Anfragebeantwortung zum Iran: Informationen zur Sigheh-Ehe (Zeitehe)

11. Oktober 2022

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Inhaltsverzeichnis

  • Rechtlicher Status, Maximaldauer, Formvoraussetzungen   
  • Registrierung von Zeitehen    
  • Rechtliche Stellung von Kindern, die aus Zeitehen hervorgehen      
  • Möglichkeiten der temporären Eheschließung online           
  • Möglichkeiten der Annullierung oder Scheidung vor Gericht seitens der Frau        
  • Wahrnehmung in der Gesellschaft    
  • Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 11. Oktober 2022)     
  • Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen  

Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.

Rechtlicher Status, Maximaldauer, Formvoraussetzungen

Unterschiedlichen Quellen zufolge bestehe im Iran, abgesehen von der formalen (dauerhaften) Eheschließung, die legale Möglichkeit, eine temporäre Ehe (auch „Zeitehe“, Persisch: sigheh, Arabisch: nikah mut’a, Anm. ACCORD) für einen bestimmten, im Vorhinein festgelegten Zeitraum einzugehen (IGFM, Stand: März 2022; MEI, 13. Jänner 2021; Yaghoobi, 2020, S. 45-46; Rahbari, 2019, S. 43-44; BBC News, 28. Mai 2015).

Das iranische Zivilgesetzbuch unterscheidet zwischen dauerhafter und temporärer Ehe (Zivilgesetzbuch der Islamischen Republik Iran, 14. Dezember 1935, inklusive Novellierungen bis August 2010, Artikel 993) und hält in Artikel 1075 und 1076 fest, dass eine Ehe als temporär bezeichnet wird, wenn sie für einen begrenzten Zeitraum geschlossen wird. Dabei muss die Dauer eindeutig festgelegt werden. Bei einer Zeitehe hat die Ehefrau keinen Anspruch auf Unterhalt, es sei denn, es wurden besondere vertragliche Vereinbarungen dafür getroffen oder die Ehe wurde unter dieser Bedingung geschlossen. (Zivilgesetzbuch der Islamischen Republik Iran, 14. Dezember 1935, inklusive Novellierungen bis August 2010, Artikel 1075-1076, 1113).

Die Dauer einer Zeitehe könne zwischen wenigen Minuten und mehreren Jahren betragen, manche Medienquellen führen als Maximaldauer 99 Jahre an (The Guardian, 11. Juli 2015; BBC News, 28. Mai 2015; Die Zeit, 19. März 2015). Während es dauerhaft verheirateten wie ledigen Männern gleichermaßen möglich sei, Zeitehen einzugehen, gelte dies nur für alleinstehende Frauen (DRC/DIS, 23. Februar 2018, S. 19-20, siehe auch: Rahbari, 2019, S. 42; BBC News, 28. Mai 2015). Während der Hauptzweck der dauerhaften Ehe die Familiengründung sei, würden Zeitehen Verträge darstellen, die hauptsächlich zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse geschlossen würden (Yaghoobi, 2020, S. 45-46). Laut einem Artikel des Middle East Institute (MEI) vom Jänner 2021 werde für die Rechtfertigung der Zeitehe oft die Moral herangezogen, die Zeitehe sei in der Praxis aber ein legales Schlupfloch für Prostitution. Mit Zeitehen seien weitverbreitete Probleme verbunden (MEI, 13. Jänner 2021), von denen vor allem junge Frauen betroffen seien, und diese Probleme würden manchmal auch die frühzeitige Verheiratung von Mädchen durch ihre Eltern einschließen (Rahbari, 2019, S. 42; IGFM, Stand: März 2022).

Claudia Yaghoobi, Leiterin des Zentrums für Nahost- und Islamstudien an der University of North Carolina at Chapel Hill, führt in einer 2020 veröffentlichten Monographie bezugnehmend auf den iranischen politisch-religiösen Gelehrten Mohammad Akbar Mohaqeq Deykundi und diverse Artikel des iranischen Zivilgesetzbuchs folgende Punkte als die deutlichsten Unterschiede der beiden Eheformen im heutigen Iran an:

·         Die Festlegung der Dauer und der Höhe der Mitgift seien notwendige Voraussetzungen für eine Zeitehe (Yaghoobi, 2020, S. 47; siehe auch MEI, 13. Jänner 2021).

·         Bei einer Zeitehe sei der Ehemann nicht verpflichtet, Unterhalt an die Frau zu zahlen, es sei denn, dies sei vertraglich festgelegt (Yaghoobi, 2020, S. 47; siehe auch: Ahmady, 2021, S. 66).

·         Die Zeitehe erfordere keine formelle Scheidung, die Trennung des Paares erfolge am Ende des im Vertrag festgelegten Zeitraums (Yaghoobi, 2020, S. 47; siehe auch: Rahbari, 2019, S. 41).

·         Die temporäre Ehefrau müsse nach dem Ende der Zeitehe zwei Menstruationszyklen oder 45 Tage lang eine Zeit der Enthaltsamkeit einhalten, während dieser Zeitraum bei der dauerhaften Ehe drei Menstruationszyklen betrage (Yaghoobi, 2020, S. 47).

·         In der Zeitehe würden die Ehepartner nicht voneinander erben (Yaghoobi, 2020, S. 47; siehe auch: DRC/DIS, 23. Februar 2018, S. 19-20).

Für beide Eheformen gelte, dass sie einvernehmlich geschlossen werden müssten, das Paar das gesetzliche Heiratsalter erreicht haben müsse und bei jungfräulichen Mädchen die Erlaubnis des Vaters oder des Vormunds erforderlich sei. Trotz der Bedingung der Einvernehmlichkeit verweist Yaghoobi auf die Sprache, die im Kontext der Zeitehe vorherrsche, die Frauen die Handlungsfähigkeit abspreche und weibliche Passivität einfordere (Yaghoobi, 2020, S. 47). Sozialanthropologe Kameel Ahmady erklärt unter Bezugnahme auf andere wissenschaftliche Quellen und das iranische Zivilgesetzbuch in einem 2021 veröffentlichten Buch, dass Zeitehe-Verträge wie andere Verträge auch durch Angebot und Annahme („proposal and acceptance“) geschlossen würden und so die Absicht der Parteien zum Ausdruck gebracht werde. Wie bei einer dauerhaften Ehe werde auch bei einer Zeitehe das Angebot von der Frau gemacht, die Annahme erfolge durch den Mann (Ahmady, 2021, S. 63).

Registrierung von Zeitehen

Artikel 21 des iranischen Familienschutzgesetz legt in seiner Fassung vom 19. Februar 2013 fest, dass auch die Zeitehe den Normen der Scharia und den zivilrechtlichen Vorschriften unterliegt, und ihre Registrierung in drei Fällen obligatorisch ist: im Falle einer Schwangerschaft der Frau; wenn beide Parteien mit der Registrierung einverstanden sind; wenn die Registrierung eine Bedingung für die Eheschließung darstellt (Familienschutzgesetz der Islamischen Republik Iran, 19. Februar 2013, Artikel 21). Das iranische Zivilstandsgesetz legt in Artikel 10 fest, dass neben Geburt, Heirat, Scheidung, Widerruf der Scheidung und Tod, auch der Verzicht („waiver“) auf die Gesellschaft der temporären Ehefrau für die verbleibende Zeit einer Zeitehe im Zentralen Personenstandsregister („Vital Statistics General Book“) eingetragen wird (Zivilstandsgesetz der Islamischen Republik Iran, 7. Juli 1976, inklusive Novellierungen bis Jänner 1985, Artikel 10).

