Document #2053526
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Author)
10. Juni 2021
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Stammeskonflikt wegen Auslieferung und anschließender gerichtlicher Verurteilung eines Stammesmitglieds
Es konnten keine Informationen zu Stammeskonflikten wegen Auslieferung und anschließender gerichtlicher Verurteilung eines Stammesmitglieds gefunden werden. Gesucht wurde auf Deutsch, Englisch und Arabisch mittels ecoi.net, Factiva und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Irak, Basra, Stammeskonflikt, Blutgeld, Tötung, Stämme, Probleme, nach Verurteilung, Gericht, Gefängnisstrafe, Frauen, weibliche Stammesmitglieder, Auslieferung, Gerichtsverfahren und Vergeltung.
Die folgenden Quellen erhalten generelle Informationen zu Gründen und Faktoren für Stammeskonflikte, sowie Informationen über Stammeskonflikte in der Region Basra.
Gründe für Stammeskonflikte
UNHCR beschreibt in einer Veröffentlichung zur Beilegung von Stammeskonflikten im Irak vom Jänner 2018, dass Stammeskonflikte Berichten zufolge durch vorsätzliche oder unbeabsichtigte Tötung ausgelöst werden könnten, aber auch durch andere Straftaten wie Körperverletzung, Verlust der „Ehre“, Diebstahl, unbezahlte Schulden oder ungelöste Streitigkeiten um Land, Zugang zu Wasser oder Eigentum. (UNHCR, 15. Jänner 2018, S. 1)
Die libanesische Medienplattform As-Safir Al-Arabi schreibt in einem Artikel über das Anschwellen des Stammeseinflusses im Irak vom Mai 2019, dass Stammeskonflikte als Auslöser jegliche Art von Problemen haben könnten. Es gebe Erzählungen von Stammeskonflikten über Tauben oder auch Kühe. (As-Safir Al-Arabi, 30. Mai 2019)
CNA Analysis and Solutions schreibt in einem Bericht zu Stämmen und Tribalismus in der Provinz Al-Anbar vom Juni 2014, dass Scheichs traditionell dafür verantwortlich seien, ihre Stammesmitglieder vor Schaden zu bewahren und ihnen ein grundlegendes wirtschaftliches Wohlergehen zu garantieren. Ein Stammes-Scheich müsse bereit sein, jegliche Verletzung zu rächen. Scheichs könnten Fehden beilegen, Eigentumskonflikte lösen und Ehen vorschlagen, um Stammesbeziehungen zu stärken (CNA Analysis and Solutions, Juni 2014, S. 7). CNA erklärt weiters, dass bei Konflikten mit Außenstehenden Stammesangehörige schnell mobilisieren würden, um ihre Mitglieder zu verteidigen. Es werde innerhalb eines Stammes erwartet, dass Stammesmitglieder den Stamm bedingungslos unterstützen. Gleichermaßen würde der Stamm unter allen Umständen Schutz bieten, unabhängig davon, ob eine Person im Recht sei oder nicht. Im Irak gebe es ein Sprichwort: Unterstütze deinen Bruder, auch wenn er schuldig ist (CNA Analysis and Solutions, Juni 2014, S. 8).
The Century Foundation (TCF) beschreibt in einem Bericht zu Stammesjustiz im Irak vom November 2019, dass das Hauptziel des Stammesjustizsystems sei, Stabilität zu gewährleisten, kollektive Ehre zu wahren, und Rachemorde und die Eskalation von Konflikten zu verhindern. Stammes-Scheichs würden sowohl zivil- als auch strafrechtliche Angelegenheiten beaufsichtigen und bei Streitigkeiten über Land und Eigentum, Wasser, Handelsangelegenheiten, Erbschaft, Ehrendelikte, Autounfälle, Drogendelikte, Diebstahl, Betrug und Mord vermitteln.
Die Lösung von Stammeskonflikten geschehe nicht im luftleeren Raum. Stammesverfahren und -verhandlungen würden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter der soziale Status und die politischen Verbindungen der beteiligten Stämme, das Ausmaß des Einflusses und der Verbindungen der Scheichs, das Geschlecht und der soziale Status des Täters und des Opfers sowie die Geschichte von Fehden. Darüber hinaus gebe es aufgrund der Natur dieses informellen Justizsystems keine offizielle Standardisierung von Urteilen, und das System bleibe anfällig für Manipulationen. (TCF, 7. November 2019)
Verurteilung eines weiblichen Stammesmitglieds zu einer Gefängnisstrafe als Grund für einen Stammeskonflikt
Laut CNA seien der Erwerb von Ehre, Stolz, Würde und Respekt – und das Gegenteil (Vermeidung von Scham, Schande und Demütigung) der Schlüssel zum Ethos der irakischen Stammesgesellschaft. Ehre für den Mann liege in der Erfüllung traditioneller männlicher Tugenden, wie Großzügigkeit, Gastfreundschaft, Selbstbewusstsein, Ehrlichkeit, Integrität, Schutz von Frauen und Schutz von Schwachen. (CNA Analysis and Solutions, Juni 2014, S. 10)
Laut TCF sei eines der Hauptziele der Stammesgerechtigkeit die Aufrechterhaltung des Gemeinschaftsfriedens, was die Wiederherstellung der Familienehre einschließe. Familie und individuelle Ehre würden ausschließlich von Männern gehalten, die je nach den Umständen die Ehre verlieren oder wiedererlangen könnten. Frauen hingegen können nur eine Quelle für familiäre oder individuelle Schande sein. (TCF, 7. November 2019)
Human Rights Watch (HRW) beschreibt in einem Bericht zu Missbrauch von Frauen im irakischen Strafjustizsystem vom Februar 2014, dass Frauen im Gefängnis sexuellen Übergriffen ausgesetzt seien. Frauen und Beamte berichten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau sexuellen Übergriffen ausgesetzt ist, während der Festnahme und des Verhörs vor der Haft besonders hoch sei. Der Bericht zitiert weibliche Häftlinge, die von Folter bei Verhören berichten und dementsprechende Narben zeigen. Laut einer Mitarbeitern eines Frauengefängnisses würde man im Gefängnis damit rechnen, dass Frauen am Weg zum Gefängnis von der Polizei vergewaltigt werden würden (HRW, 6. Februar 2014, S. 3).
