Anfragebeantwortung zum Irak: Lage von Rückkehrer·innen, die im Ausland des Terrorismus im Irak und der Mitgliedschaft in der Organisation Al-Qaida verdächtigt wurden [a-11897]

26. April 2022

Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Auskünften von Expert·innen und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

Dieses Produkt stellt keine Meinung zum Inhalt eines Ansuchens um Asyl oder anderen internationalen Schutz dar. Alle Übersetzungen stellen Arbeitsübersetzungen dar, für die keine Gewähr übernommen werden kann.

Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.

Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.

Lage von Rückkehrer·innen, die im Ausland des Terrorismus im Irak und der Mitgliedschaft in der Organisation Al-Qaida verdächtigt wurden

Es konnten als Teil der Recherche keine Erfahrungsberichte von/über Personen gefunden werden, die im Ausland des Terrorismus verdächtigt wurden und danach in den Irak zurückgekehrt sind. Gesucht wurde mittels ecoi.net, Factiva und Google auf Arabisch, Deutsch und Englisch nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Irak, Rückkehrer, Abschiebung, Rückkehr, Terrorismus, Terrorist, Verdacht, Al-qaida, Bagdad, Behörde, Verhaftung.

Laut einer auf den Irak spezialisierten und mit der Stanford University verbundenen Forscherin könne eine Person gefahrlos in den Irak zurückkehren und werde nicht strafrechtlich verfolgt, solange ihr Name nicht auf einer Sicherheitsliste erscheine. Es sei möglich, einen Vermittler zu bezahlen, um die verschiedenen Sicherheitslisten überprüfen zu lassen, um festzustellen, ob eine Anzeige erstattet und ein Haftbefehl erlassen worden sei. Ein Haupthindernis bestehe darin, dass es neben der Datenbank der Nationalen Sicherheit mehrere und widersprüchliche Listen der verschiedenen staatlichen Sicherheitsbehörden zu mutmaßlichen Mitgliedern von Terrororganisationen gebe. Mangelnde Zusammenarbeit und Wettbewerb zwischen den Behörden erhöhe die Komplexität. Außerdem ändere sich ständig, welche Liste bei welcher Stelle eingesehen werden müsse, und es sei äußerst schwierig, Informationen über Änderungen zu erhalten.

Darüber hinaus führe jede bewaffnete Gruppe auch ihre eigene Liste und habe ihre eigenen Hafteinrichtungen. Dies gelte insbesondere für Volksmobilisierungsgruppen (die Hashd), von denen einige mit dem Iran verbunden seien. Es müsse beachtet werden, dass diese Gruppen eine Person nur dann festnehmen würden, wenn sie ein Gebiet unter ihrer Kontrolle betrete. Auch kurdische Sicherheitsakteure hätten ihre eigenen Listen (das gelte nur für den Norden des Landes). Dies mache es extrem schwierig, eine vollständige Sicherheitsüberprüfung zu erhalten. In der Praxis koste es viel Geld, all diese Listen überprüfen zu lassen, und es könne viele Monate dauern.

Ein weiteres Problem bestehe darin, dass jede Person jederzeit in eine Liste aufgenommen werden könne, unter anderem aufgrund falscher (oder übertriebener) Anschuldigungen. Es seien Fälle von Personen bekannt, die versuchen würden, in ihr Herkunftsgebiet zurückzukehren, denen jedoch aufgrund von Problemen mit ihrem Stamm oder persönlichen Problemen eine Anklage drohe, insbesondere dann, wenn sich nahe Verwandte von ihnen dem IS (Islamischer Staat) angeschlossen hätten, oder wenn die Personen unter IS gelebt hätten und zum Beispiel als Lohnarbeiter für den IS tätig gewesen seien, etc. (theoretisch sollten einfache Arbeiter nicht strafrechtlich verfolgt werden, es sei denn, es werde eine Anzeige gegen sie eingebracht). Viele Menschen würden in ständiger Angst leben, aus Rache verhaftet zu werden. Jeder Checkpoint stelle ein Risiko dar. An dem einen Tag könne die Person ohne Probleme passieren, und am nächsten Tag könne die Person verhaftet werden.

Eine beschuldigte Person könne, nachdem eine Beschwerde eingereicht worden sei, manchmal für mehrere Monate inhaftiert werden, selbst wenn sich die Anschuldigung im Endeffekt als unbegründet herausstelle. Während dieser Haftzeit würden Familien befürchten, dass ihre Angehörigen gefoltert und dadurch zu einem Geständnis gezwungen werden könnten. Solch ein Geständnis werde in der Regel, auch im Falle des Nichtvorhandenseins von Zeugen, als für eine Verurteilung ausreichend angesehen. Es gebe weit verbreitete Berichte über Geständnisse, die unter Folter entstanden seien (Irak-Forscherin, 14. April 2022).

Laut einer Associate Professorin an der rechtlichen Fakultät der Duke University seien insbesondere seit dem Ausbruch des Konflikts mit dem IS im Jahr 2014 falsche Anschuldigungen wegen terroristischer Zugehörigkeit oder Aktivitäten weit verbreitet. Grund sei das irakische Anti-Terrorismus-Gesetz von 2005, das lediglich den Nachweis der „Mitgliedschaft“ oder „Verbindung“ mit einer terroristischen Vereinigung verlange und keinen Beweis dafür, dass ein Verbrechen begangen worden sei. Dies mache es sehr leicht, einen persönlichen Rivalen oder Feind des vage definierten Verbrechens der „Mitgliedschaft“ in oder „Verbindung“ mit einer terroristischen Organisation zu beschuldigen, wobei wenig oder gar keine Beweise für eine Verurteilung erforderlich seien.

