Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Bangladesch 2022

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

AMTLICHE BEZEICHNUNG

Volksrepublik Bangladesch

STAATSOBERHAUPT

Mohammad Abdul Hamid

STAATS- UND REGIERUNGSCHEF*IN

Sheikh Hasina Wajed

Stand:
1/2023

Auch 2022 gingen Berichte über schwerwiegende Angriffe auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein. So wandte die Polizei unverhältnismäßige und unnötige Gewalt an, um Proteste zu unterdrücken. Die Rechte von Arbeitnehmer*innen sowie von ethnischen und religiösen Minderheiten waren bedroht. Eine große Herausforderung stellte für Bangladesch weiterhin die Wahrung der Menschenrechte der Rohingya-Flüchtlinge im größten Flüchtlingslager der Welt dar.

Hintergrund

Im August 2022 stattete die damalige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, Bangladesch einen offiziellen Besuch ab. Damit war sie die erste Person in diesem Amt, die das Land besuchte. Anschließend brachte sie mehrere Menschenrechtsprobleme zur Sprache. Unter anderem äußerte sie ihre Besorgnis über die "Verengung des Handlungsspielraums für zivilgesellschaftliches Engagement sowie die zunehmende Überwachung, Einschüchterung und Anwendung von Repressalien, die häufig zu Selbstzensur führen".

Recht auf freie Meinungsäußerung

Das Recht auf freie Meinungsäußerung blieb weiterhin eingeschränkt. Berichten zufolge waren in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 mindestens 179 Journalist*innen Schikanen oder Repressalien ausgesetzt. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um Übergriffe bei der Ausübung ihrer Tätigkeit oder um Klagen, die im Zusammenhang mit von ihnen veröffentlichten Artikeln eingereicht wurden.

Das drakonische Gesetz über digitale Sicherheit (Digital Security Act DSA) wurde 2022 wiederholt benutzt, um abweichende Meinungen und Kritik an der Regierung zu unterdrücken. Laut einem Bericht der Menschenrechtsgruppe Ain o Salish Kendra (ASK) wurden im Laufe des Jahres allein bei den Cyber-Tribunalen in Dhaka, Rajshahi und Chittagong 2.249 Klagen auf Grundlage des DSA eingereicht. Die internationale Menschenrechtsorganisation Article 19 dokumentierte zwischen Januar und November Medienberichte über 114 Klagen unter dem DSA und stellte fest, dass die überwiegende Mehrheit (78 Fälle) mit Beiträgen in den Sozialen Medien zusammenhing. Die Organisation stellte überdies fest, dass in 46 der 114 Fälle die Vorwürfe von Personen erhoben worden waren, die mit der Regierungspartei in Verbindung standen.

Eine ehemalige Abgeordnete der politischen Partei Awami-Liga und ihre Tochter reichten getrennt voneinander Klage gegen Fazle Elahi, Herausgeber einer Lokalzeitung in den Chittagong Hill Tracts, ein. Sie beriefen sich dabei auf Bestimmungen des DSA über Verleumdung und die Veröffentlichung beleidigender, falscher oder gefährlicher Informationen. Die Klage führte im Juni zur Festnahme des Journalisten. Fazle Elahi hatte einen Artikel veröffentlicht, in dem er über mutmaßliche Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit einer von der Abgeordneten und ihrer Tochter gepachteten staatlichen Immobilie berichtete.

Im August 2022 reichte der Vizepräsident der Awami-Liga im Bezirk Rangpur auf Grundlage des DSA Klage gegen die Online-Nachrichtenwebsite Netra News ein. Die Klage bezog sich auf einen von Netra News veröffentlichten Enthüllungsbericht, der anhand von Satellitenbildern die Existenz geheimer Gefängnisse nachwies. Die Gefängnisse werden laut diesem Bericht von der Generaldirektion des Geheimdiensts der Streitkräfte (DGFI), dem wichtigsten militärischen Nachrichtendienst des Staates, betrieben, um Personen verschwinden zu lassen, die der "Verbreitung von Propaganda" beschuldigt werden. Die Klage richtete sich auch gegen einen ehemaligen Insassen des geheimen Gefängnissystems, der Netra News über seine Erfahrungen informiert hatte.

