Document #2067698
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Author)
17. Jänner 2022
Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Auskünften von Expert·innen und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.
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Gelten Zöllner als Teil des Sicherheitsapparats in Syrien?
Artikel 1 des syrischen Zollgesetzes, Nr. 38 von 2006, besagt, dass die Zollverwaltung mit dem Finanzminister verbunden ist (Gesetz 38 von 2006, Artikel 1).
Laut Artikel 192 desselben Gesetzes gelten Zollbeamt·innen hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Kriminalbeamt·innen; sie gelten im Rahmen ihrer Zuständigkeit als allgemeine Sicherheitskräfte und Kriminalbeamt·innen. Der Artikel bestimmt, dass Zollbeamt·innen im Falle einer begangenen Straftat, die sich aus ihrer Tätigkeit beim Zoll ergeben hat, nur dann strafrechtlich verfolgt werden können, wenn eine durch Beschluss des Justizministers gebildete Kommission zustimmt (Gesetz 38 von 2006, Artikel 192).
Artikel 193 des Zollgesetzes gibt an, dass zivile und militärische Behörden sowie die Kräfte der inneren Sicherheit, Zollbeamt·innen in ihrer Arbeit volle Unterstützung zukommen zu lassen haben (Gesetz 38 von 2006, Artikel 193).
Laut Artikel 194 ist das Tragen einer Waffe für Zollbeamt·innen erlaubt, wenn es die Art ihrer Arbeit erfordert (Gesetz 38 von 2006, Artikel 194).
Das Syrische Zentrum für Rechtstudien und Rechtforschung (LS-Center), eine Nonprofit-Organisation mit Sitz in Berlin, die sich für Menschenrechte in Syrien sowie den Wiederaufbau der Rechtstruktur einsetzt, berichtet in einem Artikel vom September 2018 über Sicherheitsdienste in Syrien. Laut dem Artikel gebe es in Syrien als Teil der Sicherheitsbehörden eine Abteilung, die Zollverwaltung genannt werde. Diese Abteilung sei auf die Überwachung des Waren- und Handelsverkehrs in Syrien sowie zwischen Syrien und dem Ausland und den Freizonen spezialisiert. Sie sei auf alle Grenzhäfen und Freizonen verteilt. Es sei eine unabhängige Abteilung, die mit dem Nationalen Sicherheitsbüro verbunden sei, und es gebe ein Geheimbüro, das die Zollbeamt·innen überwache und ihre Bewegungen kontrolliere (LS-Center, 29. September 2018).
Gilt unerlaubtes Verlassen des Landes von Zöllnern als Desertion und wird es als solches bestraft?
Es konnten keine Informationen dazu gefunden werden, ob das unerlaubte Verlassen des Landes von Zöllnern als Desertion gilt. Gesucht wurde mittels ecoi.net, Factiva und Google auf Deutsch, Englisch und Arabisch nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Syrien, Zöllner, Zollbeamte, Offiziere, Verlassen, Ausreise, unentschuldigtes Fernbleiben, Konsequenzen, Bestrafung, Desertion, desertieren, Gericht, Militärgericht.
Im geltenden Zollgesetz Nr. 38 von 2006 konnten keine Informationen zu den Konsequenzen von unerlaubtem Verlassen des Landes gefunden werden, Artikel 191e besagt jedoch, dass im Fall einer schriftlichen Kündigung, im Fall, dass der Beruf zwei aufeinanderfolgende Jahre ohne Zustimmung des/der Generaldirektor·in nicht ausgeführt wurde, sowie im Fall, dass der Beruf für vier nicht aufeinanderfolgende Jahre ohne Zustimmung des/der Generaldirektor·in nicht ausgeführt wurde, der/die Zollbeamt·in aus der Liste der Zollbeamt·innen gestrichen wird und die Ausübung des Zollamtsberuf für die Person untersagt ist (Gesetz 38 von 2006, Artikel 191e).
Gesetzesdekret Nr. 64 vom 30. September 2008 ergänzt zu Artikel 47 der Militärstrafprozessordnung, dass im Falle einer von einem Offizier beim Militär, einem/r Angehörigen der inneren Sicherheitskräfte oder einem/r Zollbeamt·in·bei Ausübung seiner/ihrer üblichen Aufgaben begangenen Straftat nur das Generalkommando der Armee einen Haftbefehl erlassen kann und dass diese Fälle vor einem Militärgericht verhandelt werden müssen (Gesetzesdekret 64 von 2008, Artikel 1). (Anmerkung ACCORD: Es konnte nicht herausgefunden werden, ob das unerlaubte Verlassen der Arbeit als Straftat im Sinne des genannten Gesetzesdekrets gilt oder nicht.)
Ist bekannt, ob Zöllner im Zuge des Kriegs zu militärischen oder polizeilichen Aufgaben herangezogen oder in entsprechende Einheiten von Polizei, Geheimdiensten oder Militär versetzt wurden?
Es konnten keine Informationen zu Aufgaben außerhalb des Zollbereichs von Zöllnern im Zuge des Krieges gefunden werden. Gesucht wurde mittels ecoi.net, Factiva und Google auf Deutsch, Englisch und Arabisch nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Syrien, Zöllner, Zoll, Zollbeamte, Offiziere, Krieg, Aufgaben, Polizei, Militär, Geheimdienst, Soldaten, Kampf, Einsatz, Versetzung, Wehrpflicht, Zwang.
Zu den Fragestellungen wurden Expert·innen kontaktiert. Sollten wir eine Antwort erhalten, werden wir diese umgehend an Sie weiterleiten.
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 4. Februar 2022)
Gesetz 38 von 2006, Zollgesetz [قانون الجمارك لقانون 38 لعام 2006], 27. Juni 2006
http://www.customs.gov.sy/file_store/Customs%20Law.pdf
· Gesetzesdekret 64 von 2008, das den Prozess gegen Polizisten, Offiziere, Zollbeamte und Beamte der politischen Sicherheit vor Militärgerichten vorsieht[المرسوم التشريعي 64 لعام 2008 المتضمن محاكمة ضباط الشرطة وعناصرها وعناصر الجمارك والأمن السياسي أمام القضاء العسكري ], 30. September 2008
http://www.parliament.gov.sy/arabic/index.php?node=5585&nid=16268&First=0&Last=3&CurrentPage=0&mid=&refBack=
· LS-Center – Das Zentrum für juristische Studien und Forschungen: Sicherheitsdienste in Syrien Realität und Wandel[الأجهزة الأمنية في سوريا واقع وتغيير],, 29. September 2018
https://sl-center.org/archives/142