In einem 2019 veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel führt Ladan Rahbari, Assistenzprofessorin für Soziologie an der Universität Amsterdam, an, dass die Regelungen rund um die Registrierung von Zeitehen im Vergleich zur gesetzlich geregelten Registrierungspflicht von dauerhaften Ehen weit weniger kohärent und klar seien. In der Regel würden Zeitehen oft als das iranische Äquivalent zu Ehen nach Gewohnheitsrecht oder nicht eingetragenen Ehen betrachtet. Dies sei jedoch nicht ganz zutreffend. Eine Zeitehe könne legal mit einer privaten Registrierung durchgeführt werden. Bei dieser Form der Eheschließung traue eine geistliche Autorität (keine juristische) das Paar und trage die Daten in ein Heiratsbuch ein, das die Autorität danach mit ihrem Stempel versehe. Diese private Eintragung sei nicht mit einem juristischen Dokument gleichzusetzen und werde nicht in eine Datenbank aufgenommen, sondern fungiere als Beweis für eine religiös legitimierte Beziehung. Das Heiratsbuch könne jedoch teilweise als rechtlicher Nachweis für die Eheschließung verwendet werden und vor Gericht als Beweis gelten. Die zweite rechtliche Möglichkeit sei die Eintragung der Zeitehe analog zur offiziellen Eintragung einer dauerhaften Ehe. Die Eintragung der Zeitehe könne erfolgen, wenn die Eheleute dies wünschen, oder wenn die Eintragung eine Bedingung sei, die von einem der Ehepartner gestellt und vom anderen akzeptiert worden sei. Gesetzlich vorgeschrieben sei die Eintragung der Zeitehe jedenfalls dann, wenn die temporäre Ehefrau schwanger werde. In diesem Fall würden für den Ehemann dieselben gesetzlichen Strafen wie bei der dauerhaften Ehe gelten, wenn er der Registrierungsverpflichtung nicht nachkomme. Eine Zeitehe ohne rechtsverbindliche private oder staatliche Registrierung werde als gültige schiitische Ehe betrachtet, aber das Paar verfüge über keine Rechtsansprüche. Die Nicht-Registrierung von Zeitehen stehe gesetzlich nicht unter Strafe, wenn sie gemäß der schiitischen Lehre korrekt abgewickelt worden sei. Zwar scheine das Problem einer ungewollten Schwangerschaft in einer Zeitehe durch die in diesem Fall geltende verpflichtende Registrierung gelöst, in der Praxis bedeute eine nicht registrierte Zeitehe für die Frau allerdings einen langen und schwierigen Rechtsweg, ihre legitimen Ansprüche bezüglich der Beziehung zu beweisen (Rahbari, 2019, S. 43-44).

Zur Notwendigkeit der Registrierung einer Zeitehe finden sich auch teilweise widersprüchliche Angaben in den konsultierten Quellen: Während Claudia Yaghoobi festhält, dass eine Zeitehe wie auch eine dauerhafte Ehe registriert werden müsse (Yaghoobi, 2020, S. 47), erklärt Marianne Hafnor Bøe, Professorin an der norwegischen Universität Stavanger, in einer 2015 veröffentlichten Monografie zum Familienrecht im Iran, dass Artikel 22 des Gesetzes zum Schutz der Familie in seiner Fassungen von 2010 die Eintragung einer Zeitehe vorsehe, wenn die Frau schwanger sei und beide Ehepartner der Eintragung zustimmen würden. Dies würde, Hafnor Bøe folgend, einen Bruch mit der früheren Rechtsprechung zur Zeitehe, die keine Registrierung vorgesehen habe, darstellen, obwohl die Registrierung bis zu einem gewissen Grad freiwillig bleibe (Bøe, 2015, S. 123; siehe auch The Guardian, 6. März 2012). Soziologie-Professor an der Fayetteville State University, North Carolina, Akbar Aghajanian und Kolleg·innen führen 2018 an, dass es keine gesetzliche Verpflichtung gebe, Zeitehen zu registrieren (Aghajanian et al., 2018, S. 3). Kameel Ahmady schreibt 2021, dass unter bestimmten Umständen, wie einer Schwangerschaft, eine Registrierung erforderlich sei (Ahmady, 2021, S. 38) an anderer Stelle allerdings wiederum, dass Zeitehen nicht registriert würden (Ahmady, 2021, S. 71). Auf diese Widersprüche angesprochen, erklärt Ladan Rahbari in einer E-Mail-Auskunft vom Oktober 2022, dass (abgesehen von der Registrierung im Fall einer Schwangerschaft) die Registrierung einer Zeitehe erfolgen könne, aber nicht zwingend sei. Zeitehen könnten ohne offizielle Registrierung bestehen, was durchaus üblich sei, wenn das Ziel der Zeitehe darin bestehe, eine vorübergehende und geheime Beziehung zu führen, ohne Spuren zu hinterlassen („without leaving a trace behind“) (Rahbari, 7. Oktober 2022).

Das USDOS hält in einem undatierten Eintrag des Büros für konsularische Angelegenheiten fest, dass Zeitehen von geistlichen Behörden geschlossen und nicht staatlich registriert würden (USDOS, ohne Datum). Ein vom Danish Immigration Service (DIS) und dem Danish Refugee Council (DRC) in Teheran befragter Analyst habe 2017 angeführt, dass eine Zeitehe weder Zeugen noch eine Registrierung erfordere. Es genüge eine mündliche Vereinbarung zwischen den Parteien. Solange sich der Mann in der Lage sehe, auf Arabisch den erforderlichen Satz zu sagen („to utter the phrase (in Arabic)“), um im Falle, dass er erwischt werde, einem Richter zu bestätigen, dass die Frau, mit der er Sex gehabt habe, seine temporäre Ehefrau gewesen sei, und sich so der Anschuldigung zu entziehen, außerehelichen Sex gehabt zu haben, könne er sich getrost die Mühe sparen, einen Geistlichen um die Eheschließung zu bitten. Wenn Unterlagen für eine solche Eheschließung benötigt würden, könne das Paar online einen Mullah finden, der die Eheschließung vornehme und eine Urkunde ausstelle. Solche Mullahs seien, dem Analysten zufolge, rund um die Uhr erreichbar. Wenn das Paar zum Beispiel ein Zimmer in einem Hotel buchen wolle, verlange das Hotel oft eine Heiratsurkunde. In solchen Fällen könne das Paar einen Mullah anrufen, der für weniger als 50 US-Dollar die Eheschließung sofort durchführe (DRC/DIS, 23. Februar 2018, S. 19-20). Auch im bereits zitierten MEI-Artikel heißt es, dass im Iran eine Zeitehe mittels eines mündlichen Vertrags zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen werden könne, indem sie eine arabische Formel rezitieren würden, in der der Wert der Mitgift und die Dauer der Ehe festgelegt würden. Vor der Islamischen Revolution und noch viele Jahre danach seien diese Eheschließungen in einer Moschee von Geistlichen durchgeführt worden. In den letzten Jahren seien Geistliche aufgrund der Verfügbarkeit von Online-Dokumenten nicht mehr notwendig (MEI, 13. Jänner 2021).

Rechtliche Stellung von Kindern, die aus Zeitehen hervorgehen

In der Theorie würden Kinder aus Zeitehen als legitim angesehen (Rahbari, 2022, S. 4; Yaghoobi, 2020, S. 49; Bøe, 2015, S. 128-129), könnten von ihren Eltern beim Meldeamt registriert werden (Rahbari, 2022, S. 4) und würden über die gleichen Rechte wie Kinder aus dauerhaften Ehen verfügen (Bøe, 2015, S. 128-129). Sowohl Kinder aus dauerhaften Ehen als auch aus Zeitehen hätten Anspruch, ihre Eltern zu beerben (Yaghoobi, 2020, S. 49; Rahbari, 2019, S. 41). Solange die Eltern eines Kindes eine islamische Ehe eingegangen seien, könne das Kind registriert werden. Wenn die Eltern jedoch keine islamische Ehe geschlossen hätten, werde ihr Kind als unehelich betrachtet und könne nicht auf herkömmliche Weise auf dem Meldeamt eingetragen werden (Rahbari, 2022, S. 4). Das Gesetz entscheide zugunsten des Mannes, wenn dieser die Legitimität des Kindes bestreite. Daher würden Zeitehen Frauen und deren Kindern keine Sicherheit bieten (Yaghoobi, 2020, S. 49).

Der vom DIS und DRC befragte Analyst habe 2017 festgehalten, dass es bei Zeitehen keine Unterhaltsverpflichtung für die Eheleute und kein gegenseitiges Beerben gebe, selbst wenn aus der Zeitehe ein Kind hervorgehe (DRC/DIS, 23. Februar 2018, S. 19-20). In diesem Fall müsse der Vater eine eidesstattliche Erklärung über die Vaterschaft abgeben oder die Vaterschaft anerkennen, damit dem Kind eine Geburtsurkunde ausgestellt werden könne (DRC/DIS, 23. Februar 2018, S. 19-20). Kameel Ahmady ergänzt 2021, dass die Rechtsunsicherheit für Kinder aus Zeitehen beispielsweise in Bezug auf die Geburtsregistrierung problematisch sei (Ahmady, 2021, S. 85). In ihrem 2020 veröffentlichten Buch schreibt Yaghoobi zudem, dass temporäre Ehefrauen in vielen Fällen die Ernährerinnen („breadwinner”) ihres Haushalts seien. Wenn ein Kind in eine Zeitehe geboren werde und der Mann nicht für das Kind sorgen könne, sei er von der Verantwortung entbunden und die finanzielle Last werde alleine der Frau aufgebürdet (Yaghoobi, 2020, S. 73).