Die Behörden versuchten auch, die Meinungsfreiheit von NGOs einzuschränken. Die dem Büro des Premierministers unterstellte Regulierungsbehörde für NGOs lehnte den Antrag auf Verlängerung der Registrierung der Menschenrechtsorganisation Odhikar mit der Begründung ab, dass sie "irreführende Informationen" über außergerichtliche Tötungen, Fälle des Verschwindenlassens und Morde veröffentlicht und damit das "Image" von Bangladesch weltweit "beschädigt" habe.

Auch die Meinungsfreiheit von Einzelpersonen war bedroht. Im März 2022 wurde ein Lehrer im Bezirk Munshiganj wegen "Verletzung religiöser Gefühle" festgenommen. Der Sekretär einer Schule hatte eine Beschwerde gegen den Lehrer vorgebracht, nachdem dieser im Unterricht über den Unterschied zwischen Wissenschaft und Religion gesprochen hatte. Als der Lehrer nach 19 Tagen wieder freigelassen wurde, erklärte er in den Medien, dass er glaube, wegen interner Konflikte in der Schule "angeschwärzt" worden zu sein.

Der Entwurf des Datenschutzgesetzes (Data Protection Act) beinhaltete neue Einschränkungen der Meinungsfreiheit und Bedrohungen für das Recht auf Privatsphäre. Weit gefasste Ausnahmeregelungen in dem Gesetz würden die Behörden dazu befugen, ohne richterliche Prüfung auf die personenbezogenen Daten von Einzelpersonen und Institutionen zuzugreifen.

Recht auf Versammlungsfreiheit

Die Polizei schlug im Laufe des Jahres mehrere Proteste nieder. Im Januar 2022 kam es in Sylhet zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Hunderten Studierenden einer staatlichen Universität, die den Rücktritt des Rektors der Universität forderten. Dieser hatte zuvor einen Polizeieinsatz gegen eine von Studierenden organisierte Blockade des Universitätsgeländes veranlasst. Berichten zufolge setzte die Polizei Schlagstöcke, Blendgranaten und Gummigeschosse gegen die Studierenden ein, von denen mehrere Verletzungen erlitten. Gegen 200 Studierende wurde zudem Klage erhoben.

Im Februar 2022 setzte die Polizei scharfe Munition und Tränengas ein, um Arbeitnehmer*innen auseinanderzutreiben, die gegen die Schließung einer Textilfabrik protestierten. Im März ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstrierende politisch linksgerichteter Organisationen vor, die gegen steigende Preise für grundlegende Dienstleistungen und Waren des täglichen Bedarfs protestierten. Im Juni unterdrückte die Polizei Proteste von Beschäftigten mehrerer Textilfabriken in der Hauptstadt Dhaka. Die Arbeiter*innen forderten aufgrund der steigenden Inflation eine Erhöhung des im Jahr 2018 festgelegten nationalen monatlichen Mindestlohns von 8.000 Taka (etwa 69 Euro). Im Juli nahm die Polizei 108 junge Männer in einem Gemeindezentrum in Chuadanga unter dem Vorwurf fest, sich bei einem Online-Gaming-Wettbewerb an "schädlichen und süchtig machenden" Spielen beteiligt zu haben.

Im Dezember 2022 kam es in Dhaka vor dem Hauptsitz der größten Oppositionspartei Bangladesh Nationalist Party (BNP) zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen der Polizei und Aktivist*innen und Anhänger*innen der Partei. Die BNP hatte kurz zuvor ihren Plan für eine politische Kundgebung angekündigt, bei der sie den Rücktritt der Regierungspartei fordern wollte, sodass eine neutrale Übergangsregierung die bevorstehenden Wahlen im Jahr 2023 überwachen könnte. Ein Mann starb an einer Schusswunde, und mindestens 60 weitere wurden verletzt, nachdem die Polizei das Feuer auf Tausende Demonstrierende eröffnet hatte. In der ersten Dezemberhälfte nahm die Polizei landesweit 23.968 Personen fest, darunter mindestens mehrere Hundert führende Vertreter*innen und Aktivist*innen der Opposition.

