Anfragebeantwortung zu Ägypten: Effektiver Schutz durch gesetzliches Verbot der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, Schul- und Berufsausbildung für Kind mit Behinderung; sonderpädagogische Förderungsmöglichkeit in einer Schule [a-11391-2 (11394)]

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30.10.2020

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Schutz durch gesetzliches Verbot der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, Reaktion der Gesellschaft auf ein Kind mit Behinderung

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Bericht zur Menschenrechtslage vom März 2020 (Berichtszeitraum 2019), dass laut der ägyptischen Verfassung Menschen mit Behinderungen vor dem Gesetz gleich seien. Das Gesetz verbiete Diskriminierung in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Gesundheit, politische Aktivitäten, Rehabilitation, Ausbildung und Rechtsschutz. Von der Regierung betriebene Behandlungszentren für Menschen mit Behinderungen, insbesondere für Kinder, seien von schlechter Qualität gewesen. Personen mit Behinderungen hätten öffentliche Busse gratis nutzen können, diese Busse seien jedoch für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich gewesen. Menschen mit Behinderungen hätten Zuschüsse für den Kauf von Haushaltsprodukten, Rollstühlen und Prothesen erhalten. Einige Kinder mit Behinderungen hätten Schulen mit ihren nicht behinderten Altersgenossen besucht, während andere gesonderte Schulen besucht hätten. Einige der gesonderten Einrichtungen seien informelle Schulen gewesen, die von NGOs betrieben würden. Einige Eltern von Kindern mit Behinderungen hätten sich häufig in sozialen Medien über die mangelnde Erfahrung von LehrerassistentInnen beschwert, deren Aufgabe es gewesen sei, ihren Kindern zu helfen:

„The constitution states persons with disabilities are equal without discrimination before the law. The law prohibits discrimination in education, employment, health, political activity, rehabilitation, training, and legal protection.[…] Government-operated treatment centers for persons with disabilities, especially children, were of poor quality.[…]

Persons with disabilities rode government-owned mass transit buses without charge, but the buses were not wheelchair accessible. Persons with disabilities received subsidies to purchase household products, wheelchairs, and prosthetic devices. Some children with disabilities attended schools with their nondisabled peers while others attended segregated schools. Some of the segregated institutions were informal schools run by NGOs. Some parents of children with disabilities often complained on social media of the lack of experience of teacher assistants assigned to help their children.“ (USDOS, 11. März 2020, Section 6)

Equal Rights Trust, eine unabhängige internationale Organisation, deren Ziel die Bekämpfung von Diskriminierung und die Förderung von Gleichheit ist, veröffentlicht im Dezember 2018 einen Bericht zu Diskriminierung in Ägypten, der auch auf die Lage von Personen mit Behinderungen eingeht. Der Bericht enthält Informationen zu gesetzlichen Antidiskriminierungsbestimmungen und erwähnt mangelnde statistische Erhebungen zu Personen mit Behinderungen, was eine Beurteilung von Diskriminierung erschwere. Von Equal Rights Trust durchgeführte Interviews hätten Hinweise auf ein hohes Niveau von gesellschaftlichem Stigma gefunden, das das Thema Behinderung in Ägypten umgebe. Eine Person mit einer körperlichen Behinderung habe erklärt, dass die Gesellschaft eine Person mit einer Behinderung als eine abhängige Person ansehe, die kein Recht habe, gleichberechtigt mit anderen zu leben. Sie seien stetig Schikanen ausgesetzt, würden mitleidvolle Blicke erhalten oder verbal angegriffen:

„Egypt ratified the Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD) in April 2008. It is therefore required to ‘ensure and promote the full realisation of all human rights and fundamental freedoms for all persons with disabilities without discrimination of any kind on the basis of disability.’ In addition, as a party to the ICCPR [International Covenant on Civil and Political Rights] and the ICESCR [International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights], Egypt is required to prohibit discrimination on the basis of disability in the enjoyment of all civil, political, economic, social and cultural rights. Regionally, rights for persons with disabilities are protected under Article 2 ACHPR [African Charter on Human and Peoples’ Rights], which provides that Egypt must guarantee the rights in the ACHPR to everyone ‘without distinction of any kind such as (...) other status’, and the ACmHPR [African Commission of Human and Peoples’ Rights] has confirmed that the category of ‘other status’ should be interpreted to include disability. […]