Möglichkeiten der temporären Eheschließung online

In ihrer E-Mail-Auskunft vom Oktober 2022 hält Ladan Rahbari fest, dass Zeitehen ähnlich wie dauerhafte Ehe auch online per Video und Audio geschlossen werden könnten, nicht aber auf andere Weise, wie beispielsweise durch Tippen in einem Chat oder Ähnlichem. Bezogen auf die Frage, ob es möglich sei, eine Zeitehe online ohne die Anwesenheit der Frau zu schließen, führt die Soziologin an, dass eine Frau einen gesetzlichen Vertreter ernennen könne und die Ehe so in ihrer Abwesenheit geschlossen werden könne (Rahbari, 7. Oktober 2022).

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), eine deutsche Menschenrechtsorganisation, schreibt in einem Eintrag auf ihrer Webseite mit Stand vom März 2022 zu den Möglichkeiten einer temporären Eheschließung im Internet folgendes:

„Laut Informationen der IGFM ist die Zeitehe während des letzten Jahrzehnts in bedeutenden Pilgerstädten des Schia-Islams wie Qom und Mashhad stark angestiegen. Über legale Websites und Telegrammkanäle können Pilger (nicht nur iranische, sondern oft auch Pilger irakischer oder afghanischer Herkunft), ihre ‚Ehefrauen auf Zeit‘ nach bevorzugten äußerlichen Merkmalen wie Größe, Gewicht, Augen- und Hautfarbe auswählen. Zudem wird eine von der Frau verlangte Gebühr und eine ‚Einführungsgebühr‘ erhoben, die an den Mullah oder an den Eigentümer der Website oder des Telegrammkanals geht, die normalerweise mit diesen religiösen Institutionen verbunden sind.“ (IGFM, Stand: März 2022)

Laut einem Artikel des Iran Journal (IJ), einem Nachrichtenportal des gemeinnützigen Vereins Trasparency for Iran (TFI), vom Juli 2021 hätten „in den vergangenen Jahren […] unter anderem Internetplattformen zur Vermittlung von Zeitehen immer wieder für Aufregung gesorgt.“ (IJ, 14. Juli 2021). In einem weiteren IJ-Artikel vom August 2021 wird die Praxis der Zeitehe-Vermittlung im Internet ausführlicher thematisiert:

„Viele Firmenchefs versuchen, die Arbeitslosigkeit und Not junger Iranerinnen auszunutzen und geben Stellenanzeigen auf, bei denen spätestens beim Einstellungsgespräch klar wird, dass sexuelle Dienste erwartet werden. Solche Anzeigen lauten etwa: ‚Wir suchen für unser Sekretariat eine gutaussehende, ledige Frau bis 27 Jahre, zeitliche Flexibilität und Einsatz am Wochenende wird erwartet.‘ Auf einem Online-Portal für Wohnungssuchende sucht ein Mann eine Mitbewohnerin zwischen 25 und 35 Jahren; für die Mitnutzung seiner 130-Quadratmeterwohnung soll sie umgerechnet monatlich 3 Euro bezahlen. Ein anderer sucht eine Haushaltshilfe, die auch die Beaufsichtigung der Kinder übernimmt. Gesucht wird eine Frau bis 40 Jahre. Sie solle bereit sein, mit dem Familienvater eine Zeit-Ehe zu schließen, heißt es in der Anzeige.

Eine Zeit-Ehe-Agentur veröffentlicht Profile und kurze Stimmproben von Frauen, die bereit sind, eine Zeit-Ehe für eine ‚Sitzung‘ abzuschließen. In den Profilen stehen das dafür fällige ‚Brautgeld‘ und weitere Informationen über die Frauen. Testergebnisse über ansteckende Geschlechtskrankheiten lägen vor, heißt es dort weiter, auch Größe und Gewicht der Frauen sei ‚im Vorfeld überprüft‘ worden.

Ein Beispiel eines solchen Profils: Name T., Alter 49, aus Teheran, Körpergröße 165, Gewicht 64, Hautfarbe Hell, Augenfarbe Braun, Ort für die Begegnung vorhanden, Brautgeld pro Sitzung 1.500.000 Rial (ca. 5 Euro), Vollständiger Sex, Über meine Person: Aufgeschlossen u. liebevoll.“ (IJ, 23. August 2021)

Auch Kameel Ahmady schreibt in seinem 2021 veröffentlichten Buch, dass iranische Männer auf Telegram-Kanälen, Instagram und anderen sozialen Plattformen ganz einfach eine Frau auswählen könnten, mit der sie eine Zeitehe eingehen möchten (Ahmady, 2021, S. 128). In den letzten Jahren seien Dutzende Webseiten, die das Konzept der Zeitehe bewerben, entstanden. Diese Webseiten würden Informationen für Antragsteller, die sich registrieren und ein Online-Antragsformular einreichen würden, bereitstellen und bei der Aufnahme derartiger Beziehungen unterstützen. Obwohl viele dieser Webseiten beim Ministerium für Kultur und islamische Führung und anderen zuständigen Behörden registriert und ihre Aktivitäten somit völlig legal seien, würden sie von einigen Regierungsmitarbeiter·innen gelegentlich kritisiert (Ahmady, 2021, S. 30). Bereits 2015 berichteten BBC News und die deutsche Wochenzeitung Die Zeit über iranische Webseiten bzw. Kontaktbörsen im Internet, die Frauen für Zeitehen vermitteln würden (BBC News, 28. Mai 2015; Die Zeit, 19. März 2015).

Möglichkeiten der Annullierung oder Scheidung vor Gericht seitens der Frau

Unter Verweis auf ein 2021 veröffentlichtes Buch der Menschenrechtsanwältin Leila Alikarami führt das niederländische Außenministerium im Mai 2022 an, dass sowohl der Ehemann als auch die Ehefrau eine Zeitehe annullieren lassen könnten (Netherlands Ministry of Foreign Affairs, 31. Mai 2022, S. 81). Demgegenüber erklärt Ladan Rahbari in ihrer E-Mail-Auskunft vom Oktober 2022, dass es Frauen nicht möglich sei, ihre Zeitehe rechtlich annullieren oder sich scheiden zu lassen. Die Frau könne den Ablauf der Zeitehe abwarten oder den Mann überzeugen, die Ehe zu beenden. Allerdings würden, wie bei der dauerhaften Ehe, auch bei der Zeitehe gewisse Regeln und Ausnahmen bestehen: So könne die Frau den Vertrag nur in den vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmefällen auflösen, wie beispielswese bei Unzurechnungsfähigkeit („insanity“), Sucht, oder Gewalt (Rahbari, 7. Oktober 2022).

In ihrer Publikation aus dem Jahr 2019 hält Ladan Rahbari außerdem fest, dass bei Zeitehen keine Scheidung erforderlich sei („without there being any need for the formalities of divorce”), da sie automatisch nach Ablauf der vorher festgelegten Zeitspanne auslaufe (Rahbari, 2019, S. 41). Laut Yaghoobi gebe es bei dieser Form der Ehe keine Scheidung („there is no divorce”) (Yaghoobi, 2020, S. 45-46). Ein Artikel des britischen Guardian vom März 2012 führt an, dass ein Mann eine Zeitehe beinahe jederzeit beenden könne, während Frauen in Zeitehen nicht über ein Scheidungsrecht verfügen würden (The Guardian, 6. März 2012).

Wahrnehmung in der Gesellschaft

Trotz der Rechtmäßigkeit und Legitimität der Zeitehe im schiitischen Islam sei diese Form der Ehe mit einem sozialen Stigma behaftet, das die Paare, insbesondere die Frauen, die eine solche Ehe eingehen, sowie die Verbindung selbst als minderwertig gegenüber der dauerhaften Eheschließung kennzeichne (Yaghoobi, 2020, S. 45-46). Die Zeitehe sei in der Geschichte des Irans immer kontrovers gewesen (Yaghoobi, 2020, S. 54-55) und die Bedeutung und Beliebtheit von Zeitehen habe in den verschiedenen Gemeinschaften variiert. Im modernen Iran würden Zeitehen beispielsweise stigmatisiert und als eine Form der legalisierten Sexarbeit betrachtet. Temporäre Ehefrauen würden an den gesellschaftlichen Rand gedrängt, weil Zeitehen auf sexuelles Vergnügen ausgerichtet seien. Männer, die sich auf Zeitehen einlassen würden, würden nicht in gleichem Maße stigmatisiert (Yaghoobi, 2020, S. 46-47). Frauen seien aufgrund des gesellschaftlichen Stigmas häufig gezwungen, ihre Zeitehe auch vor der eigenen Familie geheim zu halten (Ahmady, 2021, S. 38; Die Zeit, 19. März 2015). Auch Männer würden ihre Zeitehen meist geheim halten, was die Stigmatisierung und Isolation der temporären Ehefrauen weiter verschärfe (Yaghoobi, 2020, S. 51).