Laut HRW würden Frauen nach einer Inhaftierung, auch wenn sie unversehrt wieder freigelassen werden, von ihren Familien oder ihren Stämmen stigmatisiert und als entehrt wahrgenommen werden (HRW, 6. Februar 2014, S. 2).
Informationen über Stammeskonflikte in Basra
Das französische Auslandsfernsehen France 24 berichtet im Jänner 2018 von bewaffneten Konflikte zwischen sechs oder sieben Clans in der Provinz Basra, die sich oft zu heftigen Kämpfen entwickeln würden. Ein Interviewpartner erklärt, dass die Stammeskämpfe die Wohngebiete in ein Schlachtfeld verwandeln würden. Er hätte aus diesem Grund den Norden der Provinz verlassen und sei in die Stadt Basra gezogen. Konflikte würden durch Streitigkeiten über Land, Ehrenfragen oder Fußballspiele verursacht werden. Die Polizei sei nicht in der Lage Hilfe zu leisten. (France 24, 19. Jänner 2018)
Auch Al-Mada, eine im Irak veröffentlichte arabische Tageszeitung mit Hauptsitz in Bagdad[1], schreibt im Juli 2018 über blutige Stammeskämpfe im Norden der Provinz Basra. Wasserknappheit und Nutzung von Wasserquellen sei ein häufiger Grund für Konflikte und mache laut einem Ältesten der Region etwa zehn Prozent aller anhaltenden Konflikte aus. (Al-Mada, 4. Juli 2018)
The New Arab (Al-Araby Al-Jadeed), ein 2014 in London gegründetes Medienunternehmen, zitiert in einem Artikel vom November 2018 Mohammed Kazem, Direktor des Basra-Parlamentsbüros. Laut Kazem, habe die Zahl der Todesopfer aufgrund von Stammeskonflikten in der Region von Anfang bis November 2018 133 erreicht. Mehr als 411 Personen seien seit Anfang 2018 verletzt worden. Laut Khaled al-Greedami, Mitglied des Basra-Parlaments, leide die Provinz unter einem Zusammenbruch der Sicherheitslage als Folge der Stammeskonflikte. Die Sicherheitskräfte seien machtlos. (Al-Araby Al-Jadeed, 20. November 2018)
TCF berichtet im November 2019 von einem Einwohner Anbars, der Eigentümer einer im Norden von Basra tätigen Baufirma sei. Nach einem Arbeitsunfall eines Angestellten habe es Verhandlungen zwischen seinem Scheich und dem Scheich seines Angestellten gegeben, um über zusätzliche Zahlungen für Verletzungen zu verhandeln. (TCF, 7. November 2019)
Der Nachrichtendienst Independent Arabia, der 2019 im Rahmen einer Lizenzvereinbarung zwischen der britischen Nachrichtenmarke und der Saudi-Arabischen Saudi Research and Marketing Group (SRMG) gestartet wurde, schreibt in einem Artikel vom September 2019, dass irakische Sicherheitskräfte Ende August eine Sicherheitskampagne in Basra gestartet hätten, als Teil derer sie Clans aufgefordert hätten, ihre Kämpfe zu beenden oder mit Konsequenzen zu rechnen. Laut dem Vorsitzenden des Stammesrates von Basra, Scheich Raed al-Mefraji, sei es nicht möglich, Stammeskonflikte auf diese Art zum Verschwinden zu bringen. Er fügt hinzu, dass Clans mittelschwere und schwere Waffen in ihrem Besitz hätten und sich über unterschiedlichste Themen streiten würden, manchmal in Bezug auf staatliche Immobilien und Grundstücke, Drogengeschäfte, traditionelle Streitigkeiten über Segregation und kleine Probleme, die sich in große Konfrontationen verwandeln und die Dutzende Menschenleben fordern würden.
Laut dem Berater des Gouverneurs von Basra für Stammesangelegenheiten, Mohammed Salem al-Zaidawi, habe die Zahl der Todesopfer in Basra aufgrund von Stammeskonflikten von Anfang 2019 bis September 2019 dreißig Tote und mehr als fünfzig Verletzte erreicht. Die meisten Opfer würden aus dem Norden der Provinz stammen (Independent Arabia, 2. September 2019).