Es seien Fälle beobachtet worden, in denen Personen zu Unrecht beschuldigt worden seien, sich dem IS angeschlossen zu haben. Zu den Gründen zählten der Wunsch, alte Rechnungen zu begleichen, oder Besitztümer und Land in den eigenen Besitz zu bringen (Associate Professor, 20. April 2022).

Haider Ala Hamoudi, Rechtsprofessor an der University of Pittsburgh, erklärt in einem Interview mit ACCORD im April 2022, dass Terrorvorwürfe von Einzelpersonen von der Polizei im Irak ernst genommen werden würden. Die meisten Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Terrorismus würden damit beginnen, dass ein Opfer oder Zeuge mit der Polizei spreche und eine andere Person als mutmaßlichen Terroristen melde. Die Polizei ignoriere solche Anschuldigungen nicht. Der Fall werde dann an den irakischen Antiterrordienst weitergeleitet und die Person werde zu einer Person von Interesse (‚person of interest‘), deren Name auf eine Fahndungsliste gesetzt werde. Die nächsten Schritte des Verfahrens seien von den individuellen Umständen abhängig (wer die Person sei, ihre Familie, ihre Stammesverbindungen, woher sie komme, ob andere Personen, die als nahestehend gelten würden, auch beschuldigt würden, welche Tat sie begangen haben solle und Ähnliches).

Ohne weitere Details des Falls selbst zu kennen, sei es unmöglich, eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit abzugeben, ob gegen die Person vorgegangen werde.

Wenn eine Person in den Irak zurückgeführt werde, würden die Grenzschutzbeamten den Namen der Person mit Fahndungslisten abgleichen. Wenn die Person von einer anderen Person als Terrorverdächtiger gemeldet worden sei, sei es sehr wahrscheinlich, dass ihr Name auf einer Fahndungsliste erscheine und Sicherheitsbeamte folglich Maßnahmen ergreifen würden.

Es sei unklar, inwieweit irakische Grenzschutzbeamte Recherchen zu den Aktivitäten einer Person im Ausland durchführen würden, es bestehe jedoch die Möglichkeit, dass solche Recherchen durchgeführt würden.

Selbst wenn eine Person die Grenzkontrolle passieren könne, könne sie jederzeit von Interesse für die Sicherheitsbeamten werden, wenn ihre mutmaßlichen terroristischen Aktivitäten zu einem späteren Zeitpunkt der Polizei gemeldet würden.

Ein faires Verfahren könne im Irak nicht garantiert werden. Tatsächlich würden die meisten Terrorismusprozesse weniger als eine Stunde dauern und über 90 Prozent würden zu Verurteilungen führen. Eine beunruhigend hohe Zahl scheine erzwungene Geständnisse zu beinhalten, denen die Richter·innen nicht nachgehen würden.

Zusammenfassend lasse sich sagen, dass die Messlatte, dass die Polizei tätig werde in terroristischen Fällen niedrig sei, die Risiken für den/die Beschuldigte/n jedoch hoch (Hamoudi, 25. April 2022).

Allgemeine Situation von Personen, die im Irak des Terrorismus und der Mitgliedschaft in der Organisation Al-Kaida verdächtigt werden

Rechtliche Grundlage

Artikel 4 des irakischen Anti-Terrorismus-Gesetzes besagt, dass jede Person, die als Haupttäter·in oder als Beteiligte/r eine in den Artikeln 2 und 3 des Gesetzes genannte terroristische Handlungen begangen hat, zum Tode verurteilt wird. Eine Person, die Terrorist·innen dazu anstiftet, plant, finanziert oder dabei unterstützt, die im Gesetz genannten Verbrechen zu begehen, wird mit der gleichen Strafe bestraft wie der/die Haupttäter·in (Anti-Terrorism Law, 7. November 2005, Artikel 4).

Zahl der zum Tode Verurteilten im Irak

Im September 2021 schreibt die im saudischem Besitz befindliche Tageszeitung Al-Sharq Al-Awsat, dass es laut dem irakischen Justizministerium mehr als 50.000 Inhaftierte im Irak gebe, von denen mehr als die Hälfte zum Tode verurteilt sei (Al-Sharq Al-Awsat, 7. September 2021).

Die türkische staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Agency (AA) zitiert eine/n Mitarbeiter·in des irakischen Justizministeriums, der/die den von Al-Sharq Al-Awsat berichteten Informationen widerspreche. Es gebe im Irak zwischen 1.000 und 1.500 zum Tode verurteilte Gefangene. Die Zeitspanne zwischen Todesurteil und Hinrichtung liege bei drei bis fünf Jahren, da das Urteil eine Reihe von Verfahren durchlaufen müsse. Jede Hinrichtung bedürfe der Zustimmung des Präsidenten der Republik. Laut dem Sprecher des Justizministeriums, Ahmed Laibi, sei die genaue Anzahl von Todeszelleninsass·innen nicht bekannt. AA berichtet, dass Mitglieder von IS und Al-Qaida nach Artikel 4 des irakischen Anti-Terrorismus-Gesetzes verurteilt würden (AA, 7. September 2021).

