Document #2118020
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Author)
22. November 2024
Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen, sowie gegebenenfalls auf Auskünften von Expert·innen und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.
Dieses Produkt stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar.
Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.
Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.
Abschiebung von Personen mit Geburtsort in Damaskus von der Demokratischen Autonomen Verwaltung in Nord- und Ostsyrien (Democratic Autonomous Administration of North and East Syria, DAANES) in Regierungsgebiet, trotz vorherigem Wohnsitz in DAANES
Es konnten im Rahmen der Recherche keine Informationen über die Abschiebung von Personen mit Geburtsort in Damaskus aus der DAANES gefunden werden. Die folgenden Quellen beziehen sich allgemein auf aktuelle Informationen bezüglich Abschiebungen durch die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF):
Enab Baladi schreibt in einem Artikel vom Juli 2024, dass die Behörde für Inneres der DAANES im Dezember 2022 eine Erklärung herausgegeben habe, die besagt habe, dass für Vertriebene in den von der DAANES kontrollierten Gebieten eine sogenannte „Expat-Karte“ ausgestellt werde. Die Maßnahmen hätten laut der Behörde zu keinen Abschiebungen geführt. (Der Text nennt kein Datum der Aussage der Behörde. Es wird jedoch aufgrund der Wortwahl „it added“/„sie ergänzte“ angenommen, dass es sich um die Situation im Dezember 2022 gehandelt habe, Anmerkung ACCORD). Im März 2023 hätten laut Enab Baladi die internen Sicherheitskräfte der Region (Asayisch) damit begonnen Vertrieben aus Deir ez-Zor, die in der Provinz Al-Hassakah, insbesondere in der Stadt Qamischli, leben würden, über die Nachbarschaftsvorsteher·innen oder per Telefon vorzuladen, um ihre Expat-Karte zu erneuen. Bei Nichteinhalten sei ihnen mit Abschiebung aus dem Gebiet gedroht worden (Enab Baladi, 10. Juli 2024).
The Syrian Observer veröffentlicht im April 2024 die englische Übersetzung eines Artikels der oppositionellen Nachrichtenwebseite Zaman Al-Wasl. Laut dem Artikel hätte die SDF in den Tagen vor der Veröffentlichung des Artikels mit der Abschiebung arabischer Stammesangehöriger aus den von der SDF kontrollierten Gebieten in der Provinz Al-Hassakah im Nordosten Syriens begonnen. Als Grund für die Abschiebung sei das Fehlen einer „Expat-Karte“ und die Herkunft der Personen aus von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten genannt. Es seien über 70 Personen aus den ländlichen Gebieten von Al-Hassakah in die Provinz Aleppo, die unter der Kontrolle der syrischen Regierung stehe, abgeschoben worden. Die Anweisung (der Notwendigkeit, über eine Expat-Karte zu verfügen) gelte auch für den Flughafen von Qamischli. Alle Personen, die aus von der Regierung kontrollierten Gebieten ohne Expat-Karte ankommen würden, würden mit demselben Flugzeug wieder zurückgeschickt (The Syrian Observer, 23. April 2024).
Die syrische Oppositionswebseite Nida Al-Furat (Euphrates Appeal Media Network) ergänzt zu dem oben genannten Fall der abgeschobenen Personen aus Al-Hassakah, dass es sich um arabische Stammesangehörige handle, die in den 1970er Jahren vom damaligen Präsidenten Hafez Al-Assad von der Provinz Raqqa nach Al-Hassakah umgesiedelt worden seien. Die SDF habe laut lokalen Quellen Dutzende arabische Familien, die dem „Albu Hamad“-Clan angehören, aus dem Gebiet abgeschoben (Nida Al-Furat, 20. April 2024; siehe auch: The Syrian Observer, 23. April 2024). Laut syrischen Behörden habe es sich bei den Familien um aus der Kurdistan Region Irak zurückkehrenden Syrier·innen gehandelt. Laut Nida Al-Furat handle die SDF rassistisch, da die Sicherheitskräfte der Region (Asayisch) von ethnischen Araber·innen, die aus den Provinzen Deir ez-Zor und Raqqa stammen und in der Stadt Qamischli wohnen würden, die Vorlage einer Expat-Karte verlangen würden. Während Menschen aus der Stadt Afrin (eine Stadt in der Provinz Aleppo, die mehrheitlich von Kurd·innen bewohnt werde, Anmerkung ACCORD) die Karte nicht benötigen würden (Nida Al-Furat, 20. April 2024).
