Document #2103661
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Author)
9. November 2023
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History of Kurd, eine von Erbil aus betriebene Plattform, die sich auf die Geschichte der Kurd·innen spezialisiert, veröffentlich auf ihrer Facebookseite im August 2021 einen Beitrag über die Geschichte des Gerdi-Stammes. Der Gerdi-Stamm sei einer der größten und berühmtesten kurdischen Stämme. Der Stamm stamme ursprünglich aus Nordkurdistan, sei jedoch mittlerweile in allen Teilen der kurdischen Gebiete vertreten und einer der am weitesten verbreiteten kurdischen Stämme. Es gebe mehrere Theorien über die Herkunft des Namens des Stammes. Es sei nicht bekannt, wann genau der Stamm entstanden sei und seit wann er Gerdi genannt werde. Aufgrund der Größe des Stammes und der Ausdehnung des Stammesgebietes, gebe es eine Vielzahl von Stämmen, die ihre eigenen Namen hätten, jedoch zum Gerdi-Stamm gehören würden, wie zum Beispiel die Stämme Mirawandali, Babani, Agedat, Faizullah Beg, Gargari und Guli. Mitglieder des Stammes seien in vielen Ländern der Welt ansässig, von Pakistan, bis Jordanien, Armenien, Aserbaidschan und Berg-Karabach. Aufgrund der Größe des Stammes würden Stammesmitglieder unterschiedliche kurdische Dialekte sprechen. Auch in den Dörfern um Mossul seien Mitglieder des Gerdi-Stammes ansässig. Sie würden Arabisch sprechen. Die meisten Stammesmitglieder seien Sunnit·innen. Es würden jedoch auch Jesid·innen, Kaka’i und Schiit·innen zum Stamm gehören. Der Gerdi-Stamm habe eine bedeutende Rolle innerhalb der kurdischen Revolutionen gespielt. In der Vergangenheit sei die Hauptstadt der Gerdis das Dorf Bahrka in der Provinz Erbil gewesen. Der Stamm habe mehrmals im Laufe der Geschichte die Christ·innen Kurdistans verteidigt, beispielsweise während des Völkermords an den Armenier·innen durch die Osmanen, sowie bei Plünderungen in Ankawa. Der Stamm habe sich gegen das Osmanische Reich sowie gegen Großbritannien gestellt. Während des ersten Weltkriegs hätten sich einige Mitglieder des Stammes gegen Russland aufgelehnt. Es gebe viele berühmte Stammesführer des Gerdi Stammes in Südkurdistan (Region Kurdistan Irak, Anmerkung ACCORD), darunter Scheich Mohammed Agha, Kakal Agha, Jamil Agha, Majid Agha, Ababakr Agha, Qadir Agha und Hassan Agha. Zum Zeitpunkt des Verfassens des Beitrags sei Warya Agha, Sohn von Bayaz Agha, der oberste Stammesführer gewesen. In der Vergangenheit habe sich die Wahl der Stammesführer des Gerdi-Stammes von der Wahl anderer Stämme unterschieden, da die Stammesführer auf halbdemokratische Weise gewählt worden seien. Der Stamm der Gerdi besitze mehr Agrarland als jeder andere Stamm und die Mitglieder würden sich ihren Lebensunterhalt durch Landwirtschaft und Viehzucht sichern. Ihr Zentrum sei die Provinz Erbil. Es gebe auch religiöse Gelehrte unter den Mitgliedern. Obwohl die Mitglieder des Stammes in allen Teilen der kurdischen Gebiete verstreut seien, bestehe weiterhin eine soziale und verwandtschaftliche Bindung. Der Gerdi-Stamm sei in mehrere Stämme unterteilt, darunter die Hamok, Sar Rash, Gerdi Sarw und Gerdi Khawaru. (History of Kurd, 4. August 2021).
Daily Sabah berichtet im September 2015, dass sich der Stamm der Gerdi auf Seiten der türkischen Regierung und der kurdischen Regionalregierung (Kurdistan Regional Government, KRG) gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gestellt habe. Der Stamm habe 25.000 Mitglieder in Derecik (Hakkâri, Türkei) und den umliegenden Dörfern, sowie 40.000 im Nordirak (Daily Sabah, 9. September 2015).