Der in Dubai ansässige Nachrichtensender Al-Arabiya berichtet in einem Artikel, der im September 2019 veröffentlicht und im Mai 2020 aktualisiert wurde, dass laut einer Quelle im Provinzrat von Basra mehr als 113 Bürger im Laufe des Jahres durch bewaffnete Clankonflikte in verschiedenen Gebieten von Basra getötet und mehr als 440 verletzt worden seien. Laut Al-Arabiya gebe es in Gebieten des Südiraks aufgrund der Stammeskonflikte keinen zivilen Frieden; Stammeskonflikte seien nach Terrorismus und organisierter Kriminalität der dritthäufigste Grund für Tötungen. Der Artikel zitiert Scheich Raed al-Fariji, Vorsitzenden des Stammesrates von Basra. Laut al-Fariji würden Stammeskonflikte aufgrund der Zunahme politischer Konflikte und der Schwäche der Regierung nicht enden. (Al-Arabiya, 21. September 2019, zuletzt aktualisiert am 20. Mai 2020) Bas News schreibt im Dezember 2020, dass bei einem Kampf zwischen zwei Stämmen in Basra fünf Menschen ums Leben gekommen seien. Der Grund für den Konflikt sei ein Problem gesellschaftlicher Natur gewesen (Bas News, 26. Dezember 2020).
Laut einem im Mai 2021 veröffentlichten Artikel von An-Nahar, einer führenden arabischsprachigen Tageszeitung im Libanon, sei Basra die Region mit den meisten Stammeskonflikten im Irak. Im Jahr 2021 seien im Irak 21 Menschen aufgrund von Stammeskonflikten ums Leben gekommen (An-Nahar, 17. Mai 2021).
NAS News, eine irakische, von Journalist·innen geründete Medienorganisation, zitiert im Mai 2021 das UNHCR-Büro in Basra. Laut UNHCR sei die Situation in Basra aufgrund der hohen Anzahl an Konflikten, einschließlich Stammeskonflikten, problematisch. (NAS News, 19. Mai 2021)
Gründe für den Ausschluss eines Stammesmitglieds
UNHCR erklärt, dass in schwerwiegenden Fällen der Stamm des Täters den Täter “entehren“ und ihn und seine Familie aus dem Stamm ausschließen oder ihn sogar töten könne. Der Ausschluss aus dem eigenen Stamm habe Berichten zufolge schwerwiegende Folgen für den sozialen Status und das Alltagsleben des Betroffenen, da er alle Ansprüche auf Schutz durch den Stamm verliere. Im Falle einer formellen Ausweisung aus dem Stamm, die für einen bestimmten Zeitraum oder für immer erfolgen könne, werde die Ausweisung Berichten zufolge durch ein Dokument („Sanad“ oder „Bescheinigung“) bekannt gegeben. Es solle angeblich den Zweck haben, andere Stämme über die Entscheidung eines Stammes zu informieren, ein bestimmtes Mitglied auszuschließen, und dass der Stamm keine Verantwortung für seine zukünftigen Handlungen übernehme. Laut Informationen von UNHCR würden solche Briefe keinem Standardformat folgen. Der Täter könne aufgrund seiner Stellung im Stamm und seiner Beziehung zum Scheich eine Kopie eines solchen Schreibens erhalten oder mündlich durch Verwandte oder andere Stammesangehörige informiert werden. (UNHCR, 15. Jänner 2018, S. 2-3)
UNHCR zitiert in einer Fußnote einen Ausschnitt eines von USIP (US Instistute of Peace) herausgegebenen Buches, in dem beschrieben wird, dass eine Person, die ein sogenanntes schwarzes Verbrechen (‚as-souda‘) begehe, geächtet oder ins Exil geschickt werden könne. Solche ‚schwarzen‘ Verbrechen würden Vergewaltigungen, homosexuelle Handlungen, Entführung einer Frau oder Diebstahl von einem Verwandten oder Gastgeber inkludieren. Im Falle eines Mordes könne der Scheich des Stammes verfügen, dass der Mörder für sieben Jahre oder länger aus dem Stamm und seinem Territorium verbannt werde, wobei die Dauer von der Bedeutung des Verstorbenen abhänge und ob das Verbrechen vorsätzlich begangen wurde. (UNHCR, 15. Jänner 2018, S. 2, Fußnote 9)
Katherine Carroll zitiert in einem Artikel im Middle East Journal Scheich ‘Abud Al-Issawi, zum Zeitpunkt der Publikation ein Stammesberater des Premierministers im Nationalen Aussöhnungs- und Folgeausschuss. Laut Al-Issawi würden Stammesmitglieder, die einen Mord, Diebstahl innerhalb des Stammes oder eine Vergewaltigung begehen, entehrt und aus dem Stamm ausgeschlossen werden. Sie würden von ihrem Stamm nicht mehr beschützt werden, und selbst, wenn sei aus Rache für ein Verbrechen getötet werden, würde der Stamm oder die Familie den Mörder nicht um Fasl (Bedeutung im Kontext: Blutgeld, Anmerkung ACCORD) bitten. (Carrol, 2011, S. 17)
Die Associate Professors of Law, Haider Ala Hamoudi, Wasfi Al-Sharaa und Aqeel Al-Dahham, beschreiben in einem Kapitel über die Beilegung von Konflikten im Staats- und Stammesrecht im Süden des Irak vom März 2015 den Weg zum Ausschluss eines Stammesmitglieds. Wenn ein Stammesmitglied das Diktat seines Stammes ignoriere und dadurch den Stamm wiederholt in Schwierigkeiten bringe, könne der Stamm in erster Instanz einer Fasl zustimmen, die eine individuelle Verbannung aus einem bestimmten Dorf, Stadtteil oder einer Stadt beinhalte, begleitet von einem schriftlichen Hinweis, dass, wenn der Täter im verbotenen Bereich wiedergefunden werde, sein Blut ungestraft vergossen werden könne. Der Täter wisse dann, dass sein Stamm ihn nicht beschützen werde, wenn er das Mandat missachtet.
