Anfragebeantwortung zu Äthiopien: Informationen zur Lage der Volksgruppe der Amhara, insbesondere zur Lage von Frauen, die der Volksgruppe angehören [a-12413 v2]

27. August 2024

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Inhaltsverzeichnis

Lage in der Region Amhara  

Lage von Frauen        

Quellen           

Anhang           

Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.

Es konnten nur wenige Informationen speziell zur Lage von Frauen gefunden werden, die der Volksgruppe der Amhara angehören. Im Folgenden finden sich auch Informationen zur Lage im Regionalstaat Amhara und zur Lage von Frauen im Allgemeinen. Informationen zu oben genannter Fragestellung entnehmen Sie bitte auch folgender ACCORD-Anfragebeantwortung vom Februar 2024:

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Äthiopien: Informationen zur aktuellen Lage der Amharen, insbesondere in Addis Abeba, bestehender Bürgerkrieg zwischen dem Staat und den Amharen [a-12320], 23. Februar 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2105428.html

Hinsichtlich ethnischer Gewalt und Diskriminierung erwähnt das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) in seinem Jahresbericht zur Menschenrechtslage vom April 2024 (Berichtszeitraum 2023) die Verhängung des Ausnahmezustands im August 2023, während dessen Tausende von Menschen willkürlich festgenommen worden seien, viele von ihnen angeblich aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit zu den Amhara (USDOS, 23. April 2024, Section 6). Africanews schreibt im August 2023, dass die von der Regierung eingesetzte Ethiopian Human Rights Commission angegeben habe, dass es zu weit verbreiteten Verhaftungen von Zivilist·innen gekommen sei, die den Amhara angehören würden. Anwält·innen hätten angegeben, dass Verdächtige in Polizeistationen, in Schulen und anderen behelfsmäßigen Hafteinrichtungen festhalten würden. In Addis Abeba seien einem Anwalt oder einer Anwältin zufolge 3.000 Menschen festgenommen worden (Africanews, 14. August 2023). Ein im März 2024 von Foreign Policy veröffentlichter Artikel der Juristen Kassie Abebe und Zelalem Moges erwähnt, dass in den letzten Jahren Zivilist·innen aus der Region Amhara die Einreise nach Addis Abeba verweigert worden sei, da sie offenbar als Bedrohung für die kollektive Sicherheit angesehen würden. Die Situation habe im September 2023 eine besonders alarmierende Wendung genommen, als in den sozialen Medien Videos kursiert seien, die gezeigt hätten, wie Menschen an verschiedenen Orten in Addis Abeba und Oromia unter „erbärmlichen Bedingungen“ festgehalten würden. Das in den USA ansässige Lemkin Institute for the Prevention of Genocide habe eine Warnung herausgegeben und die Massenentführung und Inhaftierung von Amhara als „mögliches Anzeichen für einen bevorstehenden Völkermord“ bezeichnet[1]. In der Bevölkerung der Amhara herrsche der Eindruck vor, dass die Amhara innerhalb und außerhalb ihrer Region absichtlich geschwächt würden, unter anderem durch die Mechanismen zur Verteilung von Bundeszuschüssen an die Regionen und die Bereitstellung von landwirtschaftlichen Basisgütern wie Dünger und Saatgut. Die Befürchtungen der Amhara würden sich nicht nur um Fragen des ethnischen Föderalismus drehen und den Wunsch, das Töten und Vertreiben zu beenden, sondern vor allem auch um den wahrgenommenen Willen der Oromo-Eliten, die Amhara weiter zu marginalisieren und zu verarmen und sie bestenfalls zu ständigen politischen Juniorpartnern auf nationaler Ebene zu machen (Abebe & Moges, 6. März 2024).

Lage in der Region Amhara

Das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) veröffentlicht im Mai 2024 einen Länderbericht zu Äthiopien. Auf den Seiten 9 bis 14 finden sich unter anderem Hintergrundinformationen zur Lage im Regionalstaat Amhara:

·      BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland): Länderreport 69 Äthiopien - Innenpolitische Lage, 15. Mai 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2109402/laenderreport-69-Aethiopien.pdf

Ein im Mai 2024 veröffentlichter Bericht des Global Protection Cluster (GPC) erwähnt, dass sich die Notlage im Norden Äthiopiens durch den Ausbruch von Feindseligkeiten zwischen der äthiopischen Regierung und bewaffneten Elementen in der Region Amhara seit April 2023 und dann erneut im August 2023 weiter verschärft habe. Am 4. August 2023 sei ein sechsmonatiger Ausnahmezustand verhängt worden, der im Februar 2024 um vier Monate verlängert worden sei.[2] Der Ausnahmezustand habe es den Sicherheitskräften der Regierung ermöglicht, verschiedene Kontrollmaßnahmen gegen die Bürger·innen zu ergreifen, darunter die Einschränkung ihrer Rechte auf Bewegungs-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie Hausdurchsuchungen und Verhaftungen. Klimabedingte Schocks hätten die Menschen in Amhara zusätzlich getroffen, insbesondere dürreähnliche Bedingungen in Ost-Amhara, die sich auch auf Süd-Tigray ausgeweitet hätten. Ein weiterer erschwerender Faktor sei in einigen Fällen der fehlende Zugang für humanitäre Akteure aufgrund der Sicherheitslage gewesen (GPC, 2. Mai 2024, S. 3).