Behandlung angeklagter Terrorist·innen und zum Tode Verurteilter durch Gerichte und Behörden

Rudaw berichtet im Jänner 2021, dass der irakische Präsident drei Tage nach einem Selbstmordattentat in Bagdad mehr als 340 Todesurteile unterzeichnet habe. Laut Belkis Wille von Human Rights Watch werde die Todesstrafe als ein politisches Instrument eingesetzt. Wille erklärt gegenüber Rudaw, dass Politiker·innen im Irak auf Ankündigungen von Massenhinrichtungen zurückgreifen würden, um der Öffentlichkeit zu signalisieren, dass sie Terrorismus ernst nehmen würden, ohne darauf Rücksticht zu nehmen, dass die Gerichtsverfahren grundlegend fehlerhaft seien und sich oft auf durch Folter erpresste Geständnisse stützen würden. Es gebe keine Gewissheit innerhalb des irakischen Systems, dass Menschen, die zum Tode verurteilt würden, tatsächlich schuldig seien. Ali Al-Bayati, ein Mitglied des irakischen Hochkommissariats für Menschenrechte, habe ebenfalls angegeben, dass er sich nicht sicher sein könne, ob die Gerichtsverfahren fair geführt würden. Die Kommission werde meistens daran gehindert, Gefangene zu besuchen und mit ihnen zu sprechen oder die Gerichtsverfahren zu beobachten. Laut einem Dokument, das Rudaw am 17. Jänner 2021 von der irakischen Reformabteilung des Justizministeriums erhalten habe, seien mindestens 41.049 Menschen im Irak inhaftiert, darunter 22.380, die wegen terroristischer Anklagen verurteilt worden seien (Rudaw, 24. Jänner 2021).

Zwischen Mai 2018 und Ende Oktober 2019 beobachtete UNAMI (United Nations Assistance Mission for Iraq) 794 Anhörungen vor Strafgerichten im Irak, 619 davon betrafen mit Terrorismus in Zusammenhang stehende Fälle. Zu den Beobachtungen wurde im Jänner 2020 ein gemeinsamer Bericht mit OHCHR veröffentlicht. In 77 Prozent aller beobachteten „Terrorismusfälle“, bei denen das Gericht eine/n Pflichtanwält·in für den/die Angeklagte/n bestellt habe, sei der/die Anwält·in fast ausschließlich erst zu Beginn der Hauptverhandlung eingesetzt worden. Der/Die Anwält·in habe aus diesem Grund wenig oder gar keine Gelegenheit gehabt, sich mit den Akten vertraut zu machen oder eine Verteidigung vorzubereiten. Laut UNAMI und OHCHR hätten die vom Gericht bestellten Anwält·innen selten Vorkenntnisse über die Beweise, die während der Ermittlungsverhandlungen vorgelegt worden seien, oder von dem Fall selbst gehabt. Auch Privatanwält·innen hätten angegeben, dass ihnen insbesondere in der Ermittlungsphase häufig keine Einsicht in Gerichtsakten gewährt worden sei (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 6-7).

UNAMI und OHCHR merken an, dass Angeklagten generell ein/e Pflichtanwält·in zur Seite gestellt worden sei, diese/r sich jedoch in der Regel sehr passiv verhalten habe und vor Gericht nicht interveniert habe (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 7).

In mindestens 69 Prozent aller Terrorismusfälle seien neben Geständnissen auch anonyme Zeugenaussagen und Sicherheits- oder Geheimdienstberichte als Beweismittel zugelassen worden, auf die sich das Urteil in erster Linie gestützt habe. UNAMI habe keinen Fall beobachtet, in dem die Verteidigung die Möglichkeit gehabt habe, anonyme Zeugenaussagen durch ein Kreuzverhör des/der Zeug·in anzufechten oder zu widerlegen. Geständnisse hätten eine zentrale Rolle gespielt. In 366 von 436 Fällen, in denen Angeklagte während der Untersuchungsphase ein Geständnis abgegeben hätten, hätten die Angeklagten ihr Geständnis vor Gericht wieder zurückgenommen. In 260 Fällen seien Vorwürfe der Folter oder Misshandlung während des Verhörs erhoben worden (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 8). UNAMI erhalte sei Jahren glaubwürdige Berichte über Folter und Misshandlungen durch Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden im Irak, insbesondere um Geständnisse zu erpressen. In den von UNAMI beobachteten Fällen hätten Richter·innen auch Geständnisse als Beweismittel zugelassen, bei denen behauptet worden sei, dass sie durch Folter oder Misshandlung erzwungen worden seien. In nur einem Fall sei ein Geständnis aus diesem Grund für unzulässig erklärt worden. In 13 Fällen habe UNAMI Einsicht in medizinische Berichte gehabt, die Anzeichen von Folter und Misshandlung bestätigt hätten (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 9).

Die meisten Angeklagten seien nach Artikel 4 des Anti-Terrorismus-Gesetzes verurteilt worden, wobei Richter·innen lediglich den Nachweis der Mitgliedschaft in oder einer Verbindung zu einer terroristischen Vereinigung verlangt hätten und nicht den Beweis, dass ein bestimmtes Verbrechen begangen worden sei (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 9-10).