Justice for Life (JFL) zitiert in einem Artikel vom Mai 2023 einen Vertriebenen aus der Provinz Deir ez-Zor namens Ali, der mit seiner Familie in einem der von der SDF kontrollierten Dörfer in der Provinz Raqqa lebe. Die SDF habe es Ali und seiner Familie erst erlaubt, in Raqqa zu bleiben, als er einen Sponsor aus der örtlichen Bevölkerung vorweisen konnte und dadurch eine Karte erhalten habe, die er jährlich erneuern müsse (JFL, 1. Mai 2023).
Das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die für die Durchführung von Asylverfahren und die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes zuständige Bundesbehörde Deutschlands, veröffentlicht in einer Länderkurzinformation zu Syrien vom September 2024 folgende Zusammenfassung von Informationen zu der genannten Expat-Karte:
„Laut einem Bericht der österreichischen Staatendokumentation benötigen Personen, die gemäß Zivilstandsregister nicht in den Gebieten der AANES [Autonomous Administration of North and East Syria][1] gemeldet sind, eine sog. ‚Expat-Karte‘ (Bitaqa al-Wafid). Dem Bericht einer Menschenrechtsorganisation aus der Region von 2023 zufolge werden hiervon Personen ausgenommen, die aus den Gebieten um Tall Abyad, Afrin und Ras al-Ayn stammen, obgleich auch diese Gebiete nicht unter AANES-Kontrolle stehen. Im oben genannten Bericht der Staatendokumentation wird eine syrische Nichtregierungsorganisation als Quelle angegeben, wonach die ‚Expat-Karte‘
‚das Recht zu Einreise, Aufenthalt und Durchreise im AANES-Gebiet [verleiht]. Sie unterscheidet nicht zwischen Menschen, die aus Sicherheitsgründen, als Student:innen oder Patient:innen in das Gebiet kommen, und denjenigen, welche seit Jahrzehnten in der Provinz al-Hassakah leben, aber aufgrund ihrer Eintragung in einem Zivilstandsregister außerhalb des AANES-Gebiets eine ’ExpatKarte’ benötigen. Die syrische NGO Justice for life (JFL) nennt das Beispiel eines Syrers, der beim al-Sabbagh-Checkpoint auf dem Weg zu seinem Bauernhof an der Straße al-Hassakah-Qamishli zum Vorzeigen seiner Expat-Karte aufgefordert wurde, weil sein Zivilstandsregistereintrag in Deir ezZour erfolgte. Ihm wurde gesagt, dass er nächstes Mal nicht mehr [ohne diese] passieren dürfe. Der Mann lebte bereits seit mehr als 30 Jahren in al-Hassakah (JFL 2.2022).
Einem Bericht derselben NGO von August 2024 zufolge müssen für die Beantragung einer Expat-Karte die folgenden Kriterien erfüllt sein:
1. Vorlage eines Schreibens des lokalen Bezirksrats am Wohnort der antragstellenden Person, welches den Wohnsitz bescheinigt
2. Vorlage von vier Fotos der betreffenden Person
3. Falls vorhanden, die Vorlage einer Kopie des Personalausweises
4. Vorstellung eines Bürgen, der lokal ansässig ist.
Die Beantragung einer derartigen Karte ist ausschließlich persönlich und vor Ort möglich.
Das Schreiben (aus 1) wird durch das ‚Volkshaus‘ (Dar al-Sh’ab) genehmigt und ferner durch den Stadtrat (City Council) ratifiziert, bevor es an den Standesamtsausschuss geht, welcher nach Zahlung der Gebühren durch die antragstellende Person die Karte ausstellt. Im Rahmen des Berichts wird nicht auf die Notwendigkeit der Anwesenheit von Zeugen eingegangen. Laut einem Artikel derselben NGO von 2023 ist auch eine Sicherheitsfreigabe der Asayish (der internen Sicherheitskräfte der AANES) für die Beantragung notwendig. In einem früheren Bericht der NGO von Februar 2022 wurde ebenfalls als eine der Bedingungen ein entsprechendes Dokument der Asayish genannt, sowie die Vorlage eines Mietvertrags und das Vorstellen von Zeugen neben einem Bürgen.