Claudia Yaghoobi verweist in ihrem 2020 veröffentlichten Buch allerdings auch auf den Autor Zohreh Aqayani, dem zufolge Frauen im Iran an einem Punkt angelangt seien, an dem sie nicht mehr irgendeinen beliebigen Mann heiraten wollten. Die formale (dauerhafte) Heirat, die einst die Grundlage für die Gründung einer stabilen Familie gewesen sei, sei für die Jugend nicht mehr attraktiv. Heimliche Beziehungen und Zeitehen seien aus verschiedenen Gründen zu einem Trend geworden. (Yaghoobi, 2020, S. 54-55)

Im bereits zitierten Zeit-Artikel vom März 2015 wird zum gesellschaftlichen Stigma der Zeitehe folgendes erläutert:

„Manchmal ist es finanzielle Not oder der gesellschaftliche Druck, manchmal auch einfach sexuelle wie emotionale Bedürfnisse, die die Frauen dazu veranlassen, sich zeitlich begrenzt an einen Mann zu binden. Manche Frauen wollen nach einer gescheiterten Ehe wieder Fuß fassen. Denn im Iran müssen Frauen ihren Scheidungswunsch gut begründen, um einen Unterhaltsanspruch geltend machen zu können. Oft stürzen sie nach einer Trennung in Armut oder haben ihren guten Ruf verloren und müssen sich gegen die schamlosen Angebote von Männern aus ihrem Umfeld wehren. Sie sehnen sich danach, ihr gesellschaftliches Stigma abzuschütteln – und hoffen, eine neue Ehe könnte dabei helfen. Da aber viele Männer nur einer Jungfrau ihr unbefristetes Ja-Wort geben wollen, kommt meist nur eine Zeitehe infrage.

Die Chancen auf eine Dauer-Ehe schwinden mit jeder neuen temporären Vereinbarung und Frauen riskieren, in einen Teufelskreis zugeraten. Einige ertragen wie Maryam stillschweigend ihr Leid, andere stürzen sich von einer Ehe in die nächste. Dabei werden sie von Scham und Eifersucht geplagt. Meist müssen sie einen Mann mit anderen Frauen teilen. Mal fühlen sie sich als Versagerinnen, mal schuldig, weil sie die permanente Ehefrau ihres Mannes hintergehen. Oft weiß die nämlich nichts von den temporären Verträgen des Ehepartners – eine Verpflichtung, sie darüber in Kenntnis zu setzen, gibt es für ihn nicht. Zeitlich befristet darf er so viele Frauen ehelichen, wie er will.“ (Die Zeit, 19. März 2015)

Bezogen auf die Frage nach der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Kindern aus Zeitehen schreibt Ladan Rahbari in ihrer E-Mail-Auskunft vom Oktober 2022, dass es darauf keine eindeutige Antwort gebe. Diese Kinder würden nicht aufgrund der Art der Ehe an sich anders behandelt, da es sich um eine legale und „legitime“ Form der Ehe handle, sondern aufgrund der meist problematischen Umstände, unter denen die Zeitehe geschlossen worden sei (Rahbari, 7. Oktober 2022). Zur gesellschaftlichen Wahrnehmung von Kindern, die aus Zeitehen hervorgehen, schreibt Marianne Hafnor Bøe 2015, dass diese trotz ihres legitimen Status oft stigmatisiert würden. Diese Kinder würden nicht dieselbe soziale Anerkennung erfahren wie Kinder aus dauerhaften Ehen (Bøe, 2015, S. 128-129).

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 11. Oktober 2022)

·      Aghajanian, Akbar/Vaezzade, Sajede/Afshar Kohan, Javad/Thompson, Vaida: Recent Trends of Marriage in Iran, In: The Open Family Studies Journal, Vol 10, 2018
https://openfamilystudiesjournal.com/VOLUME/10/PAGE/1/

·      Ahmady, Kameel: A House on Water - A Comprehensive Study on Sigheh Mahramiat and Temporary Marriage in Iran, 2021
https://www.researchgate.net/profile/Kameel-Ahmady-2/publication/360684411_A_House_on_Water_A_Comprehensive_Study_on_Sigheh_Mahramiat_and_Temporary_Marriage_in_Iran_A_House_on_Water_A_Comprehensive_Study_on_Sigheh_Mahramiat_and_Temporary_Marriage_in_Iran/links/628518eca93a5471227a28af/A-House-on-Water-A-Comprehensive-Study-on-Sigheh-Mahramiat-and-Temporary-Marriage-in-Iran-A-House-on-Water-A-Comprehensive-Study-on-Sigheh-Mahramiat-and-Temporary-Marriage-in-Iran.pdf

·      BBC News: Iran: Internet dating website launched by state, 28. Mai 2015
https://www.bbc.com/news/world-middle-east-32833363

·      Bøe, Marianne: Family Law in Contemporary Iran – Women’s Rights Activism and Shari’a, 2015

·      Die Zeit: Zeitehe in Iran – Willkommen im Heiratsclub!, 19. März 2015
https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fgesellschaft%2Fzeitgeschehen%2F2015-02%2Firan-ehe-auf-zeit

·      DRC - Danish Refugee Council / DIS - The Danish Immigration Service: Iran: Relations outside of marriage in Iran and marriages without the accept of the family, 23. Februar 2018
https://www.ecoi.net/en/file/local/1426248/1788_1520518257_relations-outside-of-marriage-in-iran-and-marriages-without-the-accept-of-the-family.pdf

·      Familienschutzgesetz der Islamischen Republik Iran, verabschiedet am 19. Februar 2013, Sprache: Farsi (verfügbar auf Laws and Regulations Portal of Islamic Republic of Iran)
https://qavanin.ir/Law/TreeText/187568

·      IGFM – Internationale Gesellschaft für Menschenrechte: Sighe – vertragliche Ehe auf Zeit, Stand: März 2022
https://www.igfm.de/zeitehe/

·      IJ – Iran Journal: App für islamische Partnervermittlung, 14. Juli 2021
https://iranjournal.org/news/hamdam-datingapp-islamische-heiratsvermittlung

·      IJ – Iran Journal: Prostitution in der Islamischen Republik Iran, 23. August 2021
https://iranjournal.org/kultur/geschaeft-mit-sex-im-iran/2

·      MEI – Middle East Institute: Temporary marriage in Iran and women's rights, 13. Jänner 2021
https://www.mei.edu/publications/temporary-marriage-iran-and-womens-rights

·      Netherlands Ministry of Foreign Affairs: Algemeen ambtsbericht Iran, 31. Mai 2022
https://www.ecoi.net/en/file/local/2073802/Algemeen+ambtsbericht+Iran+2022-05.pdf

·      Rahbari, Ladan: Marriage in Iran - Women Caught Between Shi’i and State Law, In: Electronic Journal of Islamic and Middle Eastern Law, Vol. 7, pp. 37-38, 2019
https://web.archive.org/web/20200221054840id_/https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/174603/1/Marriage_in_Iran_Women_Caught_Between_Shi_i_and_State_Law.pdf

·      Rahbari, Ladan: Marriage, Parentage and Child Registration in Iran: Legal Status of Children of Unmarried Parents, In: Social Sciences, Vol. 11, 2022
https://www.mdpi.com/2076-0760/11/3/120

·      Rahbari, Ladan: E-Mail-Auskunft, 7. Oktober 2022

·      The Guardian: Discrimination in Iran's temporary marriage law goes unchecked, 6. März 2012
https://www.theguardian.com/world/iran-blog/2012/mar/06/iran-temporary-marriage-law-sigheh

·      The Guardian: I was a temporary bride, 11. Juli 2015
https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2015/jul/11/i-was-a-temporary-bride-in-iran

·      USDOS - US Department of State: Iran – Reciprocity Schedule, ohne Datum
https://travel.state.gov/content/travel/en/us-visas/Visa-Reciprocity-and-Civil-Documents-by-Country/IranIslamicRepublicof.html

Yaghoobi, Claudia: Temporary Marriage in Iran: Gender and Body Politics in Modern Iranian Film and Literature, Cambridge University Press, 2020
https://www.cambridge.org/core/books/temporary-marriage-in-iran/D47F5D068553F7145E7547C38819A1CA

·      Zivilgesetzbuch der Islamischen Republik Iran, 14. Dezember 1935, inklusive Novellierungen bis August 2010, Sprache: Farsi (verfügbar auf Laws and Regulations Portal of Islamic Republic of Iran)
https://qavanin.ir/Law/TreeText/178971

·      Zivilstandsgesetz der Islamischen Republik Iran, 7. Juli 1976, inklusive Novellierungen bis Jänner 1985, Sprache: Farsi (verfügbar auf Laws and Regulations Portal of Islamic Republic of Iran)
https://qavanin.ir/Law/TreeText/83864


 

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen

Dr. Akbar Aghajanian ist Soziologie-Professor an der Fayetteville State University in North Carolina.

