Document #2118031
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Author)
22. November 2024
Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen, sowie gegebenenfalls auf Auskünften von Expert·innen und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.
Dieses Produkt stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar.
Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.
Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.
Verbreitung weiblicher Genitalverstümmelung (female genital mutilation, FGM)
Laut einer Veröffentlichung des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) vom März 2024 über Genitalverstümmelung stehe Guinea bei der Verbreitung weiblicher Genitalverstümmelung nach Somalia weltweit an zweiter Stelle. In einem Balkendiagramm stellt UNICEF dar, dass 95 Prozent der guineischen Frauen Opfer von FGM seien (UNICEF, März 2024, S. 4).
Im Rahmen des Demographic and Health Survey (DHS) Program, das Bevölkerungs- und Gesundheitsdaten erfasst und analysiert, veröffentlicht das Nationale Statistikinstitut der Republik Guinea (Institut National de la Statistique, INS) im Juli 2019 einen Bericht zu Guinea. Dieser Bericht, der aktuellste zu Guinea, enthält auch im Jahr 2018 erhobene Zahlen zu weiblicher Genitalverstümmelung. Eine Stichprobe von 8.000 Frauen (DHS 2018, 2019) habe laut diesem Bericht ergeben, dass 94,5 Prozent der Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren Opfer von FGM seien (INS, Juli 2019, S. xxxv). Der Bericht listet in einer Tabelle zur Verbreitung von FGM auch die Prozentsätze der von FGM betroffenen Frauen nach Altersgruppen auf. So seien beispielsweise 91,7 Prozent der Mädchen von 15 bis 19 Jahren, 94,4 Prozent der jungen Frauen von 20 bis 24 Jahren und 97,7 Prozent der Frauen im Alter von 45 bis 49 Opfer von FGM (INS, Juli 2019, S. 354). Die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung sei in Guinea allgemein verbreitet und betreffe alle Kategorien von Frauen, unabhängig von ihrem Milieu, ihrer Wohnregion, ihrem Bildungsniveau oder dem wirtschaftlichen Wohlstand ihres Haushalts (INS, Juli 2019, S. 346).
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In einer Grafik bildet der Bericht des INS die Verbreitung von FGM in den acht Regionen des Landes (Conakry, N’Zérékoré, Kankan, Kindia, Boké, Labé, Faranah, Mamou) in Prozentzahlen ab. Der Prozentsatz der Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren, die Opfer von weiblicher Genitalverstümmelung geworden sind, ist in der Region Labé mit 98 Prozent am höchsten, den niedrigsten Wert weist die Region N'Zérékoré mit 84 Prozent auf. In der Region der Hauptstadt Conakry beträgt der Anteil der von FGM betroffenen Frauen 96 Prozent:
(Quelle: INS, Juli 2019, S. 347)
Der INS-Bericht erläutert weiters, dass die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung in den sozialen Normen Guineas verankert sei, insbesondere auf Ebene der Initiationsriten am Übergang von der Kindheit zur Jugend und zum Erwachsenenalter der Mädchen oder als Vorbereitung des Mädchens auf den Eintritt in das Berufsleben in einigen Gemeinschaften. FGM sei gesetzlich verboten und es gebe zahlreiche Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung, aber trotz all dieser Bemühungen werde die weibliche Genitalverstümmelung fortgesetzt (INS, Juli 2019, S. 345).
Der Radiosender France Info veröffentlicht am 30. Mai 2023 einen Artikel, demzufolge Hadja Idrissa Bah, Präsidentin des Club des jeunes filles leaders de Guinèe (Club der jungen Führerinnen Guineas), eine Vereinigung, die sich gegen Zwangsheirat und FGM einsetzt, bei einer Preisverleihung am 30. Mai 2023 angegeben habe, dass 96 Prozent der jungen Mädchen in Guinea Opfer von FGM seien (France Info, 30. Mai 2023).
Eine im März 2024 von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) veröffentlichte Studie der Autorin Mary White Kaba zu weiblicher Genitalverstümmelung in Guinea berichtet, dass FGM in den letzten 30 Jahren trotz intensiver Bemühungen von NGOs und Gesetzgebern nur geringfügig von 99 auf 95 Prozent zurückgegangen sei und in der Praxis fast unvermindert fortgeführt werde (White Kaba, März 2024, S. 1).