Im Artikel einer unabhängigen syrischen Nachrichtenplattform Rozana vom 16.01.2022 wird ferner erläutert, dass die Vorlage eines Mietvertrags, der Kopie eines Personalausweises und eines Fotos sowie ein Zeuge und ein Bürge notwendig seien, um eine ‚Expat-Karte‘ zu beantragen. Der Zeuge würde demnach durch die zuständige Behörde überprüft und der Bürge müsse in derselben Stadt leben, wie der Antragstellende. Der Antragsprozess würde dann im Büro der lokalen Ortsvorsteher (Komin) beginnen. Dort soll dem Antragstellenden ein Dokument ausgestellt werden, welches im nächsten Schritt durch ein ‚Volkshaus‘ beglaubigt wird. Diese Volkshäuser gehören den lokalen Zivilräten an und stellen ein Bindeglied zwischen der Zivilverwaltung und der Bevölkerung dar. Die Volkshäuser würden das Dokument im nächsten Schritt der Standesamtsdirektion und weiter der Direktion für innere Sicherheit vorlegen, welche eine Sicherheitsüberprüfung der Person vornimmt.
Mehreren Quellen zufolge ergeben sich für die betroffenen Syrerinnen und Syrer immer wieder Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Kriterien. Falls sich der Antrag auf eine Familie bezieht, müssen alle Familienmitglieder, einschließlich der Kinder anwesend sein. Die Karte wird mit einer Gültigkeit von sechs Monaten ausgestellt. Nach Ablauf dieser Frist muss der Prozess von vorne durchlaufen werden.
Die bereits eingangs referenzierte syrische Nichtregierungsorganisation weist im Übrigen darauf hin, dass dies für Betroffene zusätzliche hohe Kosten (Transport und Gebühren) mit sich bringt, sowie eine gewisse Unsicherheit, ob der jeweilige Bürge nach sechs Monaten noch immer zur Bürgschaft bereit ist. Darüber hinaus birgt das Bürgschaftssystem ein hohes Ausbeutungsrisiko.“ (BAMF, 30. September 2024, S. 5-7)
Unterstellung einer politischen oppositionellen Gesinnung seitens der kurdischen Kräfte für Personen, die in DAANES-Gebiet leben, jedoch im Regierungsgebiet geboren wurden
Es konnten im Rahmen der Recherche keine Informationen über die Unterstellung einer politischen oppositionellen Gesinnung seitens der kurdischen Kräfte für Personen, die in DAANES-Gebiet leben, jedoch im Regierungsgebiet geboren wurden, gefunden werden. Gesucht wurde auf Arabisch, Deutsch und Englisch mittels ecoi.net, Factiva und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Syrien, AANES, DAANES, SDF, Kurd·innen, Araber·innen, Opposition, oppositionell, Regierungsgebiet, Unterstellung.
Fabrice Balanche, Associate Professor an der Universität von Lyon 2, schreibt in einer E-Mail an ACCORD vom August 2023 im Rahmen einer Frage zur Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern, dass Kurd·innen Araber·innen im Allgemeinen nicht vertrauen und annehmen würden, dass sie gegen die AANES seien (Balanche, 9. August 2023).
Im Rahmen der Recherche wurden mehrere Artikel von auf den arabischen Raum spezialisierten Nachrichtensendern sowie einem Forschungsinstitut gefunden, die darüber berichten, dass sich arabische Bewohner·innen der DAANES durch die SDF diskriminiert fühlen würden (Al-Jazeera, 7. September 2023; Al-Jazeera, 2. Jänner 2024; Arab Center Washington DC, 18. Oktober 2023; Enab Baladi, 12. April 2022; The New Arab, 9. September 2023). Die SDF bestreite die Vorwürfe der Diskriminierung (Al-Jazeera, 7. September 2023; The New Arab, 9. September 2023). Nähere Informationen über die Vorwürfe der Diskriminierung finden Sie im Anhang.
Übergabe von männlichen syrischen Staatsbürgern durch die SDF an die syrische Regierung (wenn diese unter die Wehr- bzw. Reservedienstpflicht der Regierung fallen / wenn sie den kurdischen Selbstverwaltungskräften ablehnend bzw. oppositionell gegenüberstehen)
Euphrates Post, eine syrische Medienorganisation, die sich laut eigenen Angaben auf die Berichterstattung von Verstößen in Syrien spezialisiert, veröffentlicht auf ihrem Youtube-Kanal im Jänner 2019 einen Beitrag des syrisch-oppositionellen Senders Orient News, laut dem Familienmitglieder von Häftlingen in der DAANES sich Sorgen machen würden, dass die Häftlinge als Teil eines Deals zwischen der DAANES und der syrischen Regierung an diese übergeben würden (Orient News, 1. Jänner 2019).