·      Aghajanian, Akbar/Vaezzade, Sajede/Afshar Kohan, Javad/Thompson, Vaida: Recent Trends of Marriage in Iran, In: The Open Family Studies Journal, Vol 10, 2018

https://openfamilystudiesjournal.com/VOLUME/10/PAGE/1/

„While lay people and social scientists speculate about the number of temporary marriages, as noted above, there is not a legal requirement to register there [sic!] marriages. Therefore, registries may provide information about couples who have established recorded Sighe unions, but there are no reliable national or regional data on the number of nonrecorded Sighe unions, the content of any contractual agreements made, or the characteristics of couples in terminal marriages.” (Aghajanian et al., 2018, S. 3)

Kameel Ahmady ist ein britisch-iranischer Wissenschaftler, der im Bereich Sozialanthropologie forscht.

·      Ahmady, Kameel: A House on Water - A Comprehensive Study on Sigheh Mahramiat and Temporary Marriage in Iran, 2021

 https://www.researchgate.net/profile/Kameel-Ahmady-2/publication/360684411_A_House_on_Water_A_Comprehensive_Study_on_Sigheh_Mahramiat_and_Temporary_Marriage_in_Iran_A_House_on_Water_A_Comprehensive_Study_on_Sigheh_Mahramiat_and_Temporary_Marriage_in_Iran/links/628518eca93a5471227a28af/A-House-on-Water-A-Comprehensive-Study-on-Sigheh-Mahramiat-and-Temporary-Marriage-in-Iran-A-House-on-Water-A-Comprehensive-Study-on-Sigheh-Mahramiat-and-Temporary-Marriage-in-Iran.pdf

„The Tehran Official Centre for Temporary Marriage is the name of a new site launched to propagate the concept of sigheh, a temporary marriage arrangement sanctioned in Shiism. Over recent years, tens of other similar sites have sprung up, all with the goal of facilitating temporary marriages and aiding with legal permits. Article 1075 of Iran’s Civil Code sanctions temporary marriage. The conditions for issuing a temporary marriage licence are the same as those required for a permanent marriage, plus the specification of the term of the marriage and an amount of money as alimony for the woman. The restrictions of a temporary marriage are also the same as those that exist for a permanent marriage. These sites provide information to applicants who register and submit an online application form, and facilitate the establishment of such relations. While many of these sites have been registered with the Ministry of Culture and Islamic Guidance and other appropriate agencies, making their activities completely legal, they still at times come under criticism by some government officials.” (Ahmady, 2021, S. 30)

„Mut'ah Contract: Sigheh

Like other contracts, mut'ah takes place through ‘proposal and acceptance’, which explicitly implies the intention of the parties (Kelson, 1999). Article 1062 of Iranian Civil Code stipulates, ‘Marriage takes place by proposal and acceptance in words which explicitly convey the intention of marriage.’

As in a permanent marriage, in a temporary marriage the proposal is made by the woman and acceptance is declared by man.” (Ahmady, 2021, S. 63)

„Economic Responsibility

Both men and woman have more freedom in a temporary marriage because of the underlying special conditions.

According to Shiite fiqh, a man who has entered into mut'ah with a woman is under no obligation to provide for her, even if she falls pregnant. The man is not in charge of subsistence costs, including clothing, housing and other requirements or treatments for the woman.

The man will not undergo such responsibilities after signing the contract unless the conditions are mentioned in advance.” (Ahmady, 2021, S. 66)

„Reproduction

[…]

Nonetheless, children born of temporary marriages are not different from children born of permanent marriages (Haeri, 2014).” (Ahmady, 2021, S. 67)

„It should be mentioned that temporary marriages are not registered, and in comparison to permanent early marriage, the ensuing consequences are severe.” (Ahmady, 2021, S. 71)

„As previously discussed, the legal uncertainty for children born from mut'ah marriages, such as birth-registration issues, is problematic. Considering that a birth certificate is an essential identity document, a lack of documentation potentially adds another layer of horror to the already dismal consequences of ECM and polygamy. Children sometimes do not possess birth certificates until they enter school and are deprived of the civil protection that naturally comes with identification. Moreover, in cases where the father is unwilling to accept the child or acknowledge paternity and the mother is unable to take care of the child, state and welfare organisations must intervene.” (Ahmady, 2021, S. 85)

„Men can easily select the woman they wish for sigheh on Telegram channels, Instagram and other social platforms.” (Ahmady, 2021, S. 128)

BBC News ist der Nachrichtensender der britischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt British Broadcasting Corporation (BBC).

·      BBC News: Iran: Internet dating website launched by state, 28. Mai 2015
https://www.bbc.com/news/world-middle-east-32833363

„In a country where internet access and social media is tightly controlled, it seems an unusual step for the government to jump on the online dating bandwagon.

But with around 300 Western-style dating websites operating within Iran, according to Mr Golrazi [deputy minister for Sports and Youth Affairs], the new sanctioned site is meant to draw users away.

The existing sites contain what Mr Golrazi called ‘illegal and immoral’ content. Authorities worry that such sites encourage sex before marriage - illegal under Iran's strict application of Sharia law - sometimes through temporary marriages known as sigheh.

Indeed some websites are set up to exploit the practice as a way to circumvent the law specifically for individuals solely interested in sexual relationships.

Under sigheh a union can be as short as 30 minutes, or as long as 99 years. No official papers are required - all that is needed is a simple blessing by a mullah.

It is a mechanism which is permitted for married men who want a second partner, but not for married women, who can face flogging or stoning if caught with another man under Islamic law.” (BBC News, 28. Mai 2015)

Marianne Hafnor Bøe ist Professorin an der Fakultät für Erziehungswissenschaften und Geisteswissenschaften (Abteilung für Kultur- und Sprachwissenschaften) der norwegischen Universität Stavanger.

·      Bøe, Marianne: Family Law in Contemporary Iran – Women’s Rights Activism and Shari’a, 2015

„Although related to polygyny, temporary marriage has been less controversial in Iran. The main reason is the indirect treatment of the issue in family law legislation, and the dubious character of the practice. Nonetheless, the issue is dealt with in the 1928 Civil Code. In the 1931 Marriage Law, the 1967/75 Family Protection Law and post-1979 reforms, the subject is not mentioned. It was not until the introduction of the Family Protection Bill in 2007 that it emerged as a legal debate on its own terms, as defined in Article 22 in the 2007 and 2010 versions of the Family Protection Bill. The 2007 article asserts that the registration of temporary marriages is to be subject to ‘rules of procedure’. The bill thus proposed to leave temporary marriage as an unsettled legal issue, without any immediate need for legal management. Many interpret the Family Protection Bill provision on temporary marriage as an encouragement of the practice, and as a religious solution to contemporary social challenges. After some debate, Article 22 was amended in the 2010 version of the bill, which specified a legal procedure for temporary marriage. The article contains a demand for registration of a temporary marriage if the wife is pregnant, and if both parties in the marriage agree on the registration. Consequently, the 2010 version of Article 22 represents a break with previous rulings on temporary marriage, although the demand for registration remains voluntary to a certain degree.” (Bøe, 2015, S. 123)

„The rights of children from a temporary marriage have been addressed. In theory, the children of temporary marriages are considered legitimate and enjoy the same rights as children from permanent marriages (Haeri 1989: 2). In practice, however, they are often stigmatised because they lack the social recognition of children from permanent marriages. Also, women in temporary marriages frequently experience a decrease in social status after divorce. They do not enjoy the financial security of divorce in a permanent marriage, and often suffer social stigma and gossip as they are still considered divorcees (op. cit.: 66).” (Bøe, 2015, S. 128-129)

Die Zeit ist eine überregionale deutsche Wochenzeitung.