Folter und andere Misshandlungen

Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen in Gewahrsam waren auch 2022 an der Tagesordnung. Nach Schätzungen von Odhikar und der Menschenrechtsgruppe ASK gab es in den ersten neun Monaten des Jahres 54 mutmaßliche Todesfälle in Gewahrsam. ASK berichtete, dass 34 der Personen, die in Gewahrsam gestorben sein sollen, inhaftiert waren, während ihre Fälle noch vor Gericht verhandelt wurden.

Es gab zahlreiche Berichte über einen wegen Diebstahls angeklagten Mann namens Sumon Sheikh, der in Polizeigewahrsam starb. Die Polizei gab an, dass er sich erhängt habe. Seine Frau, Zannat Akhter, gab jedoch an, er sei zu Tode geprügelt worden, weil die Familie nicht in der Lage gewesen sei, die von der Polizei nach seiner Festnahme geforderte Summe zu zahlen. Zannat Akhter erklärte gegenüber den Medien: "[Die] Polizei verlangte 500.000 Taka [etwa 4.320 Euro] von uns, nachdem sie meinen Mann festgenommen hatte. Sie töteten ihn, weil wir das Geld nicht bezahlen konnten. Allah wird die Leute richten, die meinen Jungen zu einem Waisenkind gemacht haben."

Außergerichtliche Hinrichtungen und Verschwindenlassen

Die in den vergangenen zehn Jahren verzeichnete hohe Anzahl von außergerichtlichen Hinrichtungen und Fällen des Verschwindenlassens rief sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene Kritik hervor. So äußerten sich auch UN-Menschenrechtsmechanismen wie der Ausschuss gegen Folter diesbezüglich besorgt. Während ihres Besuchs in Bangladesch forderte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte die Regierung auf, das Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen zu ratifizieren.

Nach Schätzungen von Odhikar wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 mindestens 25 Menschen außergerichtlich hingerichtet und 16 Personen Opfer des Verschwindenlassens. Zwar bedeutete dies einen deutlichen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, das Ausmaß derartiger schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen blieb jedoch trotz der von den USA im Dezember 2021 gegen die Polizei von Bangladesch verhängten Sanktionen weiterhin bedenklich. In einer investigativen Reportage von Netra News wurden Details und Satellitenbilder von Aynaghar, einer vom DGFI betriebenen geheimen Hafteinrichtung für Opfer des Verschwindenlassens im Zentrum von Dhaka, veröffentlicht. Ehemalige Häftlinge berichteten über grausame, unmenschliche und erniedrigende Haftbedingungen in der Einrichtung. So liefen in den fensterlosen Zellen fast ständig große Ventilatoren, die alle anderen Geräusche übertönten.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Nach Schätzungen der ASK wurden 2022 mindestens 936 Frauen und Mädchen vergewaltigt und 292 Frauen von ihren Ehemännern oder anderen Familienmitgliedern ermordet. Als Grundlage für diese Schätzungen nutzte die ASK hauptsächlich Berichte aus neun Zeitungen. Diese Zahlen waren zwar niedriger als die von der ASK im Jahr 2021 erfassten, dennoch herrschte weiterhin eine Kultur der Straflosigkeit für geschlechtsspezifische Gewalt. Das Fehlen offizieller Daten über Gewalt gegen Frauen und Mädchen erschwerte die Einschätzung des wahren Ausmaßes derartiger Straftaten zusätzlich.

Berichten zufolge wurde eine Studentin der Universität von Chittagong auf dem Campus von fünf Männern, die Verbindungen zum Studierendenflügel der Regierungspartei (Bangladesh Chhatra League – BCL) haben sollen, nackt ausgezogen und sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Obwohl die Männer drohten, eine Videoaufnahme des Übergriffs zu veröffentlichen, sofern die Studentin den Vorfall melden würde, erstattete die Frau Anzeige bei der Polizei und der Universität. Nach einer Untersuchung des Falls wurden fünf junge Männer festgenommen. Mindestens zwei von ihnen waren aktive Mitglieder der BCL und studierten an der Universität von Chittagong. Sie wurden der Universität verwiesen, nachdem zahlreiche Kommiliton*innen mit Menschenketten gegen die Untätigkeit der Behörden protestiert hatten.