Ist dies nicht ausreichend oder nicht anwendbar, könne der Stamm die Angelegenheit zu einem sogenannten internen, bedingten Ausschluss eskalieren. Der Stamm würde den Täter bei zukünftigen Konflikten zwar vertreten, doch würde er für alle Schäden selbst haften müssen. Der Stamm betrachte ihn daher für seine eigenen inneren Zwecke nicht als einen der ihren. Dies würde sich auf den sozialen Status des Täters auswirken und es ihm erschweren, zu heiraten oder einer gewerblichen Tätigkeit nachzugehen.
Wenn die genannten Schritte nicht ausreichen, würde es in außergewöhnlichen Fällen zu einem formellen Ausschluss kommen, der durch ein Dokument bekannt werde, das als Sanad oder Zertifizierung bekannt ist und an alle Stämme gesendet werde. Die Bescheinigung informiere die Stämme darüber, dass ein bestimmtes Mitglied des Stammes ausgeschlossen wurde und dass alle Aktivitäten, die er von diesem Zeitpunkt an ausführe, nicht in der Verantwortung des Stammes liegen würden. Laut den Autoren könne eine Person aus Perspektive des Stammesgesetzes als Folge eines Ausschlusses als vogelfrei angesehen werden, da der Stamm auch bei Blutvergießen nicht mehr einschreiten würde. Interviewte Stammesführer hätten jedoch angegeben, dass die alleinige Ausstellung des Sanad nicht bedeuten würde, dass ein Mensch getötet werde. (Haider et al., 30. März 2015, S. 240-242)
TCF erklärt, dass eine Lösung für Konflikte Exil beinhalten könnte. Dies würde vorsehen, dass der Täter und seine Familie die Gemeinschaft für einen Zeitraum von mehreren Monaten bis zu mehr als fünf Jahren verlassen müssten. Die formelle Vertreibung eines Individuums aus seinem Stamm sei möglich, aber selten. (TCF, 7. November 2019)
Verfolgung von Stammesmitgliedern außerhalb ihrer Provinz
Das Danish Immigration Service (DIS) zitiert verschiedene Interviewpartner in einem Bericht zu Ehrenverbrechen gegen Männer in der Region Kurdistan vom März 2010. Laut Hassan Berwari von der Diakonia in Dohuk sei im Falle von Vergehen gegen die Ehre der Täter auf immer in Gefahr. Ehre bestünde ewig und auch wenn ein längerer Zeitraum vergangen sei, müsse die Ehre der beleidigten Familie geschützt werden. Der Täter könne daher auch noch nach vielen Jahren ernsthaft gefährdet sein Opfer eines Ehrenverbrechens zu werden (DIS, März 2010, S. 13). Kajaw Jamal Jala von der Zeitung Hawlati in Sulemaniyah erklärt, dass es für einen von einem Ehrenverbrechen bedrohten Mann nicht sicher sei, im Irak zu bleiben. Es könnte für ihn unter Umständen auch nicht sicher sein, den Irak zu verlassen, um z.B. in den Iran, die Türkei oder nach Syrien zu flüchten. Selbst wenn die bedrohte Person einige Jahre im Ausland bliebe und schließlich in die KRI [Region Kurdistan im Irak] zurückkehre, sei es nicht sicher, ob sie außer Gefahr sei, bevor die Ehre der betroffenen Familie wiederhergestellt sei (DIS, März 2010, S. 14).
DIS zitiert einen Zeitungsartikel vom Jänner 2010, der über einen Ehrenmord in Sulemaniyah berichtet. Ein Paar, das ursprünglich aus Dukan gewesen sei, sei gezwungen gewesen nach Sulemaniyah zu fliehen, da die Familie der Frau nicht in ihre Ehe eingewilligt hatte. Obwohl die Familie vor einem Richter eingewilligt habe das Paar nicht zu töten, solange sie nicht nach Dukan zurückkämen, seien Familienmitglieder dem Paar nach Sulemaniyah nachgereist und hätten den Ehemann getötet und die Ehefrau verletzt (DIS, März 2010, S. 19-20).
Es konnten keine neueren Informationen zu dieser Frage gefunden werden.