Das libanesische Onlinemagazin Daraj Media berichtet im März 2024, dass die SDF im Jahr 2018 in etwa 600 Häftlinge aus den Gefängnissen der Stadt Afrin (bevor die türkische Armee und die syrische Opposition die Kontrolle übernahmen) an die Streitkräfte der syrischen Regierung in Aleppo übergeben hätten. Die Übergabe der Gefangenen sei Teil einer Vereinbarung gewesen, um einen Streit zwischen der SDF und den Streitkräften der syrischen Regierung beizulegen. Laut SDF habe die syrische Regierung nur Gefangene, die mit terroristischen Gruppen verbunden gewesen seien, übernommen. Daraj Media berichtet jedoch, dass mehrheitlich Personen, die keiner militärischen Gruppe angehört hätten, übergeben worden seien (Daraj Media, 19. März 2024).
Muhsen Al-Mustafa, Forscher am Omran Center for Strategic Studies, erklärt in einer E-Mail an ACCORD vom November 2024, dass die SDF Männer nicht rein zu Rekrutierungszwecken an die syrischen Streitkräfte übergeben würden. Die SDF führe ihre eigenen Zwangsrekrutierungskampagnen durch und würde Männer eher in die eigenen Streitkräfte rekrutieren, anstatt sie an die Regierungskräfte zu übergeben. In manchen Fällen würde die SDF jedoch Gefangene an die Regierung übergeben, die den Militärdienst leisten müssten oder zuvor aus dem Militär desertiert seien. Die SDF habe in der Vergangenheit Gefangene im Rahmen von Austauschvereinbarungen zwischen den beiden Parteien an die Regierung übergeben. Personen, die mit der Opposition in Verbindung stehen oder als Gegner·innen der kurdischen Streitkräfte gelten, würden Gefahr laufen von der SDF oder den Regierungskräften in diesen Gebieten festgenommen zu werden (Al-Mustafa, 5. November 2024).
Gewährung von Verhaftung von männlichen syrischen Staatsbürgern durch syrische Sicherheitskräfte in Sicherheitsgebieten oder bei Checkpoints im DAANES-Gebiet (wenn die Bürger unter die Wehr- bzw. Reservedienstpflicht der Regierung fallen / wenn sie den kurdischen Selbstverwaltungskräften ablehnend bzw. oppositionell gegenüberstehen)
Muhsen Al-Mustafa erklärt in seiner E-Mail an ACCORD vom November 2024, dass die syrischen Sicherheitskräfte Männer im wehrpflichtigen Alter, die staatliche Dienste in den Sicherheitsgebieten (in den Städten Hasakah und Qamischli, wo die syrische Regierung mit öffentlichen Ämtern präsent ist, Anmerkung ACCORD) in Anspruch nehmen, verhaften könnten. Die SDF scheine sich laut Al-Mustafa nicht in durch die Regierung durchgeführte Festnahmen von Wehrpflichtigen einzumischen. Weder unterstütze die SDF, noch behindere sie die Festnahmen durch Regierungskräfte in Sicherheitsgebieten. Die Regierung habe die Zuständigkeit für die Wehrpflicht sowie oppositionsbezogene Inhaftierungen in diesen Gebieten. Laut Al-Mustafa sei es SDF-Mitgliedern problemlos möglich die Sicherheitsgebiete zu betreten und zu verlassen. Er wisse jedoch nicht, ob es Kurden, die nicht SDF-Mitglieder sind, möglich sei, die Sicherheitsgebiete zu betreten und wieder zu verlassen, ohne für die Wehrpflicht festgenommen zu werden (Al-Mustafa, 5. November 2024).
Das Danish Immigration Service (DIS) interviewte für einen Bericht über Rekrutierung in der Provinz Hasakah im Februar 2022 drei Bürger der Provinz. Laut der Bürger habe es Fälle gegeben, in denen Personen beim Betreten der Sicherheitsgebiete festgenommen, jedoch später wieder freigelassen worden seien, weil die Asayisch sie gegen regierungsnahe Personen in ihrem Gewahrsam ausgetauscht hätten. In diesen Fällen sei die von den Regierungskräften festgenommene Person jedoch normalerweise eng mit der DAANES verbunden gewesen, habe für die DAANES gearbeitet oder einen Bezug zu jemandem in der Selbstverwaltung gehabt. Laut der Bürger würde die DAANES bei Zivilist·innen, die nicht mit der DAANES verbunden seien, nicht eingreifen und keine Befreiungsversuche unternehmen (DIS, Juni 2022, S. 65).