In seinem Bericht vom Juni 2024 (Berichtszeitraum Jänner 2023 bis Jänner 2024) erwähnt das Hohe Kommissariat der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UN Office of the High Commissioner for Human Rights, OHCHR), dass gewaltsame Kämpfe zwischen den Regierungstruppen[3] und der Fano-Miliz, die insbesondere von Juli 2023 bis Jänner 2024 zu Menschenrechtsverletzungen geführt hätten, in Amhara weiterhin „Anlass zu großer Sorge“ gäben (OHCHR, Juni 2024, S. 9). OHCHR erwähnt in seinem Bericht zudem, dass im Jahr 2023 in Amhara insgesamt 179 Vorfälle von Menschenrechtsverletzungen mit 3.163 Opfern (1.099 Männer, 89 Frauen, 1.975 unbekannt) dokumentiert worden seien. Allein während des Ausnahmezustands, von August 2023 bis Jänner 2024, seien 107 Vorfälle von Menschenrechtsverletzungen sowie Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht mit 2.424 Opfern (689 Männer, 71 Frauen und 1.664 Personen, deren Geschlecht nicht festgestellt werden konnte) dokumentiert worden. Die Haupttäter seien die äthiopischen Streitkräfte (Ethiopian National Defense Force, ENDF), die Regionalpolizei von Amhara und dem Staat angegliederte Milizen gewesen. OHCHR habe Fälle von außergerichtlichen Tötungen und Angriffen auf Zivilist·innen und zivile Objekte dokumentiert, die schwere Opfer gefordert hätten. Insgesamt seien die Regierungstruppen (ENDF und die Regionalpolizei von Amhara, unterstützt von staatlich anerkannten Milizen) mutmaßlich für die meisten Vorfälle (150 von 179) und 2.829 Opfer (820 Männer, 74 Frauen und 1.935 Personen, deren Geschlecht nicht festgestellt werden konnte) verantwortlich gewesen. Luftangriffe hätten zivile Opfer gefordert. Im Jänner 2024 sei ein Drohnenangriff registriert worden, bei dem 16 Zivilist·innen getötet worden seien. Auch die Angriffe von Fano und die Operationen der staatlichen Streitkräfte, die zwischen August 2023 und Jänner 2024 mit Hinrichtungen im Schnellverfahren („summary execution“) und dem Beschuss zivil bewohnter Gebiete reagiert hätten, hätten Angst in der Bevölkerung verbreitet und viele Menschenleben gefordert (OHCHR, Juni 2024, S. 9-10; siehe auch Amnesty International, Februar 2024). Die ENDF und die Sicherheitskräfte der Regierung seien OHCHR zufolge an Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht beteiligt gewesen, darunter außergerichtliche und willkürliche Hinrichtungen, Luftangriffe mit Drohnen und schwerer Artillerie auf Zivilist·innen, Verletzung von Zivilist·innen, Vergewaltigung/konfliktbedingte sexuelle Gewalt, Angriffe auf und Zerstörung von zivilen Objekten, Angriffe auf medizinisches Personal, Angriffe auf religiöse Stätten, willkürliche Verhaftungen, Folter oder Misshandlungen und die Nutzung von Schulen für militärische Zwecke. Am 29. Jänner 2024, seien Berichten zufolge mindestens 89 Zivilist·innen von Regierungstruppen in der Stadt Merawi (34 km von Bahir Dar entfernt), Bezirk Mecha, Zone Nord-Gojjam, hingerichtet worden. Der Vorfall habe sich Berichten zufolge nach einem Angriff der Fano auf ein Militärlager der ENDF ereignet. Es sei nicht bekannt, dass die Behörden Maßnahmen ergriffen hätten, um diesen Vorfall zu untersuchen (OHCHR, Juni 2024, S. 10). Auch Human Rights Watch (HRW) erwähnt im April 2024, dass das äthiopische Militär am 29. Jänner 2024 in der Stadt Merawi in der Region Amhara mehrere Dutzend Zivilisten hingerichtet und weitere Kriegsverbrechen begangen habe. Der Vorfall sei einer der tödlichsten für die Zivilbevölkerung während der Kämpfe zwischen den äthiopischen Streitkräften und der Fano-Miliz seit dem Ausbruch der Kämpfe in Amhara im August 2023 gewesen (HRW, 4. April 2024). Die Fano-Miliz sei OHCHR zufolge verantwortlich für die Tötung von Zivilist·innen, die Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit, Angriffe auf und die Zerstörung von zivilen Objekten, Angriffe auf medizinisches Personal, Angriffe auf Krankenwagen und willkürliche Festnahmen. Die Angriffe der Fano hätten sich vor allem gegen Regierungskräfte und -personal gerichtet. Berichten zufolge habe die Fano-Miliz auch zahlreiche Schulen in einigen Orten der Region Amhara besetzt und für militärische Zwecke genutzt (OHCHR, Juni 2024, S. 10).

Im Juli 2024 berichtet HRW, dass äthiopische Sicherheitskräfte zahlreiche Angriffe auf medizinisches Personal, Patient·innen und Gesundheitseinrichtungen in der Region Amhara verübt hätten, die Kriegsverbrechen gleichkommen würden (HRW, 3. Juli 2024)[4]. Laut einem im Juni 2024 veröffentlichten Bericht von Safeguarding Health in Conflict Coalition und Insecurity Insight seien in Amhara im Jahr 2023 mindestens sechs und im Jahr 2022 drei Vorfälle von Gewalt gegen oder Behinderung der Gesundheitsversorgung registriert worden. Gesundheitseinrichtungen seien angegriffen und niedergebrannt, Krankenwagen beschädigt, Gesundheitspersonal bedroht und verletzt und medizinische Vorräte geplündert worden. Drei der sechs Vorfälle seien den Kräften der ENDF zugeschrieben worden. Im November 2023 hätten diese einen Drohnenangriff verübt. Im Oktober 2023 hätten ENDF-Kräfte im Tibebe Ghion Specialized Hospital auf eine/n Mitarbeiter·in des Gesundheitswesens geschossen und verletzt und weitere Mitarbeiter·innen verhaftet, nachdem sie sie beschuldigt hätten, Verbindungen zur Fano-Miliz zu unterhalten. Im selben Monat hätten ENDF-Soldat·innen das Krankenhaus gestürmt und das Feuer auf das Personal eröffnet, bevor sie sechs Patient·innen aus ihren Betten gezerrt und hingerichtet hätten. Die Fano-Miliz habe medizinische Hilfsgüter gestohlen, und Spezialeinheiten der Regionalpolizei von Amhara und lokale Milizen hätten ein Gesundheitszentrum, eine Moschee und Häuser in der Woreda [Verwaltungsbezirk, Anm. ACCORD] Jilye Tumuga niedergebrannt. Unbekannte hätten auf einen Krankenwagen des Äthiopischen Roten Kreuzes geschossen, der eine schwangere Frau zu einer Gesundheitseinrichtung gebracht habe, und hätten dabei eine/n Krankenwagenfahrer·in und eine Hebamme verletzt (Safeguarding Health in Conflict Coalition & Insecurity Insight, 24. Juni 2024, S. 47).