Eine Publikation der NGO 28 Too Many, die sich für die Beendigung der Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung einsetzt, veröffentlicht im September 2021 einen Kurzbericht zu FGM in Guinea in englischer Sprache, der unter anderem auch Informationen zur Gesetzgebung und zur Durchführung von FGM enthält:
· 28 Too Many: FGM in Guinea: Short Report, September 2021
https://www.28toomany.org/media/uploads/Country%20Research%20and%20Resources/Guinea/guinea_short_report_v1_(september_2021).pdf
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 22. November 2024)
· 28 Too Many: FGM in Guinea: Short Report, September 2021
https://www.28toomany.org/media/uploads/Country%20Research%20and%20Resources/Guinea/guinea_short_report_v1_(september_2021).pdf
· INS – Institut National de la Statistique: République de Guinée, Enquête Démographique et de Santé, Juli 2019
https://dhsprogram.com/pubs/pdf/FR353/FR353.pdf
· DHS - Demographic and Health Surveys Program: Guinea: Standard DHS, 2018, Survey Summary, 2019
https://dhsprogram.com/methodology/survey/survey-display-539.cfm
· France Info: "96% des jeunes filles sont excisées ici": le Prix Liberté récompense une association qui lutte contre les mariages forcés et les mutilations, 30. Mai 2023
https://france3-regions.francetvinfo.fr/normandie/calvados/caen/le-prix-liberte-recompense-une-association-qui-lutte-contre-les-mariages-forces-et-les-excisions-en-guinee-2783478.html
· UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen: Female Genital Mutilation, A Global Concern, 2024 Update, März 2024
https://data.unicef.org/wp-content/uploads/2024/03/FGM-Data-Brochure-v13.4.pdf
· White Kaba, Mary: Female genital mutilation in Guinea: a never-ending story? The whys and hows of a highly resistant cultural institution – and Guinean-German paths to address it, GIZ (Hg.), März 2024
https://health.bmz.de/wp-content/uploads/dlm_download/Study_FGM-Guinea_March2024_V2-1.pdf
Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen
France Info ist ein Radiosender des französischen öffentlich-rechtlichen Radiosenders Radio France.
· France Info: "96% des jeunes filles sont excisées ici": le Prix Liberté récompense une association qui lutte contre les mariages forcés et les mutilations, 30. Mai 2023
https://france3-regions.francetvinfo.fr/normandie/calvados/caen/le-prix-liberte-recompense-une-association-qui-lutte-contre-les-mariages-forces-et-les-excisions-en-guinee-2783478.html
„‘La situation des femmes en Guinée est déplorable avec un taux de 96% des jeunes filles qui sont excisées et 50% des jeunes filles qui sont mariées de force et de façon précoce‘." (France Info, 30. Mai 2023)
Das Nationale Statistik Institut der Republik Guinea (Institut National de la Statistique, INS) ist der offizielle Statistikdienst der Republik Guinea.
· INS – Institut National de la Statistique: République de Guinée, Enquête Démographique et de Santé, Juli 2019
https://dhsprogram.com/pubs/pdf/FR353/FR353.pdf
„En Guinée, la pratique de l’excision est ancrée dans les normes sociales, notamment au niveau des rites d’initiation (le passage de l’enfance à l’adolescence et à l’âge adulte des fillettes ou préparation de la jeune fille à entrer dans la vie active dans certaines communautés). Compte tenu des multiples conséquences de l’excision, de nombreuses mesures ont été prises en Guinée pour renforcer les campagnes de sensibilisation en faveur de l’abandon total de l’excision. Ainsi, l’excision est interdite par la loi L10/AN/2000 portant sur la Santé de la Reproduction qui protège l’intégrité physique de la femme et qui prévoit également des dispositions pénales à l’encontre de tous ceux qui la transgressent.” (INS, Juli 2019, S. 345)
„En Guinée, la pratique de l’excision est générale et touche toutes les catégories de femmes, indépendamment de leur milieu ou région de résidence, leur niveau d’instruction ou le niveau de bien-être économique de leur ménage.” (INS, Juli 2019, S. 346)
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) wurde nach dem zweiten Weltkrieg von der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit dem Ziel Kindern zu helfen gegründet.
· UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen: Female Genital Mutilation, A Global Concern, 2024 Update, März 2024
https://data.unicef.org/wp-content/uploads/2024/03/FGM-Data-Brochure-v13.4.pdf
„The prevalence of female genital mutilation varies greatly across countries, with the highest levels found in Somalia, Guinea and Djibouti” (UNICEF, März 2024, S. 4)
Mary White Kaba ist Kommunikationsspezialistin im Bereich Gesundheit und Bildung.
· White Kaba, Mary: Female genital mutilation in Guinea: a never-ending story? The whys and hows of a highly resistant cultural institution – and Guinean-German paths to address it, GIZ (Hg.), März 2024
https://health.bmz.de/wp-content/uploads/dlm_download/Study_FGM-Guinea_March2024_V2-1.pdf
„In the mineral-rich West African nation of Guinea, the traditional practice of modifying the female genitals has barely decreased over the past 30 years – from 99% to 95% of girls and women. Despite intensive efforts by NGOs, development partners and legislators, the practice continues almost unabated.” (White Kaba, März 2024, S. 1)