In 2011, the CRC [Convention on the Rights of the Child] Committee expressed concern at ‘the absence of a comprehensive data collection system’ in Egypt. The state responded by establishing specialised diagnosis centres for children with disabilities in 10 governorates across Egypt, and by creating an information network between the Ministry of Health and the NCDA [National Council for Disability Affairs] with the aim of collecting data on persons with disabilities in Egypt and delivering better care. However, in 2016 Egypt reported to the CRC Committee that persons with disabilities were not recognised as a distinct category of persons by the Ministry of Social Solidarity, which is responsible for collecting statistics. The resulting lack of data on persons with disabilities makes it is difficult to assess the extent of discrimination against them, and to evaluate the effectiveness of existing laws and policies. Interviews conducted by Equal Rights Trust researchers found evidence of high levels of societal stigma surrounding disability in Egypt. One individual with a physical disability explained as follows: Society sees a person with a disability as a dependent person who has no right to live on an equal basis with others. We always face harassment, receiving looks that are full of pity, and verbal harassment.” (Equal Rights Trust, Dezember 2018, S. 262-264)

Auf den Seiten 265-268 des Berichts finden sich Informationen zur Antidiskriminierungsklausel in der Verfassung sowie zum Gesetz über die Rechte von Personen mit Behinderungen aus dem Jahr 2018. (Equal Rights Trust, Dezember 2018, S. 265-268)

Der Bericht geht des Weiteren auf die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich des Rechts auf Bildung ein. Artikel 76bis des Kindergesetzes lege fest, dass ein Kind mit Behinderung ein Recht auf Bildung, Ausbildung und berufliche Rehabilitation („vocational rehabilitation“) an denselben Schulen wie Kinder ohne Behinderung habe, mit Ausnahmefällen, die sich aus der Art und dem Grad der Behinderung ergeben würden. Im Jahr 2015 habe das Ministerium eine Entscheidung erlassen, die die volle Integration von Kindern mit leichten Behinderungen in allgemeinbildenden Schulen vorsehe. Zu diesen leichten Behinderungen würden laut Erlass unter anderem alle Arten der körperlichen Behinderung zählen. Die ägyptische Gesetzgebung habe sich jedoch weiterhin auf das Konzept „spezieller“ und nicht „inklusiver“ Bildung gestützt. Im Jahr 2014 sei berichtet worden, dass es im Land 840 Sonderbildungseinrichtungen gebe. Eine von mehreren Organisationen für Menschen mit Behinderungen von 2015 bis 2016 durchgeführte Studie habe ergeben, dass die Inklusion von SchülerInnen mit Behinderung in das öffentliche Schulsystem nur bedingt gelinge, da es vielen LehrerInnen in inklusiven Schulen an einem gründlichen Verständnis von Bildungsinklusion mangele. Außerdem würden für SchülerInnen mit Behinderungen Aufnahmekriterien gemäß der Kultur der einzelnen Schulen angewandt. Die Studie habe zudem herausgefunden, dass SchülerInnen mit Behinderungen Schwierigkeiten bei der Zugänglichkeit von Schulen gehabt hätten, da es wenige öffentliche Transportmittel gebe, die dafür ausgestattet seien, Menschen mit körperlichen Behinderungen zu transportieren. Darüber hinaus seien manche Eltern zurückhaltend gewesen, ihre Kinder mit Behinderung zur Schule zu bringen. Laut der Studie seien Schulgebäude oft nicht für Kinder mit Behinderungen zugänglich gewesen. Keine der 29 Schulen, die im Zuge der Studie besichtigt worden seien, habe über Aufzüge verfügt und in vielen Fällen seien die Toiletten ebenfalls nicht zugänglich gewesen:

