Honduras 2019

Die honduranischen Sicherheitskräfte gingen von April bis Juni 2019 mit brutaler Gewalt gegen die Proteste im Land vor. Menschenrechtsverteidiger_innen wurden weiterhin angegriffen. Die Angriffe reichten von grundloser Strafverfolgung bis hin zu Tötungen. Der immer geringere zivilgesellschaftliche Handlungsspielraum im Land gab auch 2019 Anlass zur Sorge. Das anhaltend hohe Niveau an Verbrechen und Gewalttaten sowie Faktoren wie Straflosigkeit, Ungleichheit und Armut ließen Tausende Menschen aus Honduras fliehen. Dabei machten sie sich entweder allein auf den Weg oder sie schlossen sich einer von mehreren "Karawanen" an, um in den USA oder Mexiko Zuflucht zu suchen. Im September 2019 unterzeichneten die Regierungen von Honduras und den USA einen Asylkooperationsvertrag, der auch als "Sicheres-Drittland-Abkommen" bekannt ist. Die Vereinbarung sieht vor, dass Migrant_innen in dem mittelamerikanischen Land Asyl beantragen sollen, wenn sie dieses auf dem Weg in die USA betreten. Mit dem Vertragsabschluss stellt sich die begründete Frage, ob Honduras in der Lage ist, den Schutz von Menschen zu gewährleisten, die gezwungen wären, dort statt in den USA Zuflucht zu suchen.

Exzessive Gewaltanwendung

Während der Proteste gegen Reformen in der nationalen Gesundheitsversorgung und im Bildungssystem garantierten die honduranischen Behörden weder das Recht auf friedliche Versammlung noch das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Sicherheitskräfte wendeten unnötige und exzessive Gewalt an, um Proteste niederzuschlagen und am 20. Juni 2019 setzte die Regierung die Armee zur Kontrolle von Demonstrationen ein. Zwischen April und Juni starben mindestens sechs Menschen und Dutzende weitere wurden verletzt. Die Sicherheitskräfte setzten tödliche Schusswaffen und weniger tödliche Waffen, wie Tränengaspistolen oder Gummigeschosse gegen Protestierende ein. Zu den Getöteten zählten der 37-jährige Erik Peralta und der 17-jährige Eblin Noel Correa Maradiaga; beide wurden im Juni von Angehörigen der honduranischen Armee erschossen. Die Militärpolizei eröffnete am 24. Juni 2019 das Feuer auf protestierende Studierende der Universidad Autónoma Nacional de Honduras. Zudem gab es Berichte über Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen, die über die Proteste berichten wollten.

Straflosigkeit herrschte sowohl im Hinblick auf diese Fälle als auch hinsichtlich der Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Unterdrückung der Proteste nach den Wahlen im Jahr 2017.
 

Menschenrechtsverteidiger_innen

Menschenrechtsverteidiger_innen, insbesondere diejenigen, die zu Land- und Umweltrechten arbeiteten, sahen sich weiterhin einem hohen Grad an Gewalt ausgesetzt, darunter Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen, ebenso wie Stigmatisierungen und Verleumdungskampagnen in den Sozialen Medien. Gegen viele wurden unbegründete Strafverfahren eingeleitet, die dazu dienten, sie einzuschüchtern und zu schikanieren und ihre Menschenrechtstätigkeit zu behindern. So sahen sich zum Beispiel Mitglieder des Kommunalen Ausschusses für gemeinschaftliche und öffentliche Güter (Comité Municipal por la Defensa de los Bienes Comunes y Públicos - CMDBCP) Strafverfahren vor Gerichten gegenüber, die normalerweise Fälle im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen verhandeln. Das Strafverfahren gegen zwölf der Mitglieder wurde im Februar 2019 eingestellt. Doch im September wurden sieben andere Menschenrechtsverteidiger_innen angeklagt und in Untersuchungshaft genommen. Nach zwei Monaten in einem Hochsicherheitsgefängnis wurden sie im November 2019 in die Haftanstalt in Olanchito verlegt, wo sie zum Jahresende weiterhin inhaftiert waren.

Die meisten Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger_innen blieben straflos. Längere Verzögerungen und größere Unregelmäßigkeiten verhinderten weiterhin, dass die Tötung von Berta Cáceres am 2. März 2016 endlich aufgeklärt wurde. Sie war Mitglied der Indigenenorganisation Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de Honduras (COPINH). Am 2. Dezember 2019, ein Jahr nachdem sieben Personen des Mordes an Berta Cáceres schuldig befunden worden waren, verurteilte ein Gericht sie schließlich zu Haftstrafen. Ende des Jahres hatte das Strafverfahren gegen den Geschäftsmann David Castillo noch nicht begonnen. Er war am 2. März 2018 wegen des Verdachts festgenommen worden, für den Tod von Berta Cáceres verantwortlich zu sein. Auch gab es keine Fortschritte bei den Ermittlungen gegen weitere Personen, die für die Planung und Beauftragung ihrer Tötung verantwortlich sein sollen.

Veröffentlichungen von Amnesty International

Honduras: Exercising the right to protest has a high cost for those who dare take to the streets (News story, 5 July)

Honduras: Autoridades deben garantizar debido proceso a personas defensoras (AMR 37/9929/2019, February)

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