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 10. Juni 2021)
· Al-Araby Al-Jadeed: Stammeskonflikte in Basra ... Wer profitiert von ihrer Fortsetzung? [النزاعات العشائرية في البصرة...من المستفيد من استمرارها؟], 20. November 2018
https://www.alaraby.co.uk/%D8%A7%D9%84%D9%86%D8%B2%D8%A7%D8%B9%D8%A7%D8%AA-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B4%D8%A7%D8%A6%D8%B1%D9%8A%D8%A9-%D9%81%D9%8A-%D8%A7%D9%84%D8%A8%D8%B5%D8%B1%D8%A9%D9%85%D9%86-%D8%A7%D9%84%D9%85%D8%B3%D8%AA%D9%81%D9%8A%D8%AF-%D9%85%D9%86-%D8%A7%D8%B3%D8%AA%D9%85%D8%B1%D8%A7%D8%B1%D9%87%D8%A7%D8%9F
· Al-Arabiya: Stämme im Südirak. Ausbeutung von Parteien und chronische Benachteiligung [عشائر جنوب العراق.. استغلال أحزاب وحرمان مزمن], 21. September 2019, zuletzt aktualisiert am 20. Mai 2020
https://www.alarabiya.net/arab-and-world/iraq/2019/09/21/%D8%B9%D8%B4%D8%A7%D8%A6%D8%B1-%D8%AC%D9%86%D9%88%D8%A8-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A7%D9%82-%D8%A7%D8%B3%D8%AA%D8%BA%D9%84%D8%A7%D9%84-%D8%A3%D8%AD%D8%B2%D8%A7%D8%A8-%D9%88%D8%AD%D8%B1%D9%85%D8%A7%D9%86-%D9%85%D8%B2%D9%85%D9%86
· Al-Mada: Dürre entfacht Stammeskonflikte im Südirak
[الجفاف يُشعل فتيل النزاعات القبلية في جنوبي العراق], 4. Juli 2018
https://almadapaper.net/view.php?cat=228114
· An-Nahar: Stammeskonflikte im Irak ... Komplexe interne Situation und die Regierung bereitet sich auf Abrüstung vor
[النزاعات العشائرية في العراق... ملف داخلي معقد والحكومة تستعد لنزع السلاح], 17. Mai 2021
https://www.annaharar.com/arabic/news/arab-world/%D8%B9%D8%B1%D8%A8/15052021104143124
· As-Safir Al-Arabi: Anschwellen des Stammeseinflusses [تضخم النفوذ القبلي], 30. Mai 2019
https://assafirarabi.com/ar/25863/2019/05/30/%D8%AA%D8%B6%D8%AE%D9%85-%D8%A7%D9%84%D9%86%D9%81%D9%88%D8%B0-%D8%A7%D9%84%D9%82%D8%A8%D9%84%D9%8A-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A7%D9%82-%D9%83%D9%84%D9%87-%D9%85%D8%B7%D9%84%D9%88%D8%A8-%D8%B9/
· Bas News: Basra: Five People Killed, Eight Injured in Fight Between Tribes, 26. Dezember 2020
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· CNA Analysis and Solutions: ‘No Security Without Us’, Tribes and Tribalism in Al Anbar Province, Iraq, Juni 2014
https://www.cna.org/CNA_files/PDF/COP-2014-U-007918-Final.pdf
· Carroll, Katherine Blue: Tribal Law and Reconciliation in the New Iraq, Middle East Journal, Volume 65, No. 1, 2011
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· DIS – Danish Immigration Service: Honour Crimes against Men in Kurdistan Region of Iraq (KRI) and the Availability of Protection, March 2010
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· France24: Clankonflikte plagen Bewohner und Sicherheitskräfte im Südirak
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· Haider Ala Hamoudi et al.: The Resolution of Disputes in State and Tribal Law in the South of Iraq, Negotiating State and Nonstate Law: The Challenges of Global and Local Legal Pluralism (Michael A. Helfand, ed. Cambridge University Press 2015), 30. März 2015
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2587267
· HRW – Human Rights Watch: ‘No One Is Safe’: Abuses of Women in Iraq’s Criminal Justice System, 6. Februar 2014
https://www.ecoi.net/en/file/local/1168875/1788_1391690375_iraq0214webwcover.pdf
· Independent Arabia: Stammeskonflikte im Irak trotzen dem Gesetz
[النزاعات العشائرية في العراق تتحدى القانون], 2. September 2019
https://www.independentarabia.com/node/53086/%D8%AA%D8%AD%D9%82%D9%8A%D9%82%D8%A7%D8%AA-%D9%88%D9%85%D8%B7%D9%88%D9%84%D8%A7%D8%AA/%D8%A7%D9%84%D9%86%D8%B2%D8%A7%D8%B9%D8%A7%D8%AA-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B4%D8%A7%D8%A6%D8%B1%D9%8A%D8%A9-%D9%81%D9%8A-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A7%D9%82-%D8%AA%D8%AA%D8%AD%D8%AF%D9%89-%D8%A7%D9%84%D9%82%D8%A7%D9%86%D9%88%D9%86
· NAS News: UNHCR-Büro in Basra schlägt Alarm und fordert Regierung
[مكتب المفوضية في البصرة يدق ناقوس الخطر ويوجه مطالب للحكومة], 19. Mai 2021
https://www.nasnews.com/view.php?cat=60771
· TCF – The Century Foundation: Tribal Justice in a Fragile Iraq, 7. November 2019
https://tcf.org/content/report/tribal-justice-fragile-iraq/?agreed=1
· UNHCR – UN High Commissioner for Refugees: Tribal Conflict Resolution in Iraq, 15. Jänner 2018
https://www.ecoi.net/en/file/local/1422677/1930_1516710358_5a66f84f4.pdf
Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen
BasNews ist eine mehrsprachige Nachrichtenagentur mit Sitz in Erbil, Region Kurdistan, Irak.
· Bas News: Basra: Five People Killed, Eight Injured in Fight Between Tribes, 26. Dezember 2020
https://www.basnews.com/en/babat/657822
„At least five people were killed in a fight between two tribes using weapons in Iraq’s southern province Basra. According to media reports, the violent clash took place around midnight on Friday in Touba district of Basra. It lasted for a few hours, a source told Baghdad Today, stating that ‘a social problem’ had led to the fight.“ (Bas News, 26. Dezember 2020)
CNA Analysis and Solutions ist eine gemeinnützige Forschungs- und Analyseorganisation mit Sitz in Arlington County, Virginia.