DIS interviewte für einen Bericht über militärische Rekrutierung in Nord-Ost-Syrien im April 2024 unter anderem die Vertretung der DAANES in Sulaimaniyya (Region Kurdistan, Irak) sowie Mitarbeiter der Abteilung für Außenbeziehungen der DAANES in Qamischli. Laut der Vertretung der DAANES in Sulaimaniyya greife die DAANES nicht ein, wenn „Kriminelle“ (es wird nicht weiter beschrieben, wer als kriminell gilt, Anmerkung ACCORD) von der syrischen Regierung in den Sicherheitsgebieten verhaftet werden. Die DAANES interveniere jedoch, wenn die betreffende Person einen Bezug zur Selbstverwaltung habe (DIS, Juni 2024, S. 49). Laut der Mitarbeiter der Abteilung für Außenbeziehungen habe es vereinzelte Fälle gegeben, in denen Personen in den Sicherheitsgebieten zwangsrekrutiert worden seien. Die DAANES habe dann jedoch vermittelt und eine Freilassung erreicht (DIS, Juni 2024, S. 76).
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 22. November 2024)
· Al-Jazeera: Fears of escalation grow as dozens die in SDF-militia fighting in Syria, 7. September 2023
https://www.aljazeera.com/news/2023/9/7/fears-grow-as-sdf-and-tribal-militias-continue-to-clash-in-syria
· Al-Jazeera: Erneute Zusammenstöße zwischen arabischen Stämmen und den SDF in Ostsyrien [Arabisch], 2. Jänner 2024
https://www.aljazeera.net/news/2024/1/2/%D8%AA%D8%AC%D8%AF%D8%AF-%D8%A7%D9%84%D8%A7%D8%B4%D8%AA%D8%A8%D8%A7%D9%83%D8%A7%D8%AA-%D8%A8%D9%8A%D9%86-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B4%D8%A7%D8%A6%D8%B1-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A8%D9%8A%D8%A9
· Al-Mustafa, Muhsen: E-Mail-Auskunft, 5. November 2024
· Arab Center Washington DC: Syrian Kurds in an Increasingly Precarious Position, 18. Oktober 2023
https://arabcenterdc.org/resource/syrian-kurds-in-an-increasingly-precarious-position/
· Balanche, Fabrice: E-Mail-Auskunft, 9. August 2023
· BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland): Länderkurzinformationen Syrien, 30. September 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2115689/laenderkurzinfo-syrien-09-24.pdf
· Daraj Media: SDF fälscht die Anschuldigungen von mehr als 600 Inhaftierten und übergibt sie dem syrischen Regime [Arabisch], 19. März 2024
https://daraj.media/%D9%82%D9%8E%D8%B3%D9%8E%D8%AF%D9%92-%D8%AA%D8%B2%D9%88%D9%91%D8%B1-%D8%AA%D9%87%D9%85-%D8%A3%D9%83%D8%AB%D8%B1-%D9%85%D9%86-600-%D9%85%D8%B9%D8%AA%D9%82%D9%84-%D9%88%D8%AA%D9%8F%D8%B3%D9%84%D9%91/
· DIS – Danish Immigration Service: Syria: Military recruitment in Hasakah Governorate, Juni 2022
https://www.ecoi.net/en/file/local/2075255/syria_fmm_rappport_military_recruitment_hasakah_governorate_june2022.pdf
· DIS - Danish Immigration Service: Syria Military recruitment in North and East Syria, Juni 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2112078/ffm-report-military-recruitment-in-nes-final.pdf
· Enab Baladi: Arabs look for missing representation in SDF-controlled areas, 12. April 2022
https://english.enabbaladi.net/archives/2022/04/arabs-look-for-missing-representation-in-sdf-controlled-areas/
· Enab Baladi: AANES calls on refugees in Turkey to return, 10. Juli 2024
https://english.enabbaladi.net/archives/2024/07/aanes-calls-on-refugees-in-turkey-to-return/
· JFL – Justice for Life: Expat Card: Restricting Freedom of Movement in North and East Syria, 1. Mai 2023
https://jfl.ngo/en/expat-card-restricting-freedom-of-movement-in-north-and-east-syria/
· Kurdistan 24: New administration name adopted for local administration in northeast Syria, 13. Dezember 2023
https://www.kurdistan24.net/en/story/393441
· New Arab (The): US-backed SDF say deadly battles with Arab militias in eastern Syria have ended, 9. September 2023