Nach anhaltendem Druck von Frauenrechtsgruppen verabschiedete das Parlament einen Änderungsentwurf zum Beweisgesetz (Evidence Act) von 1872. Mit dem Entwurf wurde Paragraf 155(4) aufgehoben, der es Rechtsbeiständen der Verteidigung erlaubte, Frauen, die Anzeige wegen Vergewaltigung erstatteten, Fragen zu ihrer vermeintlichen Moral und ihrem Charakter zu stellen. Die Koalition für eine Reform des Vergewaltigungsgesetzes (Rape Law Reform Coalition) kritisierte den Gesetzentwurf jedoch wegen entscheidender Auslassungen und Unklarheiten, die trotz Aufhebung von Paragraf 155(4) zu einer Schuldumkehr vor Gericht führen könnten.

Arbeitnehmer*innenrechte

Trotz institutioneller Reformen und anderer Änderungen, die nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza im Jahr 2013 umgesetzt worden waren, lag eine umfassende Sicherheit von Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz nach wie vor in weiter Ferne. Nach Schätzungen der Gesellschaft für Sicherheit und Rechte (Safety and Rights Society) kamen in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 mindestens 333 Beschäftigte bei 241 Arbeitsunfällen ums Leben. 2021 waren es im gleichen Zeitraum 306 Todesfälle gewesen.

Im Juni 2022 wurden bei einem Brand im Warenlager BM Container Depot mindestens 49 Arbeiter*innen getötet und 250 weitere verletzt. Neben einer Reihe anderer Verstöße gegen Vorschriften stellte die Sprengstoffbehörde (Department of Explosives) fest, dass für die Lagerung von Wasserstoffperoxid, das die Explosion verursacht haben könnte, keine Genehmigung vorgelegen hatte. Einige der überlebenden Arbeiter*innen berichteten der Zeitung Prothom Alo, dass ein Ausgangstor verschlossen und somit der Fluchtweg versperrt gewesen sei. Auch bei einem Brand in der Lebensmittelfabrik Hashem Foods knapp ein Jahr zuvor und bei dem Brand in der Textilfabrik Tazreen Fashions im Jahr 2012 waren Arbeiter*innen ums Leben gekommen, weil Fluchtwege verschlossen waren. Im Parlament verurteilte ein Abgeordneter der Oppositionspartei die Untätigkeit der Regierung in Bezug auf die Eigentümer*innen des Warenlagers BM Container Depot, die Verbindungen zur Awami-Liga in Chattogram-Süd hatten.

Die Häufigkeit der Arbeitsunfälle verdeutlichte, dass die Regierung weiterhin bei ihrer Aufgabe versagte, die Einhaltung der arbeits- und baurechtlichen Schutzmaßnahmen für die Sicherheit am Arbeitsplatz durch die Arbeitgeber*innen zu überwachen und sicherzustellen.

Im August 2022 begannen mehr als 150.000 Arbeiter*innen, die in 168 Teeplantagen in ganz Bangladesch beschäftigt waren, einen unbefristeten Streik, um eine Erhöhung ihres täglichen Mindestlohns von 120 Taka (etwa 1,24 Euro) auf 300 Taka (etwa 3,09 Euro) zu fordern. Nach mehreren erfolglosen Verhandlungen wies Premierministerin Sheikh Hasina die Betreiber*innen der Teeplantagen an, den Mindestlohn auf 170 Taka (etwa 1,75 Euro) anzuheben.

Diskriminierung

Minderheitengruppen berichteten über verschiedene Formen der Diskriminierung, insbesondere aus ethnischen und religiösen Gründen. Im April 2022 legte der Justizminister dem Parlament den seit Langem erwarteten Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes vor, das Benachteiligung aus verschiedenen Gründen, darunter Geschlecht, Religion, ethnische Zugehörigkeit, Geburtsort, Kastenzugehörigkeit und Beruf, verbieten würde. Außerdem soll mit dem Gesetz ein Beschwerdemechanismus für die Betroffenen von Diskriminierung eingeführt werden, der es ihnen ermöglicht, rechtliche Schritte zu ergreifen.

Im März 2022 wurde über den Tod von Nabayan Chakma Milon in Militärgewahrsam berichtet. Er hatte sich für die Rechte indigener Gemeinschaften eingesetzt. Im Mai gab die Kommission für die Chittagong Hill Tracts (CHT) eine Pressemitteilung heraus, in der sie ihre tiefe Besorgnis über die Stationierung neuer Einheiten des bewaffneten Polizeibataillons in leer stehenden Militärlagern in CHT zum Ausdruck brachte. Nach Ansicht der Kommission stellte dies eine Verletzung des CHT-Friedensabkommens dar.