Weitere Informationen zur Lage in der Region Amhara finden sich auch in folgender Anfragebeantwortung des Asylum Research Centre (ARC) vom März 2024:

·      ARC - Asylum Research Centre: Ethiopia Query Response: Situation in the Amhara Region (January 2022 - February 2024), März 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2108104/ARC_Query_response_Amhara_2024_FINAL.pdf

Lage von Frauen

Geschlechtsspezifische Gewalt (GBV) sei laut einem im Mai 2024 veröffentlichten Bericht des Global Protection Cluster (GPC) nach wie vor ein zentrales Problem in Gemeinschaften, die aufgrund von Konflikten, Dürren und Überschwemmungen vertrieben worden seien, aber auch in Gemeinschaften, die zwar betroffen, aber nicht vertrieben worden seien. Das Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt in Äthiopien sei nach wie vor unbekannt, was zum Teil darauf zurückzuführen sei, dass zu wenig darüber berichtet werde. Humanitäre Schocks würden das Auftreten von GBV verstärken, die Rechtsstaatlichkeit untergraben und die Anfälligkeit von Frauen und Mädchen für Gewalt erhöhen. Menschen, die in Gebieten leben würden, in denen der Konflikt und die Präsenz bewaffneter Akteure fortdauern würden, seien besonders gefährdet, Opfer von Gewalt gegen Frauen zu werden, ebenso wie vertriebene Frauen und Kinder. In der Region Amhara hätten die Vorfälle von Gewalt gegen Frauen in alarmierendem Maße zugenommen (GPC, 2. Mai 2024, S. 10).

Hinsichtlich der Lage von Frauen im Allgemeinen erwähnt das USDOS in seinem Jahresbericht vom April 2024 (Beobachtungszeitraum 2023) Folgendes: Vergewaltigung sei strafbar und im Falle einer Verurteilung je nach Schwere des Falles mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis 20 Jahren bedroht. Auf Vergewaltigung in der Ehe würden die gesetzlichen Bestimmungen nicht ausdrücklich Bezug nehmen. Die Regierung habe das Gesetz nicht vollständig umgesetzt. Internationale und lokale Menschenrechtsorganisationen hätten über ein alarmierendes Ausmaß von Vergewaltigungen und sexueller Gewalt durch alle Parteien im Zusammenhang mit dem Konflikt im Norden des Landes und den anhaltenden bewaffneten Konflikten in verschiedenen Teilen des Landes berichtet. Am 8. Jänner 2023 hätten sieben lokale zivilgesellschaftliche Menschenrechtsorganisationen über einen Anstieg geschlechtsspezifischer Gewalt im Jahr 2022 berichtet, darunter körperliche Übergriffe, Mord und andere Formen sexueller Gewalt gegen Frauen. Die Organisationen hätten sich auf eine von der Ethiopian Women Lawyers Association (EWLA) in Auftrag gegebene Studie berufen, die für das Jahr 2022 in verschiedenen Regionen 47 Fälle von Mord und versuchtem Mord, 32 Fälle von Vergewaltigung und 158 Fälle von Körperverletzung gegen Frauen in verschiedenen Regionen gezählt habe (USDOS, 23. April 2024, Section 6).

Zum Thema konfliktbedingte sexuelle Gewalt schreibt der UN-Generalsekretär in seinem Bericht an den UN Sicherheitsrat vom April 2024 Folgendes: Nach einem Abkommen zwischen der äthiopischen Regierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray seien die Kämpfe in der Region Tigray zwar eingestellt worden, doch gebe es weiterhin Berichte über sexuelle Gewalt. In anderen Landesteilen sei es zu einer Eskalation der Feindseligkeiten gekommen, so in Amhara, wo die Bundesregierung den Ausnahmezustand verhängt habe. Vor diesem Hintergrund seien die Bestimmungen des Abkommens für einen dauerhaften Frieden, die sich auf sexuelle Gewalt, territoriale Integrität und Übergangsjustiz beziehen würden, nur teilweise umgesetzt worden oder offengeblieben. Alle Konfliktparteien, einschließlich der Mitglieder der äthiopischen nationalen Verteidigungskräfte, der eritreischen Verteidigungskräfte, der Amhara-Spezialeinheiten und -milizen sowie der tigrayischen Streitkräfte, seien Berichten zufolge in Akte sexueller Gewalt im Zusammenhang mit dem Konflikt verwickelt gewesen. Im Jahr 2023 hätten die Vereinten Nationen Fälle von konfliktbezogener sexueller Gewalt, einschließlich Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen, bestätigt, von denen unter anderem 795 Frauen und 3 Mädchen betroffen gewesen seien. Davon hätten sich 454 Fälle im Jahr 2022 ereignet. Darüber hinaus hätten humanitäre Dienstleister Fälle registriert, von denen unter anderem 370 Frauen und 192 Mädchen betroffen gewesen seien, die meisten davon im Jahr 2022. Mitglieder nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen wie der Oromo Liberation Army/Oromo Liberation Front-Shene, tigrayische Streitkräfte und die Fano/Amhara-Miliz in den Regionen Afar, Amhara und Oromia seien daran beteiligt gewesen. Eine Reihe von Fällen sei den eritreischen Verteidigungskräften zugeschrieben worden. Die Nationalen Verteidigungskräfte Äthiopiens sowie die Regionalpolizei von Amhara und die Spezialeinheiten von Oromia seien ebenfalls beteiligt gewesen. In der Region Amhara seien einige One-Stop-Zentren entweder geschlossen worden oder nicht ausgelastet gewesen, da der Zugang zu lebenswichtigen Hilfsgütern wie Post-Vergewaltigungs-Kits eingeschränkt gewesen sei. Weibliches Gesundheitspersonal sei angeblich sexuell missbraucht, und Menschenrechtsverteidigerinnen seien bedroht worden, auch online (UN Security Council, 4. April 2024, S. 26-27).

Weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation/Cutting, FGM/C) sei dem USDOS zufolge in den Gemeinschaften immer noch weit verbreitet (16 Prozent der Mädchen unter 14 Jahren und 65 Prozent der Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren). In Äthiopien seien 25 Millionen Frauen und Mädchen von FGM/C betroffen. Häusliche Gewalt sei zwar illegal, aber die Regierung würde die gesetzlichen Bestimmungen nicht konsequent durchsetzen. Je nach Schwere der zugefügten Verletzungen würden die Strafen bei einer Verurteilung von geringen Geldstrafen bis zu 15 Jahren Haft reichen. Häusliche Gewalt, einschließlich des Missbrauchs in der Ehe, sei ein weit verbreitetes soziales Problem. Das USDOS erwähnt auch die Praxis der Heirat durch Entführung und von Zwangsheirat. Berichte über sexuelle Belästigung seien weit verbreitet gewesen. Die Diskriminierung von Frauen sei weit verbreitet gewesen. Sie sei in den ländlichen Gebieten, in denen schätzungsweise 80 Prozent der Bevölkerung leben würden, am stärksten gewesen. Traditionelle Gerichte hätten patriarchalisches Gewohnheitsrecht in wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen angewandt. Alle föderalen und regionalen Landgesetze hätten Frauen den Zugang zu staatlichem Land ermöglicht. Die Erbschaftsgesetze hätten es Witwen ermöglicht, das während der Ehe erworbene gemeinsame Eigentum zu erben. Die Umsetzung beider Gesetze sei jedoch uneinheitlich gewesen. Der Zugang von Frauen zu bezahlter Arbeit, Krediten und der Möglichkeit, ein Unternehmen zu besitzen oder zu führen, sei durch geringere Bildungschancen und gesetzliche Beschränkungen für der Erwerbstätigkeit von Frauen eingeschränkt gewesen. Soziale und kulturelle Barrieren hätten den Zugang von Frauen zu reproduktiven Gesundheitsdiensten eingeschränkt. Obwohl die Regierung kostenlose Gesundheitsdienste für Mütter und Kinder zur Verfügung gestellt habe, hätten Frauen in abgelegenen Gebieten aufgrund fehlender Ressourcen und schlechter Transportmöglichkeiten nach wie vor Probleme beim Zugang zu qualifizierter medizinischer Versorgung während Schwangerschaft und Geburt (USDOS, 23. April 2024, Section 6).

Freedom House berichtet im Jahr 2024, dass ein Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels harte Strafen für Vergehen wie sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel vorsehe. Die Menschen in Äthiopien, insbesondere Frauen und Mädchen, seien nach wie vor von Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft und anderen Formen der Ausbeutung betroffen (Freedom House, 2024, Section G4). Das USDOS erwähnt in seinem Jahresbericht zu Menschenhandel (Beobachtungszeitraum April 2023 bis März 2024) Berichte, die darauf hindeuten würden, dass bewaffnete Akteure, darunter die eritreischen Streitkräfte, die regionalen äthiopischen Streitkräfte, die Ethiopian National Defense Force (ENDF) und die Tigray People's Liberation Front (TPLF), zwischen dem Beginn des Konflikts in Nordäthiopien im November 2020 und der Unterzeichnung des Abkommens über die Einstellung der Feindseligkeiten zwischen der Regierung und der TPLF im November 2022 Menschenrechtsverletzungen und Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Tigray, Amhara und Afar begangen hätten, darunter möglicherweise auch Straftaten des Menschenhandels (USDOS, 24. Juni 2024). Detaillierte allgemeine Informationen zu Menschenhandel entnehmen Sie bitte folgendem Bericht des USDOS vom Juni 2024:

·      USDOS - US Department of State: 2024 Trafficking in Persons Report: Ethiopia, 24. Juni 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2111666.html

Weitere detaillierte Informationen zur allgemeinen Lage von Frauen in Äthiopien finden sich auch in der folgenden Anfragebeantwortung der BFA Staatendokumentation vom Oktober 2023:

·      BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Äthiopien: Aktuelle Informationen zur Lage von Frauen, bzw. alleinstehender Frauen, 25. Oktober 2023 (Login erforderlich)
https://www.ecoi.net/en/file/local/2100007/AETH_MR_SOG_Aktuelle Informationen zur Lage von Frauen, bzw. alleinstehender Frauen_2023_10_25_KE.odt


 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 27. August 2024)

·      Abebe, Adem Kassie & Moges, Zelalem: Ethiopia’s Amhara Conflict Could Spark Civil War, Foreign Policy (Hg.), 6. März 2024
https://foreignpolicy.com/2024/03/06/ethiopia-amhara-conflict-civil-war/

·      ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Äthiopien: Informationen zur aktuellen Lage der Amharen, insbesondere in Addis Abeba, bestehender Bürgerkrieg zwischen dem Staat und den Amharen [a-12320], 23. Februar 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2105428.html

·      Africanews: Ethiopian police arrest hundreds during state of emergency, 14. August 2023
https://www.africanews.com/2023/08/14/ethiopian-police-arrest-hundreds-during-state-of-emergency/

·      Amnesty International: “We thought they would fight with those they came to fight with, not with us.” Extrajudicial executions in Bahir Dar by ENDF soldiers [AFR 25/7696/2024], Februar 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2104833/AFR2576962024ENGLISH.pdf

·      APA News - Agence de Presse Africaine: Ethiopia lifts state of emergency in Amhara region, 7. Juni 2024
https://apanews.net/ethiopia-lifts-state-of-emergency-in-amhara-region/

·      ARC - Asylum Research Centre: Ethiopia Query Response: Situation in the Amhara Region (January 2022 - February 2024), März 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2108104/ARC_Query_response_Amhara_2024_FINAL.pdf

·      BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland): Länderreport 69 Äthiopien - Innenpolitische Lage, 15. Mai 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2109402/laenderreport-69-Aethiopien.pdf

·      BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Äthiopien: Aktuelle Informationen zur Lage von Frauen, bzw. alleinstehender Frauen, 25. Oktober 2023 (Login erforderlich)
https://www.ecoi.net/en/file/local/2100007/AETH_MR_SOG_Aktuelle Informationen zur Lage von Frauen, bzw. alleinstehender Frauen_2023_10_25_KE.odt

·      Freedom House: Freedom in the World 2024 - Ethiopia, 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2105021.html

·      GPC - Global Protection Cluster: Ethiopia; Protection Analysis Update; Update on conflict and climate-related protection risks trends; March 2024, 2. Mai 2024
https://www.globalprotectioncluster.org/sites/default/files/2024-05/pau24_07_protection_analysis_update_ethiopia_march_2024-final_28.04.2024.pdf

·      HRW - Human Rights Watch: Ethiopia: Military Executes Dozens in Amhara Region, 4. April 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2107496.html

·      HRW - Human Rights Watch: “If the Soldier Dies, It’s on You”; Attacks on Medical Care in Ethiopia’s Amhara Conflict, Juli 2024
https://www.hrw.org/sites/default/files/media_2024/07/ethiopia0724web.pdf

