatsgeheimnisse, einschließlich der Anwendung der Todesstrafe, wurde durch die im Februar 2024 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes zum Schutz von Staatsgeheimnissen und dessen Durchführungsmaßnahmen im Juli noch weiter eingeschränkt. Dadurch wurde der Umfang von Verschlusssachen erweitert und deren Offenlegung noch stärker reguliert. Im November berichteten nationale und internationale Medien über den Fall eines Staatsbediensteten, der wegen Verstoßes gegen das Staatssicherheitsgesetz zum Tode verurteilt wurde.
Am 21. Juni 2024 veröffentlichten der Oberste Volksgerichtshof Chinas, die Oberste Volksstaatsanwaltschaft und die Ministerien für öffentliche Sicherheit, Staatssicherheit und Justiz gemeinsam die "Stellungnahmen zum Rechtsvollzug gegen unbelehrbare Anhänger der 'Unabhängigkeit Taiwans', die Separatismus betreiben oder dazu anstiften". Die Stellungnahmen enthielten Richtlinien zur strafrechtlichen Verfolgung und harten Bestrafung von Personen, die für die Unabhängigkeit Taiwans eintreten oder entsprechende Aktionen durchführen, u. a. durch Anwendung der Todesstrafe.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Beim Ausbau erneuerbarer Energiequellen wurden 2024 erhebliche Fortschritte erzielt. So wurde das von der Regierung für 2030 gesetzte Ziel für die Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie bereits sechs Jahre früher erreicht. Infolgedessen überstieg Chinas Kapazität für die fossilfreie Energieerzeugung zum ersten Mal die Kapazität für die Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen.
Nichtsdestotrotz stützte sich die Energienutzung weiterhin hauptsächlich auf fossile Brennstoffe, die nach wie vor am meisten zu Chinas Treibhausgasemissionen beitrugen. Die Zahl der von der Regierung erteilten neuen Genehmigungen für den Bau von Kohlekraftwerken im Inland ging laut einem Greenpeace-Bericht im ersten Halbjahr 2024 um 79,5 Prozent zurück. Aufgrund der in den Vorjahren erteilten Baugenehmigungen wurden jedoch nach wie vor in rasanter Geschwindigkeit Kohlekraftwerke errichtet.
Trotz anderslautender früherer Zusagen der Regierung wurde der Bau neuer Kohlekraftwerke im Ausland fortgesetzt, und im Jahr 2024 wurden weniger laufende Bauvorhaben gestoppt als in den beiden Vorjahren.
Laut einem Bericht des schweizerischen Umweltunternehmens IQAir vom März 2024 hatte sich der fünfjährige Trend hin zu einer Verbesserung der Luftqualität in China im Jahr 2023 umgekehrt. In mehreren Städten und Provinzen hielt wieder ein dicker Smog Einzug, der größtenteils auf Kohleverbrennung zurückzuführen war.
Sonderverwaltungsregion Hongkong
Meinungsfreiheit
Das Recht auf freie Meinungsäußerung, das durch das Gesetz über nationale Sicherheit und andere repressive Gesetze bereits stark eingeschränkt war, wurde 2024 weiter beschnitten.
Im März 2024 verabschiedete der Legislativrat von Hongkong nach einer unzureichenden öffentlichen Konsultation einstimmig die Verordnung zum Schutz der nationalen Sicherheit (SNSO). Mit diesem lokalen Gesetz wurden neue Verstöße gegen die nationale Sicherheit eingeführt und die Strafen für bestehende Verstöße verschärft. Außerdem wurden die weitreichenden Durchsetzungsbefugnisse der lokalen Regierung gestärkt. Mit der Verordnung wurden die weit gefassten und vagen Definitionen der Begriffe "nationale Sicherheit" und "Staatsgeheimnisse" aus Festlandchina übernommen, die sich auf nahezu sämtliche Verhaltensweisen oder Informationen erstrecken können. Die SNSO ersetzte ein bislang häufig angewandtes Gesetz über Staatsgefährdung aus der Kolonialzeit, führte allerdings härtere Strafen für die Absicht ein, "Hass oder Feindschaft unter den Menschen aus verschiedenen Regionen Chinas" zu schüren. Hierzu gehörten ausdrücklich auch Handlungen oder Äußerungen, die nicht zur Gewalt anstiften. Die Höchststrafe für Staatsgefährdung wurde von zwei auf sieben Jahre erhöht. Bei mutmaßlicher Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften drohten gar bis zu zehn Jahre Haft.
Nach der Verabschiedung der SNSO wurden 15 Personen unter Verweis auf die darin enthaltenen Bestimmungen über Staatsgefährdung festgenommen, vier von ihnen wurden angeklagt. Im September ergingen gegen drei von ihnen in separaten Verfahren Schuldsprüche, weil sie T-Shirts und Masken mit aufgedruckten Protestparolen getragen, auf Internetplattformen regierungskritische politische Kommentare veröffentlicht und Parolen auf Sitze in Bussen geschrieben hatten. Sie wurden zu Haftstrafen zwischen zehn und 14 Monaten verurteilt.