Eine privat betriebene Webseite, auf der unter anderem Forumseinträge über unterschiedliche Stämme der arabischen Welt veröffentlicht werden, teilt im Dezember 2020 einen Beitrag über die „Geschichte der Kurd·innen“, laut dem der Stamm der Gerdi in der Provinz Erbil vertreten sei (Al Hawara Forum, 7. Dezember 2020).
Der aus Ankawa (Erbil) sendende englischsprachige Radiosender, Babylon FM, veröffentlicht in einem Facebook-Beitrag vom November 2021 eine als „CIA-Karte der 1950er Jahre zu Stämmen in der Region Kurdistan“ betitelte Karte. Sie zeigt den Stamm Gerdi („Girdi“) als nördlich und östlich der Stadt Erbil ansässig (Babylon FM, 3. November 2021).
eKurds, eine Webseite, die Beiträge über die unterschiedlichen Siedlungsgebiete und die Geschichte der Kurd·innen veröffentlicht, veröffentlicht einen undatierten Beitrag über das Dorf Bahrka, zehn Kilometer nördlich von Erbil. Der Gerdi-Stamm sei von Nordkurdistan (kurdisches Gebiet in der Türkei, Anmerkung ACCORD) in den Süden gezogen und habe sich in Bahrka und Koya niedergelassen. In den vergangenen zwei Jahrhunderten hätten die Stammesführer und Ältesten des Gerdi-Stammes von Bahrka aus das Gebiet regiert. Ein berühmter Führer des Stammes sei Kakl Agha Gerdi gewesen. Unter ihm sei der Gerdi-Stamm der stärkste Stamm der Region gewesen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beitrags sei Warya Agha Gerdi der oberste Stammesführer gewesen. Ein weiterer Stammesführer sei Ali Abdullah Gerdi (eKurds, ohne Datum).
Die kurdische Regionalregierung (Kurdistan Regional Government, KRG) veröffentlicht im Juni 2015 einen Bericht über eine Fact-Finding-Mission in den Bezirken Makhmour und Gwer (südwestlich von Erbil und momentan Teil der umstrittenen Gebiete zwischen der Zentralregierung des Iraks und der KRG, Anmerkung ACCORD). Als Teil einer Liste lokaler Stammesführer, Scheichs und anderer wichtiger Persönlichkeiten der Region nennt der Bericht Salim Aziz Qadir, Leiter des Unterbezirks Dibaga (südlich der Stadt Erbil, Anmerkung ACCORD) und Stammesführer des Gerdi („Gardi“)-Stammes (KRG, 9. Juni 2015, S. 10).
Al Hiwar Al Mutamaddin veröffentlicht im Februar 2014 einen Beitrag über Christ·innen in der Region Kurdistan. Das christliche Viertel „Ankawa“, nördlich der Stadt Erbil, grenze an Dörfer der Stämme der Gerdi und der Dezaye. Die beiden Stämme hätten in der Vergangenheit eine gute Nachbarschaft mit den Christ·innen gepflegt und ihnen (als Beispiel wird das Osmanische Reich genannt) Schutz geboten (Al Hewar Al Mutamaddin, 27. Februar 2014).
Auf YouTube ist ein von einer Privatperson veröffentlichtes Video über die Geschichte des Gerdi („Gardi“)-Stammes in Kurdisch Sorani zu finden:
· Gardy, Baran: History of the Gardy Tribe, 11. August 2023 (veröffentlicht auf YouTube)
https://www.youtube.com/watch?v=ae1TvIET0y4
Es konnte online eine Vielzahl von Meldungen über Personen mit dem Nachnamen Girdi/Gerdi/Gardi gefunden werden.