· CNA Analysis and Solutions: ‘No Security Without Us’, Tribes and Tribalism in Al Anbar Province, Iraq, Juni 2014
https://www.cna.org/CNA_files/PDF/COP-2014-U-007918-Final.pdf
„As the patrons of the community, sheikhs are traditionally responsible for protecting their people from harm and guaranteeing them a basic level of economic well-being. To maintain a credible deterrent capability, the tribal sheikh must be prepared to avenge every injury. Above all, a good sheikh is one who has established himself as a successful mediator, arbitrator, and decision-maker. Sheikhs can settle feuds, resolve property claims, and suggest marriages to strengthen tribal ties.“ (CNA Analysis and Solutions, Juni 2014, S. 7)
„The pressure to conform and identify with the group is not just a matter of group survival—it is fundamental to the survival of the individual as well. In return for loyalty and solidarity with the group, the tribe offers protection. In cases of conflict with outsiders, tribesmen will mobilize quickly to defend their members. This generalized reciprocity works in absolute terms: whether the tribe is right or wrong, the individual must unconditionally support the tribe; likewise, whether an individual is right or wrong, the tribe must offer unequivocal protection. Iraqis say, ‘Support your brother even though he is guilty.’ An individual who does not obey tribal customs risks the loss of support of the tribe, thus making himself and his family vulnerable. An outcast in Iraqi society can be mistreated without fear of reprisal from his kinship group.“ (CNA Analysis and Solutions, Juni 2014, S. 8)
„Shame and Honor
Acquisition of honor, pride, dignity, and respect—and the converse (avoidance of shame, disgrace, and humiliation)—are key to the ethos of Iraqi tribal society. Honorable behavior, or that which strengthens the group and serves its interests, is conducive to group cohesion and group survival, while shameful behavior tends to disrupt, endanger, impair, or weaken it. Honor for the male, or sharaf, lies in fulfilling traditional masculine virtues of generosity, hospitality, self-esteem, honesty, integrity, safeguarding of women, and protection of the weak.“ (CNA Analysis and Solutions, Juni 2014, S. 10)
Katherine Blue Carroll ist Associate Professor für Politikwissenschaft und Associate Director für Public Policy Studies an der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee.
· Carroll, Katherine Blue: Tribal Law and Reconciliation in the New Iraq, Middle East Journal, Volume 65, No. 1, 2011
https://muse.jhu.edu/article/416660/pdf
„According to Shaykh ‘Abud Al Issawi, the Prime Minister’s tribal advisor on the National Reconciliation and Follow-up Committee: ‘In case of intentional killing, theft within the tribe, or rape, the person who commits these crimes will be dishonored, expelled from the tribe, and will not be protected or assisted by his tribe with a fasel. Even if he is killed as a revenge for his crime, his tribe or family would not ask for a fasel from the killer.’ (Carrol, 2011, S. 17)
Danish Immigration Service (DIS) ist die dänische Einwanderungsbehörde.
· DIS – Danish Immigration Service: Honour Crimes against Men in Kurdistan Region of Iraq (KRI) and the Availability of Protection, März 2010
https://www.refworld.org/pdfid/4bd95eae2.pdf
“Hassan Berwari, Diakonia, Dahuk, informed that there are examples of men being protected by close relatives, for instance an uncle that is more influential and respected than the man’s own father. However, an offender will never be able to be protected against the revenge of the girl’s family. Honour is eternal and even after time has passed, the honour of the offended family will still have to be protected. Even after many years, the offender can still be at serious risk of becoming a victim of an honour crime.” (DIS, März 2010, S. 13)
“Kajaw Jamal Jalal, Hawlati newspaper, Sulemaniyah, informed that it is not safe for a man under threat from an honour crime to remain in Iraq. It might not even be safe for him to leave Iraq for e.g. Iran, Turkey or Syria. Even if the person under threat stays abroad for a number of years and eventually returns to KRI [Kurdistan Region of Iraq], it is not certain that he would be out of danger before the honour of the family involved is restored.” (DIS, März 2010, S. 14)
“On January 3, 2010 at nine in the evening in a part of the city of Sulemaniyah called Rizgari, the sound of gun shots shook the neighbourhood and the perpetrators fled before the police arrived at the scene of the crime. The police removed the body of Aram Jamal from the house, along with the 22-year old wounded woman, Sirwa Mohammad Amin, the wounded Sirwa stated from her hospital bed her tragic story to Rudaw.
Aram’s father Jamal said, ‘Aram had lost his mind and wished that we ask for Sirwa’s hand or he would kill himself, and Sirwa had told her family the same thing. But unfortunately we went three times and asked for her hand, but were rejected’, while Aram’s father who mourns his son’s death added ‘Some years ago that family came and asked for my daughter’s hand, and I gave them my daughter. She is this family’s daughter-in-law’. Aram’s father says that those who attacked his son’s house on January 3, 2010 were 17 persons.
Even though Aram and Sirwa came from Dukan, they were compelled to leave the town and go to Sulemaniyah to get away from Sirwa’s brother’s threats. Sirwa and Aram had in desperation contacted a judge and married, and afterwards contacted the police, upon which the judge called in both families and told them that the two were now wed and that they must show compassion.
Aram’s father said, ‘Sirwa’s family accepted, with the exception that the couple were not to return to Dukan. However, I told to security forces that that family could not be trusted and that they would kill them, but they did not listen’.