„Under the CRPD [Convention on the Rights of Persons with Disabilities], access to education should be afforded without discrimination. States should ensure that persons with disabilities are provided access to the ‘general education system’, with reasonable accommodation provided where necessary and consideration given to the adoption of ‘effective individualized support measures’. The CRPD Committee has made clear that the right to non-discrimination under the CRPD ‘includes the right not to be segregated’, and that states must ensure the right of persons with disabilities to education through an ‘inclusive education system’. Article 19 of the Constitution guarantees the right to education for every citizen; this is supplemented by Article 81, which guarantees the right to education for persons with disabilities. Article 54 of the Child Law provides that free education in public schools ‘is a right for all children’, whilst Article 3(b) guarantees protection from all forms of discrimination among children, including on the basis of disability. The Child Law also includes a number of provisions which create obligations for the state with respect to the participation of children with disabilities in the education system: Article 76bis states that a child with a disability shall have the right to education, training and vocational rehabilitation at the same schools as are available to children with-out disabilities, ‘except in exceptional cases resulting from the nature and degree of disability’. In 2015, the Ministry of Education issued Decision No. 42, which provides for the full integration of children with ‘mild disabilities’ into general education schools. The Decision lists the types of disabilities which fit into this category, including visual impairments, all types of physical disability, hearing impairments (up to a moderately severe hearing loss of 60 decibels) and certain mental or intellectual disabilities (including autism). For ‘exceptional cases’ – such as students with severe hearing impairments or mental disabilities – Article 76bis of the Child Law provides that the state must ensure that children receive education and training in classes, schools, institutions, or special training centres, and that these institutions: (i) are linked to the regular education system; (ii) meet the needs of the disabled child and are located near his/her home; and (iii) provide comprehensive education or training, whatever the age or degree of disability of the child. As such, the Egyptian legal framework has remained reliant on the concept of ‘special’ rather than ‘inclusive’ education. In 2014, it was reported that there were 840 special education schools in operation in Egypt. […]

A research study conducted by a group of disabled persons’ organisations in 2015-2016 found that the inclusion of students with disabilities into public education is limited by the fact that many staff responsible for teaching in inclusive schools ‘lack a thorough understanding of educational inclusion decisions’ and the fact that the admission criteria in relation to students with disabilities ‘are applied in accordance with the culture of each individual school’. Furthermore, the study found that students with disabilities faced difficulties in accessing schools due to a lack of public transport equipped to transport persons with disabilities, especially those with physical disabilities, as well as the hesitation of some parents of children with disabilities to take them to school. The study also found that school buildings themselves were often not accessible for children with disabilities: none of the 29 schools which were visited for research purposes had an elevator, and in many cases the bathrooms were not accessible for those with physical disabilities. Finally, the study found that school curricula had not been adapted to meet the needs of children with disabilities, and there was a lack of accessible technologies for children with visual, sensory and hearing impairments.” (Equal Rights Trust, Dezember 2018, S. 275-277)

Der Bericht schildert die persönliche Erfahrung einer von Equal Rights Trust interviewten Person, die aufgrund eines amputierten Beins Schwierigkeiten beim Zugang zur Schule gehabt habe:

„Interviews conducted by researchers for this report found evidence of a lack of reasonable accommodation for children with disabilities and a failure to implement an effective system of inclusive education in Egypt. One individual interviewed by the Equal Rights Trust’s researchers explained the difficulties she encountered due to the inaccessibility of her school: My left leg was amputated and I have to use a wheelchair in order to get around any place. When I was at secondary school, the journey to school was very long and there was a place that I had to pass through which didn’t have a passage suitable for those with disabilities (...) it was very hard and delayed me in getting to school on time. When I got bullied for arriving late, I asked if the school could make a special passage for us to be able to move and arrive on time – however, the teacher responsible for social affairs said: you want us to make a special passage for you just because your leg is amputated? It was in front of all my classmates and it was a very offensive and discriminatory situation.” (Equal Rights Trust, Dezember 2018, S. 277)

Der deutsche Auslandsrundfunksender Deutsche Welle (DW) veröffentlicht im April 2016 einen Artikel zur Lage von Menschen mit Behinderung in Ägypten. Mohammed Subhi aus der Provinz Al-Manufia leide seit seiner Kindheit an einer Lähmung im rechten Bein. Er habe sich trotz der Schwierigkeiten an seine Lähmung gewöhnt und eine glückliche Kindheit verbracht. Es sei ein Schock für ihn gewesen, als er in die Schule gekommen sei. Er habe bemerkt, dass manche Kinder Angst vor ihm gehabt hätten, da er anders gewesen sei, andere Kinder hätten sich über ihn lustig gemacht. Seine LehrerInnen hätten mit seiner Behinderung nicht richtig umzugehen gewusst, er sei von Spielen und sportlichen Aktivitäten ausgeschlossen worden, da die LehrerInnen Angst gehabt hätten, er könne sich verletzen. Dadurch habe sich sein Gefühl des Andersseins verstärkt. Um Menschen wie Mohammed Subhi zu helfen, habe sich eine Organisation namens „Helm“ (Traum) gegründet, die sich dafür einsetze, Menschen mit Behinderung zu integrieren und ihnen gleiche Rechte zukommen zu lassen, indem sie Ausbildung und Rehabilitation anbiete, um so Arbeitschancen zu eröffnen. Ziel sei die Integration in den Arbeitsmarkt durch verschiedene Schritte, darunter Unterrichtung in Englisch, Kommunikationskompetenz, Verfassen von Lebensläufen und Präsentation von Ideen. Sobhi habe mithilfe von Helm einen Arbeitsplatz gefunden, die Organisation habe ihn an eine Firma vermittelt. (DW, 17. April 2016)