In den von UNAMI beobachteten Fällen seien 229 beschuldigt worden, an Gewalttaten oder Kämpfen gegen die irakischen Sicherheitskräfte teilgenommen zu haben und in 305 Fällen habe sich die Anklage im Allgemeinen auf „Beitritt zu einer terroristischen Organisation“ bezogen. Diese Fälle hätten unter anderem Familienmitglieder von IS-Kämpfern, sowie Personen die Kämpfer verpflegt und medizinisch versorgt hätten betroffen. UNAMI habe festgestellt, dass Richter·innen die gesetzlich vorgeschriebene Todesstrafe nicht in allen Terrorismusfällen angewandt hätten, jedoch habe es wenig Einheitlichkeit oder Klarheit hinsichtlich der Grundlage der Urteilsentscheidung gegeben (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 10). In mindestens 19 Anhörungen seien Angeklagte zum Tode verurteilt worden, obwohl sich der Vorwurf nur auf die bloße „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ bezogen habe, ohne Bezugnahme auf irgendwelche Gewalttaten (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 12).

Für einen weiteren Bericht über Folter und Misshandlung im Irak vom August 2021 hätten UNAMI und OHCHR 235 Gefangene im Irak zwischen Juli 2019 und Ende April 2021 interviewt. Laut UNAMI/OHCHR seien Folter- und Misshandlungsvorwürfe in Haftanstalten im gesamten Irak weit verbreitet. In Terrorismusfällen hätten 48 von 92 Befragten von Folter oder Misshandlung berichtet (UNAMI/OHCHR, August 2021, S. 11). Rechtsanwält·innen hätten regelmäßig berichtet, dass sie mit Einschränkungen beim Zugang zu Hafteinrichtungen konfrontiert seien, insbesondere in Fällen mit Terrorismusbezug (UNAMI/OHCHR, August 2021, S. 14).

HRW (Human Rights Watch) schreibt in seinem Irakkapitel des 2022 veröffentlichten Jahresberichts, dass Strafverfahren gegen Angeklagte, die nach dem irakischen Terrorismusgesetz angeklagt seien (meist wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft im IS), im Allgemeinen übereilt geführt würden und keine Beteiligung der Opfer inkludieren würden. Die Verurteilungen würden in erster Linie auf Geständnissen basieren, einschließlich solcher, die offenbar durch Folter erpresst worden seien. Die Behörden hätten systematisch die Rechte von Verdächtigen auf ein ordnungsgemäßes Verfahren verletzt, wie z.B. die Garantie, dass Inhaftierte innerhalb von 24 Stunden einen Richter sehen könnten, während der Verhöre Zugang zu einem/r Anwält·in hätten und dass ihre Familien benachrichtigt würden und mit ihnen kommunizieren könnten (HRW, 13. Jänner 2022).

ECPM (Ensemble Contre la Peine de Mort, Together against the death penalty) und The World Coalition Against the Death Penalty veröffentlichen im Jänner 2022 einen Bericht über Einhaltung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) durch den Irak in Bezug auf die Todesstrafe. Der Bericht legt dar, dass Menschen nach dem Anti-Terrorismus-Gesetz zum Tode verurteilt würden, unabhängige von ihrer Verantwortung innerhalb der Organisation oder bezüglich der ihnen zur Last gelegten Straftaten. Daher könnten Krankenschwestern und Köche einer terroristischen Organisation genauso wie Personen, die direkt an Feindseligkeiten beteiligt seien, zum Tode verurteilt werden. Im Jahr 2020 hätten die irakischen Behörden im Nasiyirah-Zentralgefängnis Massenhinrichtungen mit jeweils 21 Hinrichtungen im Oktober sowie im November durchgeführt (ECPM/The World Coalition Against the Death Penalty, 31. Jänner 2022, S. 3).

Die Praxis der Folter zur Erlangung von Geständnissen scheine bei Prozessen im Zusammenhang mit Terrorismus, die zu Todesurteilen führen würden, sehr verbreitet zu sein. Der Bericht führt das Beispiel eines Mannes an, der 2016 gemäß Artikel 4 verurteilt worden sei und dessen Behauptungen, dass er misshandelt und gefoltert worden sei, das Gericht nicht geglaubt habe (ECPM/The World Coalition Against the Death Penalty, 31. Jänner 2022, S. 4). Auch Anfang 2020 hätten zwei im Irak zu Tode verurteilte Franzosen über Folter und Demütigungen im Gefängnis von Al-Rosafa berichtet (ECPM/The World Coalition Against the Death Penalty, 31. Jänner 2022, S. 5). Laut Informationen, die ECPM Anfang 2021 zur Verfügung gestellt worden seien, hätten die zum Tode verurteilten französischen Staatsbürger, die im Al-Rosafa-Gefängnis in Bagdad inhaftiert seien, ihre Zellen nur einmal alle zwei Wochen verlassen dürfen. Sie seien in Zellen mit zwischen 20 und 70 Häftlingen festgehalten worden (ECPM/The World Coalition Against the Death Penalty, 31. Jänner 2022, S. 5-6).

Jüngste Verurteilungen von Al-Qaida-Mitgliedern

Rudaw berichtet im Juni 2021, dass ein irakisches Strafgericht einen religiösen Führer von Al-Qaida in Salahddin zum Tode verurteil habe (Rudaw, 14. Juni 2021).