·      HRW - Human Rights Watch: Ethiopia: Army Attacks Health Care in Amhara Conflict, 3. Juli 2024
https://www.hrw.org/news/2024/07/03/ethiopia-army-attacks-health-care-amhara-conflict

·      OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights: Update on the human rights situation in Ethiopia, Juni 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2111158/OHCHR-Update-HR-situation-in-Ethiopia-in-2023.pdf

·      Safeguarding Health in Conflict Coalition & Insecurity Insight: Critical Condition: Violence Against Health Care In Conflict 2023, 24. Juni 2024
https://shcc.pub/2023CriticalCondition

·      UN News: UN warns of heightened risk of genocide and atrocity crimes in Ethiopia, 10. Oktober 2023
https://news.un.org/en/story/2023/10/1142142

·      UN Security Council: Conflict-related sexual violence; Report of the Secretary-General [S/2024/292], 4. April 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2110409/n2406241.pdf

·      USDOS - US Department of State: 2023 Country Report on Human Rights Practices: Ethiopia, 23. April 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2107690.html

·      USDOS - US Department of State: 2024 Trafficking in Persons Report: Ethiopia, 24. Juni 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2111666.html


 

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen

Adem Kassie Abebe ist Vizepräsident des African Network of Constitutional Lawyers. Zelalem Moges ist ein äthiopischer Anwalt, der auf Menschenrechtsthemen spezialisiert ist. Foreign Policy (FP) ist eine in den USA erscheinende Zeitschrift, die sich der Außenpolitik der Vereinigten Staaten sowie internationalen Themen widmet.

·      Abebe, Adem Kassie & Moges, Zelalem: Ethiopia’s Amhara Conflict Could Spark Civil War, Foreign Policy (Hg.), 6. März 2024
https://foreignpolicy.com/2024/03/06/ethiopia-amhara-conflict-civil-war/

„Moreover, in recent years, civilians attempting to enter Addis Ababa from the Amhara region have been barred, seemingly because they are perceived as a collective security threat. The situation took a particularly alarming turn in September 2023, when videos circulated on social media depicting people detained in deplorable conditions across various locations in both Addis Ababa and Oromia. The U.S.-based Lemkin Institute for Genocide Prevention issued a red flag alert, characterizing the mass abduction and detention of Amharas as potentially indicative of a looming genocide. The popular Amhara perception has been that there is a deliberate effort to undermine Amharas, inside and outside their region, including increasingly in the allocation of federal subsidies to regions and provision of basic agricultural necessities, such as fertilizer and seeds. […]

Today, the Amhara fear fundamentally revolves not only around issues of ethnic federalism and the desire to halt killing and displacement but also, crucially, around the perceived desire of Oromo elites to further marginalize and impoverish Amharas and render them at best permanent junior political partners at the national level.“ (Abebe & Moges, 6. März 2024)

Africanews ist ein panafrikanischer Fernsehsender mit Sitz in Lyon in Frankreich.

·      Africanews: Ethiopian police arrest hundreds during state of emergency, 14. August 2023
https://www.africanews.com/2023/08/14/ethiopian-police-arrest-hundreds-during-state-of-emergency/

„Authorities in Ethiopia are carrying out mass arrests of hundreds, even thousands, of people in the capital after deadly unrest in the country's Amhara region, lawyers and witnesses said. […]

This time, ‘there has been widespread arrest of civilians who are of ethnic Amhara origin,’ the state-appointed Ethiopian Human Rights Commission said Monday, calling on the federal authorities to cease the detentions.

Activists say ethnic Amharas are being targeted in the mass arrests.

Two lawyers said the emergency measures also appear to be in effect in the capital, Addis Ababa, where suspects are being held at police stations, schools and other makeshift detention centers after being swept off the streets. The lawyers, like others, spoke on condition of anonymity out of fear of retribution.

One lawyer said he visited seven schools and police stations last week where ‘hundreds’ of people were held. The other lawyer, citing police sources, said 3,000 people had been arrested in Addis Ababa.

A third lawyer said he encountered several young people last week at police stations and courts in Addis Ababa who had been arrested and accused of having links to the Fano militia.“ (Africanews, 14. August 2023)

Agence de Presse Africaine (APA News) ist eine Nachrichtenagentur mit Sitz im Senegal.

·      APA News - Agence de Presse Africaine: Ethiopia lifts state of emergency in Amhara region, 7. Juni 2024
https://apanews.net/ethiopia-lifts-state-of-emergency-in-amhara-region/

„Ethiopia’s state of emergency imposed on the Amhara region came to an end on Thursday despite the unrest blamed on armed militants in the area. The state of emergency was first declared in August 2023 for six months with an aim to ‘disarm Fano forces’ in the region. Upon failure to achieve them, the federal government – with approval from the parliament which many Ethiopians see as a rubber stamp – extended it by four months in February 2024. ‘There are things that the government has to finish to restore peace and security in the region’ stated the reason the government claimed upon extending the state of emergency in February 2024. The national parliament has not extended the state of emergency which ended on Thursday. Far from being disarmed, Fano forces are more armed than they ever were sources say. They are active in almost all parts of the Amhara region including in areas that are close to the Ethiopian capital Addis Ababa. The number of armed Fano forces alone has shown remarkable growth.“ (APA News, 7. Juni 2024).

Freedom House ist eine in den USA ansässige Nichtregierungsorganisation, die sich mit Recherchen und Advocacy-Arbeit zu Demokratie, politischen Freiheiten und Menschenrechten befasst.

·      Freedom House: Freedom in the World 2024 - Ethiopia, 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2105021.html

An antitrafficking law stipulates strict punishments for crimes such as sexual exploitation and human trafficking. People in Ethiopia, particularly women and girls, continue to experience forced labor, debt bondage, and other forms of exploitation.” (Freedom House, 2024, Section G4)

Das Global Protection Cluster (GPC) ist ein Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen, internationalen Organisationen und UN Organisationen, die im Bereich Schutz in humanitären Krisen tätig sind.