https://www.newarab.com/news/sdf-say-battles-arab-militias-east-syria-have-ended
· Nida Al-Furat, Euphrates Appeal Media Network: Eine neue interne Vertreibung in Syrien durch die SDF, und die „Ghamr“-Araber sind ihre ersten Opfer [Arabisch], 20. April 2024
https://furat-sy.com/2024/04/20/16525/
· Orient News: Die SDF bereitet die Übergabe von Häftlingen an das Assad-Regime vor [Arabisch], veröffentlicht von Euphrates Post, YouTube Video, 1. Jänner 2019
https://www.youtube.com/watch?v=O-b_PA5QSoE
· Syrian Observer (The): SDF Begins Deporting Anyone Without Expatriate Card in Hassakeh, Original von Zaman Al-Wasl, 23. April 2024
https://syrianobserver.com/syrian-actors/sdf-begins-deporting-anyone-without-expatriate-card-in-hassakeh.html
Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen
Al-Jazeera ist ein in Qatar ansässiger arabischer Nachrichtensender.
· Al-Jazeera: Fears of escalation grow as dozens die in SDF-militia fighting in Syria, 7. September 2023
https://www.aljazeera.com/news/2023/9/7/fears-grow-as-sdf-and-tribal-militias-continue-to-clash-in-syria
„Arab tribal leaders blame violence on ‘years-long discrimination’ by the Kurdish-led SDF [Syrian Democratic Forces] in Deir Az Zor and other parts of northeast Syria. […]
Several Arab activists and members of the Deir Az Zor Military Council told Al Jazeera the divide was because of ‘discrimination’ by the SDF against the Arab population of the region.
‘The arrest of Abu Khawla is not the reason behind the uprising. That was merely a spark for Arab tribesmen to act,’ said Abu Hassan al-Dairi, an activist from Deir Az Zor, who claimed that Abu Khawla did not support the Arab tribesmen or respect their leaders. […]
The SDF leadership denies it discriminates against the predominantly Arab population under its rule, blaming ISIL [Islamic State of Iraq and the Levant] remnants for intimidating locals and preventing the area’s development.” (Al-Jazeera, 7. September 2023)
Das Arab Center Washington DC ist ein auf die arabische Welt spezialisiertes Forschungsinstitut.
· Arab Center Washington DC: Syrian Kurds in an Increasingly Precarious Position, 18. Oktober 2023
https://arabcenterdc.org/resource/syrian-kurds-in-an-increasingly-precarious-position/
„After the liberation of Raqqa from IS [Islamic State] in late 2017, many Arab inhabitants of that city and surrounding areas complained to members of the media that they did not want one occupier (IS) to be replaced by another (meaning the Kurds). This sentiment has been echoed by Arabs in neighboring areas, who have charged that the SDF [Syrian Democratic Forces] uses its military position to discriminate against them in terms of administrative jobs and not allotting to them a fair share of the oil revenues, particularly from the larger Deir Ezzor oil fields. […]
The SDF leadership tried to arrest al-Khubayl in late July 2023, which led to clashes between the Arab tribesmen and the Kurds, resulting in five deaths. A second attempt to arrest al-Khubayl on August 27 succeeded, prompting his supporters to clash with SDF Kurdish elements the next day. Over the course of the next couple of weeks, scores of Arab and Kurds died in clashes. […]
Some of the Arab tribesmen said the arrest of al-Khubayl was only the tip of the iceberg. The real cause was pent up feelings of discrimination at the hands of the Kurds as well as of being deprived of a fair share of the oil revenues generated in its own province.” (Arab Center Washington DC, 18. Oktober 2023)
Das Danish Immigration Service (DIS) ist die in Dänemark für Einwanderung, Einreise und Aufenthalt von Ausländer·innen zuständige Behörde des Ministeriums für Einwanderung und Integration.