·      Die Zeit: Zeitehe in Iran – Willkommen im Heiratsclub!, 19. März 2015
https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fgesellschaft%2Fzeitgeschehen%2F2015-02%2Firan-ehe-auf-zeit

Zeit ehe, Genussehe oder persisch sigheh nennt sich diese schiitische Tradition, eine zeitlich begrenzte Form der Ehe, die zwischen 30 Minuten und 99 Jahren dauern kann. Alles wird vorhervertraglich festgehalten, vor allem der Geldbetrag, den der Mann der Frau bei ihrer Trauung auszuzahlen hat, die ‚Ehegabe‘, optional auch die Anzahl ihrer sexuellen Begegnungen. Der Ehevertrag lässt sich beliebig oft verlängern. Fruchtbare Frauen müssen nach Ablauf ihrer Vereinbarung allerdings zwei Menstruationszyklen warten, bis sie erneut heiraten dürfen – eine Bestimmung, die einer Zeit ohne Vaterschaftstest entstammt, um bei einer Schwangerschaft der Frau den Vater identifizieren zu können. […]

Maryam ist kein Einzelfall. Oft werden solche Ehen geheim gehalten, sogar vor der eigenen Familie. Denn schnell fallen im Zusammenhang mit der Zeitehe auch die Worte ‚Entehrung‘ oder ‚Schande‘. Zwar gestattet die iranische Regierung die Zeithehe ausdrücklich, in der Bevölkerung ist sie jedoch verpönt.

Gesellschaftliches Stigma

Manchmal ist es finanzielle Not oder der gesellschaftliche Druck, manchmal auch einfach sexuelle wie emotionale Bedürfnisse, die die Frauen dazu veranlassen, sich zeitlich begrenzt an einen Mann zu binden. Manche Frauen wollen nach einer gescheiterten Ehe wieder Fuß fassen. Denn im Iran müssen Frauen ihren Scheidungswunsch gut begründen, um einen Unterhaltsanspruch geltend machen zu können. Oft stürzen sie nach einer Trennung in Armut oder haben ihren guten Ruf verloren und müssen sich gegen die schamlosen Angebote von Männern aus ihrem Umfeld wehren. Sie sehnen sich danach, ihr gesellschaftliches Stigma abzuschütteln – und hoffen, eine neue Ehe könnte dabei helfen. Da aber viele Männer nur einer Jungfrau ihr unbefristetes Ja-Wort geben wollen, kommt meist nur eine Zeitehe infrage.

Die Chancen auf eine Dauer-Ehe schwinden mit jeder neuen temporären Vereinbarung und Frauen riskieren, in einen Teufelskreis zugeraten. Einige ertragen sie wie Maryam stillschweigend ihr Leid, andere stürzen sich von einer Ehe in die nächste. Dabei werden sie von Scham und Eifersucht geplagt. Meist müssen sie einen Mann mit anderen Frauen teilen. Mal fühlen sie sich als Versagerinnen, mal schuldig, weil sie die permanente Ehefrau ihres Mannes hintergehen. Oft weiß die nämlich nichts von den temporären Verträgen des Ehepartners – eine Verpflichtung, sie darüber in Kenntnis zu setzen, gibt es für ihn nicht. Zeitlich befristet darf er so viele Frauenehelichen, wie er will.

Iranische Männer finden temporäre Vergnügungen leicht in den Kontaktbörsen im Internet. Geschäftsmänner hinter den Kulissenübernehmen die Vermittlung, bei der ‚schön und jung‘ den höchsten Preis erzielt.“ (Die Zeit, 19. März 2015)

Das Danish Refugee Council (DRC) ist eine dänische Nichtregierungsorganisation. Das Danish Immigration Service (DIS) ist die in Dänemark für Einwanderung, Einreise und Aufenthalt von Ausländer·innen zuständige Behörde des Ministeriums für Einwanderung und Integration.

·      DRC - Danish Refugee Council / DIS - The Danish Immigration Service: Iran: Relations outside of marriage in Iran and marriages without the accept of the family, 23. Februar 2018
https://www.ecoi.net/en/file/local/1426248/1788_1520518257_relations-outside-of-marriage-in-iran-and-marriages-without-the-accept-of-the-family.pdf

„Meeting with an anonymous analyst - Tehran, 10 September 2017

[…]

32. In Tehran and large cities many families accept pre-marital relation among young people, even though they know it will not necessarily lead to a permanent marriage. Previously, the mullah in provincial cities could order a young boy to marry a young woman if their relationship before marriage was revealed. This is no longer happening. In Iran, there is also a possibility for an unmarried couple to claim they have entered a temporary marriage [sigheh]. Whether a man and woman can enter a temporary marriage if none of them have been civil and/or religious married before, the source stated, the woman in all cases must be either a divorcee or a single. The man can be married or single in a sigheh or short term marriage. Such a marriage does not require any witnesses or registration. It may be a verbal agreement between the parties. If documentation for such a marriage is needed, the couple can find a mullah online who can marry them and deliver a certificate. Such mullahs are available 24 hours/round the clock. If for instance the couple wants to rent a room in a hotel, the hotel will often require documentation for their marriage. In such cases, the couple will be able to call a mullah who for less than 50 US dollars will perform their marriage immediately.

33. Under the short term marriage (and obviously under white marriage), there is no spousal support obligation and no inter-spousal inheritance even if the sigheh results in birth of child in which case, the father will have to make an affidavit of paternity or affiliation for the fatherhood so that the child can be issued with a shenasnameh (birth certificate).

[…] However, appearance before a mullah or presence of witnesses is not required in short term marriage (sigheh) and the one who is able to utter the phrase (in Arabic) to prove to a judge (if necessary, if caught) that the woman with whom sex was entertained was his ‘short term wife’ and thus get out of the trouble of accusation of indulging in extramarital sex, can safely choose not to bother to approach a cleric for solemnization of that ‘marriage’. Just to note that the institution of ‘short term marriage’ is a controversial one that exists only in Shia Islam.” (DRC/DIS, 23. Februar 2018, S. 19-20)Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) ist eine deutsche Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Frankfurt am Main.

·      IGFM – Internationale Gesellschaft für Menschenrechte: Sighe – vertragliche Ehe auf Zeit, Stand: März 2022
https://www.igfm.de/zeitehe/

„Die Zeitehe, auf Persisch Sighe und im Arabischen Mut´a genannt, erlaubt es dem Mann, eine Frau für eine bestimmte Zeit zu heiraten, auch wenn er bereits verheiratet ist. Die Islamische Republik Iran ist das einzige Land, das die Zeitehe legalisiert hat. Die feste Ehefrau muss auch nicht über die Zeitehe informiert werden. Diese Sonderform der Ehe wird als ‚Genussehe‘ betrachtet, die vorwiegend dem Zweck des (sexuellen) Vergnügens dient – anders als bei der ‚normalen Ehe‘, die die Gründung einer Familie vorsieht. Laut Informationen der IGFM ist die Zeitehe während des letzten Jahrzehnts in bedeutenden Pilgerstädten des Schia-Islams wie Qom und Mashhad stark angestiegen. Über legale Websites und Telegrammkanäle können Pilger (nicht nur iranische, sondern oft auch Pilger irakischer oder afghanischer Herkunft), ihre ‚Ehefrauen auf Zeit‘ nach bevorzugten äußerlichen Merkmalen wie Größe, Gewicht, Augen- und Hautfarbe auswählen. Zudem wird eine von der Frau verlangte Gebühr und eine ‚Einführungsgebühr‘ erhoben, die an den Mullah oder an den Eigentümer der Website oder des Telegrammkanals geht, die normalerweise mit diesen religiösen Institutionen verbunden sind. Obwohl Mädchen im Iran ab 13 Jahren als heiratsfähig gelten, werden sie laut Experten oft bereits vor Erreichen des heiratsfähigen Alters ohne ihre Zustimmung von ihren Familien in eine Zeitehe gezwungen, bis sie offiziell verheiratet werden können.“ (IGFM, Stand: März 2022)

Das Iran Journal ist ein Nachrichtenportal des in Berlin gegründeten gemeinnützigen Vereins Trasparency for Iran (TFI), der laut eigenen Angaben das Ziel verfolgt, Menschenrechte und Pressefreiheit zu fördern, Transparenz über politische und gesellschaftliche Entwicklungen im Iran zu schaffen und die deutschen Öffentlichkeit für diese Themen zu sensibilisieren.

·      IJ – Iran Journal: App für islamische Partnervermittlung, 14. Juli 2021
https://iranjournal.org/news/hamdam-datingapp-islamische-heiratsvermittlung

„Die Nachfrage nach Partnervermittlung im Internet scheint im Iran allerdings groß zu sein. Nach Angaben der Entwickler von Hamdam soll es mehr als 700 ‚illegale‘ Vermittlungsseiten geben. In den vergangenen Jahren haben unter anderem Internetplattformen zur Vermittlung von Zeitehen immer wieder für Aufregung gesorgt.“ (IJ, 14. Juli 2021)

·      IJ – Iran Journal: Prostitution in der Islamischen Republik Iran, 23. August 2021
https://iranjournal.org/kultur/geschaeft-mit-sex-im-iran/2

„Käuflicher Sex im Internet

Viele Firmenchefs versuchen, die Arbeitslosigkeit und Not junger Iranerinnen auszunutzen und geben Stellenanzeigen auf, bei denen spätestens beim Einstellungsgespräch klar wird, dass sexuelle Dienste erwartet werden. Solche Anzeigen lauten etwa: ‚Wir suchen für unser Sekretariat eine gutaussehende, ledige Frau bis 27 Jahre, zeitliche Flexibilität und Einsatz am Wochenende wird erwartet.‘ Auf einem Online-Portal für Wohnungssuchende sucht ein Mann eine Mitbewohnerin zwischen 25 und 35 Jahren; für die Mitnutzung seiner 130-Quadratmeterwohnung soll sie umgerechnet monatlich 3 Euro bezahlen. Ein anderer sucht eine Haushaltshilfe, die auch die Beaufsichtigung der Kinder übernimmt. Gesucht wird eine Frau bis 40 Jahre. Sie solle bereit sein, mit dem Familienvater eine Zeit-Ehe zu schließen, heißt es in der Anzeige.

