Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Kongo (Republik) 2022

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

AMTLICHE BEZEICHNUNG

Republik Kongo

STAATSOBERHAUPT

Denis Sassou Nguesso

STAATS- UND REGIERUNGSCHEF*IN

Anatole Collinet Makosso

Stand:
 1/2023

Das Recht auf Versammlungsfreiheit war eingeschränkt, und Sicherheitskräfte verprügelten Inhaftierte. Zwar wurde 2022 ein Gesetz zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt verabschiedet, doch war die Diskriminierung von Frauen nach wie vor weit verbreitet. Die Gesundheitsversorgung war weiterhin sehr mangelhaft, und es gab Berichte über Umweltzerstörung.

Hintergrund

Bei den Parlamentswahlen im Juli 2022 gewann die Regierungspartei 111 von 151 Sitzen, nachdem über ein Jahr zuvor, im März 2021, Präsident Denis Sassou Nguesso zum vierten Mal in Folge zum Staatsoberhaupt gewählt worden war. Er war damit seit insgesamt 37 Jahren an der Macht. Das Verfassungsgericht bestätigte das Wahlergebnis im August 2022 und wies 30 Anfechtungsklagen mehrerer Kandidaten ab.

Am 21. Januar 2022 bewilligte der Internationale Währungsfonds der Republik Kongo einen erweiterten Kreditrahmen in Höhe von 455 Mio. US-Dollar unter der Bedingung, dass das Land die Verwaltung der öffentlichen Finanzen reformiert und verbessert. Die französische Justiz ermittelte weiterhin wegen Korruption gegen mehrere Familienangehörige des Präsidenten.

Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Kongolesische Aktivisten wollten am 8. April 2022 in der Hauptstadt Brazzaville eine Demonstration veranstalten, um gegen die schlechte Stromversorgung durch die nationale Elektrizitätsgesellschaft zu protestieren. Im Vorfeld beantragten sie bei der Präfektur eine Genehmigung und kündigten die Demonstration online an. Am 6. April verbot der Präfekt des Departements die Demonstration mit Verweis auf die öffentliche Ordnung. Trotz des Verbots suchte der Organisator der Demonstration am 8. April den Ort auf, an dem sie hätte stattfinden sollen. Die Polizei nahm ihn dort fest und hielt ihn mehrere Stunden lang in Gewahrsam, bevor sie ihn wieder freiließ. Seinen Angaben zufolge wurde er in Gewahrsam geschlagen.

Willkürliche Inhaftierungen, Folter und andere Misshandlungen

Jean-Marie Michel Mokoko, der 2016 bei der Präsidentschaftswahl kandidiert hatte, befand sich 2022 immer noch in Haft, obwohl die UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen seine Inhaftierung als willkürlich betrachtete. Er war 2018 wegen "Gefährdung der inneren Sicherheit" und "illegalen Besitzes von Kriegswaffen und -munition" zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Centre d’Actions pour le Développement (CAD) und der kongolesischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (Observatoire Congolais des Droits de l’Homme) verprügelte die Polizei Anfang Januar 2022 in Brazzaville drei Männer so schwer, dass einer von ihnen starb. Nachdem sich in den Sozialen Medien ein Video des Vorfalls verbreitet hatte, wurden vier Polizisten am 9. Februar 2022 wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem wurde der Staat zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet.

Frauenrechte

Im März 2022 verabschiedete das Parlament das sogenannte Mouébara-Gesetz zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt. Es enthält Bestimmungen zur Gewaltprävention, zum Schutz der Betroffenen sowie zu ihrer medizinischen, psychologischen, sozialen und rechtlichen Unterstützung. Für die Straftaten sind Freiheitsstrafen von bis zu 20 Jahren vorgesehen. Außerdem enthält das Gesetz spezifische Bestimmungen, um die Rechte von Witwen im Erbfall zu schützen.

Ein von der Weltbank erstellter Bericht untersuchte in zahlreichen Ländern, wie sich Gesetze auf die wirtschaftlichen Chancen von Frauen auswirken (Women, Business and the Law 2022). Für die Republik Kongo stellte er fest, dass die gesetzlichen Bestimmungen den wirtschaftlichen Rechten von Frauen abträglich waren. Reformbedarf sah der Bericht u. a. bei der Geschlechtergleichstellung in Bezug auf Eigentum und Erbrecht.

Recht auf Gesundheit

Im Frühjahr 2022 brach in der Republik Kongo eine Masernepidemie aus. Laut einer Erklärung des Gesundheitsministers vom April ging sie vom Departement Pointe-Noire aus. Hier wurden 5.488 Fälle gemeldet, von denen 112 tödlich verliefen. Am 15. August wurde ein nationaler Impfplan gegen Masern und Gelbfieber aufgelegt.

Der Gesundheitsminister erklärte im März 2022, dass die Sterberaten von Müttern, Neugeborenen und Säuglingen aufgrund der Coronapandemie und Verzögerungen bei der Masernimpfung gestiegen seien. Im Jahr 2021 lag die Müttersterblichkeit bei 445 pro 100.000 Geburten, während sie im Jahr zuvor 378 betragen hatte.

Die Menschenrechtsorganisation CAD wies darauf hin, dass die Gesundheitsversorgung weiterhin prekär sei. So hätten mehrere Gesundheitseinrichtungen nicht genug Betten, und die Bewohner*innen abgelegener Gebiete könnten Gesundheitszentren aufgrund mangelnder Transportmöglichkeiten und schlechter Straßenverhältnisse nur schwer erreichen.

Umweltzerstörung

Die Umweltbehörde des Departements Pointe-Noire erklärte im Juni 2022, die Lagune von Loubi sei gemäß kongolesischen Normen gereinigt worden. Vorausgegangen war eine Klage der NGO Jeunesse pour la vie au Kouilou im Jahr 2016, die ein Erdölunternehmen für zwei Unfälle in der Lagune in den Jahren 2004 und 2011 verantwortlich machte, bei denen Rohöl ausgelaufen war. Im März 2019 hatte das Gericht von Pointe-Noire geurteilt, das Unternehmen müsse die Reinigungsarbeiten in der Lagune wieder aufnehmen und der klagenden Organisation 50 Mio. CFA-Francs (gut 76.000 Euro) für den "immateriellen Schaden" sowie 150 Mio. CFA-Francs (knapp 229.000 Euro) für Umweltschäden bezahlen. Das Unternehmen legte gegen die Entscheidung Berufung ein.

Bewohner*innen der Gemeinde Vindoulou in der Unterpräfektur Loango beschwerten sich weiterhin bei den Behörden darüber, dass ein Metall- und Batterierecyclingunternehmen, das seit 2012 in der Nähe von Wohnhäusern und Schulen tätig war, Umweltschäden verursache. Das Unternehmen verschmutze die Luft in erheblichem Maße und leite große Mengen Öl auf die Straßen. Im August 2020 hatte der Präfekt von Kouilou eine dreimonatige Schließung der Fabrik wegen Verstößen gegen Umweltvorschriften angeordnet. Das Unternehmen nahm seine Tätigkeit im November 2020 wieder auf, nachdem es eine Einigung mit dem Ministerium für Umwelt, nachhaltige Entwicklung und das Kongobecken erzielt hatte. Anwohner*innen berichteten jedoch, dass die Fabrik nicht die erforderlichen Verbesserungen vorgenommen habe. Die Gesundheitsbehörde des Departements hatte während der Schließung medizinische Proben entnommen, die Ergebnisse der Analyse jedoch nicht veröffentlicht.

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