Laut BasNews habe ein irakisches Gericht in Dhi Qar im November 2021 acht Al-Qaida-Mitglieder zum Tode verurteilt. Berichten zufolge hätten die acht Mitglieder einen bewaffneten Angriff auf einen Sicherheitskontrollpunkt in der Nähe der Hauptstadt Bagdad unternommen, bei dem mehrere Menschen getötet und verletzt worden seien (BasNews, 2. November 2021).

Die kurdische Nachrichtenwebseite Shafaq News berichtet im Dezember 2021, dass ein Strafgericht in Dhi Qar ein Al-Qaida-Mitglied auf Grundlage von Artikel 4 des Anti-Terrorismus-Gesetzes zum Tode verurteilt habe (Shafaq News, 1. Dezember 2021).

Im Februar 2022 habe das Strafgericht von Dhi Qar ein Todesurteil gegen zwei Al-Qaida-Mitglieder verhängt, die seit acht im inhaftiert gewesen seien, weil sie Bewohner·innen von Latifiya in Bagdad getötet hätten (Shafaq News, 28. Februar 2022).

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 26. April 2022)

·      AA - Anadolu Agency: Irak.. Gefangene in Todeszelle könnte 1.500 erreichen
[العراق.. عدد المحكومين بالإعدام قد يصل إلى 1500 شخص], 7. September 2021
https://www.aa.com.tr/ar/%D8%A7%D9%84%D8%AF%D9%88%D9%84-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A8%D9%8A%D8%A9/%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A7%D9%82-%D8%B9%D8%AF%D8%AF-%D8%A7%D9%84%D9%85%D8%AD%D9%83%D9%88%D9%85%D9%8A%D9%86-%D8%A8%D8%A7%D9%84%D8%A5%D8%B9%D8%AF%D8%A7%D9%85-%D9%82%D8%AF-%D9%8A%D8%B5%D9%84-%D8%A5%D9%84%D9%89-1500-%D8%B4%D8%AE%D8%B5/2358112

·      Al-Sharq Al-Awsat: 50.000 Gefangene im Irak, die Hälfte davon im Todestrakt
[
ألف سجين في العراق نصفهم محكوم بالإعدام 50], 7. September 2021
https://aawsat.com/home/article/3174701/50-%D8%A3%D9%84%D9%81-%D8%B3%D8%AC%D9%8A%D9%86-%D9%81%D9%8A-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A7%D9%82-%D9%86%D8%B5%D9%81%D9%87%D9%85-%D9%85%D8%AD%D9%83%D9%88%D9%85-%D8%A8%D8%A7%D9%84%D8%A5%D8%B9%D8%AF%D8%A7%D9%85

·      Anti-Terrorism Law (Law No. 13 of 2005), Iraq, 7. November 2005
https://www.refworld.org/docid/5bd093414.html

·      Associate Professor, E-Mail-Auskunft, 20. April 2022

·      BasNews: Iraq Sentences Eight Members of Al-Qaeda to Death, 2. November 2021
https://www.basnews.com/en/babat/721343

·      ECPM (Together against the death penalty) / The World Coalition Against the Death Penalty: Iraq, Iraq’s compliance with the international covenant on civil and political rights (ICCPR) regarding the death penalty, 134th session of the Human Rights Committee, 28 February 2022 – 25 March 2022, 31. Jänner 2022
https://www.ecpm.org/wp-content/uploads/Irak-ICCPR-040222-MD.pdf

·      Hamoudi, Haider Ala, Interview, 25. April 2022

·      HRW – Human Rights Watch: World Report 2022 - Iraq, 13. Jänner 2022
https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html

·      Irak-Forscherin, E-Mail an ACCORD, 14. April 2022

·      Rudaw: Iraq ratifies over 340 death sentences following ISIS suicide bombings, 24. Jänner 2021
https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/24012021

·      Rudaw: Iraq sentences al-Qaeda member to death, 14. Juni 2021
https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/14062021

·      Shafaq News: Irak verurteilt Swat-Funktionär von Al-Qaida zum Tode
[
العراق يحكم بالاعدام على مسؤول "سوات" في تنظيم القاعدة], 1. Dezember 2021
https://shafaq.com/ar/%D8%A3%D9%85%D9%80%D9%86/%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A7%D9%82-%D9%8A%D8%AD%D9%83%D9%85-%D8%A8%D8%A7%D9%84%D8%A7%D8%B9%D8%AF%D8%A7%D9%85-%D8%B9%D9%84%D9%89-%D9%85%D8%B3-%D9%88%D9%84-%D8%B3%D9%88%D8%A7%D8%AA-%D9%81%D9%8A-%D8%AA%D9%86%D8%B8%D9%8A%D9%85-%D8%A7%D9%84%D9%82%D8%A7%D8%B9%D8%AF%D8%A9

·      Shafaq News: Iraq issues a sentence of death against Al-Qaeda members, 28. Februar 2022
https://shafaq.com/en/All-News/Iraq-issues-a-sentence-of-death-against-Al-Qaeda-members

·      UNAMI - United Nations Assistance Mission for Iraq/ OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights: Human Rights in the Administration of Justice in Iraq: Trials under the anti-terrorism laws and implications for justice, accountability and social cohesion in the aftermath of ISIL, 28. Jänner 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2025174/Iraq_-_ISIL_trials_under_the_anti-terrorism_laws_and_the_implications_for_justice_28012020.pdf

·      UNAMI - United Nations Assistance Mission for Iraq/ OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights: Human Rights in the Administration of Justice in Iraq: legal conditions and procedural safeguards to prevent torture and ill-treatment, August 2021
https://www.ecoi.net/en/file/local/2057399/UNAMI_Report_Administration_of_Justice_EN.pdf


 

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen

Law No. 13 of 2005 ist das irakische Anti-Terrorismus-Gesetz.