·      GPC - Global Protection Cluster: Ethiopia; Protection Analysis Update; Update on conflict and climate-related protection risks trends; March 2024, 2. Mai 2024
https://www.globalprotectioncluster.org/sites/default/files/2024-05/pau24_07_protection_analysis_update_ethiopia_march_2024-final_28.04.2024.pdf

„The humanitarian needs in Northern Ethiopia have been further exacerbated by the outbreak of hostilities between the Government of Ethiopia and armed elements in the Amhara region, since April 2023 and then again August 2023. A six- month state of emergency was declared on 4 August 2023 and renewed in February 2024 for four months, allowing the Government security forces to take various measures of control against its citizens, including to restrict their rights to freedom of movement, expression, and assembly, and to carry out searches and arrests. Climate shocks have further affected people in Amhara, in particular drought-like conditions in Eastern Amhara, which also extended to Southern Tigray, and an additional complicating factor has sometimes been the lack of access for humanitarian actors due to the security situation.“ (GPC, 2. Mai 2024, S. 3)

Gender-based violence (GBV) remains a key concern in communities affected by displacement due to conflict, drought, and floods, but also among those who are affected but not displaced. The extent of GBV in Ethiopia remains unknown, partly due underreporting. […] Humanitarian shocks exacerbate the incidence of GBV, undermine the rule of law, and heighten the vulnerabilities of women and girls to violence. […] People who live in areas that remain exposed to conflict and presence of armed actors are especially at risk of GBV, as well as displaced women and children […] Also, in Amhara region GBV incidents have increased at an alarming rate […]” (GPC, 2. Mai 2024, S. 10)

Human Rights Watch (HRW) ist eine internationale Nichtregierungsorganisation mit Sitz in New York City, die sich für den weltweiten Schutz der Menschenrechte einsetzt.

·      HRW - Human Rights Watch: Ethiopia: Military Executes Dozens in Amhara Region, 4. April 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2107496.html

„The Ethiopian military summarily executed several dozen civilians and committed other war crimes on January 29, 2024, in the town of Merawi in Ethiopia’s northwestern Amhara region, Human Rights Watch said today. The incident was among the deadliest for civilians during the fighting between Ethiopian federal forces and Fano militia since the outbreak of fighting in Amhara in August 2023.“ (HRW, 4. April 2024)

·      HRW - Human Rights Watch: Ethiopia: Army Attacks Health Care in Amhara Conflict, 3. Juli 2024
https://www.hrw.org/news/2024/07/03/ethiopia-army-attacks-health-care-amhara-conflict

„Ethiopian security forces have committed widespread attacks amounting to war crimes against medical professionals, patients, and health facilities in the Amhara region.” (HRW, 3. Juli 2024)

Das Hohe Kommissariat der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) ist eine Abteilung des Sekretariats der Vereinten Nationen mit dem Auftrag, Menschenrechte zu fördern und zu schützen sowie Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.

·      OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights: Update on the human rights situation in Ethiopia, Juni 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2111158/OHCHR-Update-HR-situation-in-Ethiopia-in-2023.pdf

„Violent fighting between Government forces (ENDF [Ethiopian National Defense Force], Amhara Regional Police, which included the Amhara Special Forces, and the state affiliated militia in Amhara, known as ‘the Militia’) and Fano militia leading to human rights violations and abuses, especially from July 2023 to January 2024, remained a major concern in Amhara. […]

30. In 2023, a total of 179 incidents of human rights violations and abuses were documented in Amhara with 3,163 victims (1,099 men, 89 women, 1,975 unknown). During the SoE [state of emergency] alone, from August 2023 to January 2024, 107 incidents of human rights violations and abuses and violations of international humanitarian law with 2,424 victims (689 men, 71 women, and 1,664 whose gender could not be determined) were documented.

31. The major perpetrators were the ENDF, Amhara Regional Police and state affiliated militias. Besides Unmanned Aerial Vehicles (UAVs), Government forces used heavy artillery weapons that damaged homes and properties, while Fano resorted to gunshot and grenade attacks. OHCHR documented cases of extrajudicial killings, as well as attacks against civilians and civilian objects, resulting in heavy casualties. Additionally, the state of emergency declared in August 2023 suspended judicial review of detentions, leading to widespread arbitrary arrests not only in Amhara but also in other parts of the country.

32. In total, Government forces (ENDF and Amhara Regional Police supported by state affiliated militias) were allegedly responsible for the majority of the incidents (150 out of 179) and 2,829 victims (820 men, 74 women, and 1,935 whose gender could not be determined). The ENDF alone was responsible for 86 of the incidents perpetrated by all Government forces, in which 2,559 victims (578 men, 63 women, 1,918 gender unknown) were affected. Fano was allegedly responsible for at least nine incidents of human rights abuses with 52 victims (36 men, 16 unknown gender), and other non-state actors were allegedly responsible for nine incidents, while the remaining incidents could not be attributed.

33. The use of UAVs [Unmanned Aerial Vehicles] by the ENDF/Ethiopian Airforce resulted in numerous civilian casualties, with 18 recorded UAV strikes that caused 248 civilian deaths and injured 55 between 4 August and 31 December 2023, and destroyed vital facilities, for example schools and hospitals, as well as private homes, raising concerns about the extent of compliance of these strikes with international law. Strikes continued to cause civilian suffering in 2024, with one UAV attack registered in January which resulted in 16 civilians killed. Also, the Fano attacks, and the operations carried out by state armed forces with summary executions in and shelling of civilian-inhabited areas in response between August 2023 and January 2024, spread fear amongst the population and claimed many lives.

34. The ENDF and Government security forces were involved in violations of international humanitarian law, including extrajudicial and arbitrary executions, airstrikes with UAVs and heavy artillery against civilians; injury of civilians; rape/conflict-related sexual violence; attacks on and destruction of civilian objects; attacks against medical personnel; attacks against religious sites; arbitrary arrests; torture or ill-treatment; and the use of schools for military purposes. More recently, on 29 January 2024, at least 89 civilians were reportedly executed by Government forces in Merawi town (34 km from Bahir Dar), Mecha district, North Gojjam Zone. The incident reportedly followed an attack by the Fano on an ENDF military camp. No action is known to have been taken by the authorities to investigate this incident.

35. At least 39 schools were allegedly occupied and used by ENDF,14 and three attacks on schools by unidentified armed actors were registered. One example was an incident on 15 December 2023, during which at least three teachers were reportedly abducted from Dembecha Senior Secondary School, in Dembecha town, West Gojjam Zone, Amhara region. At least 4,178 schools remained closed by January 2024 due to the conflict and as a result, about 2.6 million students and children across Amhara are out of school.