Eine Zeit-Ehe-Agentur veröffentlicht Profile und kurze Stimmproben von Frauen, die bereit sind, eine Zeit-Ehe für eine ‚Sitzung‘ abzuschließen. In den Profilen stehen das dafür fällige ‚Brautgeld‘ und weitere Informationen über die Frauen. Testergebnisse über ansteckende Geschlechtskrankheiten lägen vor, heißt es dort weiter, auch Größe und Gewicht der Frauen sei ‚im Vorfeld überprüft‘ worden.

Ein Beispiel eines solchen Profils: Name T., Alter 49, aus Teheran, Körpergröße 165, Gewicht 64, Hautfarbe Hell, Augenfarbe Braun, Ort für die Begegnung vorhanden, Brautgeld pro Sitzung 1.500.000 Rial (ca. 5 Euro), Vollständiger Sex, Über meine Person: Aufgeschlossen u. liebevoll.“ (IJ, 23. August 2021)

Das Middle East Institute ist ein in Washington ansässiger Think-Tank.

·      MEI – Middle East Institute: Temporary marriage in Iran and women's rights, 13. Jänner 2021
https://www.mei.edu/publications/temporary-marriage-iran-and-womens-rights

„Sigheh (also known by its Arabic name ‘nikah mut‘ah’) allows men to marry a woman for a pre-determined period of time, have intimate relations with her, and then leave her without consequences. While sigheh is often justified using moral terms, in practice it is a legal loophole for prostitution. The problems associated with sigheh are rampant, but there is almost no research or data about this legalized form of sexual exploitation and about the lives of its victims in Iran. […]

Sigheh is legal according to Iranian Civil Law article 1075. Men/boys aged 15 and older and women/girls aged 13 and older can enter into such a relationship. Usually, according to Iranian tradition, virgin girls must obtain permission from their father to marry permanently or temporarily, but according to the Iranian Civil Law Articles 1043 and 1044, girls can obtain permission to become a sigheh wife by simply identifying their husband-to-be by name and providing details about their relationship such as the value of the mehrieh (dowry) and proposed length of the marriage.

A sigheh can last for one hour, a few days, a few months or longer. The couple can sever this relationship without a legal divorce according to Iranian Civil Law Article 1113. A contract for a sigheh does not make the man responsible for financially supporting the woman. She has no right to inheritance or similar rights that women have in a permanent marriage.

Religious justifications for sigheh are common. One website cited at least 15 hadiths (sayings of the prophet) as evidence of the benefits of sigheh for men, even if they are already married. According to his interpretation of the cited Hadiths, sigheh purifies men of their sins and makes paradise their reward.

To form a sigheh in Iran, a man and a woman must enter into a verbal contract by reciting an Arabic formula that specifies the value of the dowry and the length of the marriage. Before the Islamic Revolution and for many years after, these rites were performed in a mosque by clergy. For the last few years, however, the need for clergy has been obviated by the availability of documentation online. If a man wishes to reserve a hotel room with his temporary wife, he has to show proof of their relationship. Not all hotels in Iran allow men to stay with their sigheh wives.” (MEI, 13. Jänner 2021)

Das Außenministerium der Niederlande (Ministerie van Buitenlandse Zaken, BZ) ist die Regierungsbehörde der Niederlande, die für die auswärtigen Angelegenheiten des Landes zuständig ist.

·      Netherlands Ministry of Foreign Affairs: Algemeen ambtsbericht Iran, 31. Mai 2022
https://www.ecoi.net/en/file/local/2073802/Algemeen+ambtsbericht+Iran+2022-05.pdf

Zowel de man als de vrouw kunnen een tijdelijk huwelijk nietig verklaren.“ (Netherlands Ministry of Foreign Affairs, 31. Mai 2022, S. 81) 

Dr. Ladan Rahbari ist Assistenzprofessorin für Soziologie an der Universität Amsterdam und forscht unter anderem zu Gender-Themen im Iran und Westeuropa.

·      Rahbari, Ladan: Marriage in Iran - Women Caught Between Shi’i and State Law, In: Electronic Journal of Islamic and Middle Eastern Law, Vol. 7, pp. 37-38, 2019
https://web.archive.org/web/20200221054840id_/https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/174603/1/Marriage_in_Iran_Women_Caught_Between_Shi_i_and_State_Law.pdf

„In both forms of marriage, if any children are born, they are eligible to inherit from their parents. In both forms of marriage, idda regulations apply to the woman. There are also differences between the two types of marriage. While inheritance from the spouse is the natural result of a permanent marriage, in temporary marriage, the couples do not inherit from each other. Also, a notable difference is that a permanent marriage requires a divorce while a temporary marriage automatically expires after the pre-defined period of marriage has passed. Temporary marriage is thus a marriage ‘without there being any need for the formalities of divorce’ as explained by Shi’i mujtahid.” (Rahbari, 2019, S. 41)

„Temporary marriage is also largely considered a tool used by permanently married men to expand their sexual experience, while the same opportunity does not exist for married women. The practice of temporary marriage is connected to problematic issues including unregistered marriages and specially, child/early marriages in Iran, as young women have been reported to be one of most prominent groups who are negatively affected by temporary (and sometimes unregistered) marriage. Temporary marriage is, for instance, sometimes used to legitimize early marriage with the approval of the parents.” (Rahbari, 2019, S. 42)

While the law is very clear in that registering permanent marriages is compulsory and failing to do so is subject to legal punishment, it is much less coherent and clear in its approach towards registration of temporary marriages. As a general rule, temporary marriages are often considered the Iranian equivalent of common law or unregistered marriages. This is however not completely accurate. While for a permanent marriage there are two possibilities of unregistered (illegal) and registered (legal) marriages, in the case of temporary marriage, there are two legal possibilities. Temporary marriage can be legally practiced with a private registration. In this form, a religious authority (not a legal one) marries the couple and enters their information in a marriage booklet that he stamps. This private registration is not equivalent to a legal document and does not enter a database but is proof of a religiously legitimate relationship. The booklet can however be partially used as a legal proof of marriage and can stand as evidence in a court of law.

The second legal possibility is registering the temporary marriage, which could be performed just like the official registration of a permanent marriage. The registration of temporary marriage can happen if the couple agrees upon it (although they do not have to) and might happen if it is a required condition set by one of the spouses and accepted by the other. Registration of the temporary marriage does, however, become legally compulsory if the temporary wife gets pregnant, and the same legal punishments (as in permanent marriage, discussed above) will apply to the husband if he fails to do so accordingly. A temporary marriage without legally binding private or national registration is considered a valid Shi’i marriage, but the couple does not enjoy any legal rights based on unregistered marriage claims. There is no legal punishment for unregistered temporary marriages if they have been conducted correctly according to the Shi’i doctrine. While it seems that the issue of accidental pregnancy during a temporary marriage is resolved by enforcing compulsory registration, in practice, if the temporary marriage is not registered, it creates a long and hard legal process for the woman to prove her legitimate relationship claims, and otherwise she is prone to harsh social stigmatization and legal issues as the child could be considered out of wedlock if the man does not confirm her claims of marriage.” (Rahbari, 2019, S. 43-44)

·      Rahbari, Ladan: Marriage, Parentage and Child Registration in Iran: Legal Status of Children of Unmarried Parents, In: Social Sciences, Vol. 11, 2022
https://www.mdpi.com/2076-0760/11/3/120

„Children born to any of the two forms of marriage—permanent and temporary—are considered legitimate and may be registered by their parents at the civil registry. In other words, as long as the child is born into parents who have conducted an Islamic marriage, they can be registered. If the parents only conducted an Islamic marriage and did not register their marriage, they broke the law by evading registration. Therefore, they will be punished for failing to register their marriage, but their child is still considered ‘legitimate’ and can be registered. However, when the parents do not conduct an Islamic marriage, their child will be considered ‘illegitimate’ and cannot be registered at the civil registry through the conventional route.