· DIS – Danish Immigration Service: Syria: Military recruitment in Hasakah Governorate, Juni 2022
https://www.ecoi.net/en/file/local/2075255/syria_fmm_rappport_military_recruitment_hasakah_governorate_june2022.pdf
„Skype group meeting with three local residents, 1 February 2022 […]
Conscription to the Syrian Arab Army
29. If a person, who is wanted by the Government of Syria (GoS) for military service or for other reasons, enters the areas controlled by the GoS in Qamishli and Hasakah, he will be in high risk of being arrested by the Syrian authorities. There have been cases of persons being arrested when entering into these areas, but then released because the Asayish succeeded in exchanging them with GoS-affiliated persons whom the Asayish had in their custody. However, in such cases, the person detained by the GoS is usually affiliated with the AANES [Autonomous Administration of North and East Syria], i.e. serving in the AANES or being connected to someone in the AANES. The AANES will not interfere and try to release a civilian who is not affiliated with the self-administration.“ (DIS, Juni 2022, S. 65)
· DIS – Danish Immigration Service: Syria Military recruitment in North and East Syria, Juni 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2112078/ffm-report-military-recruitment-in-nes-final.pdf
„Meeting with the representation of the DAANES [Democratic Autonomous Administration of North and East Syria] in Suleimaniyah, 29. April 2024 […]
Recruitment to the SAA [Syrian Arab Army]
27. Persons wanted for military service or individual with outstanding security issues are not actively searched for and apprehended on the streets in the security squares. However, these people can be apprehended if they go to one of the GoS [Government of Syria]-offices and a security check is conducted. Persons arrested by the GoS can be transferred to GoS-territory by military airplanes from Qamishli airport.
28. The DAANES does not intervene in cases where criminals are apprehended by the GoS. However, the DAANES will intervene on behalf of the person in question if they have a relation to the Self-administration.“ (DIS, Juni 2024, S. 49)
„WhatsApp meeting with Fanar Al-Kait and Khaled Ibrahim, Department of Foreign Relations of the DAANES, Qamishli, April 28, 2024 […]
Recruitment to the Syrian Army
21. The official stance of the DAANES [Democratic Autonomous Administration of North and East Syria] is that the GoS [Government of Syria] has no influence in NES [North-East-Syria]. There have been rare cases of individuals being secretly conscripted by force in the security squares, but the Autonomous Administration has been able to mediate on their behalf and secure their release.“ (DIS, Juni 2024, S. 76)
Enab Baladi ist eine regierungskritische syrische Medienorganisation.
· Enab Baladi: Arabs look for missing representation in SDF-controlled areas, 12. April 2022
https://english.enabbaladi.net/archives/2022/04/arabs-look-for-missing-representation-in-sdf-controlled-areas/
„The Syrian Arabs, who form a majority of the inhabitants of the eastern areas under the control of the Autonomous Administration of North and East Syria (AANES), have complained of discrimination and unequal representation in the autonomous body. […]
Qamishli-based researcher Muhannad al-Katee believes that the SDF [Syrian Democratic Forces] is a name given by the Americans in 2016 to the Syrian Kurdistan Workers’ Party (PKK) wing in Syria, which is classified on international terrorist lists, and which is defined as a ‘totalitarian system’ that does not believe in institutional work and does not accept any participation or representation from outside its system, not only towards the Arabs but towards the rest of the region’s Kurds as well.
Therefore, this system uses some Arabic or Syriac names in a formal representation without any executive authority, effectiveness, or decision-making ability.
The researcher in social and political history added that Deir Ezzor is an absolutely Arab region, dominated by the tribal character. Yet, its people do not have their own decision, despite the presence of some marginal personalities that the SDF [Syrian Democratic Forces] sometimes presents in administrative positions, but in practice, they are without real authority.
This prompts the residents of Deir Ezzor, as well as the rest of the areas controlled by the SDF, to condemn ‘the usurpation of their will.’ Therefore, the protests against the SDF are increasing throughout the region.” (Enab Baladi, 12. April 2022)
· Enab Baladi: AANES calls on refugees in Turkey to return, 10. Juli 2024
https://english.enabbaladi.net/archives/2024/07/aanes-calls-on-refugees-in-turkey-to-return/
„In December 2022, AANES’ [Autonomous Administration of North and East Syria] Interior Authority issued a statement saying that it grants displaced persons to its controlled areas in northeastern Syria an ‘expat card’.
It added that the authority’s measures had not witnessed any case of deportation outside AANES’ controlled areas, regardless of the person’s status, noting that there was ‘flexible work for all people who are from outside AANES’ areas.’