·      Anti-Terrorism Law (Law No. 13 of 2005), Iraq, 7. November 2005
https://www.refworld.org/docid/5bd093414.html

„1. Any one who committed, as a main perpetrator or a participant, any of the terrorist acts stated in the second & third articles of this law, shall be sentenced to death. A person who incites, plans, finances, or assists terrorists to commit the crimes stated in this law shall face the same penalty as the main perpetrator.

2. Any one, who intentionally covers up any terrorist act or harbors a terrorist with the purpose of concealment, shall be sentenced to life imprisonment.“ (Anti-Terrorism Law, 7. November 2005, Artikel 4)

BasNews ist eine in Erbil (in der Autonomen Region Kurdistan, Irak) angesiedelte Nachrichtenagentur.

·      BasNews: Iraq Sentences Eight Members of Al-Qaeda to Death, 2. November 2021
https://www.basnews.com/en/babat/721343

„A court in Iraq has sentenced eight members of al-Qaeda to death, a security source said on Tuesday.

The death penalties were reportedly issued by the criminal court in Dhi Qar province in accordance with Article 4 of the Anti-Terrorism Law, the source confirmed to Shafaq News.

The eight members had reportedly launched an armed attack on a security checkpoint in the vicinity of the capital Baghdad which killed and wounded several people, the source added.“ (BasNews, 2. November 2021)

ECPM (Ensemble Contre la Peine de Mort, Together against the death penalty) ist eine französische NGO, die sich für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe einsetzt.

Das Ziel der World Coalition Against the Death Penalty ist die Ratifizierung der internationalen und regionalen Protokolle zur Abschaffung der Todesstrafe.

·      ECPM (Together against the death penalty) / The World Coalition Against the Death Penalty: Iraq, Iraq’s compliance with the international covenant on civil and political rights (ICCPR) regarding the death penalty, 134th session of the Human Rights Committee, 28 February 2022 – 25 March 2022, 31. Jänner 2022
https://www.ecpm.org/wp-content/uploads/Irak-ICCPR-040222-MD.pdf

„Most of the death sentences are issued on terrorism-related charges. The Anti-Terrorism Law gives a very broad definition of a terrorist act (see Article 2 of the law). Furthermore and according to the law, a ‘person who incites, plans, finances, or assists terrorists to commit the crimes stated in this law shall face the same penalty as the main perpetrator’ (Article 4). There is no gradation in the penalties prescribed. Therefore, people are sentenced to death under the Anti-Terrorism Law regardless of their responsibility within the organisation or the offenses they are accused of. Both a nurse working in a hospital controlled by the Islamic State or a cook for the organisation can be sentenced to death such as someone directly involved in hostilities. In addition, the death penalty is mandatory under the Anti-Terrorism Law, meaning that the judges do not have any other choice than sentencing people to death.

In 2020, the Iraqi authorities conducted mass executions at the Nasiyirah Central prison with 21 executions in October and likewise in November. At that time, several UN experts, the European Union and the UN High Commissioner for Human Rights expressed deep concern about the waves of executions of nationals on terrorism-related charges, worrying that it was part of a wider plan to execute 4,000 prisoners on death row in Iraq.“ (ECPM/The World Coalition Against the Death Penalty, 31. Jänner 2022, S. 3)

„The practice of torture to obtain confessions seems very common for terrorism-related trials leading to death sentences. One example is the case of Mr Al Dulaimi sentenced to death in 2016 under Article 4 of the Anti-Terrorism Law. Mr Al Dulaimi had claimed that he had been tortured and forced to sign a ‘confession’ and that he still bore the marks of the abuse. The judge did not request a medical examination or an investigation and the court decision stated that Mr Al Dulaimi had inflicted the injuries shown during the hearing on himself in order to convince the court that he had been ill-treated.“ (ECPM/The World Coalition Against the Death Penalty, 31. Jänner 2022, S. 4)

„Allegations of torture and ill-treatments are also common in detention places. At the beginning of 2020, two French citizens sentenced to death in Iraq reported constant threats, both verbal and physical, from Al-Rosafa prison guards, as well as acts of torture and humiliation.“ (ECPM/The World Coalition Against the Death Penalty, 31. Jänner 2022, S. 5)

„According to information made available to ECPM at the beginning of 2021, the French citizens sentenced to death and detained at Al-Rosafa prison in Bagdad were allowed to go out of their cells only once every two weeks. They were held in cells containing 20 to 70 prisoners depending on the period. Only the nationals were allowed a few visits, but only from their mothers.“ (ECPM/The World Coalition Against the Death Penalty, 31. Jänner 2022, S. 5-6)

Human Rights Watch (HRW) ist eine international tätige Menschenrechtsorganisation.