Im Juli 2022 verwüstete eine aufgebrachte Menschenmenge im Bezirk Narail einen Hindu-Tempel, plünderte die Häuser mehrerer Hindu-Familien und das Lebensmittelgeschäft eines Hindus und setzte die Gebäude anschließend in Brand. Begründet wurden die Angriffe damit, dass ein Facebook-Post des Sohns des Ladenbesitzers "religiöse Gefühle verletzt" habe. Dieser Angriff folgte einem Muster ähnlicher in den vergangenen Jahren durchgeführter Überfälle auf Hindu-Gemeinschaften, bei denen es immer wieder zu kalkulierten Plünderungen und anschließenden gewaltsamen Zerstörungen gekommen war. Die Verantwortlichen rechtfertigten ihr Vorgehen dabei stets als Reaktion auf Beiträge in den Sozialen Medien, die sich jedoch oft als Fälschungen herausstellten. Die betroffenen Bewohner*innen berichteten, Gruppen von Personen hätten ihr Hab und Gut gestohlen. Sie hätten auch Geld verlangt und dann ihre Häuser niedergebrannt oder damit gedroht, dies zu tun.

Ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen aus den Küstenregionen im Südwesten Bangladeschs berichteten, dass ihr Zugang zu Wasser nicht nur durch klimawandelbedingte Schäden an der Wasser- und Abwasserinfrastruktur, sondern auch durch systemische Diskriminierung stark beeinträchtigt werde. Der Diskriminierung der Dalits lag weiterhin die im Kastensystem des Hinduismus wurzelnde Vorstellung ihrer Unreinheit und Unberührbarkeit zugrunde.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Nach anfänglichen Rückschlägen verbesserte sich der Zugang zu Bildung für Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar im Laufe des Jahres. Die Regierung soll zwischen Dezember 2021 und April 2022 etwa 30 von der Rohingya-Gemeinschaft betriebene Schulen geschlossen und aufgelöst haben. Rohingya-Flüchtlinge gaben an, dass einige Lehrer*innen von Angehörigen des bewaffneten Polizeibataillons festgenommen und erst wieder freigelassen worden seien, nachdem sie ein Dokument unterschrieben hatten, in dem sie bestätigten, dass sie den Unterricht einstellen würden. Im Mai 2022 verbesserte sich die Situation mit der Aufnahme von 10.000 Rohingya-Kindern in das UNICEF-Pilotprojekt Myanmar Curriculum, das ihnen eine Ausbildung auf der Grundlage des nationalen Lehrplans ihres Heimatlandes ermöglichen soll. Dies war seit Beginn der Flüchtlingskrise eine der Hauptforderungen humanitärer Organisationen gewesen. UNICEF schätzte jedoch, dass von den mehr als 400.000 Rohingya-Kindern im schulpflichtigen Alter, die in den Flüchtlingslagern in Bangladesch lebten, 100.000 noch nicht in den eingerichteten Lernzentren unterrichtet wurden.

Am 19. Juni 2022, dem Tag vor dem Weltflüchtlingstag, demonstrierten Zehntausende Rohingya-Flüchtlinge unter dem Motto Bari Cholo ("Lasst uns nach Hause gehen") in 23 Lagern in Ukhia und Teknaf. Trotz der Bedenken von Menschenrechtsgruppen und der internationalen Gemeinschaft hielt die Regierung von Bangladesch an ihren Plänen fest, mindestens 100.000 Rohingya-Flüchtlinge auf die abgelegene und überschwemmungsgefährdete Insel Bhasan Char umzusiedeln. So wurden im Oktober weitere 963 Rohingya-Flüchtlinge nach Bhasan Char gebracht, womit sich die Gesamtzahl nach offiziellen Angaben auf 30.079 erhöhte. Berichten zufolge nahm die Polizei Flüchtlinge fest, die versucht hatten, von der abgelegenen Insel zu fliehen. Dies ließ Zweifel an der Freiwilligkeit der Umsiedlung aufkommen.

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