 

Die Webseite der oben angesprochenen und in Kairo ansässigen Organisation Helm bietet einen Überblick über deren Aktivitäten:

·      Helm Egypt: Homepage, ohne Datum
https://www.helmegypt.org/

 

Es konnten keine weiteren Informationen zu gesellschaftlichen Einstellungen gegenüber Kindern mit Behinderungen gefunden werden. Gesucht wurde mittels ecoi.net, Refworld, Factiva und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: disabled, child, special needs, egypt, cairo, discrimination, marginalisation, طفل, اعاقة, احتياجات خاصة, مصر, تهميش, تمييز

Schul- und Berufsausbildung für ein Kind mit Behinderung; sonderpädagogische Förderungsmöglichkeit in einer Schule

Im Jahr 2018 veröffentlicht Asar Ismail von der American University in Cairo eine kurze Studie zur Haltung von LehrerInnen zur Inklusion an Privatschulen. Er erwähnt, dass das Bildungsministerium 2002 beschlossen habe, inklusive Systeme in über 270 Schulen im Land umzusetzen. Ein paar Jahre später habe das Ministerium den SchülerInnen mit leichten Behinderungen das Recht zugestanden, sich an öffentlichen und an privaten Schulen anzumelden. Jedoch seien laut einer Quelle von 2015 die meisten SchülerInnen mit besonderen Bedürfnissen, die an allgemeine Schulen gehen würden, nur zum Teil integriert und würden vornehmlich in einem speziellen Bildungsumfeld unterrichtet:

„In March 2002, the Egyptian Minister of Education [MOE] declared that the ministry is taking the lead to implement inclusive systems in more than 270 schools across the county in collaboration with ‘the World Bank, UNESCO, Save the Children Agency (UK), the City Center and Caritas Egypt’ (Ghoneim, 2014, p. 194). Also, he pointed that Egypt would be one of the leading countries in the area of inclusion if all schools fully include special needs students. Following the ministerial declaration in 2002, the MOE announced a Ministerial Act in 2009 stating the right for students with mild disabilities to enroll in public and private schools (MoE, 2014). This decree announced the objectives of getting 5,040 schools ready to include 152,000 special needs students by the year of 2012 (MoE, 2008; MoE, 2014). However, in 2013, the ministry estimated that about 36,808 children with special needs receive educational serves in special education schools , while only 2,776 SEN [Special Education Needs] students were registered in 452 general education schools across the country (Alkhateeb, Hadidi, & Al Khateeb, 2016; Hassanein, 2015). Therefore, according to Hassanein (2015), the overall special needs students enrolled in general schools across Egypt remain semi integrated in regular classes and primarily educated in special education settings. […]

Despite the fact that studies exploring the status of inclusion in private schools in Egypt have not been presented yet, some implications were found in a study conducted by Awad (2016) on evaluating the actual presence of inclusive system in some private schools. Findings of the study showed that not all students with SEN are included; in addition they receive low quality of inclusive practices.” (Ismail, 2018, S. 4-5)

Die staatliche ägyptische Zeitung Al-Ahram veröffentlicht im Februar 2015 einen Artikel zum oben bereits erwähnten Entschluss des Bildungsministeriums zur Aufnahme von SchülerInnen mit besonderen Bedürfnissen an ägyptischen Schulen. Der Entschluss bestimme, dass SchülerInnen mit leichten Behinderungen an öffentlichen, privaten und Sprachschulen in allen voruniversitären Stufen aufzunehmen seien. Es liege am Vormund des Kindes zu bestimmen, ob das Kind eine Inklusionsschule oder eine Sonderschule besuchen solle. Schulen, die das Inklusionsprogramm umsetzten würden, würden dies innerhalb und außerhalb der Schule kenntlich machen. Was die Aufnahme von SchülerInnen mit körperlichen Beeinträchtigungen anlange, so sei sie für alle Grade von Behinderung vorgesehen, darunter auch Zerebralparese, ausgenommen seien jedoch schwere Fälle. In Inklusionsschulen solle der Anteil der SchülerInnen mit leichten Behinderungen nicht zehn Prozent in einer Klasse übersteigen. In Inklusionsschulen würden dieselben Lehrpläne wie in allgemeinbildenden Schulen unterrichtet, wobei die Art der Behinderung berücksichtigt werde. Die Entscheidung des Ministeriums lege fest, dass die Schulen, die das Inklusionssystem implementieren würden, verpflichtet seien, Kindern mit Behinderung die Nutzung aller von der Schule angebotenen sozialen, gesundheitlichen und psychologischen Aktivitäten und Dienstleistungen an denselben Orten zu ermöglichen, die Kindern ohne Behinderung zur Verfügung stehen würden. (Al-Ahram, 5. Februar 2015)