·      HRW – Human Rights Watch: World Report 2022 - Iraq, 13. Jänner 2022
https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html

„Criminal trials of defendants charged under Iraq’s overbroad terrorism law, most often for alleged membership in the Islamic State (ISIS), were generally rushed and did not involve victim participation. Convictions were based primarily on confessions including those apparently extracted through torture. Authorities systematically violated the due process rights of suspects, such as guarantees under Iraqi law that detainees see a judge within 24 hours, have access to a lawyer throughout interrogations, and that their families are notified and be able to communicate with them.“ (HRW, 13. Jänner 2022)

Rudaw ist ein in der Autonomen Region Kurdistan (Irak) ansässiges kurdisches Mediennetzwerk.

·      Rudaw: Iraq ratifies over 340 death sentences following ISIS suicide bombings, 24. Jänner 2021
https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/24012021

„Iraq’s president ratified more than 340 death sentences for people with terrorism and other criminal charges, state media reported on Sunday, just three days after Islamic State (ISIS) group suicide bombers killed dozens of civilians in Baghdad. […]

Human Rights Watch described the mass execution order as politically motivated, rather than a move made out of concern for justice.

‘This announcement unfortunately speaks to a concern we have had for many years in Iraq that the death penalty is used as a political tool more than anything else,’ Belkis Wille, the watchdog's senior crisis and conflict researcher, told Rudaw English on Sunday.

‘Leaders resort to announcements of mass executions, simply to signal to the public they are taking terrorism seriously, without any regards for the fact that the trials are so fundamentally flawed and often so relied on confessions extracted by torture,’ said Wille.

‘There is no certainty within the Iraqi system that people that are getting the death penalty are guilty for the crime that they are said to have committed,’ she added.

Ali al-Bayati, a member of the Iraqi High Commission for Human Rights, also said he could not be sure that trials were being conducted fairly.

‘The commission has not been able to ensure the transparency of these court rulings as the commission is not allowed to do its job,’ said the commissioner. ‘Most of the times we get prevented from visiting and speaking to prisoners, or overseeing their trials; therefore, it is difficult to determine the fairness of these trials and ratifications.’ […]

At least 41,049 people are imprisoned in Iraq, including 22,380 convicted on terror-related charges, according to a document obtained by Rudaw on January 17th from the Ministry of Justice’s Iraqi Reform Department.“ (Rudaw, 24. Jänner 2021)

·      Rudaw: Iraq sentences al-Qaeda member to death, 14. Juni 2021
https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/14062021

„An Iraqi criminal court handed down two death sentences to a senior al-Qaeda religious leader member, the Supreme Judicial Council announced on Monday.

The unnamed person was the Sharia Mufti of al-Qaeda in Salahddin province, the Supreme Judicial Council stated. He confessed to working as a religious mufti in the terror group and to being a founding member of al-Qaeda in Shirqat, 250 kilometres north of Baghdad. He had several meetings with Abu Musab al-Zarqawi, al-Qaeda’s former leader in Iraq who was killed in a US airstrike in 2006.“ (Rudaw, 14. Juni 2021)

Shafaq News ist eine kurdische Nachrichtenwebsite, die auf Arabisch, Englisch und Kurdisch berichtet.

·      Shafaq News: Iraq issues a sentence of death against Al-Qaeda members, 28. Februar 2022
https://shafaq.com/en/All-News/Iraq-issues-a-sentence-of-death-against-Al-Qaeda-members

„On Monday, a Criminal Court issued a death sentence against two terrorists from Baghdad.

A security source told Shafaq News Agency, ‘The Criminal Court in Dhi Qar Governorate issued a sentence of death by hanging against two al-Qaeda members who were in prison for eight years for killing citizens in the Latifiya area in Baghdad.’“ (Shafaq News, 28. Februar 2022)

Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak (UNAMI, UN Assistance Mission in Iraq) ist eine politische Mission der Vereinten Nationen, die Bemühungen zur Entwicklung des Irak auf humanitärer und politischer Ebene sowie im Hinblick auf Wahlen fördert.

Das Hohe Kommissariat der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) ist eine Abteilung des Sekretariats der Vereinten Nationen mit dem Auftrag, Menschenrechte zu fördern und zu schützen sowie Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.

·      UNAMI - United Nations Assistance Mission for Iraq/ OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights: Human Rights in the Administration of Justice in Iraq: Trials under the anti-terrorism laws and implications for justice, accountability and social cohesion in the aftermath of ISIL, 28. Jänner 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2025174/Iraq_-_ISIL_trials_under_the_anti-terrorism_laws_and_the_implications_for_justice_28012020.pdf

„Of the 475 hearings (77 per cent of all terrorism-related cases observed) where the court had appointed a defence counsel for the defendant, defence lawyers were almost exclusively assigned at the beginning of the trial session only, and therefore had little or no opportunity to familiarize themselves with the case file or prepare their defence. With some rare exceptions, court-appointed lawyers did not request an adjournment either to allow them to consult with their client or review the case file in detail in order to prepare an adequate defence. […]

Defence lawyers also reported that there was generally no continuity between court-appointed lawyers who represented defendants during the investigative hearings and those who represented them at trial. As a consequence, the court-appointed defence lawyers rarely had prior knowledge of the evidence presented during the investigative hearings or of the case itself.