To further clarify when and why a child is considered ‘illegitimate,’ the notion of zena or zina [Persian and Arabic versions of the same term respectively] becomes relevant. Based on Shi’i jurisprudence, if one or more of the persons involved in a relationship are committing adultery and are not married, they are committing zena. Zena includes sexual relationships outside of marriage, such as adultery and fornication, and thus also encompasses sex work, unless the sex worker gets temporarily married to the person they have sex with (in Iran, temporary marriage is sometimes used in the context of sex work, Rahmani et al. 2021). According to Shi’i legal scholars, a child born to an Islamic marriage is called ‘legal,’ but a child born to an unmarried couple is called ‘illegitimate’ or ‘natural’ [in Persian: tabi’i] child.” (Rahbari, 2022, S. 4)

The Guardian ist eine britische Tageszeitung.

·      The Guardian: Discrimination in Iran's temporary marriage law goes unchecked, 6. März 2012
https://www.theguardian.com/world/iran-blog/2012/mar/06/iran-temporary-marriage-law-sigheh

Sex outside marriage is a crime in Iran punishable by 100 lashes or, in the case of adultery, potentially a sentence of death by stoning. However, a man and a woman can marry for a fixed period of time after performing specific religious rituals, in a practice called sigheh. The marriage can last for a few minutes up to several years without need to be officially registered. The man can end the sigheh almost at any time, but there is no divorce right for women in temporary marriages.

The new amendment, passed on Monday by 104 MPs who were all male, requires registration in certain circumstances such as those leading to a pregnancy but still largely allows sigheh without formal registration.

An opposing MP, Sattar Hedayatkhah, was quoted in the reformist newspaper Etemaad as saying: ‘From tomorrow, no woman can be sure that her husband is not in a sexual relationship with another woman. Therefore, there is now no difference between here [Iran] and the west. Anyone can have a sexual relationship with someone without the need to prove that there has been a 'temporary marriage' agreement.’

Those who say sigheh does not need to be registered argue that it is a matter of privacy.” (The Guardian, 6. März 2012)

·      The Guardian: I was a temporary bride, 11. Juli 2015
https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2015/jul/11/i-was-a-temporary-bride-in-iran

„Inside the Islamic Republic, sigheh marriages are controversial. Critics complain that they are a form of legalised prostitution, while supporters argue that the short-term marriage contracts (which can last anywhere from a few minutes to 99 years) are a pragmatic loophole in a country that criminalises extra-marital sex; offering legitimacy and a right to inheritance for children.” (The Guardian, 11. Juli 2015)

Das US Department of State (USDOS) ist das US-Bundesministerium, das für die auswärtigen Angelegenheiten der Vereinigten Staaten zuständig ist.

·      USDOS - US Department of State: Iran – Reciprocity Schedule, ohne Datum
https://travel.state.gov/content/travel/en/us-visas/Visa-Reciprocity-and-Civil-Documents-by-Country/IranIslamicRepublicof.html

„Temporary marriages (sigheh or ezdevaj-e movaghat) are religious marriages that are entered into for a specific period of time. These marriages are performed by ecclesiastical authorities and are not registered with the government.” (USDOS, ohne Datum)

Dr. Claudia Yaghoobi leitet das Zentrum für Nahost- und Islamstudien an der University of North Carolina at Chapel Hill.

Yaghoobi, Claudia: Temporary Marriage in Iran: Gender and Body Politics in Modern Iranian Film and Literature, Cambridge University Press, 2020
https://www.cambridge.org/core/books/temporary-marriage-in-iran/D47F5D068553F7145E7547C38819A1CA

„Under Iranian civil law, there are two recognized types of marriage: nekah (formal) marriage and sigheh (temporary or in Arabic mut‘a) marriage. The basis for nekah, which is socially superior to sigheh, is that the couple are required to wed permanently, and nothing should separate them but death or divorce. Within the limits of nekah, Islam permits sexual life. But in sigheh marriage, the couple outline the duration of the marriage and the specified financial obligation of the man towards his sigheh wife. In this type of marriage, there is no divorce and by the end of the specified time, temporary spouses separate from one another, unless they choose to renew the contract. The primary purpose of nekah is the establishment of family and procreation, while sigheh marriages are legal contracts, made mainly for sexual gratification. Hence, despite the legality and legitimization of both marriages in (Shi’i) Islam, sigheh marriages carry a social stigma that marks the couple, particularly the women, who enter such marriages, as well as the union itself, as inferior to nekah unions.” (Yaghoobi, 2020, S. 45-46)

„Thus, temporary marriage has survived and remained historically controversial. In spite of its legality, the value and popularity of temporary marriages have fluctuated among communities. For instance, sigheh marriages in modern Iran are stigmatized and (arguably) considered a form of legalized sex work, and sigheh wives are marginalized because the objective of sigheh marriages is sexual pleasure. However, the men who engage in sigheh unions are not stigmatized to the same extent. In contrast, nekah unions are associated with procreation, and hence are deemed honorable. This distinction between the two types of marriage is, however, not in the Quran.” (Yaghoobi, 2020, S. 46-47)

In contemporary Iran, the most significant differences between nekah and sigheh in the words of contemporary Iranian politico-religious scholar Mohammad Akbar Mohaqeq Deykundi are:

Determining the duration of mut‘a is a necessary condition (Article 1057 Civil Law), (2) determining the amount of mehr (dowry) is another necessary condition, the absence of which in the contract causes the cancellation of the marriage (Article 1095 Civil Law), (3) in temporary marriage, the husband is not required to pay alimony (nafaqeh) to the wife unless it is stated in the contract (Article 1113 Civil Law), (4) temporary marriage does not require formal divorce and the separation of the couple happens at the end of the stated time in the contract (Article 1120 Civil Law), (5) the temporary wife is required to keep ‘idda (a period of abstinence) for two menstrual cycles or 45 days, while three menstrual cycles are required in nekah, and (6) in temporary marriage, the couples do not inherit from one another (Article 94 and 1077 Civil Law).

Otherwise, the rest of the conditions for nekah and sigheh are the same. For instance, they share the following principles: (1) the marriage must be registered, (2) it must be consensual, (3) the couple must be at the legal age of marriage, and (4) for virgin girls, the father’s or guardian’s permission is required. While both nekah and sigheh marriages are supposed to be consensual, a double standard results from the perception of female virginity and the female body as male possessions in both types of marriage. Such assumptions deny women agency and require female passivity, which is evident in the language that surrounds sigheh marriage.” (Yaghoobi, 2020, S. 47)

[…] it is important to note that after the termination of sigheh a woman has to observe ‘idda (a period of abstinence) for two menstrual cycles. Such abstinence has been justified historically as a measure of determining whether or not the sigheh marriage has resulted in pregnancy. A child conceived in this period is considered legitimate and theoretically has inheritance rights equal to those of his or her nekah siblings. However, the law sides with the man if he denies the legitimacy of the child. Therefore, while sigheh unions might provide women with some level of social mobility, they do not provide security for the women or their children.” (Yaghoobi, 2020, S. 49)

Most men keep their sigheh marriages secret, which further contributes to the stigma and isolation that sigheh women experience. The nature of such secret relations therefore inherently denies subjectivity to sigheh women and requires them to remain invisible and vulnerable.” (Yaghoobi, 2020, S. 51)

Sigheh marriages have been controversial throughout the history of Iran; however, in modern Iran, according to political journalist and author Zohreh Aqayani, women have reached a point where they do not want to marry just any random suitor. In other words, among their various options, they either do not choose anyone or choose only the one they prefer. Formal marriage or nekah, which was once the foundation for establishing a stable family, is no longer favorable for the youth. Secret relationships and temporary marriages that result in the deterioration and crumbling of the family unit have become a trend for various reasons. It is believed that temporary marriage can solve the problems of the youth in some cases; however, if it becomes the norm, formal marriage, which is the cornerstone of a healthy society, will face serious threats. Instead, there should be plans for raising women’s awareness about their rights because when women gain confidence in themselves, according to Aqayani, they may well prefer to remain unmarried and alone than to undergo the consequences of a marriage which is doomed from the very beginning.” (Yaghoobi, 2020, S. 54-55)

„Temporary marriage as a contractual union offered an alternative that does not strengthen the relationship between two people because the cost of divorce or separation in such marriages is minimal. Rather, temporary marriage, which is proposed as a solution for men who cannot afford to marry formally, only benefits men. Because temporary wives are most often breadwinners of their household, if a child is born into a temporary marriage and the man cannot provide for that child, he is excused from responsibility, placing the financial burden solely on the woman.” (Yaghoobi, 2020, S. 73)