Nosaed („Wir helfen”), ein ägyptisches Onlineportal, das sich mit Angelegenheiten von Personen mit besonderen Bedürfnissen und deren Rechten auseinandersetzt, berichtet im Februar 2020, dass der Versuch von Eltern, ihre Kinder mit Behinderungen an Schulen anzumelden, ein psychologisch und finanziell schwieriges Unterfangen sei. Die Umsetzung des Gesetzes und die Inklusion von Personen mit Behinderungen durch die dafür zuständigen Behörden erfolge sehr langsam und Schulen würden die besonderen Bedürfnisse der betroffenen SchülerInnen nicht berücksichtigen. Wenn eine Mutter alle benötigten Dokumente beisammen habe, beginne ein „Spießrutenlauf“ zwischen der Schule, der Krankenversicherungsstelle, staatlichen Krankenhäusern, der Verwaltung und wieder zurück zu den Schulen, um alle notwenigen Dokumente zur Anmeldung des Kindes an einer Sonderschule oder einer Inklusionsschule zusammenzubekommen. Die Mutter müsse einen komplizierten Prozess durchlaufen, der vom Bildungsministerium vorgegeben werde und verschiedene Unterschriften, Stempel und Genehmigungen verlange. Im Zuge dieses Prozesses werde man auf eine Warteliste von mehreren Monaten gesetzt, nur um einen Intelligenztest für das Kind durchführen zu lassen, der eigentlich lediglich 35 Minuten dauere, und der dann bestimme, ob das Kind Zugang zu einer dieser heruntergekommenen Schulen bekomme. Die Schulen seien unterfinanziert und hätten kein Budget für Unterrichtsmaterial oder schlichte Instandhaltung. Das Wasser in den Leitungen sei mit Abwasser vermischt, Kanallöcher seien nicht mit Abdeckungen versehen und Kabelleitungen seien unverdeckt. Die Mutter eines Mädchens mit Muskelatrophie habe über die Mühen ihrer Tochter an einer Privatschule in Madinat Nasr in Kairo gesprochen. Die Schule habe sich geweigert, dem Mädchen einen Platz in einem Klassenzimmer im Erdgeschoss (gemäß dem Erlass des Bildungsministeriums) zu gewähren. Jeden Tag müsse die Mutter zwei Fahrer der Schule dafür bezahlen, ihre Tochter in ihrem Spezialstuhl sowie ihre Schultasche in den vierten Stock hinauf- und wieder hinunterzutragen. Die Schule habe erst eingewilligt, das Mädchen aufzunehmen, als sie versichert habe, sich selbst darum zu kümmern, wie ihre Tochter hinauf und wieder herunterkomme. Wenn die Fahrer der Schule nicht zugegen seien, müsse die Mutter Verwandte oder Leute auf der Straße bitten, ihre Tochter in ihre Klasse zu tragen. Der Ministeriumserlass zur Inklusion sehe eigentlich vor, dass Schulgebäude für SchülerInnen mit körperlichen Beeinträchtigungen zugänglich gemacht würden, Türen für Rollstühle erweitert und Toiletten behindertengerecht gemacht würden. (Nosaed, 19. Februar 2020)

The Daily Crisp, ein von ÄgypterInnen produziertes online Lifestyle-Magazin, veröffentlicht in einem Artikel von 2016 eine Liste von sieben privaten Schulen und Einrichtungen, die Bildung für Kinder mit besonderen Bedürfnissen von ADHS bis Zerebralparese anbieten. Bei manchen von ihnen handle es sich um Schulen mit akademischem Lehrplan, andere würden Training und Einheiten für Kinder und Eltern anbieten. Die Liste findet sich unter folgendem Link:

·      The Daily Crisp: 7 Cairo Schools for Special Needs Learners, 2016
https://thedailycrisp.com/7-cairo-schools-for-special-needs-learners/

Die Al-Yosser Schule ist eine Einrichtung im Stadtteil Zahra Al-Maadi in Kairo. Angaben auf ihrer eigenen Webseite zufolge gehört sie zum Ministerium für gesellschaftliche Solidarität und bietet sowohl schulische Ausbildung, Ausbildung in handwerklichen Tätigkeiten als auch therapeutische Maßnahmen an. Es wird erwähnt, dass sich die Schule unter anderem um Fälle von Lernverzögerungen kümmert. Sie verfüge über Schulbusse, die den Großraum Kairo bedienen würden. (Al-Yosser Schule, ohne Datum)

Es konnten keine Informationen zu finanziellen Förderungsmöglichkeiten für Kinder mit Behinderungen an Schulen gefunden werden. Gesucht wurde mittels ecoi.net, Refworld, Factiva und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: child, school, egypt, cairo, special needs, benefits, financial support, financial assistance, طفل, مدرسة, مصر, احتياجات خاصة, بطئ التعلم, دعم مالي, دعم حكومي, مدرسة الدمج 


Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 30.10.2020)

·      Al-Ahram: Wir veröffentlichen die Bedingungen und Art der Aufnahme von Personen mit Behinderungen an öffentlichen, privaten und Sprachschulen
[ننشر شروط وطريقة قبول "ذوي الإعاقة" بالمدارس الحكومية والخاصة واللغات], 5. Februar 2015
http://gate.ahram.org.eg/News/593990.aspx

·      Al-Yosser Schule: Homepage, ohne Datum
http://alyosserspneed.com/

·      DW – Deutsche Welle: “Helem” bringt Hoffnung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen in Ägypten [حلم تبعث الأمل في نفوس ذوي الاحتياجات الخاصة في مصر], 17. April 2016
https://www.dw.com/ar/%D8%AD%D9%84%D9%85-%D8%AA%D8%A8%D8%B9%D8%AB-%D8%A7%D9%84%D8%A3%D9%85%D9%84-%D9%81%D9%8A-%D9%86%D9%81%D9%88%D8%B3-%D8%B0%D9%88%D9%8A-%D8%A7%D9%84%D8%A7%D8%AD%D8%AA%D9%8A%D8%A7%D8%AC%D8%A7%D8%AA-%D8%A7%D9%84%D8%AE%D8%A7%D8%B5%D8%A9-%D9%81%D9%8A-%D9%85%D8%B5%D8%B1/a-19179220

·      Equal Rights Trust: A Past still present - Addressing Discrimination and Inequality in Egypt, Dezember 2018
https://www.equalrightstrust.org/ertdocumentbank/Egypt_EN_online.pdf

·      Helm Egypt: Homepage, ohne Datum
https://www.helmegypt.org/

·      Ismail, Asar: Teachers’ Attitudes Toward Including Children With Special Educational Needs in Private Schools in Egypt, 2018
http://enterprise.press/wp-content/uploads/2020/01/Teachers%E2%80%99-Attitudes-Toward-Including-Children-With-Special-Educational-Needs-in-Private-Schools-in-Egypt.pdf

·      Nosaed: Trips von Familien zu Inklusionsschulen – sich die Fersen wund laufen, um das Recht auf Bildung zu erbetteln [رحلة الأهالي مع مدارس الدمج: "كعب داير" لاستجداء "الحق في التعليم"], 19. Februar 2020
https://www.nosaed.com/2020/02/19/%D8%B1%D8%AD%D9%84%D8%A9-%D8%A7%D9%84%D8%A3%D9%87%D8%A7%D9%84%D9%8A-%D9%85%D8%B9-%D9%85%D8%AF%D8%A7%D8%B1%D8%B3-%D8%A7%D9%84%D8%AF%D9%85%D8%AC-%D9%83%D8%B9%D8%A8-%D8%AF%D8%A7%D9%8A%D8%B1-%D9%84/

·      The Daily Crisp: 7 Cairo Schools for Special Needs Learners, 2016
https://thedailycrisp.com/7-cairo-schools-for-special-needs-learners/

·      USDOS – US Department of State: 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Egypt, 11 März 2020
https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html