Similarly, private lawyers raised concerns that they were frequently not granted permission to access to court files, in particular during the investigation phase.“ (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 6-7)

„It was observed that the courts mostly abided by the requirement to assign a court-appointed lawyer where the defendant did not have a lawyer of his/her own choosing and postponed hearings if the defence lawyer was not present. Out of 619 hearings, UNAMI attended five which continued without the presence of a defence lawyer. Of serious concern, UNAMI received consistent reports that no lawyer was allowed to be present during interrogation by police or other security forces.

Moreover, it was consistently observed that defence counsel, in particular court-appointed lawyers, usually played a passive role during both the investigative hearing and trial stages. The typical role of court-appointed lawyers at trial appeared to be limited to requesting the court to exercise leniency towards the defendant, without posing any questions or carrying out other interventions.“ (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 7)

„In at least 428 cases (69 per cent of all terrorism-related cases observed), in addition to confessions, the evidence admitted – and primarily relied upon – included anonymous witness statements and information based on security or intelligence reports. UNAMI did not observe any instance where the defence counsel had the opportunity to challenge or refute such reports by cross-examining the anonymous witness(es), or where the judge adopted other measures to appropriately compensate for the disadvantage for the defence. […]

Confessions played a central role in the prosecution and were frequently referred to as evidence. In 436 out of 619 of the terrorism-related hearings observed (70 per cent), defendants confessed at some stage in the proceedings. However, UNAMI attended 366 hearings (59 per cent) where defendants who had confessed during the investigation stage subsequently withdrew their confessions at trial.

In 260 terrorism-related hearings observed throughout the country (42 per cent), defendants or defence lawyers raised allegations of torture or ill-treatment that had occurred during interrogation, including four women and 26 defendants who were children at the time of the commission“ (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 8)

„Whilst UNAMI has no means of verifying the allegations made by the individual defendants, it has been receiving credible reports of torture and ill-treatment by law enforcement and security authorities in Iraq for many years, in particular for the purpose of forced confessions.

In the hearings attended by UNAMI, judges generally did not question evidence obtained from confession, including when the defendants claimed this was extracted through torture or ill-treatment, and were nonetheless appeared to admit the confession as evidence. In 13 hearings, monitors observed medical reports presented which appeared to confirm signs of torture or ill-treatment. It remained unclear how these reports influenced the judge’s decision in each case: defendants were acquitted in five monitored hearings during which torture or ill-treatment related allegations were raised, while in four other cases, defendants received sentences of 15 years of imprisonment each. On only one occasion, the court declared a confession to be inadmissible because it had been extracted under duress.“ (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 9)

„In the hearings attended, defendants were sentenced almost exclusively under article 4 of the Federal Anti-Terrorism Law, which sets out rules for sentencing – the court does not determine any specific terrorist act prescribed elsewhere in the law as basis for the conviction.

As a consequence, judges required mere proof of ‘membership’ of, or ‘association’ with, a terrorist group, rather than any proof that the alleged conduct was in furtherance of a specific underlying crime. During pronouncements of sentences, judges generally did not provide an assessment of the evidence relied upon.“ (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 9-10)

„In light of the provisions of the Federal Anti-Terrorism Law, the broad interpretation of ‘membership’ or ‘association’ allowed courts to convict a wide range of defendants. While UNAMI recorded 229 cases where individuals were accused of participating in acts of violence or ‘fighting against the Iraqi Security Forces’, it also attended 305 hearings where the accusation generally referred to ‘joining a terrorist organization’. Cases involved persons providing basic support to ISIL [Islamic State of Iraq and the Levant] members, such as cooking or selling vegetables and family members of ISIL members, including women and children.

UNAMI notes that – despite the mandatory application of the death penalty required by the Federal Anti-Terrorism Law – Federal courts in fact imposed a range of sentences for terrorist offences ranging from one year to 19 years of imprisonment. This appears to indicate an attempt among some judges, notwithstanding the applicable legal framework, to consider the individual circumstances of cases and the severity of the crimes committed.

However, UNAMI observed little consistency or clarity as to the basis on which sentencing decisions were reached. Similar facts presented during hearings resulted in differing convictions, ranging from death sentences and life sentence to lesser terms of imprisonment or, on some occasions, acquittal.

In cases monitored, no account was taken of the extent to which a defendant’s association with ISIL was voluntary or coerced, including wives and children of ISIL fighters. As a particular concern, UNAMI observed two hearings in which the courts sentenced defendants because they had provided medical services to ISIL fighters.“ (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 10)

„In at least 19 hearings, observations indicate that the defendants were sentenced to death even though the accusation only referred to mere ‘membership of a terrorist organization’ without reference to any acts of violence.“ (UNAMI/OHCHR, 28. Jänner 2020, S. 12)

·      UNAMI - United Nations Assistance Mission for Iraq/ OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights: Human Rights in the Administration of Justice in Iraq: legal conditions and procedural safeguards to prevent torture and ill-treatment, August 2021
https://www.ecoi.net/en/file/local/2057399/UNAMI_Report_Administration_of_Justice_EN.pdf

„Allegations of torture and ill-treatment are common in places of detention throughout Iraq. […] UNAMI/OHCHR found similar patterns in terrorism-related and other criminal cases (in terrorism cases, 48 out of 92 interviewees reported torture or ill-treatment).“ (UNAMI/OHCHR, August 2021, S. 11)

„Lawyers also regularly reported that they face restrictions to access places of detention, particularly in the investigative phases of the proceedings and in terrorism-related cases.“ (UNAMI/OHCHR, August 2021, S. 14)