Sirwa speaking with difficulty, says of the incident, ‘Aram was sleeping while I was in the shower and some persons came into the house and started shooting, when I hurried out and saw that Aram had been killed, after which shots were fired at me.’ She added, ‘I saw my brother, with numerous other relatives, shooting’.” (DIS, März 2010, S. 19-20)
Zum Zeitpunkt des Schreibens waren die Autoren des Kapitels, Haider Ala Hamoudi, Wasfi Al-Sharaa und Aqeel Al-Dahham Associate Professors of Law an der Universität von Pittsburgh beziehungsweise an der Universität von Basra.
· Haider Ala Hamoudi et al.: The Resolution of Disputes in State and Tribal Law in the South of Iraq, Negotiating State and Nonstate Law: The Challenges of Global and Local Legal Pluralism (Michael A. Helfand, ed. Cambridge University Press 2015), 30. März 2015
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2587267
„The fasl may also involve matters beyond the mere payment of money, including, for example, a requirement that a party leave their home and move to a location father away from the home of the victim or other members of his tribe. That may be accompanied by a written guarantee that the perpetrator will not return again to the same city, neighborhood, or village. If he is then seen in the place where he had promised to not appear any longer, the, to use the tribal phrasing, ‘his blood could be shed with impunity’.“ (Haider et al., 30. März 2015, S. 239)
„Intratribal Discipline
The focus of this chapter is on the tribes as self-contained units. Largerly, so long as the acts of an individual are attributed to the tribe, as they certainly are under the tribal law, this works well. Nevertheless, the question may well be asked, what constrains a tribal member from ignoring the dictates of his tribe and thereby repeatedly entangling the tribe in difficulties that need to be resolved through this system? The perpetrator is requires to pay one-third of the damages in a fasl, but this may not act as a sufficient deterrent.
Overwhelmingly, given that an individual’s reputation is derived largerly from dealing within the tribe, informal reputational sanctions, bolstered by negative gossip respecting ‘shameful’ or ‘aib, activity, work remarkably well to constrain individual behavior. This does not seem entirely dissimilar from relations in other societies with significant levels of legal dysfunction, among them merchants in pre-communist South Vietnam. In these close-knit contexts, the instances of derogation from the norm of compliance with tribal dictate are rare indeed.
Still, they do exist, and the tribe has mechanisms to deal with them. In the first instance, it can agree to a fasl that includes a sentence of individual exile from a particular village, neighbourhood, or city, accompanied by a written indication that if the perpetrator is found again in the prohibited area, his blood may be shed with impunity. The perpetrator then knows his tribe will not protect him if he ignores the mandate.
If this is insufficient, or inapplicable in a given circumstances (perhaps because the injured tribe had no interest in exile), then the tribe may escalate the matter to what is known as an internal, conditional expulsion. They inform the perpetrator that although they will represent him in a subsequent resolution, should one arise, he will be responsible for all damages. The tribe thus does not, for its own internal purposes, regard him as one of their own. This will certainly have a severe impact on the perpetrator’s social status, and will make it difficult for him to marry or carry out commercial activity. Even if he wishes to direct such activity solely beyond the tribe, nobody within the tribe will be willing to vouch for him (even if they do not formally disown him), and his social and commercial prospects will be limited.
If even this is not enough, and there exist exceptional times when it is not, then the next step is a formal expulsion announced through a document known as the sanad, or certification, that is sent to all the tribes. The certification informs the tribe that a particular member of the tribe has been expelled, and that any activity he undertakes from that point on is on his own account, and not the responsibility of the tribe. (The certification is applicable only for activity undertaken after its issuance; a tribe cannot issue a certification after one of their own commits a particularly grave offense and before a fasl in order to avoid responsibility for harm arising from the offense). In our discussion with them, tribal leaders strongly resisted our suggestion that this renders the object of the sanad liable to be killed upon its issuance. After all, whatever the person had done in the past had already been settled through a fasl, and one could not simply kill a human being because a document was issued. The point is well taken, but from the sole perspective of the tribal law, the issuance of the sanad is the same as declaring the person’s blood liable to be shed, because no tribal action is possible to defend him if violence were directed against him.“ (Haider et al., 30. März 2015, S. 240-242)
Human Rights Watch (HRW) ist eine international tätige Menschenrechtsorganisation.
· HRW – Human Rights Watch: ‘No One Is Safe’: Abuses of Women in Iraq’s Criminal Justice System, 6. Februar 2014
https://www.ecoi.net/en/file/local/1168875/1788_1391690375_iraq0214webwcover.pdf
„Furthermore, once they have been detained, and even if they are released unharmed, women are frequently stigmatized by their family or tribe, who perceive them to have been dishonored.“ (HRW, 6. Februar 2014, S. 2)
„The report finds that security forces carry out illegal arrests and other due process violations against women at every stage of the justice system, including threats and beatings. Israa Salah (not her real name), for example, entered her interview with Human Rights Watch in Iraq’s death row facility in Baghdad’s Kadhimiyya neighborhood on crutches. She said nine days of beatings, electric shocks with an instrument known as ‘the donkey,’ and falaqa (when the victim is hung upside down and beaten on their feet) in March 2012 had left her permanently disabled. A split nose, back scars, and burns on her breast were consistent with her alleged abuse. Israa was executed in September 2013, seven months after we met her, despite lower court rulings that dismissed charges against her because a medical report documented she was tortured into confessing to a crime.
The report also finds that women are subjected to threats of, or actual, sexual assault (sometimes in front of husbands, brothers, and children.) Some detainees reported a lack of adequate protection for female prisoners from attacks by male prison guards, including those from adjoining male prisons. Two women reported that sexual assault by prison guards resulted in pregnancy. Women and officials reported that the likelihood of a woman being subject to sexual assault is far higher during arrest and interrogation, prior to a woman’s confinement in prison.’[W]e expect that they’ve been raped by police on the way to the prison,’ Um Aqil, an employee at a women’s prison facility told Human Rights Watch.“ (HRW, 6. Februar 2014, S. 3 )
The Century Foundation (TCF) ist eine Denkfabrik mit Hauptsitz in New York City.
