Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Island 2022

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

AMTLICHE BEZEICHNUNG

Republik Island

STAATSOBERHAUPT

Guðni Th. Jóhannesson

STAATS- UND REGIERUNGSCHEF*IN

Katrín Jakobsdóttir

Stand:
 1/2023

Personen in Untersuchungshaft wurden unverhältnismäßig häufig in Einzelhaft unter Isolationsbedingungen gehalten, und die bestehenden Schutzmaßnahmen waren unzureichend. Die Anwendung von Isolationshaft bei Jugendlichen, neurodiversen Personen und Personen mit psychischen Erkrankungen stieß auf Kritik.

Folter und andere Misshandlungen

Im April 2022 führte der UN-Ausschuss gegen Folter seine vierte regelmäßige Überprüfung von Island durch. Dabei äußerte er Bedenken bezüglich des gesetzlichen Rahmens für die Anwendung von Einzelhaft unter isolierten Bedingungen bei Untersuchungshäftlingen. Auch die Praxis, Personen über längere Zeiträume hinweg in Isolationshaft zu halten, sowie die Verhängung von Einzelhaft unter Isolationsbedingungen gegen Jugendliche und Menschen mit Behinderungen wurden kritisiert. Der Ausschuss zweifelte die Angaben Islands zu den Schutzmaßnahmen an, mit denen vermeintlich gewährleistet sei, dass Isolationshaft nur dann angewendet wird, wenn sie wirklich notwendig ist. Der Ausschuss kritisierte die isländische Regierung außerdem dafür, Folter nicht per Gesetz als eigenen Straftatbestand einzustufen, wie es die Antifolterkonvention der Vereinten Nationen vorsieht. Als Reaktion darauf gab die Regierung an, ihre gesetzlichen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen überprüfen zu wollen.

Offizielle Angaben ließen darauf schließen, dass Untersuchungshäftlinge häufig in Einzelhaft unter Isolationsbedingungen festgehalten wurden. Im Jahr 2021 befanden sich 61 Prozent aller Untersuchungshäftlinge zunächst in Einzelhaft. Dieser Anteil hat in den vergangenen zehn Jahren zwar etwas abgenommen, allerdings weder stark noch kontinuierlich genug. Zehn der 825 Personen, die sich zwischen 2012 und 2021 in Isolationshaft befanden, waren 15 bis 17 Jahre alt. Die Zahlen deuten darauf hin, dass Einzelhaft unter isolierten Bedingungen nicht nur in Ausnahmefällen als letztes Mittel verhängt wird, wie es die von den Vereinten Nationen angenommenen Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) verlangen. Laut der Behörde für Strafvollzug und Bewährungshilfe belief sich die längste während einer Untersuchungshaft verhängte Isolationshaft im Jahr 2013 auf 57 Tage und im Jahr 2021 auf 37 Tage.

Die rechtlichen Bestimmungen in Island verhindern nicht, dass besonders gefährdete Personen in Isolationshaft gehalten werden, wie z. B. Jugendliche, neurodiverse Personen sowie Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen.

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