Im Juni und Dezember 2024 machten die Behörden von ihren neuen Befugnissen im Rahmen der SNSO Gebrauch und annullierten die Pässe von sechs und später sieben weiteren im Ausland lebenden politisch engagierten Hongkonger Aktivisten, gegen die im Jahr 2023 Haftbefehle erlassen worden waren. Weitere sechs im Ausland lebende Aktivist*innen wurden auf eine Fahndungsliste gesetzt, und es wurde eine Belohnung von jeweils 1 Mio. Hongkong-Dollar (etwa 120.000 Euro) auf sie ausgesetzt.
Im Mai 2024 gab das Berufungsgericht einer einstweiligen Verfügung der Regierung zwecks Verbots des prodemokratischen Protestlieds "Glory to Hong Kong" statt. Laut dieser Entscheidung, mit der ein Urteil der Vorinstanz aufgehoben wurde, ist es Personen verboten, das Lied mit einer gegen die nationale Sicherheit gerichteten Absicht – wie z. B. mit der Absicht der Staatsgefährdung oder der Anstiftung zur Abspaltung – zu übertragen, darzubieten, zu vertreiben, zu verbreiten, auszustellen oder zu vervielfältigen. Wer gegen die Anordnung verstößt, kann wegen Missachtung des Gerichts zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden. Nach der Entscheidung sperrte Youtube den Zugang von Nutzer*innen in Hongkong zu 32 Videos, in denen das Lied vorkommt.
Ebenfalls im Mai 2024 befand das Hohe Gericht in einem großen Prozess gegen 47 Demokratieverfechter*innen 14 Personen gemäß dem Gesetz über nationale Sicherheit der "Verschwörung zur Subversion" für schuldig, weil sie für die Legislativratswahlen im Jahr 2020 inoffizielle Vorwahlen organisiert hatten (die Wahlen zum Legislativrat waren letztlich verschoben worden). Weitere 31 Angeklagte hatten sich bereits zuvor in denselben Anklagepunkten schuldig bekannt. Im November 2024 verhängte das Gericht Haftstrafen gegen die insgesamt 45 Angeklagten, die von vier Jahren und drei Monaten bis zu zehn Jahren reichten. Zwei weitere Angeklagte wurden freigesprochen, aber das Justizministerium legte gegen einen dieser Freisprüche Rechtsmittel ein.
Der Prozess gegen Jimmy Lai, den 77-jährigen Gründer der prodemokratischen Zeitung Apple Daily, wegen des Vorwurfs der "Kollaboration mit ausländischen Kräften" wurde fortgesetzt und dauerte Ende 2024 noch an. Die Abwesenheit von Jimmy Lai bei einer Anhörung im Juni löste wegen seines schlechten Gesundheitszustands Besorgnis aus. Ein*e Prozessbeobachter*in von Reporter ohne Grenzen durfte im Juni nicht nach Hongkong einreisen.
Im August 2024 wies das letztinstanzliche Berufungsgericht ein Rechtsmittel von Jimmy Lai und sechs weiteren Aktivist*innen ab. Sie hatten einen früheren Schuldspruch angefochten, der auf ihrer Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung während der Proteste im Jahr 2019 beruhte. Für diese war Jimmy Lai zu neun Monaten Haft verurteilt worden.
Mehrere Personen wurden 2024 wegen "Verunglimpfung" der chinesischen Nationalhymne angeklagt. Im Juni kamen drei Personen unter Berufung auf die Verordnung über die Nationalhymne in Haft, weil sie sich abgewandt hatten, als die Hymne bei einem Fußballspiel abgespielt wurde. Im August 2024 wurde ein Mann zu acht Wochen Gefängnis verurteilt, weil er sich die Ohren zugehalten und ein mit der Demokratiebewegung in Verbindung gebrachtes Lied gesungen hatte, während die Hymne bei einem Volleyballspiel im Jahr 2023 gespielt wurde.
Im August 2024 wurden zwei ehemalige Redakteure des inzwischen geschlossenen Medienunternehmens Stand News, Chung Pui-kuen und Patrick Lam, der "Verabredung zur Veröffentlichung aufrührerischer Publikationen" für schuldig befunden. Im September wurde Chung Pui-kuen zu 21 Monaten und Patrick Lam zu elf Monaten Haft verurteilt. Patrick Lam legte im Oktober Rechtsmittel gegen das Urteil ein.
Versammlungsfreiheit
Die Behörden unterbanden 2024 ein weiteres Mal Kundgebungen zum Gedenken an die blutigen Ereignisse auf dem Tiananmen-Platz von 1989. Am 4. Juni 2024, dem 35. Jahrestag der Niederschlagung der friedlichen Proteste in Peking und anderen Landesteilen, wurde eine starke Polizeipräsenz im und um den Victoria-Park gemeldet, wo 30 Jahre lang Mahnwachen abgehalten worden waren, bevor sie 2020 verboten wurden. Vier Personen wurden offiziell festgenommen, fünf weitere wurden "auf die Polizeiwache gebracht". Personen auf Polizeiwachen zu bringen ist eine Einschüchterungstaktik, die es der Polizei ermöglicht, eine Person vom Ort des Geschehens zu entfernen, ohne sie offiziell festzunehmen.