· TCF – The Century Foundation: Tribal Justice in a Fragile Iraq, 7. November 2019
https://tcf.org/content/report/tribal-justice-fragile-iraq/?agreed=1
„Generally, the main goal of the tribal justice system is to provide stability and maintain collective honor, while preventing a descent into revenge killings and the escalation of conflict. The tribal justice system generally subordinates the individual good for the collective good. Tribal sheikhs oversee the gamut of both civil and criminal matters (as they are referred to in the formal system), mediating disputes over land and property, water, commercial matters, inheritance, ‚honor crimes,‘ car accidents, drug offenses, theft, fraud, and murder, among other matters. […]
Under tribal custom, male members of an extended family unit, or ‚khamsa,‘ are obligated to avenge the injury or death of another family member, whether through tit-for-tat killing (‚dam butlob dam‘), or through a negotiated solution. Other solutions to such disputes may include exile (‚jalwa‘), which stipulates that the perpetrator and his family must leave the community for a period of anywhere from several months to more than five years. Formal expulsion of an individual from his tribe is possible but rarer. Currently, thousands of IDPs perceived to have ties to the Islamic State may be blocked from returning to their villages by tribal leaders (as well as by security and other powerful local actors), even though they have not been formally expelled from their tribes. […]
Tribal conflict resolution does not happen in a vacuum. Tribal procedures and negotiations are influenced by various factors including the social status and political connections of the tribes involved, the sheikhs’ level of influence and connections, the gender and social status of the perpetrator and the victim, and any history of feuding. Furthermore, the nature of this informal justice system means that there is no official standardization of rulings, and the system remains open to manipulation. Tribal procedures outlined above should therefore be regarded as indicative rather than conclusive, relative to individual cases. […]
An Anbar resident and owner of a construction company operating north of Basra recalled how the mediation of a work dispute, conducted by his and his employee’s respective sheikhs, concluded that no additional payment was owed to his employee for injuries sustained during a work accident. […]
One of the main objectives of tribal justice is to maintain community peace, which includes the restoration of family honor. Family and individual honor are exclusively held by men, who can lose or regain honor depending upon the circumstances. Women, by contrast, can only be a source of family or individual dishonor, and cannot actively bring honor to their family or tribe.“ (TCF, 7. November 2019)
United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) ist das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen.
· UNHCR – UN High Commissioner for Refugees: Tribal Conflict Resolution in Iraq, 15. Jänner 2018
https://www.ecoi.net/en/file/local/1422677/1930_1516710358_5a66f84f4.pdf
„Tribal conflicts can reportedly be triggered by intentional or unintentional killing, but also by other offences such as the infliction of injury, loss of ‘honour’ (e.g. as a result of the kidnapping or rape of a woman or girl, or socially unacceptable activities on social media), theft, unpaid debts, or unresolved disputes over land, access to water supplies or property. Under tribal custom, male members of an extended family (‘khamsa’) are obliged to avenge the injury or death of another member, be it in the form of killing someone from the murderer’s ‘khamsa’, or, more commonly, agreeing on financial compensation (blood money, ‘fasl’ or ‘diyya’) to the family of the victim.“ (UNHCR, 15. Jänner 2018, S. 1)
„In serious cases, the perpetrator’s tribe can ‘dishonour’ the perpetrator and order his and his family’s expulsion from the tribe, or even kill him. Being expelled from one’s tribe reportedly has serious consequences for the affected individual’s social status and every-day life, as he loses all claims to protection by the tribe. In the event of a formal expulsion from the tribe, which can be for a specific period of time or forever, the expulsion is reportedly announced through a document (‘sanad’, or ‘certification’). It reportedly has the purpose of informing other tribes of a tribe’s decision to expel a certain member and that the tribe does not take any responsibility for any of his future actions. According to UNHCR information, such letters do not follow a standard format. The perpetrator may receive a copy of such a letter based on his standing in the tribe and his relationship with the sheikh, or may be informed verbally through relatives or other members of the tribe.“ (UNHCR, 15. Jänner 2018, S. 2-3)
„’When a person commits ‘as-souda’ (black crimes and shameful deeds such as rape, homosexual acts, or stealing from a kinsman or host), he may be ostracized or exiled to face responsibility for his actions alone. (…) In the case of murder, the sheikh of the tribe may order that the killer be banished from the tribe and its territory for seven years or more, the length of time depending on the importance of the deceased and whether the crime was premeditated. (…) In some instances, tribes may kill culprits from their own tribe if they commit a black crime (as-souda) such as rape, homosexual acts, kidnapping a woman, or stealing from a kinsman or host’; USIP, Customary Justice and the Rule of Law in War-Torn Societies, 1 July 2011, http://bit.ly/2sSXr9W, pp. 248, 264“ (UNHCR, 15. Jänner 2018, S. 2, Fußnote 9)
[1] Die Tageszeitung wird laut Wikipedie (siehe: https://en.wikipedia.org/wiki/Al_Mada) von der Al-Mada-Stiftung für Medien, Kultur und Kunst veröffentlicht. Gründer der Tageszeitung ist Fachri Karim, ein ehemaliger irakischer Kommunist.