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 9. November 2023)
· Al Hawara Forum: Aus der Geschichte der Kurden (Arabisch), 7. Dezember 2020
https://aboeltayb.ahlamontada.net/t4685-topic
· Al Hewar Al Mutamaddin: The Christians in Kurdistan region of Iraq, 27. Februar 2014
https://www.ahewar.org/eng/show.art.asp?aid=1926&r=0
· Babylon FM: A 1950s CIA map of tribes in the Kurdistan Region, 3. November 2021 (veröffentlicht auf Facebook)
https://www.facebook.com/BabylonFM/posts/a-1950s-cia-map-of-tribes-in-the-kurdistan-region-do-you-see-yours/4397795973674393/
· Daily Sabah: Kurdish people unite against terror: Tribe of 65,000 pledge to stand up against PKK, 9. September 2015
https://www.dailysabah.com/politics/2015/09/09/kurdish-people-unite-against-terror-tribe-of-65000-pledge-to-stand-up-against-pkk
· eKurds: Dorf Bahrka (Kurdisch Sorani), ohne Datum
http://www.ekurds.com/kurdish/baharka.htm
· Gardy, Baran: History of the Gardy Tribe, 11. August 2023 (veröffentlicht auf YouTube)
https://www.youtube.com/watch?v=ae1TvIET0y4
· History of Kurd: Lernen Sie die Geschichte des Gardi-Stammes kennen! (Kurdisch Sorani), 4. August 2021 (veröffentlicht auf Facebook)
https://www.facebook.com/historyofkurd/posts/4429588833770170/
· KRG – Kurdistan Regional Government, High Committee to Evaluate and Respond to International Reports: Erbil Governorate (Makhmour and Gwer provinces), 9. Juni 2015
https://govkrd.b-cdn.net/OtherEntities/Office%20of%20the%20Coordinator%20for%20International%20Advocacy/English/Publications/Reports/(17)%20Fact%20Finding%20Committee%20Makhmour%20and%20Gwer%20District-%202018.pdf
Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen
Al Hiwar Al Mutamaddin ist eine arabischsprachige Webseite, die sich selbst als unabhängiges zivilgesellschaftliches Projekt bezeichnet, das sich mit Fragen der Kultur und Medien befasst.
· Al Hewar Al Mutamaddin: The Christians in Kurdistan region of Iraq, 27. Februar 2014
https://www.ahewar.org/eng/show.art.asp?aid=1926&r=0
„It must be noted that the Christian town ‘Ankaw’ as an example, which is located 5 km northern Erbil, always been surrounded by the Kurdish villages and always been protected by the Kurdish tribes as ‘Gardi’ and ‘Dezaye’ as the local church history claimed and also as the Ankawa elders still talk about these two tribes, as good neighbors and good protectors for the local Christians threw the history. The elders and the church history shows that, if it was not for the effort of these two tribes mentioned above, and the effort of a Muslim clerk called ‘mullah effendi’, Ankawa would not be able to survive -or-to exist until today, especially during the struggle of the Ottoman Empire with the Assyrians and the Armenians in southern turkey.“ (Al Hewar Al Mutamaddin, 27. Februar 2014)
Daily Sabah ist eine regierungsnahe englischsprachige Tageszeitung aus der Türkei.
· Daily Sabah: Kurdish people unite against terror: Tribe of 65,000 pledge to stand up against PKK, 9. September 2015
https://www.dailysabah.com/politics/2015/09/09/kurdish-people-unite-against-terror-tribe-of-65000-pledge-to-stand-up-against-pkk
„Around 400 Kurdish people affiliated with the Gerdi Tribe in southeastern Hakkari's Derecik town have come together on Wednesday and announced that they will stand against the terrorist PKK [Arbeiterpartei Kurdistan] and side with the Turkish state in Turkey and the President of the Iraqi Kurdistan Regional Government (KRG), Masoud Barzani in Iraq. […]
‘We believe that the current terrorist incidents damage the people of the region’ Çetinkaya said, who noted that the tribe has 25,000 members in Derecik and its villages, and around 40,000 members in Northern Iraq.
Çetinkaya said that the tribe has decided to come together following the surge of terrorist attacks carried out by the PKK and show their stance.
He underscored that the Gerdi Tribe does not accept the PKK as representatives and recognize the state as the legitimate force in the region.“ (Daily Sabah, 9. September 2015)