Last March, the Internal Security Forces (Asayish) in the Autonomous Administration began summoning displaced persons from Deir Ezzor residing in al-Hasakah governorate, specifically in Qamishli city, through neighborhood chiefs or via phone calls, to renew the ‘expat card’ and threatened non-compliers with ‘deportation from the area.’” (Enab Baladi, 10. Juli 2024)
Justice for Life (JFL) ist eine nichtstaatliche, gemeinnützige syrische Rechtsorganisation, deren Ziel die Verbreitung und Förderung der Menschenrechte in Syrien ist.
· JFL – Justice for Life: Expat Card: Restricting Freedom of Movement in North and East Syria, 1. Mai 2023
https://jfl.ngo/en/expat-card-restricting-freedom-of-movement-in-north-and-east-syria/
„Ali lives in one of the villages of Raqqa. He is displaced from Deir Ezzor governorate. We visited him in his small house and spoke to him, his children, and his wife. […]
Ali said: ‘We fled the military clashes in my village in Deir Ezzor. My house was bombed and completely demolished. I definitely had to leave the village to protect my family and children.’
The SDF forces did not allow Ali and his family to remain in Raqqa until he brought a sponsor from the local residents. Ali managed to secure the required amount by borrowing it from someone, but that was not enough. Ali said: ‘I have to renew my card every year. So, the sponsor asks me to pay every time, and I have to borrow and manage the amount every time because I simply do not have it!’. “ (JFL, 1. Mai 2023)
The New Arab (Al-Araby Al-Jadeed) ist ein 2014 in London gegründetes Medienunternehmen.
· New Arab (The): US-backed SDF say deadly battles with Arab militias in eastern Syria have ended, 9. September 2023
https://www.newarab.com/news/sdf-say-battles-arab-militias-east-syria-have-ended
„Arabs have routinely accused the SDF [Syrian Democratic Forces] of discrimination and unequal treatment, which the SDF deny.” (The New Arab, 9. September 2023)
Der Syrian Observer ist eine von der Konrad Adenauer Stiftung und dem Schweizer Außenamt finanzierte Online-Publikation, die sich Großteils der Übersetzung von syrischen Nachrichtenartikeln widmet.
· Syrian Observer (The): SDF Begins Deporting Anyone Without Expatriate Card in Hassakeh, Original von Zaman Al-Wasl, 23. April 2024
https://syrianobserver.com/syrian-actors/sdf-begins-deporting-anyone-without-expatriate-card-in-hassakeh.html
„In recent days, the Syrian Democratic Forces (SDF) have initiated the deportation of Arab tribesmen from areas under their control in Hassakeh governorate, northeastern Syria, if they lack an ‘expatriate card’ and hail from regions controlled by the Syrian regime.
Local reports from Zaman al-Wasl indicate that over 70 individuals, including agricultural workers and those in various industries, have been deported from SDF-controlled areas in the countryside of Hassakeh governorate to Aleppo governorate, which is under Syrian regime control.
Sources confirm that those deported belong to Arab tribes and lack the necessary expatriate documentation at border crossings. It’s emphasized that this directive will extend to Qamishli airport, where any individual arriving from regime-controlled areas without an expatriate card will be sent back on the same aircraft.
Meanwhile, the pro-regime Athr Press agency reports that the SDF has notified several families from the village of Um al-Farsan near Qamishli of their deportation to Aleppo countryside due to their lack of an expatriate card. The SDF allegedly mandates Arab tribe members it deems non-residents of Hassakeh to acquire this documentation.
According to the agency, these families belong to the Albu-Hamad tribe, informed of their deportation to Aleppo countryside. However, there’s uncertainty about whether they’ll be allowed to enter Syrian state-controlled areas or be retained within SDF-controlled territories in the eastern Aleppo countryside.
The agency highlights that the SDF’s deportation decision encompasses Arab tribes to whom the Syrian regime granted agricultural land in Hassakeh in the 1970s as compensation for flooded lands during the establishment of the Euphrates Dam, known today as al-Ghamr or al-Ghamrin clans. Since the SDF assumed control, these tribes have been treated as newcomers, aligned with the population census in SDF-controlled eastern governorates.“ (The Syrian Observer, 23. April 2024)
[1] Der Name der Region wurde im Dezember 2023 von Autonomous Administration of North and East Syria (AANES) auf Democratic Autonomous Administration of North and East Syria (DAANES) geändert. Siehe: Kurdistan 24: New administration name adopted for local administration in northeast Syria, 13. Dezember 2023, https://www.kurdistan24.net/en/story/393441