36. The Fano militia was responsible for killings of civilians, abuses of the right to physical integrity, attacks on and destruction of civilian objects; attacks against medical personnel; attacks against ambulances; and arbitrary arrests. Fano attacks targeted mainly Government forces and personnel. Fano also reportedly occupied and used many schools in some locations in Amhara region for military purposes.“ (OHCHR, Juni 2024, S. 9-10)

Safeguarding Health in Conflict Coalition ist eine Gruppe internationaler Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Schutz des Gesundheitspersonals, der Gesundheitsdienste und der Infrastruktur einsetzt. Insecurity Insight erforscht Bedrohungen, denen Menschen ausgesetzt sind, die in gefährlichen Umgebungen leben und arbeiten. Die Datenerhebungs- und Analysemethoden der Organisation liefern Erkenntnisse, die für Entwicklungshelfer·innen, Hilfsorganisationen und alle, die sich mit dem Schutz von Gesundheitspersonal, Pädagog·innen, Binnenvertriebenen und Flüchtlingen befassen, relevant sind.

·      Safeguarding Health in Conflict Coalition & Insecurity Insight: Critical Condition: Violence Against Health Care In Conflict 2023, 24. Juni 2024
https://shcc.pub/2023CriticalCondition

Amhara Region At least six incidents of violence against or obstruction of health care were recorded in Amhara in 2023, compared to three in 2022. Health facilities were raided and burned down, ambulances damaged, health workers threatened and injured, and medical supplies looted. Three of the six incidents were attributed to ENDF forces who, as well as perpetrating the November drone strike, shot and injured a health worker and arrested other health workers at Tibebe Ghion Specialized Hospital in October after accusing them of having ties to Fano militia. Later that month, ENDF soldiers raided the hospital and opened fire on staff before dragging six patients from their beds and executing them. Fano militia stole the previously mentioned medical supplies, and Amhara regional special police forces and local militia burned down a health center, a mosque, and homes in Jilye Tumuga woreda. Unidentified perpetrators shot at an Ethiopian Red Cross ambulance that was transporting a pregnant woman to a health facility, wounding an ambulance driver and a midwife.” (Safeguarding Health in Conflict Coalition & Insecurity Insight, 24. Juni 2024, S. 47)

UN News ist das offizielle Nachrichtenportal der Vereinten Nationen.

·      UN News: UN warns of heightened risk of genocide and atrocity crimes in Ethiopia, 10. Oktober 2023
https://news.un.org/en/story/2023/10/1142142

„Following reports of continued fighting between government troops and local militias in Ethiopia, the UN Special Adviser on the Prevention of Genocide is sounding the alarm about the heightened risk of genocide and related atrocity crimes in the Tigray, Amhara, Afar and Oromi regions.” (UN News, 10. Oktober 2023)

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN Security Council) ist dafür verantwortlich, Frieden und internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten. Der UN Security Council veröffentlicht regelmäßig Berichte über seine internationalen Missionen und weltweiten Entwicklungen, die Politik, Sicherheit, Menschenreche etc. betreffen.

·      UN Security Council: Conflict-related sexual violence; Report of the Secretary-General [S/2024/292], 4. April 2024
https://www.ecoi.net/en/file/local/2110409/n2406241.pdf

„While the Agreement for Lasting Peace through a Permanent Cessation of Hostilities signed by the Government of Ethiopia and the Tigray People’s Liberation Front in 2022 ended fighting in the Tigray region, reports of sexual violence persisted. Other regions of the country were marked by escalating hostilities, such as in Amhara, where the Federal Government declared a state of emergency. Against this backdrop, provisions of the Agreement for Lasting Peace relating to sexual violence, territorial integrity and transitional justice were partially implemented or remained outstanding. All parties to the conflict, including members of the Ethiopian National Defence Forces, the Eritrean Defence Forces, the Amhara Special Forces and militia, and the Tigrayan forces, have reportedly been implicated in acts of conflict-related sexual violence […]

In 2023, the United Nations verified cases of conflict-related sexual violence, including rape and gang rape, affecting 795 women, 36 girls, 3 men and 1 boy. Of that total, 454 cases took place in 2022. In addition, humanitarian service providers registered cases affecting 370 women and 192 girls, the majority of which took place in 2022. Survivors faced unwanted pregnancy and HIV infections resulting from rape, amid reports of an increase in suicidal ideation. Members of non-State armed groups, such as the Oromo Liberation Army/Oromo Liberation Front-Shene, Tigrayan forces, and the Fano/Amhara militia in the Afar, Amhara and Oromia regions were implicated. A number of cases were attributed to the Eritrean Defence Forces. The Ethiopian National Defence Forces were also implicated, in addition to the Amhara regional police and the Oromia Special Forces. […] In Amhara region, some one-stop centres were either closed or operating below capacity owing to limited access to essential supplies, such as post-rape kits. Female health workers were allegedly subjected to sexual assault, while women human rights defenders were threatened, including online.” (UN Security Council, 4. April 2024, S. 26-27)

Das US Department of State (USDOS) ist das US-Außenministerium.

·      USDOS - US Department of State: 2023 Country Report on Human Rights Practices: Ethiopia, 23. April 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2107690.html

„Rape and Domestic Violence: The law criminalized rape and provided for a penalty of five to 20 years’ imprisonment if convicted, depending on the severity of the case. The law did not expressly address spousal rape. The government did not fully enforce the law. The law generally covered violence against a marriage partner or a person cohabiting in an irregular union without specifically mentioning spousal rape. Some judges interpreted this article to cover spousal rape cases, but others overlooked such cases.

International and local human rights organizations reported alarming levels of rape and sexual violence by all parties in the context of the conflict in the northern part of the country and the continued armed conflicts across different parts of the country. […]

On January 8, seven local civil society organizations working on human rights reported increased gender-based violence throughout 2022, including physical assault, murder, and other forms of sexual violence against women. The organizations cited research commissioned by the EWLA [Ethiopian Women Lawyers Association] that counted approximately 47 cases of murder and attempted murder, 32 cases of rape, and 158 physical assault crimes against women across different regions in 2022. The EWLA stated it had provided free legal support services to more than 13,000 women including victims of domestic violence within a year.

Domestic violence was illegal, but government enforcement of the law was inconsistent. Depending on the severity of injuries inflicted, penalties for conviction ranged from small monetary fines to 15 years’ imprisonment. Domestic violence, including spousal abuse, was a pervasive social problem. According to the 2016 Demographic and Health Survey, 34 percent of married women and girls between ages 15 and 49 had experienced physical, sexual, or emotional violence from spouses.