Im Januar 2024 setzte das letztinstanzliche Berufungsgericht das Urteil gegen die Aktivistin Chow Hang-tung wegen "Anstiftung zur Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung" wieder in Kraft, nachdem sie 2022 freigesprochen worden war. Der Schuldspruch bezog sich auf eine Versammlung im Jahr 2021 zum Jahrestag der blutigen Ereignisse auf dem Tiananmen-Platz. Ein weiteres Gerichtsverfahren gegen Chow Hang-tung wurde wiederholt verschoben, und sie befand sich Ende 2024 noch in Untersuchungshaft. Wegen ihrer Mitgliedschaft in einer Gruppe, die alljährlich im Victoria-Park Tiananmen-Mahnwachen mit Kerzen abhält, wurde ihr unter dem Gesetz über nationale Sicherheit "Anstiftung zum Umsturz" vorgeworfen.
Ende Mai 2024 leitete die Polizei weitere Strafverfahren gegen Chow Hang-tung ein und nahm außerdem ihre Mutter und sechs ihrer Freund*innen fest. Ihnen wurde gemäß SNSO vorgeworfen, "ein bevorstehendes sensibles Datum ausgenutzt zu haben, um wiederholt Beiträge mit staatsgefährdender Absicht auf einer Social-Media-Plattform zu veröffentlichen".
Vereinigungsfreiheit
Im Juli 2024 verabschiedete der Legislativrat ein Gesetz, das dafür sorgte, dass die Zulassungsstelle für Sozialarbeiter*innen mehrheitlich mit von der Regierung ernannten Personen besetzt wird. Zuvor hatte ein Regierungsangestellter die Stelle kritisiert, weil sie sich geweigert hatte, Personen die Zulassung zu verweigern, die wegen Verstößen gegen die nationale Sicherheit verurteilt worden waren.
Ebenfalls im Juli gab die zivilgesellschaftliche Organisation Hong Kong Christian Institute bekannt, dass sie sich aufgrund der "gesellschaftlichen Rahmenbedingungen" und der damit einhergehenden Handlungsunfähigkeit auflösen werde. Die Organisation hatte 2014 die Demokratiebewegung und 2019 die Proteste gegen ein Gesetz unterstützt, das Auslieferungen an Festlandchina ermöglicht hätte.
Im September 2024 schloss sich das Hohe Gericht der Auffassung der Regierung an, wonach die Hongkonger Gewerkschaft der Sprachtherapeut*innen, der man im Jahr 2021 die Zulassung entzogen hatte, Geldmittel auf eine Weise eingesetzt habe, die die nationale Sicherheit gefährdete. Das Gericht erließ einen Beschlagnahmebeschluss, der die Regierung ermächtigte, von der prodemokratischen Gewerkschaft 116.000 Hongkong-Dollar (etwa 14.000 Euro) einzuziehen.
LGBTI+
Die Regierung von Hongkong legte 2024 keine aussagekräftigen Informationen über Fortschritte bei der Umsetzung eines Urteils vor, mit dem das Berufungsgericht der letzten Instanz die Regierung im Jahr 2023 aufgefordert hatte, einen alternativen Rechtsrahmen für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zu schaffen.
Im November 2024 wies das Berufungsgericht der letzten Instanz das Rechtsmittel der Regierung gegen ein Gerichtsurteil zurück, das gleichgeschlechtlichen Paaren, die im Ausland geheiratet hatten, dieselben Rechte auf Erbschaft und öffentlichen Wohnraum gewährte wie heterosexuellen Ehepaaren.
Medienberichten zufolge kürzte die Hongkonger Regierung mindestens drei LGBTI-Gruppen die Mittel und setzte Verwaltungsmaßnahmen durch, um die Mittelbeschaffung und Werbetätigkeit einer der Gruppen zu behindern.
Veröffentlichungen von Amnesty International
- China: Activist Li Qiaochu unjustly convicted 'for speaking out about torture’, 5 February
- China: Activists approaching one year in detention: Yu Wensheng and Xu Yan, 22 March
- China: Chinese director arrested for protest film: Chen Pinlin, 30 April
- China: "On my campus, I am afraid": China’s targeting of overseas students stifles rights, 13 May
- China: 'Malicious’ conviction of #MeToo and labour activists shows Beijing’s growing fear of dissent, 14 June
- China must end decade of injustice, 18 September
- China: Prominent artist arrested for his work: Gao Zhen, 5 December
- Hong Kong: What is Hong Kong’s Article 23 law? 10 things you need to know, 22 March
- Hong Kong: Protest song ban a 'worrying sign’ of shrinking freedoms, 8 May
- Hong Kong: National anthem football arrests are an attack on freedom of expression, 7 June