Female Genital Mutilation/Cutting (FGM/C): The law criminalized the practice of clitoridectomy and provided for three months’ imprisonment or a monetary fine if convicted. Conviction of infibulation of the genitals (the most extreme and dangerous form of FGM/C) was punishable by five to 10 years’ imprisonment.

According to research by authors from the Amhara Public Health Institute and Bahir Dar University, published in 2021, the prevalence of FGM/C among girls from birth to age 14 was 18.6 percent, representing a decline compared with 24 percent reported in the Ethiopia Demographic and Health Survey conducted in 2005. The research also indicated FGM/C was still widely practiced across communities (16 percent among girls younger than age 14, and 65 percent among girls and women ages 15 to 49). The country was home to 25 million circumcised women and girls.

Other Forms of Gender-based Violence or Harassment: Marriage by abduction was illegal, although it reportedly continued in some regions despite the government’s attempts to combat the practice. Abductions reportedly led to fighting among families, communities, and ethnic groups. In cases of abduction, the perpetrator did not face punishment if the survivor agreed to marry the perpetrator. The practice of forced marriage as a remedy for rape continued, although rape and forced marriage were illegal. These crimes were difficult to prosecute since they were usually settled outside courts of law. Some communities reportedly forced rapists to marry the survivor to protect her family’s reputation. Rapists who married survivors escaped punishment and could also benefit from a lowered bride price demanded by the survivor’s family. During the year, rights groups reported abductions were most common in Sidama Region.

Reports of sexual harassment were widespread. The law prescribed penalties of 18 to 24 months’ imprisonment, but authorities generally did not enforce the law. The EHRC [Ethiopian Human Rights Commission] reported a wide range of factors that exacerbated sexual harassment, including conflict, drought, increased IDP populations, and inadequate working conditions for women in industrial parks.

Discrimination: The law provided for equal rights for women and men, both of whom had the same rights entering marriage, during marriage, and at the time of divorce. Discrimination against women was widespread. It was most acute in rural areas, where an estimated 80 percent of the population lived. Traditional courts applied customary patriarchal law in economic and social relationships.

All federal and regional land laws empowered women to access government land. Inheritance laws enabled widows to inherit joint property acquired during marriage; however, enforcement of both legal provisions was uneven.

Women’s access to gainful employment, credit, and the opportunity to own or manage a business was limited by fewer educational opportunities and by legal restrictions on women’s employment. These restrictions included limitations on working in occupations deemed dangerous and in specific industries such as mining and agriculture. There were several initiatives aimed at increasing women’s access to these critical economic empowerment tools.

Reproductive Rights: There were no reports of coerced abortion or involuntary sterilization on the part of government authorities.

The constitution protected the rights of women to access family planning resources and safeguard their health during pregnancy and childbirth. Social and cultural barriers limited women’s access to reproductive health services. According to the 2016 Demographic and Health Survey, 85 percent of married or in-union women in the country made decisions on their health care; 94 percent had autonomy in deciding to use contraception; but only 53 percent could refuse to have sex with their partners, and the law did not protect this right. Overall, only 45 percent of married or in-union women ages 15 to 49 made their own decisions in all three key areas of sexual and reproductive health and rights: deciding on their own health care, deciding on the use of contraception, and saying no to sex, according to the report. […]

Skilled health personnel attended 48 percent of births, according to 2019 EMDHS [Ethiopia Mini Demographic and Health Survey] data. Although the government provided free maternal and child health services, problems related to resource constraints and poor transportation in remote areas persisted for women in accessing skilled health attendance during pregnancy and childbirth. Lack of skilled health attendance during pregnancy correlated with the country’s high maternal mortality rate – 401 deaths per 100,000 live births according to 2017 World Health Organization data. Major causes of maternal mortality included hemorrhage, obstructed labor/ruptured uterus, pregnancy-induced hypertension, sepsis, and unsafe abortion. […]

Systemic Racial Or Ethnic Violence And Discrimination […] In August the government imposed a state of emergency, under which thousands of individuals were arbitrarily detained, many allegedly targeted on the basis of their Amhara ethnicity.” (USDOS, 23. April 2024, Section 6)

·      USDOS - US Department of State: 2024 Trafficking in Persons Report: Ethiopia, 24. Juni 2024
https://www.ecoi.net/de/dokument/2111666.html

„Reports indicate armed actors, including Eritrean forces, regional Ethiopian forces, the Ethiopian National Defense Force (ENDF), and the Tigray People’s Liberation Front (TPLF), committed human rights abuses and GBV, including potential trafficking crimes, against women and girls in Tigray, Amhara, and Afar between the beginning of the conflict in northern Ethiopia in November 2020 and the signing of the Cessation of Hostilities Agreement (COHA) between the government and the TPLF in November 2022.“ (USDOS, 24. Juni 2024)



[1] UN News berichtet im Oktober 2023, dass die UN-Sonderberaterin für die Verhütung von Völkermord ebenfalls vor der „erhöhten Gefahr von Völkermord und damit verbundenen Gräueltaten“ in verschiedenen Regionen Äthiopiens, darunter Amhara, gewarnt habe (UN News, 10. Oktober 2023).

[2] Laut APA News sei der Ausnahmezustand verhängt bzw. verlängert worden, um die „Fano-Kräfte“ in der Region zu entwaffnen. Der Ausnahmezustand sei Anfang Juni 2024 ausgelaufen und vom Parlament nicht verlängert worden. Die Fano-Kräfte seien jedoch weiterhin in fast allen Teilen der Amhara-Region aktiv, auch in Gebieten nahe der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba (APA News, 7. Juni 2024).

[3] Zu den Regierungstruppen werden die äthiopischen Streitkräfte [Ethiopian National Defense Force, ENDF], die Regionalpolizei von Amhara, zu der auch die Amhara-Spezialkräfte gehören, und die dem Staat angegliederten Milizen in Amhara, die als „die Miliz“ bekannt seien, gezählt (OHCHR, Juni 2024, S. 9).

[4] Detaillierte Informationen dazu finden sich in folgendem von HRW im Juli 2024 veröffentlichten Bericht: HRW: “If the Soldier Dies, It’s on You”; Attacks on Medical Care in Ethiopia’s Amhara Conflict, Juli 2024, https://www.hrw.org/sites/default/files/media_2024/07/ethiopia0724web.pdf